Originalarbeiten - OUP 03/2021

Patientenerwartungen bei Inanspruchnahme der multimodalen Schmerztherapie
Eine Befragung in der Orthopädischen Klinik Bad Staffelstein

Karin Meißner, Helena Gaber, Svenja Gallasch, Andrea Grabenbauer, Carina Güttler, Celine Jank,
Michaela Ott, Stefan Middeldorf

Zusammenfassung:
Ziel dieser Untersuchung war es, die Erwartungen und Erfahrungen von Patienten mit chronischen Schmerzen zu erheben, die sich einer 10-tägigen multimodalen Schmerztherapie (MMST) unterzogen. Hierzu wurden 18 Patienten der Orthopädischen Klinik Bad Staffelstein zu Beginn und am Ende der MMST mit halbstandardisierten Fragebögen interviewt. Zusätzlich wurden 6 Therapeuten zu ihren Erfahrungen mit den Erwartungen der Schmerzpatienten befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Patienten ihre höchsten Erwartungen bezüglich Schmerzreduktion in Ärzte und Physiotherapeuten setzten. Am Ende der MMST waren die Erwartungen von 12 Patienten (66 %) erfüllt und von 6 Patienten (33 %) nicht erfüllt. Im Durchschnitt reduzierten sich die Schmerzen während des Klinikaufenthalts signifikant, jedoch weniger als erwartet. Zudem nahmen die Lebensqualität und die selbsteingeschätzte Gesundheit während der MMST signifikant zu, die Mobilität blieb unverändert. Vier von 6 Therapeuten beurteilten die Erwartungen der Patienten an die MMST als realistisch. Überhöhte Erwartungen würden aus ihrer Erfahrung jedoch zu Enttäuschungen führen und den Behandlungserfolg gefährden. Gezielte Vorab-Informationen der Patienten zur MMST könnten dazu beitragen, eine realistische Erwartungshaltung zu fördern und somit den Behandlungserfolg zu optimieren.

Schlüsselwörter:
Chronische Schmerzen, Lebensqualität, multimodale Schmerztherapie, Patientenerwartungen, Outcome

Zitierweise:
Meißner K, Gaber H, Gallasch S, Grabenbauer A, Güttler C, Jank C, Ott M, Middeldorf S.
Patientenerwartungen bei Inanspruchnahme der multimodalen Schmerztherapie.
OUP 2021; 10: 0133–0138 DOI 10.3238/oup.2021.0133–0138

Summary: The aim of this investigation was to assess the expectations and experiences of chronic pain patients in relation to multimodal pain therapy (MMST). Nineteen patients from the Orthopedic Clinic in Bad Staffelstein were interviewed at the beginning and the end of the MMST using semi-standardized questionnaires. In addition, 6 therapists were asked about their experiences with the patients’ expectations. The results show that patients put high expectations in doctors and physiotherapists. At the end of the MMST, the expectations of 6 patients (66 %) were met, while 3 patients (33 %) felt disappointed. On average, pain decreased significantly during the hospital stay, but not as much as expected. Quality of life and general health improved significantly, while perceived mobility remained stable. Four out of 6 therapists stated that the patients‘ expectations towards the MMST were realistic. Unrealistic high expectations regarding pain reduction, however, would lead to disappointment and thus reduce the success of the treatment. Information prior to therapy could optimize the success of MMST by promoting realistic expectations.

Keywords: chronic pain, quality of life, multimodal pain therapy, patient expectations, outcome

Citation: Meißner K, Gaber H, Gallasch S, Grabenbauer A, Güttler C, Jank C, Ott M, Middeldorf S. Patient expectations and their experiences participating in a multimodal pain therapy program.
OUP 2021; 10: 0133–0138 DOI 10.3238/oup.2021.0133–0138

Karin Meißner, Helena Gaber, Svenja Gallasch, Andrea Grabenbauer, Carina Güttler, Celine Jank, Michaela Ott: Hochschule Coburg, Fachbereich Integrative
Gesundheitsförderung, Coburg

Stefan Middeldorf: Schön Klinik Bad Staffelstein, Fachzentrum Orthopädie, Bad Staffelstein

Einleitung

Die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie (MMST) gilt als Goldstandard zur Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen. Alle Behandlungen der eingebundenen medizinischen Disziplinen sind sowohl inhaltlich als auch zeitlich aufeinander abgestimmt und verfolgen neben der Schmerzreduktion das gemeinsame Ziel der Wiederherstellung der objektiven und subjektiven Funktionsfähigkeit sowie die Stärkung der Kontrollfähigkeit und des Kompetenzgefühls der Patienten. Das Therapeutenteam besteht aus Ärzten, Psychologen, Ergo-, Moto- und Physiotherapeuten, welche die Patienten in Einzel- oder Gruppentherapie (maximal 8 Personen) ressourcenorientiert behandeln. Zusätzlich stehen speziell geschulte Pflegekräfte als Ansprechpartner zur Verfügung [2, 3].

In der Orthopädischen Klinik Bad Staffelstein werden seit Dezember 2018 erstmals 8 Therapieplätze für MMST angeboten. Das Ziel dieser Studie war es, die Erwartungen der Patienten gegenüber der MSST zu Beginn der Behandlung zu erfassen und mit den Erfahrungen am Ende der Therapie abzugleichen. Zudem wurden 6 Therapeuten allgemein zu den Erwartungen der Patienten gegenüber der MMST befragt.

Methoden

Für die vorliegende Erhebung wurden in der Orthopädischen Abteilung der Schön Klinik Bad Staffelstein 19 neu aufgenommene chronische Schmerzpatienten und 6 Therapeuten rekrutiert. Die Befragungen wurden mit Hilfe von leitfadenorientierten Einzelinterviews durchgeführt. Die Patientenbefragungen wurden zu Beginn und zum Abschluss der 10-tägigen stationären Therapie durchgeführt, die Therapeuten wurden einmalig befragt.

Zu Therapiebeginn wurden von den Patienten soziodemographische Daten erhoben sowie eine Schmerzanamnese durchgeführt. Zudem sollten die Patienten ihre Lebensqualität, den allgemeinen Gesundheitszustand und ihre Mobilität einschätzen sowie Angaben zu ihren Vorinformationen und Erwartungen bezüglich der MMST machen. Am Ende der Therapie sollten die Patienten erneut Schmerzen, Lebensqualität, allgemeinen Gesundheitszustand und Mobilität einschätzen sowie die Therapieinhalte und Erfahrungen mit der MMST bewerten. Die Therapeuten wurden allgemein zu den Erwartungen der Patienten bezüglich der MMST sowie zum Behandlungserfolg befragt. Teile des Leitfadeninterviews wurden in Anlehnung an publizierte Fragensets zur Erhebung von Schmerzen [7], Lebensqualität [1] und Patientenzufriedenheit [6] konzipiert. Zur Erfassung der aktuellen Schmerzen wurden 11-stufige numerisch Ratingskalen (NRS) verwendet, wobei 0 „kein Schmerz“ und 10 „stärkster vorstellbarer Schmerz“ bedeutete. Auch zur Einschätzung der Lebensqualität, des allgemeinen Gesundheitszustands, der Mobilität, der erwarteten Schmerzen nach MSST, der positiven Einstellung gegenüber der MMST, der Zuversicht auf Besserung sowie der Bedeutung aktiver und passiver Maßnahmen zum Einsatz kamen 11-stufige NRS zum Einsatz.

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