Originalarbeiten - OUP 03/2021

Patientenerwartungen bei Inanspruchnahme der multimodalen Schmerztherapie
Eine Befragung in der Orthopädischen Klinik Bad Staffelstein

Die größte Erwartung der Patienten an die MMST lag in der Schmerzreduktion. Zudem hofften sie, die Schmerzursache herauszufinden, einen verbesserten Umgang mit den Schmerzen zu erlernen, ihre Mobilität zu steigern und ihre Medikation zu optimieren. Bemerkenswert waren ihre durchschnittlich sehr positive Einstellung gegenüber der MSST und ihre hohe Zuversicht, dass die erwarteten Besserungen auch eintreten würden. Je zuversichtlicher die Patienten hierbei waren, desto größer war die tatsächliche Schmerzreduktion während des Klinikaufenthalts. Dies könnte auf das höhere Selbstwirksamkeitserleben der zuversichtlicheren Patienten zurückzuführen sein [8]. Von Seiten der befragten Therapeuten wurde den Patienten im Durchschnitt eine hohe Therapiemotivation und Offenheit gegenüber Verhaltensänderungen bescheinigt. Diese Faktoren sind nach Arnold et al. [3] grundlegend für eine erfolgreiche Therapie.

Generell erwarteten sich die Patienten von allen beteiligten Berufsgruppen einen hohen Nutzen. Der größte Nutzen wurde hierbei in der ärztlichen Betreuung gesehen, gefolgt von Physiotherapie, Psychotherapie und zuletzt der Pflege. Die Pflege wurde von den Patienten als fürsorgliche Berufskraft eingeschätzt und zur Erlangung des Therapieziels als weniger relevant wahrgenommen. Dass der tatsächliche Nutzen durch die Pflege letztendlich etwas höher lag als von den Patienten angenommen, unterstreicht die Notwendigkeit eines gut ausgebildeten Pflegepersonals. Im Vergleich der 4 Berufsgruppen fiel der tatsächliche Nutzen der Psychotherapie am geringsten aus und lässt sich durch die von den Patienten vorab geäußerten Bedenken erklären. Demnach schätzten sie die Dauer des Aufenthaltes für eine gezielte erfolgreiche Psychotherapie als zu kurz ein oder sahen hierzu persönlich keinen Bedarf. Der hohe erhoffte Nutzen durch die Physiotherapie war fast deckungsgleich mit dem tatsächlichen Nutzen. Dies lässt sich durch die bereits im Vorfeld gemachten Erfahrungen mit dieser Maßnahme erklären, wodurch die Wirkung realistisch eingeschätzt werden konnte. Betrachtet man den tatsächlichen Nutzen der ärztlichen Betreuung, so fiel dieser etwas geringer aus als der erhoffte Nutzen. Das könnte mit den zu hohen Erwartungen der Patienten bezüglich der Schmerzreduktion zusammenhängen, da die Ärzte aus Patientensicht die Hauptverantwortlichen für den Therapieerfolg zu sein scheinen.

Hinsichtlich der körperlichen Aktivität gab etwa ein Drittel der befragten Patienten an, sich nach dem Aufenthalt in Bezug auf Bewegung mehr zuzutrauen als vorher. Hier könnte der aktivierende Therapieansatz eine große Rolle gespielt haben, da er der Förderung von Bewegung und des Vertrauens in den eigenen Körper dient. Obwohl die Behandlungsrichtlinien des Therapiekonzepts der MMST auf aktivierenden Maßnahmen basieren, empfanden die Befragten die passiven Maßnahmen als ebenso wichtig. Daher scheint es sinnvoll zu sein, passive Maßnahmen auch weiterhin als Ausgleich in die Behandlungspläne zu integrieren. Ein Großteil der Befragten erlebte auch die Gruppentherapien als bereichernde und wertvolle Möglichkeit für den Austausch mit anderen Betroffenen.

Einige Patienten beschrieben die für sie zusammengestellte, engmaschige Planung und Durchführung der Therapieabfolge als zu anstrengend. Dies spiegelte sich auch in den Aussagen der befragten Therapeuten wider. Mögliche Lösungsansätze könnten neben einer Verlängerung der Therapiedauer in einer Individualisierung des Therapieplans mit Erarbeitung konkreter Therapieziele [4] liegen.

Abschließend gaben alle Patienten an, dass die Teilnahme an der MMST die richtige Entscheidung für sie gewesen sei und sie diese auch weiterempfehlen würden. Hierin zeigte sich eine generelle Zufriedenheit der Patienten mit dieser ganzheitlichen Therapieform. Alle Befragten äußerten außerdem die Bereitschaft, mindestens eine Maßnahme der MMST zu Hause weiterzuführen, weshalb der MMST auch ein nachhaltiger Effekt zugeschrieben werden kann.

Limitationen

Ein limitierender Faktor dieser Arbeit liegt in der geringen Anzahl der befragten Patienten und Therapeuten. Des Weiteren beruhen die Ergebnisse auf subjektiven Einschätzungen der Patienten und Therapeuten. Eine Follow-Up-Untersuchung nach Beendigung der MMST wurde nicht durchgeführt.

Danksagung und weitere Informationen

Die Befragung war Teil eines studentischen Lehrprojekts (HG, SG, AG, CG, CJ und MO) des Bachelorstudiengangs „Integrative Gesundheitsförderung“ (B.Sc.) an der Hochschule Coburg. Das Projekt wurde unter Leitung von Prof. Dr. Karin Meißner in Kooperation mit dem Projektpartner Dr. Stefan Middeldorf (Chefarzt der Orthopädischen Klinik Bad Staffelstein) durchgeführt. Die Autoren danken Maria Langguth und Kira Langer für ihre Beiträge zum studentischen Lehrprojekt.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Karin Meißner

Hochschule Coburg

Fachbereich Integrative
Gesundheitsförderung

Friedrich-Streib-Str. 2

96450 Coburg

karin.meissner@hs-coburg.de

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