Originalarbeiten - OUP 04/2012

Per- und subtrochantäre Femurfrakturen –
Versorgungsstrategie und Behandlungsergebnisse
Trochanteric fractures – surgical treatment and short term outcome

B. Bücking1, S. Ruchholtz1

Zusammenfassung: Per- und subtrochantäre Frakturen sind typische Frakturen bei geriatrischen Patienten mit zunehmender Inzidenz. Aufgrund häufiger Osteoporose und hoher Co-Morbidität der Patienten stellt die Versorgung dieser Frakturen nach wie vor eine große Herausforderung dar. Ziel der Studie war es, über unsere Erfahrungen bei der Marknageloteosynthese trochantärer Frakturen anhand relevanter Behandlungsparameter und der kurzfristigen Ergebnisse zu berichten. In einem sehr alten und multimorbiden Kollektiv von 202 Patienten konnte mit dem Verfahren eine niedrige Frühkomplikationsrate von 1,5% erzielt werden, obwohl über 40% der Eingriffe durch Weiterbildungsassistenten durchgeführt wurden Die Krankenhausmortalität war allerdings mit 4 % nicht unerheblich. Ein Großteil der Patienten wurde in eine stationäre Weiterbehandlung verlegt. Die Marknagelosteosynthese stellt ein gutes und sicheres Verfahren zur Versorgung von per- und subtrochantären Frakturen dar. Es besteht postoperativ allerdings ein großer Rehablitationsbedarf, der in Zukunft weiter wachsen wird.

Schlüsselwörter: Per- und subtrochantäre Frakturen,
Altersfrakturen, proximale Femurfrakturen, Outcome, Mortalität

Abstract: Trochanteric fractures are typical fractures of the elderly. Due to osteoporosis and high co-morbidity treatment of these fractures is associated with high rates of complications and even high mortality. Therefore in this study our experience with fixation of geriatric trochanteric fractures by using intramedullary devices should be evaluated. In a very old and morbid patient sample of 202 patients a low rate of implant related complications could be achieved (1,5%) although over 40% of surgeries were performed by residents in training. However there was a relevant in-hospital mortality of 4%. Most of the patients were discharged to an inpatient rehabilitation facility. In summary nailing of trochanteric fractures seems to be a quick and safe procedure, though the need for inpatient rehabilitation will increase by demographic changes.

Keywords: trochanteric fracture, geriatric fracture, hip fracture , outcome, mortality

Einleitung

Proximale Femurfrakturen sind häufige zumeist mit Osteoporose assoziierte Frakturen älterer Patienten. Sie teilen sich bezüglich ihrer Inzidenz zu je etwa der Hälfte in Schenkelhalsfrakturen einerseits und per- bzw. subtrochantäre Femurfrakturen andererseits auf [1].

Die Behandlung der häufig sehr alten und multimorbiden Patienten stellt eine große medizinische und gesundheitsökonomische Herausforderung dar [19]. Die Kosten, die durch die Behandlung proximaler Femurfrakturen entstehen werden allein in Deutschland auf 2–4 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. [17]. Bedingt durch den demographischen Wandel wird die Inzidenz dieser Frakturen in den nächsten Jahren weiter steigen [15, 18, 19, 29]. Aus oben genannten Gründen ist die erfolgreiche Behandlung per- und subtrochantärer Femurfrakturen von großer Bedeutung.

Die Dynamische Hüftschraube (DHS) ist das weltweit am häufigsten verwendete Implantat bei der operativen Versorgung pertrochantärer Femurfrakturen.

Da mit diesem extramedullärem Implantat komplexe pertrochantäre Frakuren und subtrochantäre Frakturen nur unzureichend stabilisiert werden können, wurden Marknägel als intramedulläre Kraftträger entwickelt. Sie konnten minimalinvasiv implantiert werden und versprachen biomechanische Vorteile [8]. Erste randomisierte Studien in den 1990er Jahren erbrachten jedoch höhere Komplikationsraten nach Marknagelosteosynthesen als nach Versorgung mittels DHS. Insbesondere Femurschaftfrakturen waren zunächst sehr häufig [6, 9, 25, 30]. Im Laufe der Zeit wurden die vorhanden Implantate weiter entwickelt bzw. neue Modelle entwickelt, so dass derzeit eine Vielzahl von modernen Implantaten erhältlich ist. Marknägel sind inzwischen zur Versorgung per- und subtrochantärer Frakturen sehr verbreitet und werden von vielen Autoren zur Versorgung instabiler trochantärer Frakturen empfohlen [5, 11, 26, 28], wenngleich bezüglich pertrochantärer Frakturen auch nach aktuellen Metaanalysen ein Vorteil gegenüber extramedullären Kraftträgern wie z.B. der DHS nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte [24].

Aufgrund des breiten Indikationsspektrums mit der Möglichkeit über die Wahl eines längeren Nagels auch subtrochantäre und z.T. auch Schaftfrakturen versorgen zu können, werden in unserer Klinik per- und subtrochantäre Frakturen routinemäßig mit einem Marknagel versorgt. Bei subtrochantären und z.T. auch den pertrochantären A3-Frakturen wird dabei teilweise eine additive Drahtcerclage über einen offenen Zugang implantiert.

Postoperativ sorgen das hohe Alter und die begleitende Co-Morbidität in der weiteren Behandlung der Patienten häufig für Komplikationen. Trotz häufig großen Aufwandes mit lang andauernden Rehabilitionsmaßnahmen sind die Ergebnisse mit hoher Morbidität, reduzierter Lebensqualität, Verlust der Selbstständigkeit und hoher Mortalität weiterhin enttäuschend [18, 19, 21, 27]. Eine optimale chirurgische Versorgung und Behandlung im Krankenhaus stellt eine wichtige Voraussetzung zur Vermeidung dieser schlechten Langzeitergebnisse dar.

In dem vorliegenden Artikel wollen wir unsere Erfahrungen bei der Versorgung per- und subtrochantärer Femurfrakturen und die erreichten kurzfristigen Ergebnisse darstellen.

Patienten und Methoden

In diese prospektive Beobachtungsstudie wurden Patienten über 60 Jahre mit erlittener pertrochantärer oder subtrochantärer Femurfraktur aufgenommen. Dies entspricht den S 72.1 und S72.2 nach ICD 10 [3].

Ausschlusskriterien waren ein erlittenes Polytrauma (Injury Severity Score >16) und malignomassoziierte Frakturen. Alle Patienten wurden operativ mit einem proximalen Femurnagel versorgt. Die verwendeten Marknägel waren der Gamma 3 Nagel der Firma Stryker und der Cephalomedullary Nail (CMN) der Firma Zimmer. Eingeschlossen wurden die Patienten vom 01.04.2009 bis 30.09.2011. Es lag ein positives Votum der Ethikkommission der Universität Marburg vor und jeder Patient oder dessen gesetzlicher Vertreter gab sein schriftliches Einverständnis.

Nach Einwilligung in die Studie wurde neben persönlichen Daten (Alter, Geschlecht, Wohnsituation) und dem ASA- (American Society of Anestesiology) Score auch der funktionelle Status vor dem Unfall mit Hilfe des Barthel Index (BI) [25] erfasst. Es erfolgte zudem eine kognitive Einschätzung mittels Mini Mental Test [10]. Ein Wert von 24 Punkten oder weniger wurde als eine vorliegende kognitive Beeinträchtigung gewertet. Die Frakturen wurden gemäß der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO) eingeteilt [20].

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