Originalarbeiten - OUP 04/2012

Per- und subtrochantäre Femurfrakturen –
Versorgungsstrategie und Behandlungsergebnisse
Trochanteric fractures – surgical treatment and short term outcome

Mit Hilfe dieser prospektiven Beobachtungsstudie sollten Daten zur Versorgungsrealität trochantärer Frakturen an einer deutschen Universitätsklinik gewonnen werden. Aus diesem Grund wurde bewusst auf Ausschlusskriterien wie eine ausgeprägte Multimorbidität oder eine vorbestehende Demenz verzichtet. Es gelang im Beobachtungszeitraum 202 Patienten einzuschließen, die mit einem proximalen Femurnagel versorgt wurden. Die Patientencharakteristika mit der Geschlechterverteilung zugunsten der Frauen, der Altersverteilung und den ASA-Scores entsprechen weitgehend der anderer Studien [13, 14, 21, 22, 28] und unterstreichen die Fragilität dieses Patientengutes. Auffällig war ein Anteil von über der Hälfte der Patienten (55,5%), bei denen sich eine kognitive Einschränkung zeigte. Allerdings sind die Ergebnisse durch das Setting der Untersuchung in einer fremden Umgebung begleitet von Schmerzen und auch Schmerzmitteln nur bedingt aussagekräftig.

Auch die Verteilung auf die verschiedenen Frakturtypen korrespondiert mit dem Ergebnis anderer Untersuchungen [4, 13]. In unserem Kollektiv fanden sich lediglich 8,4% subtrochantäre Frakturen, so dass diese deutlich seltener aufzutreten scheinen, während eine pertrochantäre A2- (42,6%) Fraktur die häufigste Frakturform war.

Nur drei Patienten (1,5%) wurden nicht innerhalb von 48 Stunden nach stationärer Aufnahme versorgt. Der Großteil der Versorgungen erfolgte sogar innerhalb von 24 Stunden (82,7%), so dass die Vorgaben des BQS (Institut für Qualität & Patientensicherheit) mit einer Versorgung von mindestens 85% innerhalb von 48 Stunden [2] bei Weitem erfüllt wurden. Aufgrund des Zusammenhanges zwischen Versorgungszeitraum und Outcome [16] sollten nach unserer Meinung unter Berücksichtigung möglicher Nebenerkrankungen bzw. Medikamenteneinnahmen weiterhin alle Anstrengungen unternommen werden, die präoperative Verweildauer zu minimieren.

Das geschilderte Verfahren erscheint mit einer Operationsdauer von durchschnittlich 50 min schnell und sicher in der Versorgung pertochantärer Frakturen. Die Versorgung der subtrochantären Frakturen beanspruchte jedoch mit 91 min signifikant mehr Zeit. Eine Erklärung dafür ist, dass bei diesen Patienten häufiger offen reponiert und eine Cerclage eingebracht wurde. Ein solches Vorgehen wird für besonders instabile trochantäre und subtrochantäre Frakturen in der Literatur auch empfohlen [8, 23].

Die Mortalitätsrate im Krankenhaus war mit 4,0% in der Größenordnung, die auch andere Untersuchungen ergaben. So zeigten die Daten der verpflichtenden Qualitätssicherung in Deutschland für 2008 eine Letalitätsrate von 4,7% nach osteosynthetischer Versorgung. Auffällig ist jedoch die erhöhte Mortalitätsrate der Patienten mit subtrochantärer Fraktur mit 16,7%, besonders, da die Patienten vor dem Unfall weniger morbide waren (Tab. 1). Eine Erklärung könnte die aufwändigere und damit auch längere Operation sein. Die Aussagekraft der Ergebnisse ist allerdings durch die kleine Anzahl von Patienten mit subtrochantärer Fraktur (n=17) eingeschränkt.

Trotz eines größtenteils multimorbiden und alten Patientengutes zeigte sich eine relativ niedrige Reoperationssrate von nur 1,5% (n=3) bei der intramedullären Versorgung per- und subtrochantärer Frakturen. Um diese Ergebnisse mit denen anderer Untersuchungen vergleichen zu können, werden wir die Patienten zusätzlich nach 6 Monaten und einem Jahr nachuntersuchen. Aus anderen Studien ist bekannt, dass häufige Komplikationen wie das sogenannte Cutting out, eine Irritation des Tractus ileotibialis oder Nagelbrüche erst verzögert auftreten. Gillespie fand in einem Review aus 2002 eine sehr hohe Reoperationsrate von 44% innerhalb von 12 Monaten [12].

Fast die Hälfte der Frakturen (n=88, 46%) wurde von einem Weiterbildungsassistenten unter Anleitung eines Facharztes durchgeführt. Die subtrochantären Frakturen wurden jedoch mehrheitlich von Fachärzten (n=12, 70,6%) durchgeführt. Damit kann auch die höhere Mortalität nach Versorgung durch einen Facharzt erklärt werden. Die übrigen Behandlungsergebnisse waren unabhängig vom Ausbildungsstand des Operateurs. Insgesamt scheint die Marknagelosteosynthese proximaler Femurfrakturen durch einen Weiterbildungsassistenten mit gleichwertigen kurzfristigen Ergebnissen wie die Versorgung durch einen Facharzt verknüpft zu sein (Tab. 3).

Die kurzfristigen funktionellen Ergebnisse zeigen trotz einer fast zweiwöchigen Verweildauer (13,1 Tage) im Krankenhaus noch deutliche funktionelle Einschränkung ohne relevante Unterschiede zwischen den beiden Frakturtypen. So lag der mittlere retrospektiv erhobene Barthel Index vor dem Unfall mit 81 Punkten deutlich über den zum Entlassungszeitpunkt erreichten 47 Punkten. Es konnte gezeigt werden, dass mit zusammen 66% die Mehrzahl der Verlegungen in eine geriatrische Weiterbehandlung bzw. Rehabilitation erfolgte (Abb. 3). Es scheint also zumeist eine Rehabilitationsfähigkeit, aber auch ein großer Rehabilitationsbedarf gegeben zu sein. Auch in diesem Zusammenhang wird die Erhebung der Langzeitergebnisse von herausragender Bedeutung sein, da andere Studien in der Mehrzahl der Fälle funktionelle Einbußen mit z.T. Verlust der Selbstständigkeit und eine hohe Mortalität zeigten [7, 18, 19, 21, 27].

Zusammenfassend hat sich die intramedulläre Versorgung per- und subtrochantärer Frakturen als sicheres Verfahren mit breitem Indikationsspektrum und geringer kurzfristiger Komplikationsrate bewährt. Es scheint zudem auch von Assistenzärzten in Weiterbildung unter Anleitung eines Facharztes gut durchführbar. Eine gute operative Versorgung stellt jedoch nur einen Teil des gesamten Behandlungsablaufes der Patienten dar. Aufgrund der hohen Morbidität und steigender Fallzahlen ist die Behandlung von Patienten mit proximaler Femurfraktur eine zunehmende medizinische und ökonomische Herausforderung. Zur Aufrechterhaltung einer guten Qualität in der Patientenversorgung müssen weitere Anstrengungen unternommen werden und z.B. interdisziplinäre und sektorenübergreifender Modelle entwickelt werden, um den Anforderungen einer adäquaten Behandlung dieser fragilen Patienten gerecht zu werden.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Benjamin Bücking

Klinik für Unfall-, Hand- und
Wiederherstellungschirurgie

Universitätsklinikum Giessen und
Marburg, Standort Marburg

Baldingerstraße

35043 Marburg

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5