Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Phosphaturischer mesenchymaler Tumor mit Induktion einer onkogenen Osteomalazie – Kasuistik von 2 Fällen

Der Tumor wurde primär im Gesunden reseziert (Abb. 3). Die histopathologische Aufarbeitung bestätigte die Verdachtsdiagnose, wobei der Tumor einen Durchmesser von 14 mm aufwies. Die in selber Sitzung durchgeführten Beckenkammstanzen ließen histopathologisch die erwartete onkogene Osteomalazie nachweisen (Abb. 4). Perioperativ wurde die rasche Normalisierung von Phosphatspiegel im Serum und FGF-23 innerhalb von 48 Stunden dokumentiert (Abb. 5). Schon unmittelbar postoperativ berichtete die Patientin über einen Rückgang der beklagten Knochenschmerzen.

Diskussion

Der phosphaturische mesenchymale Tumor ist eine in der Regel benigne mesenchymale Neoplasie, die im Rahmen eines paraneoplastischen Syndroms zu einer onkogenen Osteomalazie führt. Maligne Transformationen sind nur selten beschrieben [6]. Mikroskopisch finden sich eine variable Zellularität sowie fibroblastenartige spindelförmige undifferenzierte Zellen, die typischerweise unregelmäßig verteilt fleckförmige granuläre Kalzifikationen sowie eingestreut auch mehrkernige osteoklastäre Riesenzellen und Blutungsherde aufweisen. Die Koexpression von SATB2, SSTR2A, ERG und CD56 wird als zuverlässig und reproduzierbar beschrieben [1].

Die onkogene Osteomalazie oder tumorinduzierte Osteomalazie (TIO) ist ein seltenes, mit dem PMT vergesellschaftetes paraneoplastisches Syndrom. Die vom Primärtumor sezernierte hormonähnliche Substanz FGF-23 führt dabei zu einem vermehrten renalen Phosphatverlust durch eine Inhibition der Phosphatreabsorbtion. Die resultierende Hypophosphatämie im Blut führt kompensatorisch zu einer Mobilisation von Phosphat und Kalzium aus dem Knochen, was zur Demineralisation führt. In beiden berichteten Fällen konnten wir einen erhöhten FGF-23-Wert und eine Hypophosphatämie im Serum nachweisen. Die Beckenkammstanzen zeigten beide nach entsprechend unentkalkter Präparation und Kunststoffeinbettung stark verbreiterte Osteoidsäume. Die intertrabekuläre Vernetzung war vermindert. In der Saure-Phosphatase-Reaktion waren einzelne flache resorbierende Osteoklasten in Resorptionslakunen nachweisbar.

Bei der zweiten Patientin wurde bereits 2 Jahre vor Diagnosestellung des PMT in einer ersten diagnostischen Beckenkammbiopsie der V.a. eine Osteomalazie geäußert. Da jedoch zusätzlich die Infiltration durch ein Plasmazellmyelom vorlag, erfolgte diesbezüglich die leitliniengerechte Therapie. Erst bei persistierender Beschwerdesymptomatik mit Knochenschmerzen, Fatigue und muskulärer Schwäche sowie trotz Substitution dauerhaft erniedrigten Phosphatwerten erfolgte die erweiterte endokrinologische Diagnostik bei der u.a. ein erhöhtes FGF-23 auffiel und der PMT im weiteren Verlauf lokalisiert und reseziert werden konnte.

Zur Lokalisation des oft sehr kleinen Primärtumors kommen mehrere bildgebende Modalitäten in Frage. Hierzu gehören die Tc99m-Skelettszintigrafie bei ossären Manifestationen sowie die Ganzkörper-MRT bzw. -CT. Bei der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) scheint die DOTATATE PET-CT der F-FDG PET-CT überlegen [2]. In unserem ersten Fall war der Primärtumor bereits durch die erfolgte lokale Bildgebung bei Kniebeschwerden lokalisiert und konnte durch eine Inzisionsbiopsie bestätigt werden. Im zweiten Fall konnte erst mit dem Wissen der Verdachtsdiagnose eines phosphaturischen mesenchymalen Tumors und der repetitiven detaillierten Anamnese retrospektiv der Primarius an der Fußsohle lokalisiert werden, da im PET-CT die nur minimale Mehrspeicherung an der Fußsohle aufgrund der alles überstrahlenden Mehrspeicherungen der multiplen pathologischen Frakturen zunächst nicht als relevant eingestuft wurde.

Da Primärtumoren meist nur zwischen 1–5 cm messen, sollten sie, soweit möglich, vollständig chirurgisch reseziert werden. Alternativen wie die Kryoablation sind in Einzelfällen bei Inoperabilität beschrieben [7]. Bei intraossären Befunden ist bei insgesamt guter Prognose eine primäre intraläsionale Resektion gerechtfertigt. Segmentresektionen bleiben dem Rezidivfall vorbehalten [8].

Schlussfolgerung

Der mesenchymale phosphaturische Tumor ist eine Rarität. Publikationen zu primären ossären Manifestationen sind selten. Die Publikationshäufigkeit ist jedoch in den letzten Jahren stetig angestiegen, sodass die Kenntnis dieser Tumorentität empfehlenswert ist, vor allem weil den Patienten, die oft einen langen Leidensweg hinter sich haben, nach Lokalisation des Primärtumors in der Regel rasch und effizient geholfen werden kann.

Aufgrund der unspezifischen Symptome und der ubiquitären Lokalisation des Primarius ist die Diagnosestellung häufig verzögert. Die Diagnostik beinhaltet neben der lokalen Bildgebung auch die Bestimmung von Phosphat im Urin und Serum sowie FGF-23. Aufgrund des oft kleinen Primärtumors ist eine Ganzkörper-Bildgebung (MRT/PET-CT) bei der Lokalisation hilfreich. Goldstandard in der Therapie ist die vollständige Resektion. Im Anschluss kommt es typischerweise zu einer raschen Beschwerdelinderung sowie Normalisierung der Laborparameter.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Maya Niethard

Klinik für Tumororthopädie

Helios Klinikum Berlin-Buch

Schwanebecker Chaussee 50

13125 Berlin

Maya.niethard@helios-gesundheit.de

Literatur

1. Agaimy A, Michal M, Chiosea S: Phosphaturic Mesenchymal Tumors: Clinicopathologic, Immunohistochemical and Molecular Analysis of 22 Cases Expanding their Morphologic and Immunophenotypic Spectrum. Am J Surg Pathol. 2017; 10: 1371–80

2. Agrawal K: Comparison of 18F-FDG and 68Ga DOTATATE PET/CT in localization of tumor causing oncogenic osteomalacia. Clin Nucl Med. 2015; 40: e6–e10

3. Clugston E, Gill AC, Graf N, Bonar F, Gill AJ: Use of immunohistochemistry for SSTR2A to support a diagnosis of phosphaturic mesenchymal tumour. Pathology. 2015; 47: 173–5

4. Dey B, Gochhait D, Subramanian H, Ponnusamy M: Oncogenic Osteomalacia: An Approach to Diagnosis with a Case Report. J Clin Diagn Res. 2017; 11: ED05–ED07

5. Qari H, Hamao-Sakamoto A, Fuselier C et al.: Phosphaturic Mesenchymal Tumor: 2 New Oral Cases and Review of 53 Cases in the Head and Neck. Head Neck Pathol. 2016; 10: 192–200

6. Qiu S, Cao LL, Qiu Y et al.: Malignant phosphaturic mesenchymal tumor with pulmonary metastasis: A case report. Medicine (Baltimore). 2017; 96: e6750

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