Übersichtsarbeiten - OUP 01/2021

Posttraumatische Achsfehlstellung mit nachfolgender Ellenbogensteife
Welche Therapiekonzepte gibt es?

Konrad Mader, Kristofer Wintges, Till Orla Klatte

Zusammenfassung:
Posttraumatische Achsfehlstellung mit konsekutiver schwerer Ellenbogensteife hat eine massive Beeinträchtigung der funktionellen Integrität der betroffenen oberen Extremität zur Folge. Neben der Steife sind Schmerzen, eine primäre oder sekundäre Instabilität und eine bereits bestehende Arthrose aggravierende weitere Faktoren, die den meist jungen Patienten in seinem täglichen Leben massiv einschränken. Korrektureingriffe in diesem Indikationsbereich sind aufgrund der komplexen Pathoanatomie eine echte Herausforderung für das behandelnde Spezialistenteam. In diesem fokussierten Übersichtsartikel zeigen wir für extraartikuläre und intraartikuläre Pathologien, die wir mit einem ganzen Armamentarium von Planungshilfen (konventionelle Planung vs. moderne computergestützte 3D-Planung) bis zur Korrektur mittels moderner 3D-Schablonen, gekoppelt mit aufwendigen offenen Arthrolysetechniken (nach CT-gestützter Planung und Berechnung des prospektiven Bewegungsgewinns) bis zur Fixateur-gestützten Mobilisation mittels Distraktionsfixateur durchführen. Das Ziel dieser Eingriffe ist, die Vermeidung/Verringerung arthrotischer Gelenkveränderungen durch die Achskorrektur in Kombination mit der Wiederherstellung eines funktionellen Bewegungsraumes für beide Bewegungsachsen, die auch über die Zeit andauern.

Schlüsselwörter:
posttraumatische Ellenbogensteife, Achsfehlstellung, Varus/Valgusmalunion des distalen Humerus, Pseudarthrose der Kondylen, konventionelle Planung vs. rapid prototyping, offene Arthrolyse,
Korrekturosteotomie mit Patient-spezifischen Implantaten (PSI), Distraktionsarthroplastik

Zitierweise:
Mader K, Wintges K, Klatte T. Posttraumatische Achsfehlstellung mit nachfolgender Ellenbogensteife – welche Therapiekonzepte gibt es? OUP 2021; 10: 026–036 DOI 10.3238/oup.2021.0026–0036

Summary: Posttraumatic axis malalignment coupled with severe posttraumatic elbow stiffness does have a significant negative impact on the functional integrity of the affected upper extremity. In addition to stiffness pain, primary of secondary instability and already existing or evolving degenerative osteoarthritic changes are further factors which affect the patient´s daily living activities. Corrective procedures in this field are extremely challenging for the attending upper extremity specialist due to the complex pathoanatomy in this region. In this practical overview we are focusing on extraarticular and intraarticular pathologies in the distal humerus (both malunion and nonunion) and will show our armamentarium from planning such a correction (conventional vs computerguided 3dimensional planning) to the actual procedures, using modern rapid prototyping technologies coupled with open arthrolysis (again after CT guided planning and calculation of the possible gain in motion) and fixator assisted mobilsation of the joint, using a hinged fixator with motion and distraction capacity. We cannot stress the fact enough that these procedures are technically extremely demanding and are possibly burdened with desastrous complications and therefore should be executed in specialized centers. The aim of these procedures is the attenuation and/or avoidance of further osteoarthritic changes by correcting the malunion and restitution of the functional arc of motion over time.

Keywords: posttraumatic elbow stiffness, axis malalignment, varus/valgus malunion of the distal humerus, pseudarthrosis of the condyles, conventional planning vs. rapid prototyping, open arthrolysis, corrective osteotomy using patient specific implants, distraction arthroplasty

Citation: Mader K, Wintges K, Klatte T. Posttraumatic axis malalignment with consecutive posttraumatic elbow stiffness – modern treatment concepts. OUP 2021; 10: 026–036 DOI 10.3238/oup.2021.0026–0036

Konrad Mader: Sektion Hand-, Unterarm- und Ellenbogentraumatologie, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Kristoffer Wintges: Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Till Orla Klatte, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Einleitung

Posttraumatische Deformitäten des Ellenbogens können nach nichtoperativer, operativer, oder nach stattgehabter Korrekturoperation (iatrogen) akuter Frakturen oder ihrer Folgezustände auftreten [4, 9] und präsentieren sich häufig als Funktionseinschränkung, die während des Wachstums noch aggraviert. Liegt eine zusätzliche posttraumatische Ellenbogensteife vor, sind neben der Achsfehlstellung häufig nervale (N. ulnaris) und extrinsische/intrinsische Veränderungen im Gelenk und extraartikulär zu erkennen und zu behandeln [2, 4, 5, 7, 10, 11, 17]. Historisch wurde die häufigste posttraumatische Fehlstellung am Ellenbogen, die Varusdeformität, häufig als rein kosmetisches Problem abgetan, in den letzten Jahren (und korrespondierend zu unseren eigenen Erfahrungen) konnte jedoch gezeigt werden, das neben arthrotischen Veränderungen eine mediale Instabilität, Ulnarisbeeinträchtigung und Bewegungseinschränkungen im Verlauf auftreten [1, 18]. Eine Mal- oder Nonunion des radialen oder ulnaren Kondylus mit intraartikulärer Fehlstellung führen zu enormer Einsteifung, schwerer Arthrose und starken Schmerzen im betroffenen Gelenk, wobei nicht nur das Humerorulnargelenk, sondern auch das proximale Radio-Ulnargelenk mit affektiert sein können [18]. Eine neue Klassifikation trägt dieser komplexen Pathoanatomie Rechnung (Tab. 1) [18].

Untersuchung des Patienten,

Analyse der Fehlstellung und Bewegungseinschränkung und Aufklärung

Die Ellenbogensteife nach Malunion/Non-union am distalen Humerus ist häufig nicht in einer Ebene (monoplanar), sondern meistens in allen 3 Ebenen (multiplanar, in der frontalen, sagittalen und coronaren Ebene) und somit von der Pathobiomechnik in nur einer Ebene schwer oder zumindest unvollständig zu korrigieren [9]. Bei Pseudarthrosen (wie zum Beispiel bei einer nichtverheilten epikondylären Fraktur der Trochlea und des Capitulum) kommt es häufig neben der schmerzhaften Instabilität, die zu einer bedeutsamen Einsteifung führt, oft zu einer partiellen Nekrose dieser Areale [9]. Nicht selten finden sich intraartikuläre Fehlstellungen oder sekundär dislozierte Gelenkanteile, die nachfolgend eine enorme posttraumatische Steife generieren (Abb. 1), hier müssen wir zusätzlich zur multiplanaren Fehlstellung mit allen intrinsischen und extrinsischen pathologischen Veränderungen, die mit einer schweren Ellenbogensteife einhergehen, rechnen.

Die klinische Untersuchung sollte das Bewegungsausmaß des betroffenen Ellenbogens (im Vergleich zur Gegenseite) mittels Neutral-0–Methode dokumentieren. Neben der Extensions-/Flexionsachse ist besonders die Pronations-/Supinationsachse bedeutsam, ebenso wie der Anschlage des Gelenkes bei Bewegungseinschränkung (weicher Anschlag vs. Blockade). Die Achsstellung des Ellenbogens wird klinisch dokumentiert und am (bis auf den proximalen Unterarm aufgeblendeten) a.p.- und seitlichen Röntgenbild in der frontalen und sagittalen Ebene ausgemessen (Abb. 2) [9]. Hobbys, Einschränkungen im täglichen Leben, Schmerz- und Medikationsprofil und der Stellenwert kosmetischer Aspekte der Deformität sollten angesprochen werden und fließen in die Beratung mit ein. Alle Patienten mit Komplexkorrekturen erhalten einen validierten sog. PROM Patient-Reported Outcome Measure, meist den Q-DASH am Ellenbogen und den PWRE am Handgelenk), der regelmäßig wiederholt wird [9]. Weitere wichtige Punkte sind die offene Aufklärung über die Aussichten einer Korrektur, die möglichen Komplikationen und eine Evaluation der Compliance des Patienten und seiner Familie (besonders bei Fixateur-gestützten Verfahren) [1–6]. Die Compliance hat einen echten Impact auf die Wahl des Therapieverfahrens, manche Patienten (mit niedriger Compliance) profitieren häufig von einer Akutkorrektur mit internen Verfahren als von einer komplexen langwierigen Fixateur-gestützten Modulation der Bewegungs-/Achskorrektur [2, 4, 5, 7, 9, 10, 17]. Jedweder Komplexkorrektur geht ein schriftlicher strukturierter Behandlungsplan mit Diagnosen, Problemen (Achsfehlstellung, Ausmaß der Steife etc.) und der entsprechenden Therapie voraus (Abb. 3) [6, 9, 13, 14]. Wird eine Fixateur-gestützte Distraktionsarthrolyse angeschlossen, ist eine profunde Kenntnis von Fixateursystemen und der Technik des Bewegungsfixateurs unabdingbar, eine Checkliste ist für dieses Verfahren etabliert und absolut sinnvoll [6].

Konventionelle Planung vs. computergestützte Planung (Rapid Prototyping)

In den letzten 5 Jahren haben wir bei allen Komplexkorrekturen, besonders bei ausgeprägten coronaren (Rotations-) Fehlstellungen eine computergestützte 3D-Planung mit/ohne Patienten, spezifischen Bohr- und Sägelehren oder zumindest den präoperativen 3D-Druck zur besseren Analyse der Fehlstellung und Analyse der extrinsischen Ursachen für die Ellenbogensteife verwendet, da diese multiplanaren Fehlstellungen nur akkurat 3-dimensional geplant und korrigiert werden können [9, 13, 14]. Das DRG-System in Deutschland bildet diese komplexen rekonstruktiven Eingriffe leider nicht entsprechend ab, derzeit erreicht man eine leicht positive Kosten-Nutzen-Bilanz, allerdings nur ohne die teure 3D-Planung inklusive Bohr- und Sägelehren (sogenannte custom made devices (CMD) zusätzlich derzeit Euro 3500). Daher ist für die Kostenübernahme oft eine individuelle Kostenübernahmeabklärung präoperativ notwendig. Die Abbildungen 3–10 zeigen exemplarisch die Möglichkeiten der 3D-Planung, die Planung der Bohr- und Sägelehren und die aktuelle Korrekturoperation (Abb. 3–10). Ein wirklich innovatives Tool bei konkomitanter Ellenbogensteife ist die Möglichkeit, den Bewegungsgewinn bei Abtragung degenerativer Anbauten zu simulieren und zu berechnen (Abb. 6).

Das Armamentarium

Bei Einsatz von computerisierten Planungstools und Rapid Prototyping Bohr- und Sägelehren werden diese zusammen mit den 3D gedruckten Modellen des prä- und post- Korrekturstatus sterilisiert und im Operationssaal kontrolliert und geordnet (Abb. 4).

Komplexe Korrekturen an Ellenbogen, Unterarm und Hand führen wir grundsätzlich mit steriler Blutleere und Lupenbrille durch (zur obligaten Identifikation und in situ-Neurolyse des Nervus ulnaris bei einer Flexionskontraktur von > 90°). Die sterile Blutleere kann dann nach erfolgter Korrektur/Arthrolyse/Neurolyse für eine fakultative Distraktionsfixateur-/Bewegungsfixateuranlage entfernt werden.

Bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wird ein ganzes Arsenal von low-profile, multiangulär winkelstabilen Plattensystemen (für den distalen Humerus und den Unterarm) eingesetzt, diesen ist allen die erfolgte Implementation in das 3D-Planungsprogramm (eg. Mimics) gemeinsam. Zur temporären Fixation der Platten setzen wir häufig das sog. FFS-System (Fragment Fixation System der Fa. Orthofix®, (Abb. 11d)) ein, des Weiteren werden verschiedende Fadenankersysteme für die etwaige Refixation von sekundären (mediale und laterale Bandstrukturen) und tertiären Stabilisatoren (der streck- und beugeseitigen Muskelbündel) des Ellenbogens nach Arthrolyse oder zur Befestigung einer Interpositionsmembran (eg. Fascia lata) benötigt.

Der standardisiert eingesetzte Distraktionsfixateur und Bewegungsfixateur ist der Galaxy©-Fixateur der Firma Orthofix® (Abb. 12). Bei Kindern < 13 Jahren wird ein Handgelenksfixateur mit eingebauter Distraktionseinheit und der Original-Pennig-Ellenbogenfixateur eingesetzt [4, 5, 10]. Die Technik ist äußerst anspruchsvoll, eine aktuelle step-by-step-Operationsanleitung findet sich unter den Literaturhinweisen [6]. Im Folgenden wird das planerische und chirurgische Vorgehen an 2 komplexen Beispielfällen aufgezeigt.

Varusmalunion mit
ventralen Knochenanbauten und schwerer
posttraumatischer Steife

Der Cubitus varus/valgus ist häufig Folge einer kindlichen distalen Humerusfraktur, der Varus ist hierbei häufig mit einer Malunion nach suprakondylärer Humerusfraktur, der Valgus häufig nach Malunion/Nonunion mit dem Zustand nach Kondylus radialis-Fraktur assoziiert [9]. Während eine leichte Varusfehlstellung häufig als rein kosmetisches Problem wahrgenommen wird, gibt es selten schwere Verläufe mit multiplanarer Fehlstellung und konsekutiver Ellenbogensteife. Der erste Beispielpatient ist ein 13-jähriger junger rechtshändiger Patient, der 2 Jahre vor der Indexoperation eine suprakondyläre komplexe distale Humerusfraktur linksseitig (Marzi III–IV) erlitten hatte. Die operative Versorgung (mittel K-Drahtosteosynthese und Metallentfernung) wurde auswärts durchgeführt, insgesamt wurden bereits über 50 Behandlungen mit intensiver Krankengymnastik durchgeführt. Die Vorstellung erfolgt bei posttraumatischer Varusfehlstellung links und schwerer kombinierter Ellenbogensteife. Neben dem sichtbaren Varus ist bei uneingeschränkter Unterarmdrehung die Extension-Flexion mit 0–30–80° deutlich eingeschränkt. Bei hartem Anschlag in der Flexion wird die posttraumatische Steife in Anlehnung an Sun et al. als EFII klassifiziert [19]. Das Planungs- und Analyse-CT zeigt neben der ausgeprägten extraartikulären Fehlstellung massive ventrale knöcherne Anbauten. Mit dem Patienten und seiner Familie wird nach entsprechender Kommunikation mit der Krankenkasse eine computerisierte Planung und Operation mittels Rapid Prototyping und CMD durchgeführt. Nach der online durchgeführten Planungssession (zwischen dem Operateur und einem „Medical Engineer“ der entsprechenden Firma) wird ein strukturierter Behandlungsplan und ein PDF der gemeinsam durchgeführten Messungen und Operationsschritte erstellt und mit dem Patienten, den Eltern und dem Behandlungsteam besprochen (Abb. 2–10). Die Simulation der Korrektur der multiplanaren Fehlstellung (es handelt sich um eine Fehlstellung in allen 3 Ebenen) wird mit entsprechenden Bohrlehren für die mediale Platte, einer kombinierten Bohr-Sägelehre für die Osteotomie und Plattenosteosynthese lateral durchgeführt und zusätzlich können bei der Korrektur die knöchernen Vorsprünge (sog. „Bumps“) mittels Anzeichnungsschablonen zielgerichtet abgetragen werden (Abb. 5, 7). Die Simulation des möglichen Bewegungszugewinns ergibt einen Zuwachs von 50° in der E/F-Achse, dazu ist neben der Korrektur eine Abtragung der ventralen Osteophyten (über den radialen Zugang) notwendig (Abb. 6). Nach entsprechender Aufklärung wird in Vollnarkose und steriler Blutleere die Korrektur (mit Lupenbrille für die obligate in situ-Neurolyse des N. ulnaris) durchgeführt: Vorteil des Einsatzes von CMD ist neben der genauen Platzierung der Platten und einer exakten 3D-Osteotomie die Möglichkeit, durch die sterile Verfügbarkeit der Devices, intraoperativ die Lage der Bohr- und Sägelehren zu prüfen (Abb. 4, 8–10). Die Operation wird mit einem sog. „Briefing“ begonnen, einem Durchgehen der operativen Schritte und den einzelnen wichtigen Eckpunkten, sodass eine derartige Komplexkorrektur mit ventraler Osteophytenabtragung insgesamt nur 90 Minuten dauert. Zum Ende der Operation wird die passive Bewegung getestet und dokumentiert, sie beträgt 0–10–130° in der E/F-Achse bei freier Unterarmdrehung. Nach postoperativer Gipsruhigstellung und Überprüfen des intakten Gefäß- und Nervenstatus wird nach 10 Tagen mit der geführten Physiotherapie begonnen. Klinische und radiologische Kontrollen erfolgen nach 2/8 Wochen und 6/12 Monaten. Bei letztmaliger Vorstellung ist die Achse vollständig korrigiert, die E/F beträgt 0–20–135° und der q-DASH beträgt 10.

Intraartikuläre Fehlstellung bei fehlgeheilter Trochlea und schwerster Steife mit beginnender Arthrose

In den letzten 5 Jahren haben wir bei allen Adoleszenten und erwachsenen Patienten bei intraartikulärer Fehlstellung (zusammen mit anderen europäischen Zentren, die diese Korrekturen regelhaft durchführen) eine computerisierte 3D-Planung durchgeführt, zunehmend obligat mit Patient spezifischen Bohr- und Sägelehren (CMD) [3, 8, 9, 15, 16]. Häufig reagiert der Ellenbogen auf die intraartikuläre Fehstellung mit massiver Einsteifung, die Patienten haben häufig eine Odyssee mit verschiedenen frustranen Voroperationen hinter sich.

Die zweite Beispielpatientin ist eine 20-jährige linkshändige Patientin, die sich eine intraartikuläre Humerusfraktur (mit Dislokation des ulnaren Kondylus und der Trochlea nach ventral) nach einem Rasanztrauma links zugezogen hatte. Die operative Versorgung (mittels Doppelplattenosteosynthese) wurde auswärts durchgeführt, insgesamt wurden bereits über 50 Sessionen intensiver Krankengymnastik durchgeführt, es erfolgten 2 frustrane sogenannte „Narkosemobilisatio nen“, die linke obere Extremität ist massiv eingeschränkt, die E/F ist mit 0–30–55° massivst eingeschränkt, der N. ulnaris ist motorisch und sensibel geschädigt. Bei intraartikulärer Stufenbildung wird die posttraumatische Steife in Anlehnung an Sun et al. als EFDie "III" sollte tief gestellt sein, s. Tabelle.III klassifiziert (Tab. 1) [19]. Das Planungs- und Analyse-CT zeigt neben der ausgeprägten kombiniert extra/-intraartikulären Fehlstellung der ulnaren Säule (der ulnare Kondylus und der ulnare Anteil der Trochlea sind ventral disloziert fehlangeheilt) massive Knochendefekte und ventrale knöcherne Anbauten im Bereich der Fehlstellung und ventral am Coronoid. Hier wird nach entsprechender Beratung ein strukturierter Behandlungsplan für die Ulnarisneurolyse, 3D-Osteotomie extra-/intraartikulär der ulnaren Säule mit Spongiosaplastik und Plattenosteosynthese, kombiniert mit geschlossener Distraktion des Gelenkes und für die Bewegungsfixateuranlage zur frühzeitigen Modulation des Bewegungsausmaßes erstellt (Abb. 1, 11–13). Nach entsprechender Aufklärung wird in Vollnarkose und steriler Blutleere die Korrektur (mit Lupenbrille für die obligate in situ-Neurolyse des N. ulnaris) durchgeführt: Wichtige Schritte sind hier die Präparation und Arthrolyse des ventral fehleingeheilten Gelenkblockes, hier sind die Weichteile massivst verkürzt und vernarbt. Die Komplexkorrektur erfolgt mittels Bohr-/Meißel-Osteotomie, die Reposition der Trochlea wird visuell kontrolliert, die Reposition über das sog. FFS-System temporär gesichert (Abb. 11). Nach Plattenosteosynthese medial wird umgelagert (die mediale Wunde bleibt zum „Monitoring“ der Spannung auf dem N. ulnaris offen) und nach Abnahme der Blutleere erfolgt die Anlage des Bewegungsfixateurs nach geschlossener Distraktion mittels speziellem Distraktionsfixateur (Abb. 12). Zum Ende der Operation wird die passive Bewegung im Fixateur (unter einer Distraktion von 5 mm) getestet und dokumentiert, sie beträgt 0–10-130° in der E/F-Achse bei freier Unterarmdrehung. Nach postoperativem Verschluss der Zentraleinheit des Fixateurs in 120° (sog. Relaxationsphase) und Überprüfen des intakten Gefäß- und Nervenstatus wird nach 10 Tagen mit der geführten Physiotherapie begonnen. Der Fixateur verbleibt 7 Wochen und wird ambulant ohne weitere Narkose entfernt. Klinische und radiologische Kontrollen erfolgen nach 2/8 Wochen und 6/12 Monaten. Bei letztmaliger Vorstellung ist die Achse vollständig korrigiert, die E/F beträgt 0–20–135° und der q- DASH beträgt 16. Die Technik der fixateurgestützen Distraktionsarthrolyse kann hier kurz angerissen werden und ist in extenso in der Literatur beschrieben [2, 5–14].

Patientenführung und erwartbares Langzeitergebnis

Die Komplexität der Planung, der Schwierigkeitsgrad der Operation (auch mit 3D-Planung sind diese nicht trivial) und ausgeprägte Anforderungen an die Motivation und Compliance der Patienten machen diese Korrekturen zu einer schweren Aufgabe für das gesamte Behandlungsteam. Erwartbar sind 100° Bewegungsausmaß in der Extension/Flexionsachse und eine relative Schmerzarmut, das vorläufige Endergebnis sollte erst nach 5 Jahren beurteilt werden, bei Fortschreiten der Arthrose kann sowohl das Bewegungsausmaß als auch die Patientenzufriedenheit leiden.

Interessenkonflikte:

keine angegeben

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Konrad Mader

Sektionsleiter

Sektion Hand-, Unterarm- und
Ellenbogentraumatologie

Klinik und Poliklinik für
Unfallchirurgie und Orthopädie

Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf

Martinistraße 52

20246 Hamburg

k.mader@uke.de

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