Übersichtsarbeiten - OUP 01/2021

Posttraumatische Achsfehlstellung mit nachfolgender Ellenbogensteife
Welche Therapiekonzepte gibt es?

In den letzten 5 Jahren haben wir bei allen Adoleszenten und erwachsenen Patienten bei intraartikulärer Fehlstellung (zusammen mit anderen europäischen Zentren, die diese Korrekturen regelhaft durchführen) eine computerisierte 3D-Planung durchgeführt, zunehmend obligat mit Patient spezifischen Bohr- und Sägelehren (CMD) [3, 8, 9, 15, 16]. Häufig reagiert der Ellenbogen auf die intraartikuläre Fehstellung mit massiver Einsteifung, die Patienten haben häufig eine Odyssee mit verschiedenen frustranen Voroperationen hinter sich.

Die zweite Beispielpatientin ist eine 20-jährige linkshändige Patientin, die sich eine intraartikuläre Humerusfraktur (mit Dislokation des ulnaren Kondylus und der Trochlea nach ventral) nach einem Rasanztrauma links zugezogen hatte. Die operative Versorgung (mittels Doppelplattenosteosynthese) wurde auswärts durchgeführt, insgesamt wurden bereits über 50 Sessionen intensiver Krankengymnastik durchgeführt, es erfolgten 2 frustrane sogenannte „Narkosemobilisatio nen“, die linke obere Extremität ist massiv eingeschränkt, die E/F ist mit 0–30–55° massivst eingeschränkt, der N. ulnaris ist motorisch und sensibel geschädigt. Bei intraartikulärer Stufenbildung wird die posttraumatische Steife in Anlehnung an Sun et al. als EFDie "III" sollte tief gestellt sein, s. Tabelle.III klassifiziert (Tab. 1) [19]. Das Planungs- und Analyse-CT zeigt neben der ausgeprägten kombiniert extra/-intraartikulären Fehlstellung der ulnaren Säule (der ulnare Kondylus und der ulnare Anteil der Trochlea sind ventral disloziert fehlangeheilt) massive Knochendefekte und ventrale knöcherne Anbauten im Bereich der Fehlstellung und ventral am Coronoid. Hier wird nach entsprechender Beratung ein strukturierter Behandlungsplan für die Ulnarisneurolyse, 3D-Osteotomie extra-/intraartikulär der ulnaren Säule mit Spongiosaplastik und Plattenosteosynthese, kombiniert mit geschlossener Distraktion des Gelenkes und für die Bewegungsfixateuranlage zur frühzeitigen Modulation des Bewegungsausmaßes erstellt (Abb. 1, 11–13). Nach entsprechender Aufklärung wird in Vollnarkose und steriler Blutleere die Korrektur (mit Lupenbrille für die obligate in situ-Neurolyse des N. ulnaris) durchgeführt: Wichtige Schritte sind hier die Präparation und Arthrolyse des ventral fehleingeheilten Gelenkblockes, hier sind die Weichteile massivst verkürzt und vernarbt. Die Komplexkorrektur erfolgt mittels Bohr-/Meißel-Osteotomie, die Reposition der Trochlea wird visuell kontrolliert, die Reposition über das sog. FFS-System temporär gesichert (Abb. 11). Nach Plattenosteosynthese medial wird umgelagert (die mediale Wunde bleibt zum „Monitoring“ der Spannung auf dem N. ulnaris offen) und nach Abnahme der Blutleere erfolgt die Anlage des Bewegungsfixateurs nach geschlossener Distraktion mittels speziellem Distraktionsfixateur (Abb. 12). Zum Ende der Operation wird die passive Bewegung im Fixateur (unter einer Distraktion von 5 mm) getestet und dokumentiert, sie beträgt 0–10-130° in der E/F-Achse bei freier Unterarmdrehung. Nach postoperativem Verschluss der Zentraleinheit des Fixateurs in 120° (sog. Relaxationsphase) und Überprüfen des intakten Gefäß- und Nervenstatus wird nach 10 Tagen mit der geführten Physiotherapie begonnen. Der Fixateur verbleibt 7 Wochen und wird ambulant ohne weitere Narkose entfernt. Klinische und radiologische Kontrollen erfolgen nach 2/8 Wochen und 6/12 Monaten. Bei letztmaliger Vorstellung ist die Achse vollständig korrigiert, die E/F beträgt 0–20–135° und der q- DASH beträgt 16. Die Technik der fixateurgestützen Distraktionsarthrolyse kann hier kurz angerissen werden und ist in extenso in der Literatur beschrieben [2, 5–14].

Patientenführung und erwartbares Langzeitergebnis

Die Komplexität der Planung, der Schwierigkeitsgrad der Operation (auch mit 3D-Planung sind diese nicht trivial) und ausgeprägte Anforderungen an die Motivation und Compliance der Patienten machen diese Korrekturen zu einer schweren Aufgabe für das gesamte Behandlungsteam. Erwartbar sind 100° Bewegungsausmaß in der Extension/Flexionsachse und eine relative Schmerzarmut, das vorläufige Endergebnis sollte erst nach 5 Jahren beurteilt werden, bei Fortschreiten der Arthrose kann sowohl das Bewegungsausmaß als auch die Patientenzufriedenheit leiden.

Interessenkonflikte:

keine angegeben

Das Literaturverzeichnis zu
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www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Konrad Mader

Sektionsleiter

Sektion Hand-, Unterarm- und
Ellenbogentraumatologie

Klinik und Poliklinik für
Unfallchirurgie und Orthopädie

Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf

Martinistraße 52

20246 Hamburg

k.mader@uke.de

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