Originalarbeiten - OUP 10/2013

Prothesendesign, Biomechanik und mittelfristige Ergebnisse einer schaftfreien Schulterprothese
Die Eclipse-ProtheseThe Eclipse-prosthesis

J. Kellinghaus1, Y. Jamali Narisi2, T. Schneider1

Zusammenfassung

Die Eclipse-Prothese (Fa. Arthrex) wurde im Jahre 2005 als schaftfreie, metaphysär verankerte Schulterprothese eingeführt und steht als Hemi- und als Totalendoprothese zur Verfügung.

Erste mittelfristige Nachuntersuchungsergebnisse zeigen
gute Ergebnisse der Prothese im Constant-Score, in radiologischen als auch in biomechanischen Nachuntersuchungen. Durch die Möglichkeit der Glenoidversorgung mittels des „universal glenoid“ kann in Revisionsfällen der Glenoidersatz mit einer Glenosphäre besetzt werden und somit die Prothese in eine inverse Prothese konvertiert werden. Inwieweit sich die insgesamt sehr guten Ergebnisse langfristig darstellen, muss durch 10-Jahres-Nachuntersuchungen belegt werden.

Schlüsselwörter: Eclipse-Hemi-Totalendoprothese, schaftfreie Schulterprothese, Omarthrose, metaphysäre Verankerung,
mittelfristige Ergebnisse, Glenoidersatz

Zitierweise

Kellinghaus J, Jamali Narisi Y, Schneider T: Prothesendesign, Biomechanik und mittelfristige Ergebnisse einer schaftfreien Schulterprothese.
OUP 2013; 10: 478–484. DOI 10.3238/oup.2013.0478–0484

Abstract

The Eclipse-prosthesis (Arthrex) was introduced in 2005 as a stem-free, metaphysical impacted shoulder arthroplasty and exists both as a hemi as well as a total endoprosthesis.

First medium-term results show good outcomes of the prosthesis in the constant score, in radiological and in biomechanical follow-up examinations. Due to the potential of the „universal glenoid“ for the glenoid replacement, the
glenoidal component can be used with a glenosphere component in cases of revision and so be converted in a reverse prosthesis. Long-term examinations will have to confirm the very good current outcome.

Keywords: Eclipse-hemi-totalendoprosthesis, stem-free shoulder arthroplasty, omarthrosis, metaphysical impaction, medium-term results, glenoid replacement

Citation

Kellinghaus J, Jamali Narisi Y, Schneider T: Design, biomechanics and medium-term results of a stem-free shoulder arthroplasty.
OUP 2013; 10: 478–484. DOI 10.3238/oup.2013.0478–0484

Einleitung

Der schaftfreie Humeruskopfersatz bietet seit 2004 ein modernes Verfahren zum endoprothetischen Gelenkersatz der Schulter und wird auch als fünfte Generation der Schulterprothesen bezeichnet [1].

Hierbei stellen die metaphysär verankerten Implantate zum Humeruskopfersatz mittlerweile eine bedeutende Alternative zum schaftverankerten Humeruskopfersatz dar, welcher über Jahrzehnte als Standardimplantat zur Versorgung von primären oder posttraumatischen Omarthrosen galt.

Besonders für jüngere Patienten mit degenerativen Veränderungen des Schultergelenks muss trotz verbesserter Standzeiten der klassischen Endoprothesen mit Wechseloperationen im weiteren Verlauf des Lebens gerechnet werden. Klassische Schaftprothesen erfordern im Revisionsfall Schaftosteotomien mit erheblichen Morbiditätsraten [1].

Die Vorteile eines schaftfreien Humeruskopfersatzes liegen in einer Knochen sparenden Versorgung und einer Kalottenpositionierung unabhängig von der Schaftachse. Der Operateur kann dabei mit variablen anatomischen Kopfgrößen eine ideale Anpassung des humeralen Offsets am resezierten anatomischen Hals erreichen. Bei vorliegenden Glenoiddefekten kann ein Glenoidersatz direkt mit durchgeführt werden. Ein minimal-invasiver Zugang ermöglicht eine Reduzierung intraoperativer Komplikationen (Blutungen, Weichteilverletzungen), die Prothese ist in einer einfacheren OP-Technik implantierbar und das Risiko periprothetischer Frakturen ist reduziert.

Seit 2004 wurden bislang von 4 Herstellern schaftfreie Implantate entwickelt, die aktuell verfügbar sind. Dabei handelt es sich um die Total-Evolution-Shoulder-System-Prothese, TESS (Fa. Biomet), die Simplicity-Prothese (Fa. Tornier), die Affinis-Short-Prothese (Fa. Mathys) und die 2005 eingeführte Eclipse-Prothese (Fa. Arthrex). Insgesamt wurden weltweit bis Ende 2011 rund 10.000 schaftfreie Humeruskopfimplantate eingesetzt [2].

Allen Implantaten nachteilig gemeinsam ist, dass umfassende 10-Jahres-Ergebnisse zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorliegen.

Eclipse-Prothese

Die Eclipse-Prothese als schaftfreier metaphysär verankerter Humeruskopfersatz diente initial der Versorgung posttraumatischer Arthrosen. Die Indikation konnte mittlerweile auf die primäre Omarthrose, die idiopathische avaskuläre Humeruskopfnekrose, die Instabilitätsarthrose und die schmerzhafte Defektarthropathie bei gut kompensierter Schulterfunktion ausgeweitet werden. Bei rheumatoider Arthritis und gleichzeitig guter Knochenqualität kann die Prothese ebenfalls verwendet werden [3]. Daraus ergeben sich Kontraindikationen bei größeren Knochendefekten im Bereich der Impaktierung, sehr weicher Spongiosa, sehr osteoporotischen Knochen und der akuten Humeruskopffraktur. Komplettrupturen der Rotatorenmanschette gelten ebenso als Kontraindikation für schaftfreie Implantate.

Das Prothesendesign der Eclipse-Prothese besteht aus 3 Komponenten, der Hohlschraube, dem Kalottenträger und dem Humeruskopf [4] (Abb.2). Der Kalottenträger besteht aus Titan und ist ebenso wie der Kopf in 2-mm-Schritten von 39–53 mm Durchmesser verfügbar. An der Unterseite besitzt der Kalottenträger Finnen, die über eine Impaktierung in der Spongiosa die Rotation sichern. Bei Allergiepatienten kann der Kopf titanbeschichtet werden.

Das Fixierungsprinzip besteht nicht in einer Impaktion des Implantats in die Metaphyse wie bei der TESS, der Affinis-Short oder der Simplicity-Prothese, sondern bei der Eclipse-Prothese mittels Fixierung des Kalottenträgers über eine titanbeschichtete Hohlschraube zementfrei in der Metaphyse. Somit ist auch eine Verankerung bei posttraumatischen, sklerotischen Knochenverhältnissen möglich. Die selbstschneidende Hohlschraube besteht ebenso aus Titan und ist in 4 Längen (S, M, L, XL) von 30–45 mm verfügbar.

Zentrische Glenoidkonfigurationen vom Typ A1 und A2 nach Walch [5] lassen sich gut mit einer Eclipse-Hemiprothese versorgen. Bei exzentrischen Konfigurationen vom Typ B1 und B2 nach Walch und bei Glenoiddefekten Typ C nach Walch ist eine zusätzliche Glenoidversorgung zu empfehlen. Hierfür stehen passende Implantate (titanbeschichtetes, schraubenfixiertes Metal Back mit PE-Inlay) zur Verfügung, die auch bei Revisionen in inverse Komponenten umgewandelt werden können.

Biomechanisch erhält die Eclipse-Prothese Primärstabilität durch die Verlagerung und Fixierung des Kalottenträgers zum Kopfdrehzentrum, da das glenohumerale Drehzentrum unmittelbar unter dem Kalottenträger im Bereich der Verankerung liegt. Daraus resultiert ein relativ kurzer Hebelarm, wodurch nur geringe Scherkräfte auf den Kalottenträger und die Hohlschraube wirken [3].

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