Originalarbeiten - OUP 10/2013

Prothesendesign, Biomechanik und mittelfristige Ergebnisse einer schaftfreien Schulterprothese
Die Eclipse-ProtheseThe Eclipse-prosthesis

Grundsätzlich empfehlen wir, bei jeder Implantation einer schaftfreien Hemiprothese ein Schaftsystem im Hintergrund zu haben, um eine intraoperativ festgestellte unzureichende Fixierung bei Knochendefekten durch ein Schaftsystem kompensieren zu können.

Operationstechnik

Um ein bestmögliches funktionelles Ergebnis zu erreichen, ist für die Prothesenimplantation die entsprechende Behandlung der umgebenden Strukturen (Weichteil-Balancing) und eine optimale Wiederherstellung der anatomischen Kopfgeometrie essenziell [6].

Die OP erfolgt standardisiert in der Beach-Chair-Lagerung des Patienten unter Verwendung des deltopectoralen Zugangs.

Zur Darstellung des Humeruskopfs und des Glenoids und zum optimalen Weichteil-Balancing ist die Ablösung der Subscapularissehne essenziell. Bei geringen Außenrotationsdefiziten (ARO präoperativ > 30°) ist eine intratendinöse Tenotomie zu empfehlen, bei mittelgradigen Außenrotationsdefiziten (ARO präoperativ +30° bis –10°) kann eine medialisierende Sehnenverlagerung nach Matsen erfolgen und bei kontrakten Gelenkverhältnissen (ARO präoperativ < –10°) hat sich die erweiterte Subscapularisablösung mit bifokaler Kapsulotomie nach Habermeyer bewährt [7]. Eine Tenotomie bzw. Tenodese der langen Bizepssehne wird standardmäßig mit durchgeführt, eine Einkerbung von ca. 1–2 cm der oberen Pectoralissehne ist bei kontrakten Verhältnissen ebenso zu empfehlen. Der N. Axillaris muss dargestellt und bei allen Schritten geschont werden.

Bevor der Humeruskopf aus der Pfanne luxiert werden kann, müssen häufig noch caudale Osteophyten des Humeruskopfs nach vorsichtiger Darstellung reseziert werden. Nach Luxation des Humerus aus der Gelenkpfanne heraus kann die Osteotomie am anatomischen Hals über eine Resektionslehre erfolgen. Dabei müssen die zirkulären Osteophyten vorher reseziert werden, um die Resektionsebene exakt darstellen zu können. Sollte dies nicht erfolgen, besteht die Gefahr, dass der Kalottenträger zu groß oder zu klein gewählt wird, was zu einem „Overstuffing“ mit sekundärer Rotatorenmanschetteninsuffizienz als auch zu einem vermehrten Offset führen kann [6].

Eine Schablone dient der Größenbestimmung des Kalottenträgers, über diese Schablone wird später die Kronenfräse für die Zentrierung der Hohlschraube und zum Vorschneiden des Gewindes für die Hohlschraube verwendet. Falls die Schablone zwischen 2 Größen misst, empfehlen wir unbedingt, die kleinere Größe zu verwenden, um ein Überstehen der Prothese zu vermeiden.

Sollte sich intraoperativ ein weicher Knochen im metaphysären Bereich finden, empfehlen wir eine Spongiosaplastik mit dem spongiösen Material aus dem reseziertem Humeruskopf. Lässt sich darunter keine solide knöcherne Fixierung erreichen, empfehlen wir, intraoperativ auf ein Schaftsystem zu wechseln. Eine Zementierung des schaftfreien Implantats sollte nicht erfolgen.

Bei Implantation ist auf die Abstützung des Kalottenträgers auf der inferomedialen Kortikalis zu achten, um die Belastung im Kalottenträger-Knochen-Interface und die Migration der metaphysär verankerten Prothese zu minimieren [3].

Nach Implantation der 3 Komponenten erfolgt die Refixierung der Subscapularissehne in der transossären Technik über vorgelegte Fäden bzw. alternativ über Fadenankersysteme.

Die Nachbehandlung erfolgt bei uns nach einem standardisiertem Schema. Dabei empfehlen wir das Tragen einer Gilchristbandage für insgesamt 4 Wochen. Aus der Bandage heraus erfolgt die frühfunktionelle Therapie mit Abd./Add. und Flex./Ext. 90–0–0° für 4 Wochen, freie Innenrotation und keine Außenrotation. In der 5.–6. Woche Steigerung auf Abd./Add und Flex./Ext. über 90–0–0°, weiterhin keine Außenrotation. Ab der 7. Woche ist ein zunehmend freies Bewegungsausmaß in allen Richtungen zu erarbeiten. Wir empfehlen eine ambulante bzw. stationäre Rehabilitation ab der 5. Woche post-OP.

Eigene Ergebnisse

Zur Evaluierung mittelfristiger Ergebnisse nach Eclipse-Hemiprothesenimplantation führten wir eine retrospektive, randomisierte Studie durch. Ziel dieser Untersuchung war es, das klinische als auch das radiologische Outcome nach einer Hemiprothesen-Implantation nachzuuntersuchen. Die Ergebnisse wurden mittels Constant-Score (CS) erhoben. Die radiologische Auswertung beinhaltete die Offsetbestimmung prä- und postoperativ, die Glenoidkonfigurationen und die radiologische Einheilung der Prothesenkomponenten.

Insgesamt wurden 41 Patienten (Durchschnittsalter 67,9 Jahre; 22 weiblich, 19 männlich) nachuntersucht, bei denen zwischen 2007 und 2010 eine Eclipse-Hemiprothese implantiert wurde. Der Nachuntersuchungszeitraum lag bei durchschnittlich 19,4 Monaten postoperativ. Bei allen Patienten bestand präoperativ eine viertgradige primäre (n = 34) oder sekundäre (n = 7) Omarthrose. Die Rotatorenmanschette zeigte sich bei allen Patienten präoperativ intakt. Ein Patient erlitt postoperativ einen Apoplex und wurde aus der Studie genommen.

Außerhalb der Studie befand sich in unserem Kollektiv ein Patient mit einer aseptischen Lockerung, in der Revision wurde die Eclipse-Prothese durch eine zementfreie Schaftprothese gewechselt. Bei einem weiteren Patienten trat eine septische Lockerung auf, wonach eine Girdlestone-Situation geschaffen wurde.

9 % der Patienten zeigten eine A1-, 36 % eine A2-, 42 % eine B1-, 9 % eine B2– und ein Patient eine C-Glenoid-Konfiguration nach Walch.

Der Constant-Score zeigte zum Nachuntersuchungszeitpunkt bei den Patienten mit primärer Omarthrose einen Gesamtwert von 69,4 Punkten. Das Schmerzniveau konnte postoperativ deutlich reduziert werden, 61 % der Patienten gaben postoperativ keinen Schmerz an, 24 % gaben wenig Schmerzen an (Abb. 3). Im Freizeitverhalten gaben 42 % der Nachuntersuchten an, keine Einschränkungen und 33 % lediglich leichte Einschränkungen zu verspüren (Abb. 4). Normale Arbeit wurde im Constant-Score von 61 % der Patienten als durchführbar angegeben, 24 % berichteten über leichte Einschränkungen (Abb. 5).

Im ROM wird der deutliche postoperative Benefit einer Eclipse-Hemiprothese wiedergegeben. Die aktive Abduktion stieg signifikant von prä-OP 76° auf post-OP 111° an (Abb. 6, 7). Die aktive Flexion steigerte sich signifikant von prä-OP 91° auf 117°post-OP (Abb. 8). Die aktive Außenrotation in Adduktion stieg signifikant von 24° präoperativ auf 57° nach der OP an.

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