Übersichtsarbeiten - OUP 09/2019

Proximale Femur-Osteotomie

Weitere Studien zeigen ähnliche Ergebnisse mit Überlebenszeiten zwischen 25–67 % bei inhomogenem Patientengut [17, 25]. Tönnis folgerte aus seinen Ergebnissen, dass die Korrektur auf der Pfannenseite langfristig zu besseren Ergebnissen führt. Andere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen [25]. Die proximale Femur-Osteotomie spielt deshalb bei der Hüftdysplasie oder initialen Dysplasie- Coxarthrose nur noch eine Rolle als Zusatzeingriff zur Pfannenkorrektur und ist hierbei in ca. 10–15 % der Fälle notwendig.

Die beste Datenlage gibt es für die Indikation bei spastischen Bewegungsstörungen mit guten Ergebnissen zum Erhalt oder Verbesserung der Steh- und Gehfähigkeit. Auch bei nicht stehfähigen Patienten können die Rollstuhlversorgung und die Pflegefähigkeit langfristig verbessert werden [23]. Proximale Femur-Osteotomien haben hier neben Weichteileingriffen einen Stellenwert.

Eine Vielzahl an Literatur gibt es auch für die Behandlung der Hüftkopfnekrose des Erwachsenen. Im europäischen und angloamerikanischen Raum kommt hier im Wesentlichen die intertrochantäre Osteotomie zum Einsatz. Alternative Osteotomieverfahren sind hier, wie im asiatischen Raum beschrieben, axiale Rotations-Osteotomien, bei denen in der Achse des Schenkelhalses gedreht wird. Die 5- bis 10-Jahres-Überlebensraten bei intertrochantären Osteotomien werden mit 20–50 % angegeben. Literatur aus dem asiatischen Raum mit den dort häufig durchgeführten Schenkelhals-Osteotomien oder peritrochantären Osteotomien zeigen bessere Erfolgsraten mit 10-Jahres-Überlebensraten von 70–90 %. Studien außerhalb Asiens zeigen jedoch auch für die Schenkelhals-Osteotomien schlechtere Ergebnisse [5, 18].

Inwieweit die Umstellung oder Zusatzmaßnahmen, z.B. eine Anbohrung, die postoperative Entlastung oder medikamentöse Zusatztherapien für den Erfolg entscheidend sind, ist umstritten. Problematisch ist auch das inhomogene Patientengut. Einflussfaktoren wie Ursache der Nekrose, Nerkrose-Grad und Kombinationstherapien sind hier oft nicht scharf getrennt. Eine Aussage über den alleinigen Effekt einer proximalen Femur-Osteotomie bei der Hüftkopfnekrose ist deshalb schwierig. In den aktuellen S3-Leitlinien ist die proximale Femur-Osteotomie in der Behandlung der Hüftkopfnekrose des Erwachsenen aufgeführt. Eine Indikation wird in ausgewählten jungen Patienten mit partieller Nekrose ARCO II–III(b) gesehen [12]. Auch in der asiatischen Literatur zeigt sich ein Zusammenhang mit der Nekrose-Ausdehnung und dem Patientenalter. Die Empfehlung zur transtrochantären Femur-Osteotomie wird bei Patienten unter 40 Jahren, Nekrose-Grad unter Ficat IIa und III, Nekrose-Winkel zwischen 190° und 240° und BMI unter 24 gegeben.

Bei Morbus Perthes kommt es ohne Behandlung zu einer Deformierung des Hüftgelenks, die bei über 50 % der Patienten bis zum 50. Lebensjahr zu einer fortgeschrittenen Sekundärarthrose führt [4]. Ziel der operativen Behandlung ist deshalb ein optimales Containment, um im weiteren Verlauf nach Ausheilen der Nekrose eine möglichst normale Formentwicklung der Epiphyse zu ermöglichen und eine Dezentrierung des Gelenks mit Entwicklung einer Pfannendysplasie zu verhindern [26]. Bei Kindern über 6 Jahren zeigen Pfannenkorrekturen im Sinne von Azetabuloplastiken oder einer 3-fachen Becken-Osteotomie bessere Ergebnisse als eine alleinige varisierende intertrochantäre Femur-Osteotomie oder ein Kombinationseingriff. Bei Kindern unter 6 Jahren scheint eine alleinige Femur-Osteotomie vergleichbare Ergebnisse zu zeigen. Nach Wachstumsabschluss ist für die Prognose des Gelenks im Wesentlichen die Hüftkopfform für die Prognose verantwortlich [19]. Eine funktionelle Verbesserung lässt sich hier durch die komplexen Osteotomien des proximalen Femurs mit Valgisation und Trochanter-Distalisierung erreichen. Prognostisch günstig für die Entwicklung einer Sekundärarthrose scheint auch eine dysplastische Pfanne zu sein.

Zusammenfassung

Die Bedeutung der proximalen Femur-Osteotomien hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung verloren, sie sind aber nach wie vor ein wichtiger Bestandteil im Spektrum gelenkerhaltender Eingriffe am Hüftgelenk. Im Kindesalter spielen sie im Wesentlichen beim Morbus Perthes mit frühem Krankheitsbeginn unter 8 Jahren als alleiniger Eingriff eine Rolle, danach zeigen Pfannenkorrekturen oder Kombinationseingriffe bessere Ergebnisse.

Bei der ECF ist die anatomische Reposition der Hüftkopfepiphyse Ziel der operativen Behandlung. Imäuser-Osteotomien werden aufgrund der regelhaften Entwicklung einer Offsetstörung mit Cam-Impingement und erheblicher Deformierung der intertrochantären Region nicht mehr empfohlen. Bei der Hüftdysplasie wurde die früher häufig durchgeführte Varisations-Osteotomie von Korrektur-Osteotomien der Hüftpfanne mit exzellenten Langzeitergebnissen abgelöst. Bei ca. 10–15 % lässt sich durch eine zusätzliche proximale Femur-Osteotomie die Kongruenz des Gelenks zusätzlich verbessern. Bei der Hüftkopfnekrose des Erwachsenen ist die frühzeitige Diagnose entscheidend, wodurch sich Eingriffe oft gänzlich vermeiden lassen. Bei jungen Patienten mit partieller Nekrose kann eine proximale Femur-Osteotomie im Einzelfall erwogen werden. Bei in den letzten Jahren (wieder)entdeckten unterschiedlichen Formen des FAI, z.B. bei Schenkelhals-Retrotorsion oder dem ischiofemoralen Impingement, sind proximale Femur-Osteotomien die Therapie der Wahl. Bei schon bestehender Sekundärarthrose müssen auch proximale Femur-Osteotomien, wie alle gelenkerhaltenden Eingriffe, mit Zurückhaltung eingesetzt werden. Trotz der sehr guten Ergebnisse der Endoprothetik sollten dennoch, insbesondere bei jungen Patienten, die Möglichkeiten gelenkerhaltender Eingriffe immer in Betracht gezogen werden.

Literatur

1. Asano T, Takahashi D, Shimizu T et al.: A mathematical model for predicting postoperative leg shortening after curved intertrochanteric varus osteotomy for osteonecrosis of the femoral head. PLoS One. 2018; 13: e0208818

2. Banaszek D, Spence D, O’Brien P, Lefaivre K: Principles of Valgus Intertrochanteric Osteotomy (VITO) after Femoral Neck Nonunion. Advances in Orthopedics 2018; Article ID 5214273, doi.org/10.1155/2018/ 5214273

3. Buly RL, Sosa BR, Poultsides LA, Caldwell E, Rozbruch SR: Femoral Derotation Osteotomy in Adults for Version Abnormalities. J Am Acad Orthop Surg 2018; 26: e416-e425

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