Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Sarkommodelle
Von der Grundlagenforschung zum PatientenFrom bench to bedside

Ein beliebter Modellorganismus in der medizinischen Forschung sind die Larven des Zebrafischs (Zebrabärblinge). Zum einen ist der Zebrafisch ein unkomplizierter, pflegeleichter und preisgünstiger Zeitgenosse. Er braucht nicht viel Platz und reproduziert sich in Massen mit bis zu 300 Eiern wöchentlich. Zum anderen lassen sich viele der Erkenntnisse, die beim Zebrafisch gewonnen werden, auf den Menschen übertragen. Zum Beispiel können Transplantationsexperimente an den Embryonen der Zebrafische vorgenommen werden, die nicht nur groß genug dafür sind, sondern auch den Vorteil der Durchsichtigkeit bieten. Bis ins frühe Larvenstadium hinein sind alle Zellen gut erkennbar. Diese Eigenschaft kann in der Tumorforschung dazu genutzt werden, um das Wachstum eines Tumors direkt zu betrachten, den Weg der Tumorzellen durch die Gefäße zu verfolgen (Migration) oder die Entstehung und Lokalisation von Metastasen zu erforschen.

Eine hohe genetische Konservierung in Kombination mit einer einzigartigen Sensitivität für Sarkome hat den Zebrafisch zu einem wirksamen Werkzeug für die Untersuchung dieser Tumorentitäten gemacht [11]. Transgene- und Genaktivierungsstrategien wurden eingesetzt, um Zebrafischmodelle von Rhabdomyosarkomen [25, 21], malignen peripheren Nervenscheidentumoren [3], Ewing-Sarkomen [15], Fibrosarkomen [14] und Liposarkomen [6] zu entwickeln.

Xenograft-Modelle

Eine interessante Plattform zur Modellierung humaner Tumorerkrankungen bieten immundefiziente Mäuse. Die NOD-scid IL2r?null Maus rückt zunehmend in den Fokus der präklinischen Forschung. Bei diesen Mäusen handelt es sich um Tiere, die keine funktionalen B- und T-Zellen sowie natürliche Killerzellen haben. Hinzu kommt, dass auch die Makrophagen und dendritischen Zellen dieser Tiere dysfunktional sind. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Mäuse zu „humanisieren“. Traditionell werden Maus-Sarkom-Xenografts verwendet, um die Auswirkungen von Chemotherapeutika wie Cisplatin, Doxorubicin, Ifosfomid und Methotrexat zu testen [5]. Resistente Xenograft-Tumore werden als experimentelle Modellsysteme verwendet, um die Mechanismen der Arzneimittelresistenz zu erforschen und die Sensitivität gegenüber pharmazeutischen Wirkstoffen zu erhöhen [28] (Abb. 2).

Wird menschliches Tumorgewebe in eine Maus eingepflanzt, spricht man von einem PDX-Modell (patient derived xenograft). Hierbei stimmt die anatomische Lage des Implantats mit jedem des Ursprungstumors überein. Durch diese In-vivo-Methode wird es möglich, die histologischen, genetischen und epigenetischen Merkmale sowie die Muster des Tumorwachstums patientenspezifisch zu reproduzieren [23].

Generell sollte bei allen tierexperimentellen Studien die 3-R-Regel (reduce, refine, replace) gelten. Diese wurde Ende der 1950er Jahre von den britischen Wissenschaftlern W. Russell und R. Burch erstmals formuliert. „Reduce“ bedeutet in diesem Zusammenhang die Verminderung der Anzahl an benötigten Tieren auf ein Minimum, „refine“ die Optimierung der angewendeten Methoden und „replace“ den Ersatz von Tierversuchen durch alternative Methoden.

Ziel all dieser Bemühungen ist die Entwicklung neuartiger, zielgerichteter Therapien für SarkompatientInnen, bei denen vorhandene Behandlungsstrategien optimiert und Resistenzentwicklungen gegenüber medikamentöser Therapie und Strahlentherapie minimiert werden.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Birgit Lohberger

Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie

Medizinische Universität Graz

Auenbruggerplatz 5

A-8036 Graz

birgit.lohberger@medunigraz.at

Literatur

1. Akkerman N, Defize LHK: Dawn of the organoid era: 3D tissue and organ cultures revolutionize the study of development, disease, and regeneration. Bioessays 2017; 39: 1600244

2. Anninga JK, Gelderblom H, Fiocco M et al.: Chemotherapeutic adjuvant treatment for osteosarcoma: where do we stand? Eur J Cancer 2011; 47: 2431–45

3. Berghmans S, Murphey RD, Wienholds E et al.: tp53 mutant zebrafish develop malignant peripheral nerve sheath tumors. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 2005; 102: 407e412

4. Boxberger J: Leitfaden für die Zell- und Gewebekultur. Weinheim: WILEY-VCH Verlag, 2007

5. Bruheim S, Bruland OS, Breistol K et al.: Human osteosarcoma xenografts and their sensitivity to chemotherapy. Pathol Oncol Res 2004; 10: 133–41

6. Chu CY, Chen CF, Rajendran RS et al.: Overexpression of Akt1 enhances adipogenesis and leads to lipoma formation in zebrafish. PLoS One 2012; 7: e36474

7. Dancsok AR, Asleh-Aburaya K, Nielsen TO: Advances in sarcoma diagnostics and treatment. Oncotarget 2017; 8: 7068–93

8. Fletcher CDM, Krishnan Unni K, Mertens F (eds.): WHO Classification of Tumours, Pathology and Genetics of Tumours of Soft Tissue and Bone 2002; 1–415

9. Fujii H, Honoki K, Tsujiuchi T, Kido A, Yoshitani K, Takakura Y: Sphereforming stem-like cell populations with drug resistance in human sarcoma cell lines. Int J Oncol 2009; 34: 1381–6

10. Gronchi A, Ferrari S, Quagliuolo V et al.: Histotype-tailored neoadjuvant chemotherapy versus standard chemotherapy in patients with high-risk soft-tissue sarcomas (ISG-STS 1001): an international, open-label, randomised, controlled, phase 3, multicentre trial. Lancet Oncol 2017; 18: 812–22

11. Hayes MN, Langenau DM: Discovering novel oncogenic pathways and new therapies using zebrafish models of sarcoma. Methods Cell Biol 2017; 138: 525–61

12. Jo VY, Fletcher CDM: WHO classification of soft tissue tumours: an update based on the 2013 (4th) edition. Pathology 2014; 46: 95–104

13. Kenny PA, Lee GY, Myers CA et al.: The morphologies of breast cancer cell lines in three-dimensional assays correlate with their profiles of gene expression. Mol Oncol 2007; 1: 84–96

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