Originalarbeiten - OUP 05/2014

Schmerzhafte Einschränkung der Unterarmdrehung durch das gestörte distale Radioulnargelenk nach Radiusfraktur
Rekonstruktion oder Rettungsoperation?Reconstruction or salvage procedure?

Abbildung 2 zeigt das Röntgenbild ca. 2 Monate später mit annähernd normaler Winkelstellung des Radius in beiden Ebenen. Ausgleich des Ellenvorschubs durch Erreichen der korrekten Länge des Radius. Nach intensiver physiotherapeutischer Behandlung ergab sich dann eine völlig freie Rotation des Unterarms in Supination und Pronation und die Beseitigung der Beschwerden auch bei funktioneller Belastung.

Die folgenden Abbildungen illustrieren das operative Vorgehen bei Korrekturosteotomien [2]. Dabei hat sich in den letzten Jahren insbesondere der palmare Zugang mit Verwendung einer winkelstabilen Platte bewährt, da dadurch Korrekturverluste wie bei der Verwendung von konventionellen Platten vermieden werden können.

Abbildung 3a zeigt die palmare Anlage der winkelstabilen Platte am distalen, in einer dorsalen Fehlstellung von 30° konsolidierten Radius. Nach Anzug der winkelstabilen Schrauben steht der übrige Plattenanteil mit dem erforderlichen Korrekturwinkel von 30° vom Radiusschaft ab.

Auch der Inklinationswinkel in der radiologischen AP-Ebene kann gleichzeitig korrigiert werden, wenn man die Platte entsprechend dem notwendigen Korrekturwinkel nach ulnar verschiebt (s. Abb. 3b).

Danach erfolgt die Osteotomie des Radius unmittelbar im ehemaligen Frakturbereich. Eine Osteotomie weiter proximal des Frakturbereichs ist nicht sinnvoll, da es dann zu einer Verschiebung der Radiusfragmente gegeneinander kommt. Sofern die Platte bei der Osteotomie stört, muss sie ggf. kurz vorübergehend entfernt werden. Nach erfolgter Osteotomie wird dann die Platte mit winkelstabilen Schrauben am distalen Radiusfragment wieder angeschraubt. Durch Anlegen der Platte an den Radiusschaft und Verschieben nach radial, kann gleichzeitig die seitliche sowie auch die AP-Fehlstellung korrigiert werden. Nach provisorischer Fixierung des Plattenschafts am Radius wird zunächst eine intraoperative Röntgenkontrolle durchgeführt. Üblicherweise ist durch die Achsenkorrektur des Radius auch die Verkürzung des Radius ausgeglichen. Sollten die Radiuswinkel in beiden Ebenen stimmen, jedoch weiterhin noch ein gewisser Ellenvorschub bestehen, wird zunächst eine Schraube im distalen Anteil des Gleitlochs eingebracht, durch Verschieben der Platte im Gleitloch nach distal ist eine weitere Längenkorrektur des Radius möglich (eine Platte mit einem größerem Gleitloch wäre für eventuell ausgedehntere Längenkorrekturen sinnvoll). Erst wenn bei der Röntgenkontrolle die Winkelstellung der Radiusgelenkfläche in beiden Ebenen annähernd normalisiert und auch der Ellenvorschub ausgeglichen ist, können die restlichen Schrauben im Plattenschaft eingebracht werden (s. Abb. 3c und d).

Der Osteotomiespalt hat sich um den Korrekturwinkel geöffnet (hier 30°). Er sollte dann mit Beckenkammspongiosa aufgefüllt werden. Bei osteoporotischem Knochen ist ggf. die Interposition eines corticospongiösen Knochenblocks erforderlich, da die Gefahr bestehen könnte, dass trotz winkelstabiler Schrauben diese im Knochen nicht halten könnten.

Postoperativ wird der Patient mit einer Gipsschiene bei freier Fingerbeweglichkeit für 4 Wochen versorgt. Wichtig ist eine begleitende Schmerzbehandlung. Es sollte jedoch schon frühzeitig mit einer vorsichtigen Bewegungsübung auch im Handgelenkbereich unter physiotherapeutischer Anleitung begonnen werden.

Rettungsoperation

Bei irreversibler Zerstörung des Radioulnargelenks, sei es bei veralteter Ruptur der radioulnaren Ligamente (Abb. 4a) oder auch Arthrose im Radioulnargelenk (Abb. 4b) sind nur noch Rettungsoperationen möglich.

Abbildung 5 zeigt 4 verschiedene Möglichkeiten der Korrektur mit Ellenverkürzung, Resektion des Ellenkopfs (sogenannte Darrach-Operation), radioulnare Arthrodese mit distaler Ellenteilresektion nach Kapandji und die Hemiresektionsarthroplastik des Ellenkopfs nach Bowers.

Die Verkürzungsosteotomie der Elle macht keinen Sinn bei fehlgestelltem Radius, da selbst bei Längenausgleich durch Verkippung des Radius weiterhin eine Inkongruenz des Radioulnargelenks gegeben ist. In diesem Falle ist die zuvor beschriebene Korrekturosteotomie des Radius mit Längenausgleich indiziert.

Die Verkürzungsosteotomie ist jedoch ausnahmsweise indiziert, wenn es in Folge der Radiusfraktur zu einer Verkürzung des Radius gekommen ist, jedoch der Radius in beiden Ebenen winkelstabil steht (s. Abb. 6). Hier konnte bei alleiniger Ellenverkürzung die Kongruenz des Radioulnargelenks wiederhergestellt werden. Der Patient hatte danach eine freie Rotation und war auch Jahre später völlig beschwerdefrei (Vater eines Kollegen, deshalb waren auch noch längerfristige Befundkontrollen möglich).

Die erwähnte Ellenkopfresektion (Darrach) ist keine geeignete Lösung, um die Probleme des Radioulnargelenks zu beseitigen, da dadurch eine ulnare Destabilisierung des Handgelenks herbeigeführt wird mit ulnarer Translokation des Carpus.

Abbildung 7 zeigt eine Darrach-Situation des Handgelenks. Es handelte sich um einen jungen Schreiner, der sich bei Bühnenarbeiten im Staatstheater in Kassel eine streckseitige Kreissägenverletzung zuzog mit Durchtrennung etlicher Strecksehnen und völliger Zerstörung des Ellenkopfs. Der Radius wurde eben angeschnitten. Der Defekt konnte mit kleinen Resten vom Ellenkopf aufgefüllt wurden (s. Pfeil). Zugleich bestand eine Durchtrennung des Nervus ulnaris, wobei erstaunlicherweise die Arteria ulnaris unverletzt war. Die Strecksehnen wurden sofort genäht, in einer späteren Sitzung wurde der Defekt im Nervus ulnaris durch eine Suralis-Transplantation überbrückt. Nach entsprechender Übungsbehandlung fand sich später eine gute Beuge- und Streckfunktion aller Finger, und auch eine zwar eingeschränkte, aber doch in Hinblick auf Motorik und Sensibilität nutzbare Funktion des Nervus ulnaris. Dennoch konnte die Darrach-Situation am Handgelenk, insbesondere in der beruflichen Tätigkeit als Schreiner, nicht belassen werden. In der Handchirurgischen Klinik in Bad Neustadt an der Saale wurde dann durch einen prothetischen Ersatz des Ellenkopfs die Funktion des Radioulnargelenks wieder hergestellt (s. Abb. 8). Der Patient ist nach nunmehr 15 Jahren weiterhin im Staatstheater Kassel als Bühnenarbeiter tätig.

Radioulnare Arthrodese
des DRUG mit
distaler Ellenteilresektion nach Kapandji

Diese Methode wurde erstmals von Sauvé und Kapandji 1936 beschrieben [3]. Die Problematik des Radioulnargelenks wird durch die radioulnare Arthrodese beseitigt; durch die Resektion eines etwa 2 cm großen Ellenstücks unterhalb des Ellenkopfs wird gewissermaßen ein neues Drehgelenk geschaffen. Ein bestehender Ellenvorschub kann dabei ebenfalls durch Herunterziehen des Ellenkopfs ausgeglichen werden [4, 5]. Dies sollte bei der Bemessung des Resektionsspalts der Elle mit berücksichtigt werden. Ein vom Ellenresektat entnommener Knochen wird daher zusätzlich zwischen Ellenkopf und Speiche interponiert (s. Abb. 9).

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4