Originalarbeiten - OUP 05/2014

Schmerzhafte Einschränkung der Unterarmdrehung durch das gestörte distale Radioulnargelenk nach Radiusfraktur
Rekonstruktion oder Rettungsoperation?Reconstruction or salvage procedure?

Es ist ein insgesamt etwas kompliziertes Verfahren, welches von uns dahin gehend modifiziert wurde, dass wir nur eine Spongiosa-Zugschraube verwenden, die nach Entknorpelung des Radioulnargelenks durch den Ellenkopf in den Radius hineingebracht wird. Dazwischen wird Spongiosa, die aus dem Ellenresektat entnommen wurde, in die Arthrodese interponiert. Die Resektionsflächen am proximalen und distalen Ellenanteil werden durch Aufsteppen des eingekerbten Pronator quadratus mitsamt anheftendem Periost gedeckt [6]. Dies dient der Stabilität insbesondere des proximalen Ellenschafts, bewirkt eine Polsterung der Resektionsenden und vermindert auch die Gefahr der lokalen Verkalkung im Resektionsspalt (s. Abb. 10).

Abbildung 11a zeigt die Röntgenbilder des Patienten mit Arthrose im Radioulnargelenk (s. auch Abb. 4). Abbildung 11b zeigt den Zustand nach Durchführung der radioulnaren Arthrodese mit Spongiosa-Zugschraubung und Spongiosa-Interposition mit distaler Ellenteilresektion. Abbildungen 11c-d zeigen den Zustand nach 3 bzw. 12 Jahren. Es findet sich eine breite knöcherne Überbrückung zwischen Ellenkopf und Radius. Der Patient hatte auch nach 12 Jahren eine uneingeschränkte Rotation und war völlig beschwerdefrei. Die angedeutete radiokarpale Arthrose hat sich in den dazwischen liegenden 12 Jahren nicht verschlimmert.

Besonders interessant ist der Fall einer 60-jährigen Patientin, die wir 16 Jahre zuvor mit einer radioulnaren Arthrodese mit distaler Ellenteilresektion nach Kapandji versorgten. Sie kam jetzt mit einem völlig anderen handchirurgischen Problem. Sie zeigte eine unauffällige Handfunktion. Die Rotation war frei und sie war, vom aktuellen handchirurgischen Problem abgesehen, im Bereich des Handgelenks völlig beschwerdefrei. Das jetzige Röntgenbild zeigte eine Osteointegration des Ellenkopfs in den Radius, wobei im AP-Bild beide wie ein Knochen erscheinen (s. Abb. 12). Da der Radius nun als alleiniger Kraftüberträger auf den Carpus funktionieren muss, ist es zu einer ulnaren Abknickung des Radius gekommen, welche die Patientin jedoch nicht im Geringsten stört.

Fehler, Gefahren und
Komplikationen

Abbildung 13a zeigt das Bild einer Patientin bei Z.n. Radiusfraktur, die zwar achsengerecht steht, durch Radiusverkürzung ist es jedoch zu einem Ellenvorschub mit entsprechenden Beschwerden gekommen. Im Seitenbild erkennt man eine dorsale Luxation der Elle. Hier wurde zunächst eine Radiusverkürzungsosteotomie durchgeführt, dadurch wurde zwar ein Niveau-Ausgleich zwischen Elle und Speiche erreicht, jedoch bestand das Problem des Radioulnargelenks unverändert weiter. Auch weiterhin ist die dorsale Luxation der Elle im Seitenbild zu beobachten (Abb. 13b). Erst die radioulnare Arthrodese nach Kapandji (Abb. 13c) löste das Problem des Radioulnargelenks und führte zu einer fast normalen Rotation mit Beseitigung der Beschwerden (Abb. 13c unten).

Abbildung 14a zeigt einen Fall (bei insgesamt 91 Patienten, die wir nach Kapandji versorgten) mit knöcherner Überbrückung der Lücke im Bereich der Ellenresektion. Dadurch bedingt konnte natürlich die radioulnare Arthrodese nicht ausheilen. Man hätte diese Komplikation mit einer nochmaligen Resektion der Knochenbrücke und zusätzlicher Anfrischung der radioulnaren Arthrodese einschließlich Spongiosaplastik korrigieren können. Der Patient ist jedoch zur Weiterbehandlung nicht mehr erschienen.

In einem weiteren Fall fand sich ein Kugelkallus am distalen Stumpf der Elle, der zu einem schmerzhaften Impingement mit dem Radius führte (Abb. 14b). Nach Resektion des Kugelkallus war der Patient beschwerdefrei.

Abbildung 15a zeigt das Unfallbild eines jungen Zweiradmechanikers, der sich bei einem Motorradunfall eine völlige Zertrümmerung des distalen Radius und eine Radiusköpfchenfraktur zuzog. Er wurde außerhalb mit einer Plattenosteosynthese versorgt, die hier angefertigten Röntgenbilder (Abb. 15b) zeigen weiterhin einen ausgeprägten Ellenvorschub. Das Radioulnargelenk ist zerstört mit partieller Pseudarthrose des Radius. Zugleich finden sich Folgen einer ausgedehnten Läsion im Ellenbogenbereich mit Deformierung des Radiusköpfchens bei Verdacht auf knöchernen Kapselabriss im Bereich des Processus coronoideus. Diese kombinierte Läsion am Hand- und Ellenbogengelenk lässt an eine Essex-Lopresti-Läsion denken, mit Rotationsstörung im distalen wie proximalen Radioulnargelenk mit gleichzeitiger, langstreckiger Zerreißung der Membrana interossea.

Rotationskorrigierende Eingriffe an den Drehgelenken sind in diesem Fall meist nicht von Erfolg gekrönt. Wir haben dennoch im Hinblick auf den Ellenvorschub mit Ulna-Impaction-Syndrom eine radioulnare Arthrodese nach Kapandji durchgeführt. Hierbei wurde die Resektionsgrenze von der Elle von ca 25 mm überschritten, ohne dass dies nachteilige Folgen für den Patienten hatte. Ein Ellenschnappen war nicht nachzuweisen. Die Rotation hatte sich in der Pronation um 20°, bei der Supination dennoch um 35° gebessert. Der Patient hat sich Jahre später wegen eines Problems an der anderen Hand bei mir wieder vorgestellt. Er arbeitet weiterhin in seinem Beruf als Zweiradmechaniker und hat keine wesentlichen Beschwerden (Abb. 15c).

Insgesamt hatten wir 3 Patienten mit einer unvollständigen Durchbauung des Radioulnargelenks. Abbildung 16 zeigt einen Zustand nach Kapandji, wobei wir bei vermeintlicher knöcherner Durchbauung die Schraube bereits entfernt hatten. Bei persistierenden Beschwerden zeigte erst das Röntgenbild die Pseudarthrose zwischen Elle und Speiche. In allen 3 Fällen wurde die radioulnare Arthrodese mit Anfrischen der Knochenflächen und nochmaliger Interposition von Spongiosa und Verschraubung ausgeheilt. Nach knöcherner Durchbauung waren die Beschwerden verschwunden und die Rotation frei.

Hemiresektionsarthroplastik des Ellenkopfes nach Bowers

Bei der Hemiresektionsarthroplastik nach Bowers [7] wird eine Schrägosteotomie des Ellenkopfs durchgeführt (Abb. 17). Um ein Impingement zwischen dem teilresezierten Ellenkopf und dem Radius zu vermeiden (Abb. 17a) wird ein Sehnenpolster interponiert (Abb. 17b). Bei Ellenvorschub kann ggf. eine Verkürzungsosteotomie an der Ellenspitze durchgeführt werden (Abb. 17c).

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