Übersichtsarbeiten - OUP 04/2015

Schmerzprofile bei Patienten mit fortgeschrittener GonarthrosePain profiles of patients with advanced knee osteoarthritis
Eine explorative StudieAn exploratory study

Die Patienten litten durchschnittlich seit 7 ± 6 Jahren unter Knieschmerzen (1–30 Jahre). Alle Patienten gaben Schmerzen bei Belastung an, 43 % litten sogar dauerhaft unter Schmerzen. 27 % gaben an, zusätzlich zu ihren Knieschmerzen noch 3 oder mehr weitere Schmerzbereiche im Körper zu haben. Hinsichtlich der Schmerzqualität wurden am häufigsten stechende (52 %), ziehende (47 %) und/oder brennende Schmerzen (46 %) angegeben.

WOMAC

Der WOMAC-Gesamtscore betrug durchschnittlich 100 ± 41 Punkte beziehungsweise 42 % ± 17 % (33–212 Punkte bzw. 14–88 %). In der Subskala WOMAC-Pain erreichten die Patienten durchschnittlich 22 ± 9 Punkte bzw. 44 % ± 18 % (7–43 Punkte bzw. 14–86 %), in der Subskala WOMAC-Stiffness durchschnittlich 9 ± 5 Punkte bzw. 45 % ± 25 % (0–20 Punkte bzw. 0–100 %) und in der Subskala WOMAC-Function durchschnittlich 69 ± 30 Punkte bzw. 41 % ± 18 % (23–149 Punkte bzw. 14–88 %).

Temporale Summation (Wind up Ratio)

Die Wind up Ratio als Parameter für die Quantifizierung der temporalen Summation in dieser Stichprobe betrug durchschnittlich 2,4 ± 0,9 (95 % CI: 2,1–2,7). Insgesamt lag bei 30 % der Patienten (n = 13) eine spinale Sensibilisierung vor.

Bei den weiblichen Patienten (n = 28) betrug die Wind up Ratio durchschnittlich 2,6 ± 1 (95 % CI: 2,2 bis 2,9). 32 % (n = 9) der Frauen wiesen ein positives Testergebnis auf.

Bei den männlichen Patienten (n = 16) betrug die Wind up Ratio durchschnittlich 2,0 ± 0,9 (95 % CI: 1,6 bis 2,5). Bei den Männern wiesen 25 % (n = 4) ein positives Testergebnis auf.

Conditioned Pain Modulation

34 % der Patienten wiesen eine defizitäre endogene Schmerzhemmung auf, 59 % zeigten im Rahmen des Conditioned Pain Modulation-Testprotokolls eine physiologische Schmerzinhibition. Bei rund 7 Prozent kam es weder zu einer Schmerzhemmung noch zu einer Schmerzfazilitierung.

Klassifikation in Schmerzprofile

Bei 14 % der Patienten wurde sowohl eine spinale Sensibilisierung als auch eine fehlende Schmerzinhibition gefunden (pronozizeptiver Schmerz-Phänotyp, n = 6). Bei 43 % der Patienten waren beide Tests negativ (antinozizeptiver Schmerz-Phänotyp, n = 19). Bei den restlichen Patienten war nur einer der beiden Tests positiv: 27 % wiesen eine isoliert vorhandene defizitäre Schmerzhemmung auf, 16 % eine isoliert vorhandene spinale Sensibilisierung.

Subgruppenanalyse

Eine Analyse innerhalb der Subgruppen von Patienten mit pro- (beide Tests positiv, n = 6) bzw. antinozizeptiven (beide Tests negativ, n = 19) Schmerzprofilen zeigte einen nicht signifikanten, um 3 Punkte bzw. 6 Prozent höheren WOMAC-Pain-Score in der Gruppe der Patienten mit pronozizeptivem Schmerzprofil im Vergleich zu der Gruppe der Patienten mit antinozizeptivem Schmerzprofil (26 ± 4 Punkte bzw. 52 % ± 8 % vs. 23 ± 9 Punkte bzw. 46 % ± 18 %, p = 0,18).

Zusammenhang der
Schmerzparameter mit den
Beschwerden der Patienten

Die Korrelationsanalyse zeigte eine signifikante Korrelation zwischen der Wind up Ratio und der Subskala WOMAC-Pain (Spearman rho = 0,4, p = 0,01) sowie dem WOMAC-Gesamtscore (Spearman rho = 0,4, p = 0,02). In Bezug auf den Conditioned Pain Modulation-Effekt konnte kein signifikanter Zusammenhang mit den Beschwerden der Patienten identifiziert werden.

Diskussion

Ziel dieser explorativen Studie war es, die unterschiedlichen Schmerzprofile von Patienten mit schmerzhafter Gonarthrose zu evaluieren, die für die Implantation einer Knieendoprothese angemeldet waren. Es sollte untersucht werden, ob es zwischen den Subgruppen von Patienten mit unterschiedlichen Schmerzprofilen signifikante Unterschiede hinsichtlich Schmerzen und Funktionsfähigkeit gibt. Darüber hinaus sollte analysiert werden, ob es einen Zusammenhang zwischen den Beschwerden der Patienten und einer Fazilitation der temporalen Summation sowie einer Verminderung des Conditioned Pain Modulation-Effekts gibt.

Temporale Summation

Durchschnittlich betrug die Wind up Ratio in dieser Stichprobe 2,4 – dies entspricht den Normwerten, die bei gesunden schmerzfreien Personen gefunden wurden [20]. Allerdings gab es hinsichtlich der Wind up Ratio in dieser Stichprobe eine große Variabilität – die Werte reichten von 1,0–5,4. Insbesondere die Patienten mit einer spinalen Sensibilisierung – in dieser Stichprobe war etwa ein Drittel betroffen – könnten möglicherweise ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung chronischer Schmerzen aufweisen [6, 17]. In dieser Studie wurde ebenfalls ein moderater signifikanter Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der temporalen Summation und der Subskala WOMAC-Pain sowie dem WOMAC-Gesamt-Score gefunden.

Conditioned Pain Modulation

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