Übersichtsarbeiten - OUP 04/2016

Sonografie-gesteuerte Iliosakral- und Facettengelenkinjektionen

Patrick A. Weidle1, Juliane Weidle2, Björn C. Schultheis1

Zusammenfassung: Die therapeutischen Injektionen der Iliosakral- und Facettengelenke sind etablierte Verfahren in der Behandlung des tiefsitzenden Kreuzschmerzes. Validierte spezifische klinische Tests zur Evaluation der Schmerzgenese fehlen. Somit steht häufig die diagnostische Injektion an erster Stelle. Die Injektionen können anatomisch landmarkenorientiert, fluoroskopisch und computertomografisch assistiert oder aber auch MRT-gesteuert erfolgen. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, einen detaillierten Überblick über die alternative Sonografiesteuerung dieser Techniken zu vermitteln.

Schlüsselwörter: Ultraschall, Iliosakralgelenk, ISG, Facettengelenk, Injektion, sonografie-gesteuerte Injektion, interventionelle Schmerztherapie

Zitierweise
Weidle PA, Weidle J, Schultheis BC: Sonografie-gesteuerte Iliosakral- und Facettengelenkinjektionen.
OUP 2016; 4: 210–215 DOI 10.3238/oup.2016.0210–0215

Summary: Therapeutic injections of the iliosacral- and facet joints are accepted options in the treatment of lower back pain. The validation of the pain genesis by specific clinical tests is still outstanding. Therefore it is recommended to place diagnostic injections first. These procedures are performed by free-hand anatomical landmark orientation, under fluoroscopic and CT-scan assistance or MRI control. It is the aim of this overview article to give a detailed survey of the ultrasound-guided technique.

Keywords: ultrasound, sacroiliac joint, SIG, facet joint, injection, ultrasound-guided injection, interventional pain medicine

Zitierweise
Weidle PA, Weidle J, Schultheis BC: Ultrasound-guided sacroiliac and facet joint injections.
OUP 2016; 4: 210–215 DOI 10.3238/oup.2016.0210–0215

Einleitung

Übersicht

Kontrollierte Studien haben die Facetten- und Iliosakralgelenke als mögliche Ursache für Lendenwirbelsäulen- und/oder ausstrahlende Schmerzen in die untere Extremität in einem umfassenden Ausmaß zweifelsfrei belegen können [1]. Eine der Aufgaben der interventionellen Schmerztherapie (IST) ist es, sich der Diagnostik und Therapie dieser Schmerzen und den damit verbundenen Störungen des muskuloskelettalen Systems zu widmen. Zu diesem Zweck kommen in der Behandlung von subakuten, chronischen oder anderweitig behandlungsresistenten Schmerzen neben den klassisch etablierten Formen der Schmerztherapie zielgerichtete interventionelle Techniken zum Einsatz [2]. Da es sich dabei jeweils um Injektionen in oder um ein Gelenk handelt, bleiben diese Techniken von den Diskussionen und Urteilen der letzten Jahre zur Verwendung von Kortikoiden als Off-label-Use an der Wirbelsäule unberührt. Es existiert eine Vielzahl von wissenschaftlichen Originalabhandlungen und Vergleichsstudien zu den verschiedenen Techniken dieser wirbelsäulennahen Injektionen. So ist es möglich, sich auch ohne eine Bildunterstützung allein anhand von anatomischen Landmarken in der Injektionstherapie der Iliosakral- und Facettengelenke zu orientieren und so durch die Hände des geschulten und erfahrenen Therapeuten eine effektive Schmerztherapie zu erzielen. Zu den wissenschaftlich am umfangreichsten belegten Techniken zählen allerdings die radiologisch assistierten Techniken unter Bildwandler- oder Computertomografie-Kontrolle. MRT-gesteuerte Injektionstechniken haben sowohl in der Praxis, als auch in der theoretischen Umschreibung einen eher untergeordneten Stellenwert. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die notwendigen MRT-Keramik-Kanülen sehr kostenintensiv in der Anschaffung sind und zudem im Vergleich zu den Standardkanülen eine erhöhte Bruchgefahr aufweisen.

Die Sonografie ist in der Orthopädie und Unfallchirurgie eine seit Jahrzehnten etablierte Technik in der Diagnose, Verlaufskontrolle und Therapie von entzündlichen, degenerativen und traumatologischen Erkrankungen. Die ersten Beschreibungen der sonografischen Anatomie der Wirbelsäule reichen weit in die 80er Jahre zurück und wurden durch Cork et al. [3] durch seine Abhandlung des Ultraschalls zur Darstellung des Epiduralraums gefestigt. Primär vornehmlich in der Pädiatrie und der Geburtshilfe zur Katheteranlage angewandt, finden die ultraschall-gesteuerten wirbelsäulennahen Injektionen vor allem im anglo-amerikanischen Raum zunehmende Anwendung. Multiple Studien belegen derweil einen allenfalls geringgradig, nicht signifikant unterlegeneren, wenn nicht sogar gleichwertigen Effekt im Vergleich zu Bildwandler- oder CT-gestützten Techniken [4, 5]. Insbesondere die Beachtung der Strahlenhygiene bei vollständig fehlender Strahlenbelastung für den Patienten und das Behandlungsteam, der deutliche Gewinn an Behandlungszeit und die breitflächige Ausstattung der Kliniken und Praxen mit Ultraschallgeräten wird zukünftig die Sonografie-Kontrolle in der interventionellen Schmerztherapie an der Wirbelsäule zunehmend an Bedeutung gewinnen lassen.

Technische Voraussetzung

Der Nutzen eines Niedrig-Frequenz-Schallkopfs in der interventionellen Schmerztherapie an der Wirbelsäule ist unumstritten. In Anbetracht der Tatsache, dass unspezifische lumbale Rückenschmerzen in einer Vielzahl der Fälle mit einem erhöhten BMI einhergehen, empfiehlt sich die Verwendung eines konvex geformten Transducers im Trapezoid-Modus (3,4 MHz), welcher das Betrachtungsfeld erhöht und insbesondere die Möglichkeit zur Darstellung von deutlich tiefer gelegenen anatomischen Strukturen erleichtert. Lediglich zur Darstellung von oberflächlichen Landmarken, wie z.B. den Dornfortsätzen und insbesondere bei Patienten mit leptosomen Habitus, kann ein linearer Schallkopf (10,0 MHz) von Vorteil sein.

Indikation

Prinzipiell sind diagnostische und therapeutische Injektionen voneinander zu unterscheiden. Da es keine hochspezifischen Untersuchungsmethoden zur genauen Ursache der Schmerzlokalisation gibt, weder im Facetten- noch im Iliosakralgelenkbereich, stehen diagnostische Injektionen unter reiner Verwendung eines lokalen Anästhetikums häufig an erster Stelle, um den Schmerzgenerator nachzuweisen. Erst nach einem positiven temporären Wirkungsnachweis, sollten sich dann im Verlauf weitere Injektionen loco typico unter Verwendung eines LA-Kortikosteroid-Gemischs anschließen.

Während die Indikationen zur jeweiligen Intervention als individuell anzusehen sind, gibt es generelle Kontraindikationen. Dazu zählen – neben akuten oder rasch progredienten Paresen – Allergien gegen die zu verwendenden Wirkstoffe, lokale injektionsnahe Wundheilungsstörungen, lokale oder systemische Infekte, ein reduzierter Immunstatus sowie Gerinnungsstörungen, welche mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergehen. Mit Einschränkungen ist eine wirbelsäulennahe Injektion individuell bei Patienten mit schweren ZNS- oder Herz-Kreislauferkrankungen abzuwägen.

Komplikationen

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