Übersichtsarbeiten - OUP 04/2016

Sonografie-gesteuerte Iliosakral- und Facettengelenkinjektionen

Es wird eine systematische Standardtechnik in 3 Einzelschritten empfohlen:

  • Schritt 1: Im Mittellinienniveau der Longitudinalebene erfolgt die Darstellung der Dornfortsätze von kaudal mit dem ersten Sakralwirbel beginnend (Abb. 3). Dies empfiehlt sich zur Segmentlokalisation.
  • Schritt 2: Nach Identifikation der beiden Dornfortsätze des zu therapierenden Facettengelenks wird nun der Schallkopf in der selben Ausrichtung 3–4 cm in die Paramedianebene bewegt, um die Querfortsätze darzustellen. Eine Tiefeneinstellung von 7–8 cm ist dabei in der Regel ausreichend, um das sogenannte Neptun-Dreizack-Zeichen zu visualisieren. Die Querfortsätze erscheinen als in der Reihe gelegene echoreiche halbrunde Schallschatten (Abb. 4).
  • Schritt 3: Der Transducer wird jetzt zurück in Richtung Mittellinie bewegt, bis im sagittalen Blick die superiore und inferiore Gelenkfläche dargestellt sind. In dieser Projektion präsentieren sich die Gelenkflächen als „echoreiche Hügel und Täler“. Die Verbindung der oberen und unteren Facette wird als Injektionsziel lokalisiert (Abb. A5). Ggf. kann der endgültig anzugehende Gelenkspalt durch eine 90°-Drehung des Schallkopfs in die transversale Ebene unterstützend dargestellt werden, während dann die eigentliche Injektion jedoch wieder kontrolliert in der Sagittalebene erfolgen sollte. Die Kanüle wird nun von kaudal nach kranial mit einem Winkel von 45° zur Patientenoberfläche langsam unter sonografischer Echtzeitdarstellung im sagittalen Blick bis zum Knochenkontakt in das Facettengelenk vorgeschoben. Nach dem Zurückziehen der Nadel um 1–2 mm erfolgt die sternförmige Aspirationskontrolle und dann die eigentliche Injektion. Die Kanüle kann entfernt werden. Es empfiehlt sich im unmittelbaren Anschluss die mechanische Kompression der Punktionsstelle zur Vorbeugung eines Postpunktionshämatoms, bevor abschließend die Auflage eines sterilen Wundpflasters erfolgt [14].

Technik der sonografie-
gestützten Injektion der
Iliosakralgelenke

Übersicht

Auch das Iliosakralgelenk ist in seiner potenziellen Funktion als Schmerzgenerator für einen tiefsitzenden lumbalen Kreuzschmerz mit einer möglichen pseudoradikulären Ausstrahlung in die kranialen Anteile der unteren Extremität identifiziert [15]. Innerviert aus den lumbosakralen Nervenwurzeln konnten hier sowohl nozizeptive als auch propriozeptive afferente Nervenfasern nachgewiesen werden [16, 17]. In seinem Grundaufbau formiert sich das ISG als ein bikondyläres Synovialgelenk. Während die Gelenkfläche des Sakrums von einer hyalinen Knorpelschicht bedeckt ist, überzieht die Gelenkfläche des Iliums eine Bindegewebsknorpelschicht. Neben dem Gelenk selbst spielt auch der iliolumbale Bandapparat, ausgehend von den Querfortsätzen des fünften Lendenwirbelknochens, zu den medialen Anteilen des dorsalen Beckenkamms ziehend, als Schmerzgenerator eine gewichtige Rolle. Dieser Bandkomplex ist von entscheidender Bedeutung in der Verankerung der Lendenwirbelsäule mit dem Beckenring und dient zudem der Stabilisierung des Iliosakralgelenks [18].

Patientenauswahl

Ebenso wie bei den Facettengelenken steht auch in der Diagnostik des ISG-Schmerzes die Festlegung eines allgemein anerkannten Gold-Standards noch aus. In verschiedenen Studien konnte keinem vorliegenden klinischen Tests eine ausreichende Spezifität nachgewiesen werden [8]. Daraus postulieren Rubinstein und van Toulder in ihrer Review-Arbeit den diagnostischen Block des Iliosakralgelenks als vielversprechendes Instrument in der Evaluation des tiefsitzenden Kreuzschmerzes [19]. Trotz limitierter Evidenz [6] für die peri- und intraartikulären Injektionen des ISG, belegen diese interventionellen schmerztherapeutischen Techniken in der alltäglichen Praxis einen gewichtigen Stellenwert und werden somit im Folgenden unter Sonografiesteuerung näher betrachtet.

Injektionstechnik

Es existiert inzwischen eine Vielzahl von verschiedenen umschriebenen Techniken der sonografie-gesteuerten Injektionen der Ilioskaralgelenke. Die Autoren empfehlen auch bei dieser Form der interventionellen Schmerztherapie eine systematische Standardtechnik in 3 Einzelschritten. Die Maßnahmen zur Kenntnis der sonografischen Anatomie und das hygienische Setting entsprechen 1:1 der oben beschriebenen Referenz bei der Injektion der Facettengelenke. Zu Bedenken gilt die anatomische Nähe zur Gesäßfalte, die ein besonders hygienisches Vorgehen erfordert. Es empfiehlt sich eine gründliche Auspolsterung der Rima ani, z.B. mit einer sterilen Kompresse im Rahmen der Abdeckungsmaßnahme, um einen Kontakt des alkoholhaltigen Desinfiziens mit den Schleimhäuten des Patienten unbedingt zu vermeiden. Zu rein diagnostischen Zwecken kommt ein Volumen von 5 ml Lokalanästhetikum pro Gelenk zum Einsatz, während bei therapeutischen Injektionen zu 10 ml LA 20–40 mg eines Depotsteroids beigemengt werden kann. In Anbetracht des häufig erhöhten BMI der betroffenen Patienten wird die Anwendung einer 0,7 x 120 mm ultraschallsichtbaren Kanüle (22 GA, 4 6/8 Inch) mit Injektionsschlauchverlängerung angeraten (Abb. 6, 7).

  • Schritt 1: In der Transversalebene erfolgt die Darstellung des Hiatus sakralis und der begrenzenden sakralen Cornue. Diese haben eine sehr charakteristische sonografische Anatomie und lassen sich auch beim adipösen Patienten, bedingt durch eine dünne Weichteildeckung, in der Regel sehr gut visualisieren (Abb. 8).
  • Schritt 2: Sodann wird der Transducer in der Transversalebene langsam nach kranial geführt, um den obersten sakralen Processus spinosus des Sakrums in seinem medialen Scheitelbereich darzustellen. Dieser hat eine sehr spitze echoreiche Struktur und wird daher im englischen Sprachgebrauch auch als „batman’s head“ beschrieben [20] (Abb. 9).
  • Schritt 3: Anschließend wird der Schallkopf nach lateral geleitet und es zeigt sich die Spina iliaca posterior superior (SIPS) bzw. der mediale Rand des Os Iliums. Die echoarme Spalte zwischen dem lateralen Rand des Sakrums und der medialen Begrenzung des Os iliums ist im iliosakralen Gelenkspalt das Ziel der Injektion (Abb. 10). Die Kanüle wird nun in einem Winkel von 45° zur Patientenoberfläche in Ausrichtung von medial nach lateral und gleichzeitig in einem 45° Winkel von kranial nach kaudal unter sonografischer Echtzeitdarstellung eingebracht. Es erfolgt das Vorschieben bis zum Knochenkontakt im Gelenk, und dann wird die Nadel um ca. 1–2 mm zurückgezogen. Nach der sternförmigen Aspirationskontrolle sollte die Injektion nun ohne größeren Widerstand möglich sein. Bei einer extraartikulären Nadellage zeigt sich das Injektat medial das Sakrum flutend [21]. Dies ist besonders gut zu sehen bei Verwendung eines Depotsteroids, welches sich häufig als leicht echoreiche Flüssigkeit darstellt. In diesem Fall sollte die Modifikation der Kanülenlage erfolgen. Die Autoren empfehlen gegen Ende der Injektion ca. ein Viertel des Injektats an die iliacal knöchernen Ansätze des iliolumbalen Bandkomplexes zu infiltrieren, um diesem anatomischen Komplex als Co-Schmerzgenerator gerecht zu werden. Der Abschluss der Injektion ist mit der Technik der Facettengelenke zu vergleichen. Die Kanüle wird entfernt, es erfolgt eine temporäre mechanische Kompression und die Auflage eines sterilen Wundpflasters.
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