Übersichtsarbeiten - OUP 11/2019

Sonografie-gesteuerte Injektionen der LWS
Der Facettenblock und die epidural-sakrale Injektion

Patrick A. Weidle, Björn Carsten Schultheis

Zusammenfassung:

Der lumbale Facettenblock und die epidural-sakrale Injektion sind etablierte Verfahren in der interventionellen Schmerztherapie zur Behandlung des spezifischen Kreuzschmerzes. Die Injektionen können anatomisch-landmarkenorientiert, fluoroskopisch und computertomografisch-assistiert oder aber auch MRT-gesteuert erfolgen. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, einen detaillierten Überblick über die alternative Sonografiesteuerung dieser Techniken zu vermitteln.

Schlüsselwörter:
Ultraschall, Facettenblock, epidural-sakrale Injektion, Sonografie-gesteuerte Injektionen,
interventionelle Schmerztherapie

Zitierweise:

Weidle PA, Schultheis BC: Sonografie-gesteuerte Injektionen der LWS. Der Facettenblock und die epidural-sakrale Injektion. OUP 2019; 8: 540–548

DOI 10.3238/oup.2019.0540–0548

Summary: The lumbar medial branch block and the caudal epidural block are accepted options in the treatment of specific lower back pain in interventional pain medicine. These procedures are performed by free-hand anatomical landmark orientation, under fluoroscopic and CT-scan assistance or MRI control. It is the aim of this overview article to give a detailed survey of the ultrasound-guided techniques.

Keywords: ultrasound, medial branch block, caudal epidural block, ultrasound-guided injections, interventional pain medicine

Citation: Weidle PA, Schultheis BC: Ultrasound-guided injections of the lumbar spine. The medial branch block and the caudal epidural block. OUP 2019; 8: 540–548 DOI 10.3238/oup.2019.0540–0548

Patrick A. Weidle, Björn Carsten Schultheis: Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und interventionelle Schmerztherapie, Krankenhaus Neuwerk, Mönchengladbach

Einleitung

Übersicht

Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen haben die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, wie Arthropathien der Facetten- und Sakroiliakalgelenke (SIG) und Knochen-Knorpel-Grenzdefekte der Bandscheibenfächer als mögliche Ursache für Lendenwirbelsäulenschmerzen mit teilweise pseudoradikulärer Ausstrahlung in die untere Extremität identifizieren können [27, 30, 36]. Ziel der orthopädisch-unfallchirurgischen Schmerztherapie ist es, sich der Diagnostik und Therapie dieser Beschwerden zu widmen, indem in Kombination mit anderen etablierten Formen der Schmerztherapie hier auch zielgerichtete interventionelle Techniken zum Einsatz kommen [35].

Bei der Blockierung der Facettengelenke werden dabei Medikamente an die medialen Äste der Ramus dorsales der beiden gelenkanliegenden Nervenwurzeln injiziert (Abb. 1). Auch bei der epidural-sakralen Injektion werden die Injektate unmittelbar epidural um den kaudalen Anteil des spinalen Duralsacks appliziert. Somit handelt es sich bei beiden im Folgenden beschriebenen Techniken um epi- bzw. perineurale Techniken, welche Teil differenter Diskussionen um die Thematik Kortison und Off-label-Use bei Injektionen an der Wirbelsäule sind [32].

In Zusammenschau der Literatur und gemessen an den hoch evidenten internationalen Empfehlungen, sind die Bildverstärker-unterstützten wirbelsäulennahen Injektionstechniken unter der Verwendung von Kontrastmittel als Gold-Standard anzusehen [4]. In Abwesenheit von aktuell klar definierten nationalen Leitlinien erfolgt im praktischen orthopädisch-unfallchirurgischen Alltag eine Vielzahl der Injektionen unter anatomischer Landmarkenkontrolle, deren zielorientierte therapeutische Wirkung bei niedrigem Evidenzgrad wissenschaftlich untermauert ist [3, 5, 7, 19, 21, 28, 34, 38].

Während die Computertomografie als Bildsteuerung im Sinne der Strahlenhygiene eher kritisch zu betrachten ist, folgt die MRT-Bildsteuerung von wirbelsäulennahen Injektionen offensichtlich weniger medizinisch begründeten Argumenten. Als fehlendes Bindeglied zwischen anatomischer Landmarkenorientierung und dem Einsatz von ionisierender Strahlung zur Bildsteuerung, können die Ultraschall-gesteuerten Injektionstechniken gesehen werden. Wenn auch ebenfalls nur niedrig evident, scheinen deren Wirkung, Sicherheit und Komplikationsraten keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu einer Bildsteuerung via CT oder Bildverstärker aufzuzeigen [8, 10, 12, 13, 15, 16, 22, 39].

Insbesondere die Beachtung der Strahlenhygiene bei vollständig fehlender Strahlenbelastung für den Patienten und das Behandlungsteam, der deutliche Gewinn an Behandlungszeit und die breitflächige Ausstattung der Kliniken und Praxen mit Ultraschallgeräten wird zukünftig die Sonografiekontrolle in der interventionellen Schmerztherapie an der Wirbelsäule zunehmend an Bedeutung gewinnen lassen.

Technische Voraussetzung

Der Nutzen eines Niedrig-Frequenz-Schallkopfs in der interventionellen Schmerztherapie an der Wirbelsäule ist unumstritten. In Anbetracht der Tatsache, dass lumbale Rückenschmerzen in einer Vielzahl der Fälle mit einem erhöhten BMI einhergehen, empfiehlt sich die Verwendung eines konvex geformten Transducers (5–7,5 MHz mit einer Eindringtiefe von 5–15 cm) im Trapezoid-Modus, welcher das Betrachtungsfeld erhöht und insbesondere die Möglichkeit zur Darstellung von deutlich tiefer gelegenen anatomischen Strukturen erleichtert. Lediglich zur Darstellung von oberflächlichen Landmarken, wie z.B. dem Hiatus sakralis insbesondere bei Patienten mit leptosomen Habitus, kann ein linearer Schallkopf (10–18 MHz mit einer Eindringtiefe von 2–7 cm) von Vorteil sein [37].

Indikation

Prinzipiell sind diagnostische und therapeutische Facettenblockierungen zu unterscheiden. Da es keine hochspezifischen Untersuchungsmethoden zur genauen Ursache der Schmerzlokalisation gibt, stehen diagnostische Injektionen unter reiner Verwendung eines lokalen Anästhetikums häufig an erster Stelle, um den genauen Schmerzgenerator nachzuweisen. Erst nach einem positiven temporären Wirkungsnachweis sollten sich dann im Verlauf weitere Injektionen loco typico unter Verwendung eines LA-Kortikosteroid-Gemisches anschließen. Insbesondere auch im Rahmen der Indikationsstellung zu einer Thermodenervierung der Facettengelenke empfiehlt es sich, im Vorfeld mindestens 2 positive Facettenblockierungen mit einer Besserung der subjektiven Schmerzempfindung von > 50 % nach NRS durchgeführt und dokumentiert zu haben.

Die epidural-sakrale Injektion folgt weniger spezifischen Indikationen, da hier mit einem großen Volumen ein umfangreiches anatomisches Gebiet mit der analgetischen Lösung benetzt wird. Unter Verwendung von 20-ml-Volumen ist davon auszugehen, dass sich das Injektat vom Hiatus sakralis im epiduralen Raum bis nach kranial zum Bandscheibenfach L3/4 verteilen wird. In der eigenen Abteilung kommt die epidural-sakrale Injektion v.a. bei LWS-Wurzelkompressionssyndromen, polyradikulären LWS-Syndromen, Post-Nucleotomie-Syndromen, kaudalen lumbalen Spinalkanalstenosen, chronischer Coccydodynie und therapieresistenten SIG-Syndromen erfolgreich zum Einsatz.

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