Übersichtsarbeiten - OUP 11/2019

Sonografie-gesteuerte Injektionen der LWS
Der Facettenblock und die epidural-sakrale Injektion

Patrick A. Weidle, Björn Carsten Schultheis

Zusammenfassung:

Der lumbale Facettenblock und die epidural-sakrale Injektion sind etablierte Verfahren in der interventionellen Schmerztherapie zur Behandlung des spezifischen Kreuzschmerzes. Die Injektionen können anatomisch-landmarkenorientiert, fluoroskopisch und computertomografisch-assistiert oder aber auch MRT-gesteuert erfolgen. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, einen detaillierten Überblick über die alternative Sonografiesteuerung dieser Techniken zu vermitteln.

Schlüsselwörter:
Ultraschall, Facettenblock, epidural-sakrale Injektion, Sonografie-gesteuerte Injektionen,
interventionelle Schmerztherapie

Zitierweise:

Weidle PA, Schultheis BC: Sonografie-gesteuerte Injektionen der LWS. Der Facettenblock und die epidural-sakrale Injektion. OUP 2019; 8: 540–548

DOI 10.3238/oup.2019.0540–0548

Summary: The lumbar medial branch block and the caudal epidural block are accepted options in the treatment of specific lower back pain in interventional pain medicine. These procedures are performed by free-hand anatomical landmark orientation, under fluoroscopic and CT-scan assistance or MRI control. It is the aim of this overview article to give a detailed survey of the ultrasound-guided techniques.

Keywords: ultrasound, medial branch block, caudal epidural block, ultrasound-guided injections, interventional pain medicine

Citation: Weidle PA, Schultheis BC: Ultrasound-guided injections of the lumbar spine. The medial branch block and the caudal epidural block. OUP 2019; 8: 540–548 DOI 10.3238/oup.2019.0540–0548

Patrick A. Weidle, Björn Carsten Schultheis: Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und interventionelle Schmerztherapie, Krankenhaus Neuwerk, Mönchengladbach

Einleitung

Übersicht

Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen haben die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, wie Arthropathien der Facetten- und Sakroiliakalgelenke (SIG) und Knochen-Knorpel-Grenzdefekte der Bandscheibenfächer als mögliche Ursache für Lendenwirbelsäulenschmerzen mit teilweise pseudoradikulärer Ausstrahlung in die untere Extremität identifizieren können [27, 30, 36]. Ziel der orthopädisch-unfallchirurgischen Schmerztherapie ist es, sich der Diagnostik und Therapie dieser Beschwerden zu widmen, indem in Kombination mit anderen etablierten Formen der Schmerztherapie hier auch zielgerichtete interventionelle Techniken zum Einsatz kommen [35].

Bei der Blockierung der Facettengelenke werden dabei Medikamente an die medialen Äste der Ramus dorsales der beiden gelenkanliegenden Nervenwurzeln injiziert (Abb. 1). Auch bei der epidural-sakralen Injektion werden die Injektate unmittelbar epidural um den kaudalen Anteil des spinalen Duralsacks appliziert. Somit handelt es sich bei beiden im Folgenden beschriebenen Techniken um epi- bzw. perineurale Techniken, welche Teil differenter Diskussionen um die Thematik Kortison und Off-label-Use bei Injektionen an der Wirbelsäule sind [32].

In Zusammenschau der Literatur und gemessen an den hoch evidenten internationalen Empfehlungen, sind die Bildverstärker-unterstützten wirbelsäulennahen Injektionstechniken unter der Verwendung von Kontrastmittel als Gold-Standard anzusehen [4]. In Abwesenheit von aktuell klar definierten nationalen Leitlinien erfolgt im praktischen orthopädisch-unfallchirurgischen Alltag eine Vielzahl der Injektionen unter anatomischer Landmarkenkontrolle, deren zielorientierte therapeutische Wirkung bei niedrigem Evidenzgrad wissenschaftlich untermauert ist [3, 5, 7, 19, 21, 28, 34, 38].

Während die Computertomografie als Bildsteuerung im Sinne der Strahlenhygiene eher kritisch zu betrachten ist, folgt die MRT-Bildsteuerung von wirbelsäulennahen Injektionen offensichtlich weniger medizinisch begründeten Argumenten. Als fehlendes Bindeglied zwischen anatomischer Landmarkenorientierung und dem Einsatz von ionisierender Strahlung zur Bildsteuerung, können die Ultraschall-gesteuerten Injektionstechniken gesehen werden. Wenn auch ebenfalls nur niedrig evident, scheinen deren Wirkung, Sicherheit und Komplikationsraten keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu einer Bildsteuerung via CT oder Bildverstärker aufzuzeigen [8, 10, 12, 13, 15, 16, 22, 39].

Insbesondere die Beachtung der Strahlenhygiene bei vollständig fehlender Strahlenbelastung für den Patienten und das Behandlungsteam, der deutliche Gewinn an Behandlungszeit und die breitflächige Ausstattung der Kliniken und Praxen mit Ultraschallgeräten wird zukünftig die Sonografiekontrolle in der interventionellen Schmerztherapie an der Wirbelsäule zunehmend an Bedeutung gewinnen lassen.

Technische Voraussetzung

Der Nutzen eines Niedrig-Frequenz-Schallkopfs in der interventionellen Schmerztherapie an der Wirbelsäule ist unumstritten. In Anbetracht der Tatsache, dass lumbale Rückenschmerzen in einer Vielzahl der Fälle mit einem erhöhten BMI einhergehen, empfiehlt sich die Verwendung eines konvex geformten Transducers (5–7,5 MHz mit einer Eindringtiefe von 5–15 cm) im Trapezoid-Modus, welcher das Betrachtungsfeld erhöht und insbesondere die Möglichkeit zur Darstellung von deutlich tiefer gelegenen anatomischen Strukturen erleichtert. Lediglich zur Darstellung von oberflächlichen Landmarken, wie z.B. dem Hiatus sakralis insbesondere bei Patienten mit leptosomen Habitus, kann ein linearer Schallkopf (10–18 MHz mit einer Eindringtiefe von 2–7 cm) von Vorteil sein [37].

Indikation

Prinzipiell sind diagnostische und therapeutische Facettenblockierungen zu unterscheiden. Da es keine hochspezifischen Untersuchungsmethoden zur genauen Ursache der Schmerzlokalisation gibt, stehen diagnostische Injektionen unter reiner Verwendung eines lokalen Anästhetikums häufig an erster Stelle, um den genauen Schmerzgenerator nachzuweisen. Erst nach einem positiven temporären Wirkungsnachweis sollten sich dann im Verlauf weitere Injektionen loco typico unter Verwendung eines LA-Kortikosteroid-Gemisches anschließen. Insbesondere auch im Rahmen der Indikationsstellung zu einer Thermodenervierung der Facettengelenke empfiehlt es sich, im Vorfeld mindestens 2 positive Facettenblockierungen mit einer Besserung der subjektiven Schmerzempfindung von > 50 % nach NRS durchgeführt und dokumentiert zu haben.

Die epidural-sakrale Injektion folgt weniger spezifischen Indikationen, da hier mit einem großen Volumen ein umfangreiches anatomisches Gebiet mit der analgetischen Lösung benetzt wird. Unter Verwendung von 20-ml-Volumen ist davon auszugehen, dass sich das Injektat vom Hiatus sakralis im epiduralen Raum bis nach kranial zum Bandscheibenfach L3/4 verteilen wird. In der eigenen Abteilung kommt die epidural-sakrale Injektion v.a. bei LWS-Wurzelkompressionssyndromen, polyradikulären LWS-Syndromen, Post-Nucleotomie-Syndromen, kaudalen lumbalen Spinalkanalstenosen, chronischer Coccydodynie und therapieresistenten SIG-Syndromen erfolgreich zum Einsatz.

Während die Indikationen zur jeweiligen Intervention als individuell anzusehen sind, gibt es generelle Kontraindikationen. Dazu zählen neben akuten oder rasch progredienten Paresen, Allergien gegen die zu verwendenden Wirkstoffe, lokale injektionsnahe Wundheilungsstörungen oder -verzögerungen, lokale oder systemische Infekte, ein reduzierter Immunstatus sowie Gerinnungsstörungen, welche mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergehen. Mit Einschränkungen ist eine wirbelsäulennahe Injektion individuell bei Patienten mit schweren ZNS- oder Herz-Kreislauferkrankungen abzuwägen.

Komplikationen

Generell muss unterschieden werden zwischen den Komplikationen, welche durch die Nadellage, und solchen, die durch die verabreichten Medikamente hervorgerufen werden. Geringfügige Komplikationen, wie eine lokale Schwellung, Schmerzen im Bereich des Punktionsareals, Schmerzen im Bereich der lumbalen Wirbelsäule, temporäre Hypotension, vermehrte Perspiration, Nausea und Flush, sind i.d.R. sehr kurzweilig und selbstlimitierend. Zu den bedeutenderen Komplikationen, welche eine individuelle Therapie notwendig machen, zählen die subdurale Punktion und Injektion, die Hämatombildung und post-interventionelle Infektgeschehen, wie die Spondylodiscitis oder die bakterielle Meningitis. Abschließend bleibt festzuhalten, dass Komplikationen, herbeigeführt durch die beiden hier beschriebenen Injektionstechniken, nach umfangreicher Studienanalyse und basierend auf den eigenen Erfahrungen äußerst selten auftreten [25]. So beschreiben Manchikanti et al. [26] in ihrer Arbeit zu 43.000 Facettenblockaden unter Fluoroskopie-Kontrolle 0 % bedeutende Komplikationen, 0,1 % lokale Hämatome, 1 % Nervenwurzelirritationen und vasovagale Reaktionen, 4 % intravaskuläre Punktionen und 10 % Hyperperspiration.

Voraussetzung

Aus Sicht der Verfasser sollte die Anwendung von wirbelsäulennahen Injektionen lediglich unter der prinzipiell gegebenen Voraussetzung zur Anwendung einer Notfallversorgung, inkl. ACLS, erfolgen. Eine Beachtung der DGAI-Leitlinie „Rückenmarksnahe Regionalanästhesien und Thrombembolieprophylaxe/antithrombotische Medikation“ ist empfehlend auszusprechen. Insbesondere aus gutachterlicher Sicht ist zudem die Kenntnis eines aktuellen laborchemischen Gerinnungs-, Infekt- und Blutbildstatus und einer nativradiologischen Darstellung der Lendenwirbelsäule, ergänzt durch eine radiologische Schnittbildgebung, ratsam. Die Aufklärungsdokumentation und schriftliche Originaleinwilligung des Patienten zu der geplanten Intervention sind ebenso obligat wie die Dokumentation von Schmerzscore und dem neurologischen Status im Vorfeld und im Anschluss der Injektion.

Lagerung

Verschiedene Lagerungsmöglichkeiten zur Injektion der lumbalen Schmerzgeneratoren sind beschrieben. Während die Bauchlage bei der epidural-sakralen Injektion obligat ist, können die Facettenblockierungen auch problemlos in sitzender Patientenposition durchgeführt werden. Die Autoren bevorzugen die Patientenposition in Bauchlage mit 20°-Innenrotation der unteren Extremitäten, einer pelvinen Abstützung mittels eines weichen Kissens, einer Unterpolsterung im Bereich der Sprunggelenke mit einer Halbrolle und einer bequemen anatomischen Lagerung von Schädel, HWS und der oberen Extremitäten. Die Prozeduren finden Anwendung unter dauerhafter Ableitung und Dokumentation von Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung und verbalem Monitoring. Um ggf. auftretende Komplikationen schnell beherrschen zu können, erfolgt insbesondere bei den epiduralen Techniken vor der Injektion die Anlage einer Venenverweilkanüle nebst Infusion.

Technik der Sonografie-gestützten Facettenblockierungen

Übersicht

Die lumbalen Facettengelenke sind Gelenkpaarungen, welche die Bewegungen der Wirbelsäule stabilisieren und führen [11] und als potenzieller Schmerzgenerator für den lumbalen Rückenschmerz mit teilweiser pseudoradikulärer Ausstrahlung in die untere Extremität bestens belegt [11, 14, 27]. Die Innervation der Facettengelenke erfolgt durch die Rami dorsales der Spinalnerven, wobei jedes Gelenk aus 2 Nervenwurzeln versorgt wird. Während der kaudale Nervenast aus dem Spinalnerven desselben Segments entspringt, versorgt der kraniale Ast von seinem Ursprung aus den kranial angrenzenden Spinalnerven (Abb. 1). Unter dem Begriff „Facettensyndrom“ bzw. „Facettengelenkarthrose“ versteht man einen chronischen Schmerzzustand aufgrund einer Reizung der in der Facettengelenkkapsel liegenden Schmerzrezeptoren, hervorgerufen durch chronische Überlastungen bzw. Gelenkinkongruenzen als Folge von degenerativer Arthritis, vaskulären Kollagenerkrankungen, Reizungen durch Hyperflexions- oder Extensionsverletzungen und anderen entzündlichen Erkrankungen. Klinisch-diagnostisch ist das Facettensyndrom schwer abgrenzbar. Typisch sind jedoch ein schmerzhafter Muskelhartspann und ein lokaler Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen sowie ein bewegungsabhängiger Schmerz im Bereich der paravertebralen Muskulatur.

Prinzipiell sind an den lumbalen Facettengelenken sowohl aus diagnostischer als auch aus therapeutischer Sicht verschiedene Techniken der interventionellen Schmerztherapie anzuwenden. Dazu gehören der sogenannte Facettenblock, bei dem gezielt die Rami dorsales der innervierenden Spinalnerven blockiert werden, die intraartikuläre Injektion, bei der gezielt in den Gelenkspalt infiltriert wird, und die periartikuläre Infiltration, bei der das Medikamentendepot um die Gelenkkapsel herum platziert wird. Gestützt wird die Anwendung dieser Technik der Facettenblockierungen von der Tatsache, dass dieses Vorgehen aus evidenzbasierter Sicht als „gut“ empfohlen wird, während die peri- und intra-artikulären Techniken nur „limitiert“ anzuraten sind [25]. Zudem konnte wissenschaftlich belegt werden, dass der akurat durchgeführte Facettenblock der LWS in der diagnostischen Ausarbeitung des Schmerzgenerators der intra- oder periartikulären Injektion in seiner Spezifität überlegen ist [9].

Patientenauswahl

Die Erklärung der Facettengelenkarthrose als Schmerzgenerator erfährt in den verschiedenen Fachkreisen eine kritische Betrachtung. Um die Schmerzgenese einzugrenzen, empfiehlt sich eine zusammenschauende Befundung von Anamnese, Schmerzart, körperlicher Untersuchung, radiologisch bildgebenden Verfahren und kontrollierten diagnostischen LA-Injektionen [31]. Letztendlich ist eine direkte Korrelation von radiologischen Veränderungen der Facettengelenke, verglichen mit den klinischen Symptomen, nicht nachzuweisen [6]. Hancock et al. [14] konnten via eines systematischen Reviews nachweisen, dass es keinen spezifischen klinischen Test zur Evaluation des Wirbelgelenks als Schmerzgenerator gebe, und postulierten kontrollierte LA-Blockaden zur Verifizierung des Facettengelenkschmerzes. Die Etablierung eines universell akzeptierten Gold-Standards zur Diagnostik des Facettengelenksyndroms steht zum jetzigen Zeitpunkt dementsprechend noch aus.

Injektionstechnik

Die Autoren empfehlen insbesondere dem Anfänger in der Anwendung dieser Technik, sich zu Beginn in Ruhe einen Überblick über die sonografische Anatomie des individuellen Patienten zu verschaffen, unter der unsterilen Anwendung des konvexen Transducers und Ultraschallgels. Im Rahmen dieser Maßnahme kann eine anzeichnende Markierung der anatomischen Landmarken erfolgen. Im Anschluss daran erfolgen die Desinfektion und die sterile Abdeckung des Patienten und des Ultraschallkopfs. Folgend wird die Verwendung eines Desinfektionsmittels als Kontaktmedium zwischen Transducer und Patientenoberfläche angeraten. Zu rein diagnostischen Zwecken wird ein Lokalanästhetikum mit einem Volumen von 0,5 ml für jeden Ramus dorsalis verwendet, während bei der therapeutischen Injektion in jeweils 1–1,5 ml-Gesamtlösung pro Ramus ein Steroid beigemengt wird. Für die Injektion kommt eine 0,7 x 80 mm (22 GA, x 3 1/8 Inch) ultraschallsichtbare Kanüle zum Einsatz, welche zum Spritzenkörper mit einem Injektionsschlauch verbunden ist. So ist es dem Therapeuten möglich, sowohl den Schallkopf als auch die Injektionsnadel steril zu führen, während das Assistenzpersonal unter Anleitung die eigentliche Injektion des Spritzenstempels am Spritzenkörper unter unsterilen Kautelen durchführen kann. In der Regel erfolgt die Visualisierung der Injektionsnadel in der sogenannten „in plane“-Technik. Dies bezeichnet die Führung und damit die sonografische Darstellung der kompletten Punktionsnadel in der bildgebenden Ebene. In der sogenannten „out of plane“-Ebene erfolgt i.d.R. lediglich die Kontrolle der Nadellage. Hier wird die Punktionsnadel quer zur Schallebene geführt und die Nadelspitze im Querschnitt sonografisch visualisiert. Im Rahmen der Lernkurve kann die simultane Nutzung einer Fluoroskopie unter Verwendung eines Kontrastmittels zur Lagekontrolle hilfreich sein.

Es wird eine systematische Standardanwendung in 3 Einzelschritten empfohlen:

  • 1. Es werden in der Sagittalebene und in Mittellinienniveau die Dornfortsätze kaudal mit dem ersten Sakralwirbel beginnend dargestellt. Dies empfiehlt sich zur Segmentlokalisation (Abb. 2a und 2b).
  • 2. Nach Identifikation und Bildzentralisierung der Dornfortsätze der beiden gelenkbildenden Wirbelkörper wird der Schallkopf in derselben Ausrichtung über die Facettengelenkebene hinweg 3–4 cm in die Paramedianebene bewegt, um die Querfortsätze darzustellen. Eine Tiefeneinstellung von 7–8 cm ist dabei in der Regel ausreichend, um das sogenannte Neptun-Dreizack-Zeichen zu visualisieren. Dabei erscheinen die Querfortsätze als 3 in der Reihe gelegene echoreiche halbrunde Schallschatten. Der anzusteuernde Querfortsatz sollte nun in die Bildmitte zentriert werden (Abb. 3a und 3b).
  • 3. Nun erfolgt die Drehung des Schallkopfes um 90°, also der Wechsel aus der Longitudinalebene in die Transversalebene. Im Anschluss wird der Schallkopf nun nach medial bewegt, um gleichseitig die 3 verschiedenen Ebenen (von distal nach proximal: Dornfortsatzebene, Facettengelenksebene und Querfortsatzebene) des Wirbelkörpers darzustellen. Der Zielpunkt der nun folgenden Injektion in der „in plane“-Technik ist der kraniale mediale Anteil des Querfortsatzes am Übergang zur Gelenkfläche. Das Einführen erfolgt nun unter Darstellung der kompletten Punktionsnadel in der bildgebenen Ebene bis zum Knochenkontakt am Zielpunkt (Abb. 4a und 4b). Die Nadelspitze sollte im Zentrum der Bildgebung Darstellung finden. Fakultativ kann nun zur Lagekontrolle der Nadelspitze erneut der Transducer um 90° in die Longitudinalebene rotiert werden, um insbesondere das Target am kranialen Querfortsatzrand zu visualisieren. Nach einem Zurückziehen der Nadel um ca. 1 mm erfolgen die Aspirationskontrolle und dann die eigentliche Injektion. Die Kanüle kann nun entfernt werden. Es empfiehlt sich im unmittelbaren Anschluss die mechanische Kompression der Punktionsstelle zur Vorbeugung eines Postpunktionshämatoms, bevor abschließend die Auflage eines sterilen Wundpflasters erfolgt.

Technik der Sonografie-gestützten epidural-sakralen Injektion

Übersicht

Die epidural-sakrale Injektion findet im Rahmen der interventionellen Schmerztherapie erfolgreich Anwendung bei einer Vielzahl von Indikationen zur Therapie von spezifischen Schmerzphänomenen der LWS mit oder ohne radikuläre Symptomatik [18]. Die Erstbeschreibung zu Beginn des letzten Jahrhunderts erfolgte anhand von einer Landmarkenorientierung. In den letzten Jahrzehnten wurde diese Prozedur additiv durch eine Bildsteuerung unterstützt und aktuell gilt die BV-Steuerung der epiduralen Blocks als Gold-Standard. Letztendlich wurde 2003 erstmalig durch Klocke et al. die Sonografie-gesteuerte Technik wissenschaftlich veröffentlicht [20].

Die sakralen Cornua sind Residuen der inferioren Gelenkflächen des 5. Sakralwirbels und präsentieren sich als knöcherne Hügel am kaudalen Rand des Kreuzbeins. Sie begrenzen bilateral den Hiatus sakralis und sind i.d.R. erst ab einer Prominenz von > 3 mm durch den Untersucher einwandfrei zu palpieren [2]. Dies bedingt bei der ausschließlich landmarkenorientierten Injektionstechnik eine Fehllage von bis zu 32 % auch in geübten therapeutischen Händen [29, 33]. Rückseitig ist der Hiatus sakralis durch das sacrococcygeale Ligament (SCL) begrenzt. Der Scheitelpunkt des sakralen Hiatus ist in mindestens 65 % der Fälle in Höhe SWK 4 lokalisiert und präsentiert sich in dem Rest der Fälle mit einer Variation in den Höhen SWK 1, 2, 3 und 5 [1]. Derweil endet der kaudale Duralsack i.d.R. in Höhe von SWK 2 und lediglich in maximal 5 % der Fälle kaudal davon. Die Zusammenschau mit der Tatsache, dass additiv 5 % aller Patienten eine sakrale, liquorgefüllte Tarlov-Zyste mit direkter Kommunikation in den Duralsack aufweisen [17], bedingt die dringende Empfehlung vor einer jeden erstmaligen epidural-sakralen Injektion in Kenntnis einer radiologischen Schnittbildgebung zu sein, um eine akzidentielle intradurale Injektion zu vermeiden.

Patientenauswahl

Die epidural-sakrale Injektion benetzt durch die Anwendung eines hohen Injektatvolumens von ca. 20 ml ein umfangreiches anatomisches Areal, ist seiner Therapie wenig spezifisch und kann daher nur bedingt als diagnostisch-eingrenzendes Verfahren angesehen werden. Diese interventionelle Technik kommt erfolgreich zum Einsatz bei LWS-Wurzelkompressionssyndromen, polyradikulären LWS-Syndromen, Post-Nucleotomie-Syndromen, kaudalen lumbalen Spinalkanalstenosen, chronischen Coccygodynien und therapieresistenten SIG-Syndromen [23, 24, 25].

Injektionstechnik

Die Autoren empfehlen auch bei dieser Form der interventionellen Schmerztherapie eine systematische Standardanwendung in 3 Einzelschritten. Die epidural-sakrale Injektion erfolgt i.d.R. in Bauchlage, während das Becken durch ein Kissenpolster leicht angehoben wird. Beide Glutealhügel können unterstützend mit kräftigen Tapes diagonal von medial-kaudal nach latero-kranial gespannt werden, um den Eintrittspunkt der Nadel besser zu visualisieren. Alternativ dazu kann diese Maßnahme auch durch das Assistenzpersonal manuell erfolgen. Es empfiehlt sich auch hier die Palpation des Hiatus Sakralis und der Cornua Sakralia und ggf. Stiftmarkierung der anatomischen Orientierungspunkte. Ansonsten entsprechen die Maßnahmen zur Kenntnis der sonografischen Anatomie und das hygienische Setting 1:1 der oben beschriebenen Referenz der Technik der Facettenblockierung. Zu bedenken ist die anatomische Nähe zur Gesäßfalte, die ein besonders hygienisches Vorgehen erfordert. Es empfiehlt sich eine gründliche Auspolsterung der Rima ani, z.B. mit einer sterilen Kompresse im Rahmen der Abdeckungsmaßnahme, um einen Kontakt des alkoholhaltigen Desinfiziens mit den Schleimhäuten des Patienten unbedingt zu vermeiden.

  • 1. Es werden der Hiatus sakralis und die begrenzenden Cornua Sakralia in der Transversalebene dargestellt. Diese haben eine sehr charakteristische sonografische Anatomie und lassen sich auch beim adipösen Patienten, bedingt durch eine dünne Weichteilbedeckung, in der Regel sehr gut darstellen (Abb. 5a und 5b).
  • 2. Nach der Bildzentralisierung des Hiatus Sakralis erfolgt die Rotation des Schallkopfes um 90° in die Longitudinalebene, um die Achse des Sakralkanals darzustellen. In dieser Ebene erfolgt bereits das Einbringen der Punktionsnadel von kaudal in Richtung kranial mit einem auf den Hiatus ausgerichteten Stichkanalwinkel. Das Durchstoßen der feinen Membran, welche den Hiatus abschließt, erzeugt i.d.R. einen leichten Widerstandsverlust und kann von einem palpatorisch mildem „Knacken“ begleitet sein. Die Nadel wird nun nur noch einige wenige Millimeter vorgeschoben und ist somit bereits am endgültigen Target platziert (Abb. 6a und 6b).
  • 3. Nun wird abschließend lediglich die Lagekontrolle der Nadelspitze vollzogen. Dazu wird der Hiatus erneut im Bild zentriert und der Schallkopf um 90° zurück in die Transversalebene rotiert. Das so erzeugte Bild entspricht der Darstellung von Schritt 1 mit einem punktförmigen Schallschatten (Nadelquerschnitt) im Hiatus sakralis (Abb. 7a und 7b). Zu einer optimierten Visualisierung kann die sogenannte Spechttechnik zur Anwendung kommen, die durch vorsichtiges Hin- und Herschieben in der Achse der Nadellage der Nadelquerschnitt als Schallschatten Bewegung zeigt. Die Injektion sollte nun ohne größeren Widerstand möglich sein. Bei der Injektion von bis zu 20 ml Lösung empfiehlt sich ein behutsames Vorgehen, da der Patient ansonsten ein sehr unangenehmes Druckempfinden angeben kann. Die Kanüle wird abschließend entfernt. Eine temporäre sterile manuelle Kompression verhindert i.d.R. die Ausbildung eines post-interventionellen Hämatoms. Der Anatomie geschuldet ist die Auflage eines sterilen Wundpflasters hier nur begrenzt anzuraten. Stattdessen kann die Einlage einer eingerollten sterilen Mullkompresse erfolgen. In der eigenen Abteilung werden die Patienten für 120 Minuten in einer Oberkörperhochlagerung überwacht, um eine unerwünschte Verteilung des Injektats in den thorakalen Epiduralraum zu verhindern. Um Druckulcera im Einstichbereich zu vermeiden, werden die Patienten dazu aufgefordert, im Rahmen dieser Bettruhe intermittierend das Gesäß ein wenig zu rotieren. Insbesondere bei dieser Injektionstechnik ist die anschließende neurologische Untersuchung zum Ausschluss einer spinalen Anästhesie gründlich zu erheben und entsprechend zu dokumentieren.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben

Literatur

1. Aggarwal A, Kaur H, Sahni D et al.: Anatomic consideration of caudal epidural space: A cadaver study. Clinical Anatomy 2009; 22: 730–737

2. Barham G, Hilton A: Caudal epidurals: the accuracy of blind needle placement and the value of confirmatoryepidurogram. European Spine Journal 2010; 19: 1479–1483

3. Becker C, Heidersdorf S, Drewlo S, Zirke S, Krämer J, Willburger R: Efficacy of epidural perineural injections with autologous contitioned serum for lumbar radicular compression. An investor-initiated, prospective, double-blind, reference-controlled study. Spine 2007; 32: 1803–1812

4. Bogduk N (Hrsg.): Practice guidelines for spinal diagnostic and treatment procedures. 2nd edn. San Francisco: International Spine Intervention Society, 2013

5. Bush K, Hillier S: A controlled study of caudal epidural injections of triamcinolone for the management of intractable sciatica. Spine 1991; 16: 572

6. Chaput C, Padon D, Rush J et al.: The significance of increased fluid signal on magnetic resonance im- aging in lumbar facets in relationship to degenerative spondylolisthesis. Spine (Phila Pa 1976) 2007; 32: 1883–1887

7. Cuckler JM, Bernini PA, Wiesel SW, Booth RE Jr, Rothman RH, Pickens GT: The use of steroids in the treatment of lumbar radicular pain. J Bone Joint Surg Am 1985; 67: 63–66

8. Dong HY, Hee-Sang K, Seung DY et al.: Efficacy of ultrasonography-guided injections in patients with facet syndrome oft the low lumbar spine. Ann Rehabil Med 2012; 36: 66–71

9. Dreyfuss P, Schwarzer AC, Lau P, Bogduk N: Specifity of lumbar medial branch and L5 dorsal ramus blocks. A computed tomography study. Spine (Phila Pa 1976). 1997; 22: 895–902

10. Evansa I, Logina I, Vanags I, Borgeat A: Ultrasound versus fluoroscopic-guided epidural steroid inejctions in patients with degenerative spinal desease: a randomized study. Eur J Anaesthesiol 2015; 32: 262–268

11. Falco FJE, Manchikanti L, Datta S et al.: An update of the systematic assessment of the diagnostic accuracy of lumbar facet joint nerve blocks. Pain Physician 2012; 15: E869–E907

12. Finlayson RJ, Etheridge JB, Elgueta MF, Thonnagith A, De Villiers F, Nelems B, Tran DQ: A randomized comparison between ultrasound- and fluoroscopy-guided sacral lateral branch blocks. Reg Anesth Pain Med 2017; 42: 400–406

13. Gofeld M, Bristow SJ, Chiu S: Ultrasound-guided injection of lumbar zygapophyseal joints. Reg Anesth Pain Med 2012; 37: 228–231

14. Hancock MJ, Maher CG, Bogduk N et al.: Systematic review of tests to identify the disc, SIJ or facet joint as the source of low back pain. Eur Spine J 2007; 16: 1539–1550

15. Hofmeister M, Dowsett LE, Lorenzetti DL, Clement F: Ultrasound- versus fluroscopy-guides injections in the lower back for he management of pain: a systematic review. Eur Radiol 2019, DOI 10.1007/s00330–019–06065–3

16. Jee H, Lee JH, Park KD, Ahn J, Park Y: Ultrasound-guided versus fluoroscopy-guided sacroiliac joint intra-articular injections in the noninflammatory sacroiliac joint dysfunction: a prospective, randomized, single-blinded study. Arch Phys Med Rehabil 2014; 95: 330–337

17. Joo J, Kim J, Lee J: The prevalence of anatomical variations that can cause inadvertent dural puncture when performing caudal blocks in Koreans: A study using MRI. Anaesthesia 2010; 65: 23–26

18. Kao SC, Lin CS: Caudal epidural block: an update review of anatomy and techniques. Biomed Res Int. Volume 2017: Article ID 9217145

19. Klenerman C, Greenwood R, Davenport HT et al.: Lumbar epidural injection in the treatment of sciatica. Brit. J. Rheumatol 1984; 23: 35–38

20. Klocke R, Jenkinson T, Glews D: Sonography guided caudal epidural steroid inejctions. Journal of Ultrasound in Medicine 2003; 22: 1229–1232

21. Krämer J, Ludwig J, Bickert U, Owczarek V, Traupe M: Lumbar epidural perineural injection: a new technique. Eur Spine J 1997; 6: 357–361

22. Loizides A, Gruber H, Peer S, Galiano K, Bale R, Obernauer J: Ultrasound guided versus CT-controlled pararadicular injections in the lumbar spine: a prospective randomized clinical trial. AJNR Am J Neuroradiol 2013; 34: 466–470

23. Manchikanti L, Singh V, Pampati V, Falco FJE, Hirsch JA: Comparison of the efficacy of caudal, interlaminar, and transforaminal epidural injections in managing lumbar disc herniation: Is one method superior to the other? Korean J Pain 2015; 28: 11–21

24. Manchikanti L, Benyamin RM, Falco FJ, Kaye AD, Hirsch JA: Do epidural injections provide short- and long-term relief for lumbar disc herniation? A systematic review. Clin Orthop Relat Res 2015; 473: 1940–1956

25. Manchikanti L, Abdi S, Hirsch JA et al.: An update of comprehensive evidence-based guidelines for interventinal techniques in chronic spinal pain. Pain Physician 2013; 16: 49-283

26. Manchikanti L, Malla Y, Wargo BW et al.: Complications of fluoroscopically directed facet joint nerve blocks: A prospective evaluation of 7,500 episodes with 43,000 nerve blocks. Pain Physician 2012; 15: E143–E150

27. Manchikanti L, Boswell MV, Singh V et al.: Comprehensive evidence-based guidelines for interventional techniques in the management of chronic spinal pain. Pain Physician 2009; 12: 699–802

28. Ng L, Chaudhary N, Sell P: The efficacy of corticosteroids in periradicular infiltration for chronic radicular pain. Spine 2005; 30: 857–862

29. Renfrew DL, Moore TE, Walker CW et al.: Correct placement of epidural steroid injections: fluoroscopic guidance and contrast administration. Am J Neurorad 1991; 12: 1003–1007

30. Sipko T, Janicki K, Barczyk K, Demczuk-W?odarczyk E: Pseudoradicular symptoms in patients exhibiting the lumbar spinal disc disease. Ortop Traumatol Rehabil 2006; 8: 663–671

31. Schaible HG, Grubb BD. Afferent and spinal mechanisms of joint pain. Pain 1993; 55: 5–54

32. Schott, H: Wirbelsäulennahes Kortison: Stand der Dinge für die Praxis. Orthopädie & Rheuma 2016; 19: 10–14

33. Stitz MY, Sommer HM. Accuracy of blind versus fluororscopically guided caudal epidural injection. Spine 1999; 24: 1371–1376

34. Teske W, Zirke S, Trippe C, Krämer J, Willburger RE, Theodoridis T, Beer AM, Molsberger A: Epidural injection therapy with local anaesthetics versus cortisone in the lumbar spine syndrome: a prospective study. Z Orthop Unfall 2009; 147: 199–204

35. The National Uniform Claims Committee. Specialty designation for interventional pain management, 2009?

36. Van Boxem K, Van Zundert J, Van Zundert J, Patijn J, van Kleef M: Pseudoradicular and radicular low-back pain: How to diagnose clinically? Pain 2008; 135: 311–312

37. Weidle PA, Weidle J, Schultheis BC: Sonografie-gesteuerte Iliosakral- und Facettengelenksinjektionen. OUP 2016; 4: 210–215

38. Yates DW: A comparison of the types of epidural injection in the treatment of low back pain and sciatica. Rheumatol Rehabil 1978; 17: 181–186

39. Ye L, Wen C, Liu H: Ultrasound-guided versus low dose computed tomography scanning guidance for lumbar facet joint injections: same accuracy and efficiency. BMC Anesthesiol 2018; 18: 160

Korrespondenzadresse

Dr. med. Patrick A. Weidle

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und
interventionelle Schmerztherapie

Krankenhaus Neuwerk

Dünner Straße 214–16

41066 Mönchengladbach

p.weidle@kh-neuwerk.de

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5