Übersichtsarbeiten - OUP 11/2019

Sonografie-gesteuerte Injektionen der LWS
Der Facettenblock und die epidural-sakrale Injektion

Es wird eine systematische Standardanwendung in 3 Einzelschritten empfohlen:

  • 1. Es werden in der Sagittalebene und in Mittellinienniveau die Dornfortsätze kaudal mit dem ersten Sakralwirbel beginnend dargestellt. Dies empfiehlt sich zur Segmentlokalisation (Abb. 2a und 2b).
  • 2. Nach Identifikation und Bildzentralisierung der Dornfortsätze der beiden gelenkbildenden Wirbelkörper wird der Schallkopf in derselben Ausrichtung über die Facettengelenkebene hinweg 3–4 cm in die Paramedianebene bewegt, um die Querfortsätze darzustellen. Eine Tiefeneinstellung von 7–8 cm ist dabei in der Regel ausreichend, um das sogenannte Neptun-Dreizack-Zeichen zu visualisieren. Dabei erscheinen die Querfortsätze als 3 in der Reihe gelegene echoreiche halbrunde Schallschatten. Der anzusteuernde Querfortsatz sollte nun in die Bildmitte zentriert werden (Abb. 3a und 3b).
  • 3. Nun erfolgt die Drehung des Schallkopfes um 90°, also der Wechsel aus der Longitudinalebene in die Transversalebene. Im Anschluss wird der Schallkopf nun nach medial bewegt, um gleichseitig die 3 verschiedenen Ebenen (von distal nach proximal: Dornfortsatzebene, Facettengelenksebene und Querfortsatzebene) des Wirbelkörpers darzustellen. Der Zielpunkt der nun folgenden Injektion in der „in plane“-Technik ist der kraniale mediale Anteil des Querfortsatzes am Übergang zur Gelenkfläche. Das Einführen erfolgt nun unter Darstellung der kompletten Punktionsnadel in der bildgebenen Ebene bis zum Knochenkontakt am Zielpunkt (Abb. 4a und 4b). Die Nadelspitze sollte im Zentrum der Bildgebung Darstellung finden. Fakultativ kann nun zur Lagekontrolle der Nadelspitze erneut der Transducer um 90° in die Longitudinalebene rotiert werden, um insbesondere das Target am kranialen Querfortsatzrand zu visualisieren. Nach einem Zurückziehen der Nadel um ca. 1 mm erfolgen die Aspirationskontrolle und dann die eigentliche Injektion. Die Kanüle kann nun entfernt werden. Es empfiehlt sich im unmittelbaren Anschluss die mechanische Kompression der Punktionsstelle zur Vorbeugung eines Postpunktionshämatoms, bevor abschließend die Auflage eines sterilen Wundpflasters erfolgt.

Technik der Sonografie-gestützten epidural-sakralen Injektion

Übersicht

Die epidural-sakrale Injektion findet im Rahmen der interventionellen Schmerztherapie erfolgreich Anwendung bei einer Vielzahl von Indikationen zur Therapie von spezifischen Schmerzphänomenen der LWS mit oder ohne radikuläre Symptomatik [18]. Die Erstbeschreibung zu Beginn des letzten Jahrhunderts erfolgte anhand von einer Landmarkenorientierung. In den letzten Jahrzehnten wurde diese Prozedur additiv durch eine Bildsteuerung unterstützt und aktuell gilt die BV-Steuerung der epiduralen Blocks als Gold-Standard. Letztendlich wurde 2003 erstmalig durch Klocke et al. die Sonografie-gesteuerte Technik wissenschaftlich veröffentlicht [20].

Die sakralen Cornua sind Residuen der inferioren Gelenkflächen des 5. Sakralwirbels und präsentieren sich als knöcherne Hügel am kaudalen Rand des Kreuzbeins. Sie begrenzen bilateral den Hiatus sakralis und sind i.d.R. erst ab einer Prominenz von > 3 mm durch den Untersucher einwandfrei zu palpieren [2]. Dies bedingt bei der ausschließlich landmarkenorientierten Injektionstechnik eine Fehllage von bis zu 32 % auch in geübten therapeutischen Händen [29, 33]. Rückseitig ist der Hiatus sakralis durch das sacrococcygeale Ligament (SCL) begrenzt. Der Scheitelpunkt des sakralen Hiatus ist in mindestens 65 % der Fälle in Höhe SWK 4 lokalisiert und präsentiert sich in dem Rest der Fälle mit einer Variation in den Höhen SWK 1, 2, 3 und 5 [1]. Derweil endet der kaudale Duralsack i.d.R. in Höhe von SWK 2 und lediglich in maximal 5 % der Fälle kaudal davon. Die Zusammenschau mit der Tatsache, dass additiv 5 % aller Patienten eine sakrale, liquorgefüllte Tarlov-Zyste mit direkter Kommunikation in den Duralsack aufweisen [17], bedingt die dringende Empfehlung vor einer jeden erstmaligen epidural-sakralen Injektion in Kenntnis einer radiologischen Schnittbildgebung zu sein, um eine akzidentielle intradurale Injektion zu vermeiden.

Patientenauswahl

Die epidural-sakrale Injektion benetzt durch die Anwendung eines hohen Injektatvolumens von ca. 20 ml ein umfangreiches anatomisches Areal, ist seiner Therapie wenig spezifisch und kann daher nur bedingt als diagnostisch-eingrenzendes Verfahren angesehen werden. Diese interventionelle Technik kommt erfolgreich zum Einsatz bei LWS-Wurzelkompressionssyndromen, polyradikulären LWS-Syndromen, Post-Nucleotomie-Syndromen, kaudalen lumbalen Spinalkanalstenosen, chronischen Coccygodynien und therapieresistenten SIG-Syndromen [23, 24, 25].

Injektionstechnik

Die Autoren empfehlen auch bei dieser Form der interventionellen Schmerztherapie eine systematische Standardanwendung in 3 Einzelschritten. Die epidural-sakrale Injektion erfolgt i.d.R. in Bauchlage, während das Becken durch ein Kissenpolster leicht angehoben wird. Beide Glutealhügel können unterstützend mit kräftigen Tapes diagonal von medial-kaudal nach latero-kranial gespannt werden, um den Eintrittspunkt der Nadel besser zu visualisieren. Alternativ dazu kann diese Maßnahme auch durch das Assistenzpersonal manuell erfolgen. Es empfiehlt sich auch hier die Palpation des Hiatus Sakralis und der Cornua Sakralia und ggf. Stiftmarkierung der anatomischen Orientierungspunkte. Ansonsten entsprechen die Maßnahmen zur Kenntnis der sonografischen Anatomie und das hygienische Setting 1:1 der oben beschriebenen Referenz der Technik der Facettenblockierung. Zu bedenken ist die anatomische Nähe zur Gesäßfalte, die ein besonders hygienisches Vorgehen erfordert. Es empfiehlt sich eine gründliche Auspolsterung der Rima ani, z.B. mit einer sterilen Kompresse im Rahmen der Abdeckungsmaßnahme, um einen Kontakt des alkoholhaltigen Desinfiziens mit den Schleimhäuten des Patienten unbedingt zu vermeiden.

  • 1. Es werden der Hiatus sakralis und die begrenzenden Cornua Sakralia in der Transversalebene dargestellt. Diese haben eine sehr charakteristische sonografische Anatomie und lassen sich auch beim adipösen Patienten, bedingt durch eine dünne Weichteilbedeckung, in der Regel sehr gut darstellen (Abb. 5a und 5b).
  • 2. Nach der Bildzentralisierung des Hiatus Sakralis erfolgt die Rotation des Schallkopfes um 90° in die Longitudinalebene, um die Achse des Sakralkanals darzustellen. In dieser Ebene erfolgt bereits das Einbringen der Punktionsnadel von kaudal in Richtung kranial mit einem auf den Hiatus ausgerichteten Stichkanalwinkel. Das Durchstoßen der feinen Membran, welche den Hiatus abschließt, erzeugt i.d.R. einen leichten Widerstandsverlust und kann von einem palpatorisch mildem „Knacken“ begleitet sein. Die Nadel wird nun nur noch einige wenige Millimeter vorgeschoben und ist somit bereits am endgültigen Target platziert (Abb. 6a und 6b).
  • 3. Nun wird abschließend lediglich die Lagekontrolle der Nadelspitze vollzogen. Dazu wird der Hiatus erneut im Bild zentriert und der Schallkopf um 90° zurück in die Transversalebene rotiert. Das so erzeugte Bild entspricht der Darstellung von Schritt 1 mit einem punktförmigen Schallschatten (Nadelquerschnitt) im Hiatus sakralis (Abb. 7a und 7b). Zu einer optimierten Visualisierung kann die sogenannte Spechttechnik zur Anwendung kommen, die durch vorsichtiges Hin- und Herschieben in der Achse der Nadellage der Nadelquerschnitt als Schallschatten Bewegung zeigt. Die Injektion sollte nun ohne größeren Widerstand möglich sein. Bei der Injektion von bis zu 20 ml Lösung empfiehlt sich ein behutsames Vorgehen, da der Patient ansonsten ein sehr unangenehmes Druckempfinden angeben kann. Die Kanüle wird abschließend entfernt. Eine temporäre sterile manuelle Kompression verhindert i.d.R. die Ausbildung eines post-interventionellen Hämatoms. Der Anatomie geschuldet ist die Auflage eines sterilen Wundpflasters hier nur begrenzt anzuraten. Stattdessen kann die Einlage einer eingerollten sterilen Mullkompresse erfolgen. In der eigenen Abteilung werden die Patienten für 120 Minuten in einer Oberkörperhochlagerung überwacht, um eine unerwünschte Verteilung des Injektats in den thorakalen Epiduralraum zu verhindern. Um Druckulcera im Einstichbereich zu vermeiden, werden die Patienten dazu aufgefordert, im Rahmen dieser Bettruhe intermittierend das Gesäß ein wenig zu rotieren. Insbesondere bei dieser Injektionstechnik ist die anschließende neurologische Untersuchung zum Ausschluss einer spinalen Anästhesie gründlich zu erheben und entsprechend zu dokumentieren.
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