Übersichtsarbeiten - OUP 06/2020

Veränderungen der Knochendichte des proximalen Femur fünf Jahre nach Implantation einer schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschaftprothese (MiniHip)

Mathias Herwig, Ahmed Ercan, Timm Filler, Lars Victor von Engelhardt, Gebhard Schmid, Jörg Jerosch

Fragestellung: Ziel der Studie war die Beurteilung der Knochendichteveränderung nach Implantation einer Kurzschaftendoprothese MiniHip.

Material und Methoden: Bei 62 Patienten im Alter von 25 bis 78 Jahren (34 Frauen, 28 Männer) wurde eine MiniHip implantiert. Er wurde die periprothetische Knochendichte nach der DEXA-Methode postoperativ, nach 3, 6 und 12 Monaten bestimmt. Bei 32 Patienten konnten DEXA Untersuchungen auch nach 5 Jahren durchgeführt werden.

Ergebnisse: Es zeigt sich in den ersten 3 Monaten nach Implantation die stärkste Veränderung, wobei signifikante Knochendichteabnahmen sowohl proximal in den Gruen Zonen 1, 2 und 7 als auch distal in Zone 4 zu verzeichnen sind. Zwischen dem 3. und 6. Monat postoperativ wird ein Plateau in der Knochendichteabnahme erreicht. Danach erholt sich die Knochendichte bis zum 12. Monat postoperativ. Die Entwicklungen, die nach 12 Monaten zu erkennen waren, setzten sich nach 5 Jahren weiter fort. Im Bereich des Trochanter major (Gruen 1) zeigte sich weiterhin eine Zunahme des BMD, am Trochanter minor (Gruen 7) hingegen ein leichter weiterer Verlust.

Fazit und klinische Relevanz: Die schenkelhalsteilerhaltende MiniHip-Prothese zeigt weniger Knochenverlust im Vergleich zu Standardprothesenschäften nach 12 Monaten und 5 Jahren.

Schlüsselwörter:
Kurzschaftprothese, MiniHip, postoperative Knochendichte


Zitierweise
Veränderungen der Knochendichte des proximalen Femur fünf Jahre nach Implantation einer schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschaftprothese (MiniHip).
OUP 2019; 8: 361–366
DOI 10.32387oup.2019.0361–0366

Purpose: The purpose of the study was to document the bone mineral density (BMD) in the midterm after the implantation of the minihip.
Material and Methods: In 62 patients aged 25–78 years (34 female, 28 male), a MiniHip stem was implanted. We documented the postoperative periprosthetic bone mineral density by the DEXA-method, after 3, 6 and 12 months. In 32 patients the DEXA measurements could be performed also after 5 years.
Results: Within the first 3 months the largest changes could be documented; there was significant reduction of BMD proximal in gruen zones 1,2 and 7 as well as distal in zone 4. Between the 3rd and 6th month there was a postoperative plateau in BMD. After this the BMD was regaining postoperatively up to the 12th month. The same trend could be documented after 5 years. At the greater trochanter (gruen 1) there was a slight increase of BMD, at the lesser trochanter (gruen 7) there was a slight decrease.
Conclusion: The femoral neck partial sparing MiniHip short stem shows less reduction in the BMD compared to standard cementless stem systems at 12 months and 5 years.

Keywords: short stem hip replacement, MinHip, postoperative bone mineral density

Citation: Herwig M, Ercan A, Filler T, von Engelhardt LV, Schmid G, Jerosch J: Bone mineral density (BMD) five years after implantation of a MiniHip short stem. OUP 2019; 8: 361–366. DOI 10.32387oup.2019.0361–0366

J. Jerosch, E. Arcan, M. Herwig: Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus, Neuss

G. Schmid: Klinik für Radiologie, Johanna-Etienne-Krankenhaus, Neuss

TJ. Filler: Institut für Anatomie I, Heinrich Heine Universität, Düsseldorf

LV. von Engelhardt: Sportklinik und Endocenter Damme, Orthopädische Praxis Dr. Berg/Prof. von Engelhardt

Einleitung

Jährlich werden in Deutschland mehr als 200.000 Patienten mit einem künstlichen Hüftgelenk versorgt. Eine australische Studie zeigte ein Lebenszeitrisiko für die Implantation einer Hüfttotalendoprothese (HTEP) von 11,1 % für Frauen und 6,6 % für Männer [7]. Eine Studie aus Großbritannien zeigte ein Lebenszeitrisiko eines 50-Jährigen für eine Hüfttotalendoprothese im Jahr 2005 von 11,6% für eine Frau und 7,1% für einen Mann [14]. Hauptindikation für die Implantation einer Hüft-TEP ist in über 90 % der Fälle die Coxarthrose. Weitere Indikationen sind die Femur-kopfnekrose, Schenkelhalsfraktur, Hüftdysplasie sowie der Hüftgelenksinfekt [45]. Unabhängig von der Genese der Hüftgelenksarthrose ist die Hüftendoprothetik die wirksamste Maßnahme gegen Schmerzen und Funktionseinschränkung [54].

Kurzschaftprothesen werden zunehmend nachgefragt und erfreuen sich steigender Implantationszahlen, insbesondere beim jüngeren Patientengut [51, 26]. Während insgesamt die Implantationszahlen der Hüftprothesen stagnieren, nimmt der relative Anteil an Kurzschaftprothesen zu [26]. Es besteht schon lange Erfahrung mit knochensparenden Kurzschaftprothesen; Huggler und Jacob entwarfen 1976 die Druckscheibenprothese [20]. Ein häufiges Problem dieser noch zusätzlich extramedullär verankernden Prothese waren chronische Schmerzzustände im Bereich des Trochanter majors; auch die OP Technik war schwierig sodass sich diese Prothese ebenso wie ihre Weiterentwicklung der individuell geplante adaptierte Druckscheibenprothese, nicht durchsetzen konnte. Nachdem sich auch zunehmend Probleme bei Oberflächenersatz einstellten, wurde im letzten Jahrzehnt der Focus wieder auf Kurzschaftprothesenmodelle gelegt.

Eine mittlerweile mehrfach aufgegriffene und praktikable Klassifikation orientiert sich an der Resektionsebene [24–27, 57]. Hierbei werden Schenkelhals-erhaltende von Schenkelhals-teilerhaltenden und Schenkelhals-resezierenden Kurzschaftprothesen unterschieden. Den meisten Klassifikationssystemen gemein ist die Tatsache, dass ein kurzer Schaft an sich nicht eine Kurzschaftprothese ausmacht [5], sondern dass es bei dieser Gruppe von Prothesen um viele weitergehende Aspekte geht.. Neben dem Knochenerhalt bei der primären Implantation geht es beispielsweise auch um die bessere Rekonstruierbarkeit der individuellen Patientenanatomie und die langfristige osteologische Kompetenz der Implantate [26].

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