Übersichtsarbeiten - OUP 06/2020

Veränderungen der Knochendichte des proximalen Femur fünf Jahre nach Implantation einer schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschaftprothese (MiniHip)

Für die Beurteilung der Knochendichteveränderung hat sich international das DEXA–Verfahren durchgesetzt. Es zeigt einen in vivo Messwiederholungsfehler von nur 2–3 % [29, 56, 13, 30, 37, 36, 35, 42, 4]. Für das von uns zur Messung verwendete Gerät liegen die Messungenauigkeiten unter 2 % [55, 36, 35]. Mit der DEXA-Methode sind Knochendichteunterschiede von 4–5 % sicher quantifizierbar. Mit den konventionellen Röntgenuntersuchungen ist dies erst ab Knochendichteunterschieden ab 30 % möglich [37, 36, 46, 35, 42].

DEXA-Studien und Finite-Elemente-Analysen insbesondere auch für Kurzschaftprothesen zeigen, dass der größte Umbau in den ersten 3 bis 6 Monaten nach Operation stattfindet und nach einem Jahr ein Plateau erreicht wird [33, 34]. In den folgenden 1 bis 2 Jahren erfolgen nur langsame Anpassungen.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass der MiniHip-Schaft in den ersten 3 Monaten eine proximal betonte Knochendichteminderung zeigt. In manchen Bereichen nimmt die Knochendichte in den weiteren 3 bis 6 Monaten postoperativ ab; in anderen Bereichen kommt es dann zu einer Konsolidation der periprothetische Knochendichte. Der periprothetischen Knochendichteverlust in den ersten 3–6 Monaten postoperativ deckt sich mit Ergebnissen anderer Studien [46, 1, 48, 12, 17, 40, 34, 31, 62, 44]. Für den initialen Knochendichteverlust nach Implantation der schenkelhalsteilerhaltenden MiniHip scheinen verschiedene Faktoren eine wesentliche Rolle zu spielen:

Ein Grund ist die Kompression der periprothetischen Spongiosa intraoperativ. Auch andere zementfreie Hüftendoprothesen zeigen in den ersten Monaten eine globale -Atrophie [46, 42, 48, 12, 17, 40, 50, 63, 31]. Es können Unterschiede der Knochendichte beim Vergleich prä- zu postoperativ von mehr als 20 % auftreten [35, 33].

Des weiteren muss berücksichtigt werden, dass die Referenzmessung in den ersten 2 Wochen postoperativ stattfindet, wenn durch intraoperative Manipulation sowie fit-und-fill Verankerung die Knochendichte potenziell am höchsten ist. In einer Studie konnte die Dichtezunahme postoperativ insbesondere in den Zonen 2,3 und 5 mit signifikanten Werten nachgewiesen werden [34].

Einen weiteren Faktor stellt die postoperative Immobilisation der Patienten dar; obgleich eine schmerzadaptierte Vollbelastung erlaubt wird, ist allein durch die schmerzbedingte Teilbelastung des Patienten zumindest auch ein Teil der Knochendichteminderung hierdurch mitbedingt [9, 46, 49].

Ein weiterer Gesichtspunkt betrifft den veränderten Kraftfluss nach Prothesenimplantation [21, 19]. Es ist proximal ein größerer Knochendichteverlust als distal zu verzeichnen. Das bedeutet, dass ein „stress shielding“, welches vor allem typisch für die Standardschäfte mit distaler Fixierung ist, bei Kurzschaftprothese nicht gänzlich verhindert werden kann [44]. Die Knochendichteveränderungen von Standardschäften zeichnen sich dadurch aus, dass sie proximal in den Gruen Zonen 1 und 7 eine deutliche Abnahme von 30 % und mehr zeigen, distal hingegen die Knochendichte zunimmt [46, 1, 4, 17].

Den moderaten Knochendichteverlust nach einem Jahr in den proximalen Gruen Zonen Regionen in unserer Unterschung bestätigen Studien anderer schenkelhalsteilerhaltender Kurzschäfte wie die Metha-Kurzschaftprothese [34, 8]. Ebenfalls gute Ergebnisse zeigt die Nanos-Kurzschaftprothese [17, 62, 8]. Aus der Gruppe der schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschaftprothesensysteme schert lediglich der CFP-Schaft mit Knochendichteverlusten von über 30 % in der Gruen Zone 7 aus [31].

Studien mit Standardprothesen zeigen sowohl bei Geradschaftprothese CLS Spotorno (Fa. Zimmer) als auch anatomische Variante mit dem ABG 1 bzw. 2 (Fa. Stryker) insbesondere in Gruen Zone 7 eine wesentlich höhere Knochendichteabnahme als bei dem MiniHip-Schaft [1, 48, 3, 41].

Der Unterschied der Knochendichteabnahme von Kurzschäften im Vergleich zu Standardschäften besteht nicht nur in der geringeren Höhe der Resektion proximal, sondern auch in der Tatsache, dass im Bereich der distalen Gruen Zonenim Gegensatz zu Standardprothesen keine relevante Knochendichtezunahme festzustellen ist. Der geringere distale Knochendichteanbau ist wahrscheinlich die Grundlage dafür, warum der Oberschenkelschmerz bei Kurzschaftprothesen kaum auftrit [5, 11].

Knochendichteabnahmen erlauben keine direkten Rückschlüsse auf die klinischen Ergebnisse. Sowohl der zementfreie Spotorno- als auch der zementfreie Bicontact-Schaft zeigt exzellente klinische Langzeitergebnissen, die denen zementierter Prothesen vergleichbar sind [52, 1, 2, 59]. Aldinger et al. [1] zeigten mit dem Spotorno Schaft bei 7 Jahres-DEXA-Ergebnissenebenfalls den größten Knochenumbau in den ersten 6 Monaten; gegen Ende des 1. Jahres wurde eine Plateau–Phase erreicht. In den Folgejahren setzte sich der Knochenabbau fort. Manche Autoren zeigen zwischen dem 1. und 3. Jahr eine geringe Remineralisation [39, 47, 58]. Interpretiert wird dies mit einer guten Osteointegration, mechanischem Kraftfluss der Prothese sowie Wiederaufnahme der körperlichen Aktivität. Die progressive Abnahme der Knochendichte in den proximalen Gruen Zonen im Langzeitverlauf ist am ehesten als Folge des stress shieldings zu interpretieren, vor allem wenn diese mit einer begleitenden distalen Hypertrophie assoziiert ist. Entsprechend des Wolff’schen Transformationsgesetzes (1892) [60] bewirkt Belastung eine Zunahme der Knochenfestigkeit, während Entlastung zum Abbau führt.

Das Schicksal einer zementfrei implantierten Kurzschaftprothese hängt im Wesentlichen von den Prozessen an der Knochen-Implantat-Grenze ab. D abei ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Einheilung eine einwandfreie Primärstabilität [26]. Ein weiterer Einflussfaktor scheint die Schaftgröße zu haben, die eine signifikante negative Korrelation zur Knochendichteveränderung in Gruen Zone 1 aufweist. In der Gruen Zone 7 ist zumindest die gleiche Tendenz erkennbar. Hier ist die Studienlage zum Teil different. Während einige ebenfalls diesen Zusammenhang nachweisen konnten [15, 16, 61, 53], gibt es auch Studien, die keinen Zusammenhang zwischen Schaftgröße und Knochenabbau herstellen konnten [1, 33].

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