Übersichtsarbeiten - OUP 04/2023

Welche Vorteile bietet der Schenkelhals-teilerhaltende Kurzschaft in der Hüftendoprothetik?

Lars Victor von Engelhardt, Jörg Jerosch

Zusammenfassung:
Knochensparende, Schenkelhals-teilerhaltende Kurzschäfte finden in den letzten Jahren zunehmende Verbreitung. Mit gutem Grund: Sie vereinfachen mit der kalkar-geführten Einbringung minimal-invasive Implantationstechniken und erlauben so eine äußerst muskel- und weichteilschonende Operation. Vor allem aber ermöglichen sie auch bei eher steil oder stark varisch stehenden Hüften eine individuelle Rekonstruktion der Gelenkgeometrie. Dieser Erhalt der Hüftanatomie einschließlich der hüftführenden Muskulatur ist für eine rasche, schmerzarme Rehabilitation und gute funktionelle Langzeitergebnisse entscheidend. Das kalkar-geführte Design der Kurzschäfte erzielt im metaphysären Bereich eine Verkeilung in allen 3 Ebenen. Dies ermöglicht eine hohe Primärstabilität. Der wesentliche Vorteil dieser proximalen metaphysären Verankerung ist aber in den Langzeitergebnissen zu suchen. So vermeidet die physiologische Knochenbelastung im proximalen Femur gegenüber einer tiefen Krafteinleitung in der Diaphyse das ansonsten zu beobachtende Stress Shielding mit einem deutlichen Knochenabbau im oberen Femur. Typische Langzeitprobleme der konventionellen Hüftendoprothetik wie Osteolysen, Prothesenlockerungen, eine Devitalisierung des Knochens mit Schäden der hier ansetzenden Muskulatur etc. werden daher mit proximal verankerten Kurzschäften reduziert. Daher hat der partiell Schenkelhals-erhaltende Kurzschaft nicht nur im Rahmen der Operation, sondern insbesondere im Langzeit-Follow-up muskel- und knochenschonende Eigenschaften. Dies bestätigt sich anhand guter osteodensitometrischer, konventionell radiologischer und funktioneller Langzeitergebnisse.

Schlüsselwörter:
Primärer Hüftgelenkersatz, Kurzschaftendoprothetik, partiell Schenkelhals-erhaltender Schaft, Gelenkgeometrie, minimal-invasive Chirurgie

Zitierweise:
von Engelhardt LV, Jerosch J: Welche Vorteile bietet der Schenkelhals-teilerhaltende Kurzschaft in der Hüftendoprothetik?
OUP 2023; 12: 0144–0149
DOI 10.53180/oup.2023.0144-0149

Summary: Bone-sparing, partial femoral neck-preserving short stem arthroplasties are increasingly used in
recent years. This is with good reason, as the calcar-guided insertion of the stem facilitates minimally-invasive surgical techniques, reducing damage to muscles and soft tissue. Foremost, they enable an individualized
reconstruction of the joint geometry, also in cases of severe valgus or varus hip deformities. The preservation of the hip anatomy as well as its associated muscle groups is crucial for a rapid, painless rehabilitation and good functional long-term results. The calcar-guided design of the short stems achieves a positioning and reliable 3-dimensional interlocking of the implant within the metaphyseal bone. This enables a good primary stability of the implant. The main advantage of proximal metaphyseal anchoring is found in the long-term results. The physiological bone load within the proximal femur avoids a stress shielding with its typical bone loss within the proximal femur, which is regularly noted in diaphyseal anchored conventional stems. Typical long-term problems of conventional hip arthroplasties, such as osteolyses, loosening of the prosthesis, a devitalization of the bone with damages to the attached muscles, etc. are reduced by proximally anchored short stems. Therefore, good muscle- and bone-sparing characteristics of the partial neck retaining short stem are noticed not only during surgery but more particularly in the long-term follow-up. This is confirmed by good osteodensitometric, conventional radiological and functional long-term results.

Keywords: Primary hip arthroplasty, short stemmed endoprothesis, partiel neck-retainig stem, joint geometry, minimally-invasive surgery

Citation: von Engelhardt LV, Jerosch J: What are the advantages of the partial femoral neck-retaining short stem in hip arthroplasty?
OUP 2023; 12: 0144–0149. DOI 10.53180/oup.2023.0144-0149

L. V. von Engelhardt: Fakultät für Gesundheit, Private Universität Witten/Herdecke & Landesklinikum Horn, 3580 Horn, Österreich

J. Jerosch: Medizinisches Wissenschafts- und Gutachten-Institut Meerbusch

Einleitung

Um die Ziele der Hüftendoprothetik zu verstehen, ist es sinnvoll, die Fragen der Patientinnen und Patienten im Auge zu behalten. Junge und ältere Patientinnen und Patienten fragen danach, ob sie nach der Operation wieder in ihre Aktivitäten zurückkommen oder welche sie nach der Implantation ausführen dürfen. Wesentlich ist zudem die Frage, wie lange die Erfolge anhalten. Ziele der Hüftendoprothetik sind demnach eine gute Hüftfunktion und die maximale Haltbarkeit der Versorgung. Um dies zu ermöglichen, sind muskelschonende, minimal-invasive Implantationstechniken, ein Erhalt der Gelenkgeometrie und eine gute biologische Kompetenz und die damit einhergehende Langzeitstabilität des Implantates entscheidend.

Gelenkgeometrie –
„form follows function“

Ein wesentlicher Punkt zum Erzielen einer schmerzfreien und uneingeschränkten Alltagsfunktion ist die Gelenkgeometrie. Wird die ursprüngliche Gelenkgeometrie nicht wieder hergestellt, kann dies mit erheblichen Problemen wie einer reduzierten Kraft der hüftführenden Muskulatur, einer schmerzhaft veränderten Weichteil- und Muskelspannung, Überlastungsbeschwerden der Muskulatur, einem Impingement mit reduzierten Bewegungsumfang, einem gestörten Gangbild und auch mit einem erhöhten Abrieb des Gelenkes einhergehen [2, 23, 29, 34, 42].

Bei der tiefen Schenkelhalsresektion und diaphysären Verankerung folgt die Orientierung des Schaftes der Femurdiaphyse, sodass die individuelle Ausgangsituation von Offset und Anteversion oft nicht adäquat erreicht wird (Abb 1a, b). Bei vielen konventionellen Schaftprothesen sowie den tief verankerten Kurzschäften ist die individuelle Rekonstruktion der Gelenkgeometrie daher auch bei regelrechter Implantationstechnik nicht sichergestellt [22, 34]. Letztlich ist bei den tiefen Femurosteotomien zur Wiederherstellung der Gelenkgeometrie nur noch eine sog. “Bottom-up-Strategie“ möglich. Die ist bei Prothesensystemen möglich, die im oberen Anteil eine große Anzahl unterschiedlicher Formen enthalten oder aber modulare Konusvarianten aufweisen. Mit diesen Varianten kann die Hüftgeometrie in einem begrenzten Umfang von unten nach oben wieder aufgebaut werden. Solche modularen Konzepte sind allerdings komplikationsträchtig. So kam es bei der Metha® Prothese (Fa. Aesculap), bei der die standardisierte Resektion durch einen variablen Ko nus ausgeglichen werden kann, häufig zu einem Materialversagen mit Konusbrüchen. Mit den Titankonen fand sich dies in 9,4 % und bei denen später entwickelten Konen aus Cobalt-Chrom in 4,6 % der Fälle [35, 41].

Bei einigen Schenkelhals-teilerhaltenden Kurzschäften wie bspw. der MiniHip (Fa. Corin), dem Optimys (Fa. Mathys), C.F.P., Collum Femoris Preserving- (Fa. Link) oder dem Nanos-Schaft (Smith & Nephew) ist die Rekonstruktion der individuellen Geometrie über einen anderen Weg möglich. Bei der Planung wird zunächst das Rotationszentrum festgelegt und hierauf basierend, der Schaft mit einem guten „fit-and-fill“ eingeplant. Hierdurch ergibt sich die individuelle Osteotomiehöhe (Abb. 2b). Hierbei bedarf eine Valgushüfte meist einer eher tieferen Resektion. Dies erhöht den CCD-Winkel und reduziert das Offset (Abb. 2a, d, e). Bei einer Varushüfte liegt die Resektion höher, bzw. näher am Kopf, womit sich auch das Offset erhöht (Abb. 2a, f, g) [22]. Die Schaftpositionierung erfolgt abhängig von der Resektionshöhe des Schenkelhalses und somit entlang der individuellen Anatomie des Schenkelhalses, der harmonisch in den Kalkar übergeht. Dies stellt die geplante Position des Schaftes sicher. Die Einbringung der Impaktoren mit ansteigenden Größen erfolgt entlang des Kalkars. Dieses Schenkelhals-teilerhaltende Vorgehen, basierend auf einem individuellen Resektionsniveau entsprechend der präoperativen Planung, wird als „Top-down-Konzept“ bezeichnet [22, 41]. Die Prothese folgt dem Schenkelhals und im Weiteren dem Kalkar, sodass die individuelle Gelenkgeometrie inkl. Offset aber auch Antetorsion wiederhergestellt wird [21, 27]. Windhagen et al. zeigten, dass Schenkelhals-teilerhaltende Kurzschäfte im Vergleich zu Standardschaftprothesen einen Erhalt der Weichteilbalancierung ermöglichen [45]. Dies passt zu dem vglw. guten klinischen Outcome Schenkelhals-teilerhaltender Prothesen [11, 32, 39].

Auf den ersten Blick sehen Schenkelhals-teilerhaltende Prothesen recht ähnlich aus. Einige Anbieter bieten eine Konuslänge und ein Offset an, welche bei den unterschiedlichen Prothesengrößen nicht genügend zunehmen bzw. gleichbleiben. Dies wird der Anatomie in einigen Fällen nicht gerecht, sodass Beinlänge u./o. Offset dann nicht mehr zuverlässig rekonstruierbar sind. Bei der MiniHip (Fa. Corin) nehmen die Konuslänge und das Offset mit ansteigender Größe des Schaftes sukzessive zu (Abb. 4). Für das „Top-down-Konzept“ ist dies eine wichtige Voraussetzung zur Wiederherstellung der Gelenkgeometrie [22, 39]. So konnte bspw. für die MiniHip und auch für einige andere Schenkelhals-teilerhaltende Endoprothesen eine erfolgreiche Rekonstruktion von Offset und Beinlänge nachgewiesen werden. Die klinischen Ergebnisse waren entsprechend gut [4, 15, 20, 24]. In eigenen Fallserien konnten wir sowohl für Standardsituationen, als auch für Extremsituationen mit ausgeprägten Varus- oder Valgushüften eine vglw. präzise Rekonstruktion der Geometrie nachweisen [20].

Knochenerhalt und
Primärstabilität

Die konische Form geeigneter kalkar-geführter Kurzschäfte bedarf zur sicheren Positionierung nur einer vglw. kurzen Knochenstrecke, wobei der Trochanter major vollständig geschont wird. Die Verklemmung erfolgt im metaphysären Knochen bis hin zum Schenkelhals. Dies zeigt sich röntgenologisch an 3 Punkten. Man spricht von einer metaphysären Drei-Punkt-Verankerung (Abb. 2b, c). Dies verhindert, im Gegensatz zum diaphysär verankerten Geradschaft, eine postoperative axiale Migration und sichert zudem eine vglw. hohe Rotationsstabilität [7, 8, 24]. Vorausgesetzt, es besteht also ein guter Sitz bzw. ein vglw. gutes press-fit, zeigen diese Implantate eine hohe Primärstabilität [13]. Zusammenfassend führt die Schenkelhals-teilerhaltende Implantationstechnik, das geschwungene, den trochantären Knochen schonende Design und die kurze Implantationsstrecke zu einem wesentlichen Knochenerhalt bei dennoch ausgesprochen hoher Primärstabilität [7]. Einige Implantate wie bspw. die MiniHip, weisen eine Doppelbeschichtung aus einer rauen, die Oberfläche vergrößernde Reintitanschicht und einer hierauf aufgetragenen Hydroxyapatiteschicht auf (Bi-coatTM). Zusammen mit einer hohen Primärstabilität unterstützt diese Doppelbeschichtung eine rasche Osteointegration und damit das knöcherne Einwachsen des Implantates [9].

Sekundärstabilität und
Dauerhaftigkeit der
Versorgung

Viel wichtiger ist jedoch der Knochenerhalt im Laufe der weiteren Jahre. Der Knochenerhalt bzw. die Knochendichte bei einliegender Endoprothese wird auch als osteologische Kompetenz des Implantates bezeichnet. Hierbei führt ein langfristiger Knochenerhalt mit einer hohen periprothetischen Knochendichte zu einer hohen Sekundärstabilität und damit zu einer dauerhaften Standzeit der Prothese. Die periprothetische Knochendichte kann sowohl mittels Röntgenuntersuchung und vglw. genau anhand von DEXA-Messungen, „Dual Energy X-ray Absorptiometry-Methode“, bestimmt werden.

Betrachtet man die Knochendichte bei den konventionellen Schäften im Langzeitverlauf, finden wir besondere Verhältnisse. Da diese Prothesen weiter distal im Schaft verklemmen, erfolgt die Krafteinleitung weiter distal als bei den Kurzschäften. Als Folge der distalen Krafteinleitung kommt es entsprechend dem Wolffschen Transformationsgesetz in den weiter oben gelegenen metaphysären Abschnitten des Femurs zu einer relevanten Knochenatrophie [46]. So wurde bspw. für den CLS Spotorno (Zimmer-Biomet), den Hipstar (Stryker) und den Zweymueller Schaft (SL-Plus®-Plus Orthopedics AG) eine Knochenhypertrophie in den distalen Zonen und ein ausgeprägter Knochenverlust in den proximalen Knochenzonen nachgewiesen [6, 30]. Diese typischen Befunde einer unphysiologischen, distalen Krafteinleitung mit dem einhergehenden proximalen Stress-Shielding kann man oft auch radiologisch gut erkennen (Abb. 1c). Dies kann mit Schmerzen im Bereich der Prothese, einer Schaftlockerung sowie periprothetischen Frakturen bei vglw. geringen Traumata führen. Intraoperativ sehen wir in ausgeprägten Fällen, bspw. bei Revisionen oder periprothetischen Frakturen, einen erheblichen Knochenverlust rund um das Implantat, teilweise nur noch Knochenschalen sowie nackte Knochenoberflächen im Bereich der ehemals am Trochanter ansetzenden Muskulatur.

Schenkelhals-teilerhaltende Prothesen verankern hingegen im Bereich der Metaphyse bis in den Schenkelhals hinein. Diese weiter oben gelegene Belastung entspricht weit mehr der ursprünglichen Situation. Man spricht von einer physiologischen proximalen Krafteinleitung. Eine Finite-Elemente-Analyse konnte eine solche physiologische proximale Krafteinleitung und eine Verminderung der unerwünschten distalen Krafteinleitung auch nachweisen [47]. Dies hat Auswirkungen auf den periprothetischen Knochen. So reduziert die physiologische Kraftübertragung das bei den konventionellen Schaftendoprothesen zu beobachtende Stress Shielding mit dem proximalen Knochenverlust um ein Vielfaches. Eigene Knochendichtemessungen nach 2 und 5 Jahren sowie Langzeit-Röntgenuntersuchungen 10 Jahre nach Implantation eines Schenkelhals-teilerhaltenden Kurzschaftes (MiniHip, Fa. Corin) konnten dies nachweisen. In der Trochanterregion zeigte sich nach 5 Jahren in den DEXA-Messungen sogar eine leichte Zunahme der Knochendichte [14, 19, 39]. Weitere Untersuchungen für andere Schenkelhals-teilerhaltende Kurzschäfte zeigen eine ebenso verringerte bzw. allenfalls noch minimale Knochendichteminderung in den proximalen Knochenzonen [10, 24, 25, 32, 48]. Basierend auf diesen radiologischen und osteodensitometrischen Daten scheint eine physiologische, proximale Krafteinleitung einen äußerst positiven Effekt auf den periprothetischen Knochenerhalt und damit auf die Standzeit der endoprothetischen Versorgung zu haben. Dies erklärt Studienergebnisse, die für entsprechende Kurzschäfte eine deutlich niedrigere Inzidenz eines Schaftschmerzes am Femur nachweisen konnten [5]. Am wichtigsten sind allerdings die Standzeiten. Sowohl Metaanalyse als auch erste Registerdaten aus Deutschland, Australien und der Schweiz zeigen für Schenkelhals-teilerhaltenden Kurzschäfte im Vergleich zu den Standardschäften eine verminderte Revisionsrate mit exzellenten Standzeiten im Langzeit-Follow-up [3, 17, 26, 36]. Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Erzielung einer maximalen Haltbarkeit der Versorgung sind Verbesserungen in der Gleitpaarung. Etabliert haben sich besonders gehärtete Keramik-Keramik-Gleitpaarungen sowie Paarungen aus einer Keramik und einem ultrahochvernetzten Kunststoff (HXPE) [12]. Entsprechend moderne Gleitpaarungen zeigen einen minimalen Abrieb und wiederum exzellente Langzeitergebnisse [18, 31, 38].

Muskelschonende, minimal-invasive Implantation

Wesentliches Ziel dieser minimal-invasiven Techniken ist die Schonung der Glutealmuskulatur. Gelingt dies nicht, kann es zu einem einseitigen Absinken des Beckens, Gangstörungen und belastungsabhängigen Muskelschmerzen kommen [43]. Liegen ausgeprägte Schäden nach der Operation vor, kann es sogar zu einem Ausrenken der Hüftendoprothese kommen. Gelegentlich bieten wir in Fällen mit deutlichen Beschwerden zur Verbesserung der muskulären Situation einen Gluteus-maximus-Transfer an. Dies kann in solchen Fällen zu einer Verbesserung der Symptomatik führen [28, 43, 44].

Im Gegensatz zu konventionellen Schaftprothesen, bei denen der Schaft von weit dorsolateral eingebracht wird, erfolgt die Schaftpositionierung des abgerundeten Kurzschaftes entlang des Kalkars. Das Aufraspeln und Einschlagen der Impaktoren sowie des Implantates erfolgt „around the corner“ entlang der medialen Schenkelhals-Kalkar-Kurvatur (Abb. 3c). Daher erlaubt diese Implantationstechnik, egal welcher Zugang bevorzugt wird, eine vollständige Schonung der Trochanterregion mit den hier ansetzenden Muskeln. Im Vergleich zur herkömmlichen Operationstechnik wird somit der M. gluteus medius, der wichtigste Stabilisator der Hüfte, vollständig geschont. Somit erlauben kalkar-geführten Kurzschäfte eine wesentliche Vereinfachung bei der Anwendung muskelschonender, minimal-invasiver OP-Techniken.

In Deutschland haben sich beim Einsatz einer Hüftprothese v.a. der ALMIS-Zugang (Antero Lateral Minimal Invasive Surgery) in Rücken- oder Seitenlage und der AMIS-Zugang (Anterior Minimal Invasive Surgery) als minimal-invasive Zugänge etabliert. Der ALMIS-Zugang nutzt die natürliche Muskellücke zwischen dem Musculus gluteus medius und dem Musculus tensor fasciae latae, wohingegen beim AMIS-Zugang die Muskelbäuche des M. tenso fascia latae und M. rectur femoris über dem Hüftgelenk zur Seite geschoben werden, ohne sie zu durchtrennen oder abzulösen. Wir bevorzugen den ALMIS-Zugang mit einem kurzen Hautschnitt von vorne seitlich, wobei der Hautschnitt zu zwei Drittel oberhalb und einem Drittel unterhalb der Trochanterspitze verläuft (Abb. 3a, b). Wesentlicher Vorteil dieser Technik ist die Möglichkeit einer schonenden chirurgische Luxation. Die Luxation erfolgt dabei nach der Kapselresektion unter Traktion, Adduktion und Außenrotation unter Zuhilfenahme eines Luxationslöffels. Dies erlaubt die Darstellung der Fossa piriformis als konstante und wesentliche Landmarke für die so wichtige, präzise Schenkelhalsresektion (Abb. 1a, b). So kann die geplante Resektionsebene, im Gegensatz zur in-situ-Resektion des Schenkelhalses, vglw. sicher gefunden werden. Auch der AMIS-Zugang ermöglicht ein muskelschonendes Vorgehen. Allerdings ist zu erwähnen, dass der AMIS-Zugang in einer Studie mit über 6000 Patientinnen und Patienten eine im Vergleich zu anderen Zugängen signifikante, doppelt erhöhte Infektrate aufweist [1]. Eine Metaanalyse belegte für den AMIS-Zugang nur bei Patientinnen und Patienten mit einem BMI ? 35 eine signifikant höhere Infektrate [33]. Eine andere Metaanalyse konnte diese Ergebnisse nicht nachweisen [37]. Somit ist die Frage des Risikos einer periprothetischen Infektion kontrovers zu sehen. Beide minimal-invasiven Zugangswege haben letztlich ihren Stellenwert. Wesentlich ist, dass kalkar-geführte Kurzschäfte minimal-invasive, muskelschonende Implantationstechniken erleichtern.

Fazit

Zusammenfassend ermöglichen Schenkelhals-teilerhaltenden Kurzschäfte eine individuelle Rekonstruktion der Gelenkgeometrie. Unserer Erfahrung nach gelingt dies auch bei schwierigen anatomischen Situationen wie bspw. bei schweren Dysplasien, angeborenen oder posttraumatischen Deformitäten etc. Die individuelle Rekonstruktion der Gelenkgeometrie ermöglicht eine uneingeschränkte Funktion der gesamten hüftführenden Muskulatur. Dies ermöglicht eine rasche, schmerzarme Rehabilitation und überzeugende Langzeitergebnisse mit einer uneingeschränkten Funktion auch im sportlichen Alltag [20, 22, 39, 40]. Die versetzte Verkeilung in allen 3 Ebenen erlaubt eine hohen Primärstabilität und eine physiologische proximale Krafteinleitung. Dies vermeidet den ansonsten bei konventionellen Schäften zu beobachtenden Knochenabbau im oberen Femur. Insbesondere die Langzeitergebnisse, wonach die klinischen und radiologischen Outcome-Ergebnisse im Follow-up von über 10 Jahren sowie die Knochendichtewerte nach über 5 Jahren noch keinerlei Anzeichen eines Versagens der endoprothetischen Versorgung anzeigen, sind vielversprechend. Ähnliche Ergebnisse sind bei der Verwendung von Standardschäften nicht zu finden. Voraussichtlich vermeidet der proximal verankerte Kurzschaft typische Langzeitprobleme konventioneller Schaftprothesen in einem erheblichen Ausmaß.

Interessenkonflikte:

L.V. von Engelhardt: Aufwandsentschädigungen für Vorträge und Einsätze als Instruktor bei Operationskursen von der Firma Corin.

J. Jerosch: Beraterhonorare von den Firmen Corin und Implantcast; Aufwandsentschädigungen für Vorträge und Einsätze als Instruktor von der Firma Corin.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Lars Victor

Baron von Engelhardt

Landesklinikum Horn

Spitalgasse 10

A-3580 Horn

Österreich

larsvictor@hotmail.de

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