Informationen aus der Gesellschaft - OUP 12/2013

Zu Gast bei orthopädischen Exzellenzzentren in England, USA und Kanada
Die Austrian-Swiss-German (ASG) Fellowship-Tour 2013

Das diesjährige ASG-Fellowship wurde erstmals mit dem AOA-Meeting und der kurz darauf folgenden Jahrestagung
der kanadischen Orthopädiegesellschaft (COA) verbunden, sodass der Reisezeitraum der ASG-Fellowship-Tour 2013
zwischen Mai und Juli lag. Aus dem Bewerberkreis wählten die nationalen Stipendienkommissionen für 2013 PD Dr. Rainer
Biedermann, Universitätsklinik Innsbruck, Prof. Dr. Andreas Niemeier, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, PD Dr. Fabian von Knoch, Schulthessklinik, Zürich und PD Dr. Tobias Renkawitz, Universitätsklinik Regensburg.

Am 27. Mai 2013 trafen sich alle 4 Fellows zum Start ihrer Reise in London. Die britische Hauptstadt begrüßte sie mit strahlendem Sonnenschein und einem Banking Holiday und so wurde der erste Tag für eine Sightseeing-Tour im Zentrum Londons genutzt. Am darauf folgenden Morgen begrüßte Prof. Fares Haddad, Direktor der orthopädischen Abteilung am University College of London, die Fellows in den OP-Sälen des privatärztlichen Princess Grace Hospital und demonstrierte in schneller Abfolge eine Reihe von VKB-Rekonstruktionen und meniskusadressierenden OP-Techniken (Abb. 1). Der Nachmittag bot Gelegenheit zu weiterem fachlichem Dialog über periazetabuläre Osteotomien und Hüftarthroskopien, diesmal allerdings mit einem zeitlich eher entspannten OP-Ablauf im öffentlichen University College Hospital (UCL). Es folgte im neu eröffneten Londoner „Institute of Sport, Exercise & Health“ ein intensiver, bis in die Abendstunden reichender wissenschaftlicher Austausch mit den englischen Kollegen der orthopädischen Abteilung, wobei die Fellows erstmals Gelegenheit hatten, ihre eigenen Forschungsergebnisse zu präsentieren, was sich im Laufe der nächsten 6 Wochen zu einer Routine entwickeln sollte. Als aktueller Editor-in-Chief des Bone and Joint Journals (BJJ; vormals JBJS [Br]) hatte Fares Haddad am folgenden Tag eine beeindruckende Führung durch das Head Office des BJJ in der Buckingham Street in London Downtown organisiert. Eine besondere Freude war es dabei, in einer exklusiven Besprechungsrunde mit Editor Emeritus James Scott, Redaktionsleiterin Emma Vodden und Fares Haddad, Näheres über die Geschichte, aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und die zukünftige Ausrichtung des BJJ als eine der global bedeutendsten orthopädischen Fachzeitschriften zu erfahren.

Die 2. Station der Englandreise war Nottingham, das die Fellows mit der British Railway erreichten (Abb. 2). In der Heimat Robin Hoods beeindruckten neben dem seit 1189 bestehenden ältesten Pub Englands (Ye Old Jerusalem) auch die beiden Gastgeber Prof. Angus Wallace und Mr. Peter James durch ihre im OP demonstrierte Expertise im schulter- bzw. knieendoprothetischen Bereich. Das Queens Hospital ist ein hoch spezialisiertes Zentrum, in dem jährlich über 900 Polytraumapatienten und ca. 16.000 unfallchirurgische Eingriffe durchgeführt werden. Damit stellt es ein Beispiel für die im Vereinigten Königreich zunehmend weit gefasste Zentralisierung der Versorgung von traumatologischen Patienten dar. Im Gegensatz dazu werden im baulich etwas veralteten City Hospital nahezu ausschließlich elektive orthopädische Eingriffe durchgeführt. In dem historischen Gebäude reflektiert das Fortbestehen von sog. Nightingale Wards, auf denen bis zu 20 Patienten in einer großen Patientenhalle ohne Trennwände liegen, einen gewissen Investitionsstau im englischen Krankenhaussystem. Das fungierte für die Fellows durchaus als „eye-opener“, zumal diese Verhältnisse für Patienten der ASG-Länder schlichtweg nicht mehr vorstellbar sind. Die offensichtliche hohe Motivation und das durchweg gepflegte Erscheinungsbild des orthopädischen Pflegepersonals erschienen im Gegensatz dazu überdurchschnittlich. Auch erfuhren die Fellows in den historischen Räumen, dass die Anrede „Mr.“, das traditionellerweise Chirurgen vorbehalten ist, sich von den Barbieren ableitet, die ihre chirurgische Tätigkeit und Lehre vom herkömmlichen „Dr.“ abgrenzten und sich auch als hierarchisch übergeordnet ansehen. Eine Fahrt im 70 Fuß langen „narrow boat“ mit Angus Wallace in den traditionellen Kanälen der Midlands war ein abschließendes soziales Highlight eines herausragenden Aufenthalts in England, der den Fellows einen tiefen Einblick in ein System gewährte, das vergleichsweise weniger in die Infrastruktur, dafür umso mehr in die Ausbildung junger orthopädisch-traumatologischer Kollegen zu investieren scheint.

Nach einem ruhigen Transatlantikflug von Birmingham nach Chicago begrüßte Prof. Terrance Peabody, Chairman der Orthopädischen Abteilung an der Northwestern University Chicago und zu der Zeit amtierender Präsident der AOA die Fellows am Flughafen (Abb. 3). Terry Peabody’s großes zeitliches Engagement, seine charismatische und gleichzeitig sehr nahbare Persönlichkeit, das hohe fachliche und wissenschaftliche Niveau der orthopädischen Abteilung und der beeindruckende, für Chicago typischerweise mehr vertikal als horizontal ausgerichtete Campus der Northwestern University und Feinberg School of Medicine ließ die Fellows sehr schnell zu der Überzeugung kommen, dass es sich hier um eine zukunftsorientierte Abteilung handelt und dieser Besuch eines der Highlights der Reise werden würde. Für die mitteleuropäischen Gäste ungewöhnlich und für jeden Besucher an Ehrentafeln der Sponsoren erkenntlich, war der große Anteil privater Spender am Bau des Krankenhauskomplexes, der im Falle vom Ann & Robert H. Lurie durch einen Beitrag von über 100 Millionen US$ zur Namensgebung des Children’s Hospital of Chicago führte, in dem auch die beeindruckende kinderorthopädische Abteilung in 3 parallelen Sälen operiert (Abb. 4). Beispielgebend für die noch folgenden Erfahrungen ihrer Reise erfuhren die Fellows, wie groß der Stellenwert des akademischen Austauschs und auch die Wertschätzung gegenüber den deutschsprachigen Gästen ist, als nahezu die gesamte orthopädische Fakultät einschließlich der Fellows, Residents und Studenten bei der akademischen ASG-Sitzung in Chicago anwesend war. Zumindest ein Teil der Neugierde dürfte bei den Kollegen auch durch den im Vorfeld von Terrance Peabody ausgesandten Flyer entstanden sein, in dem neben den Lebensläufen der Fellows und dem akademischen Programm des Abends auch die Geschichte des ASG-Fellowships beschrieben wurde.

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