Informationen aus der Gesellschaft - OUP 12/2013

Zu Gast bei orthopädischen Exzellenzzentren in England, USA und Kanada
Die Austrian-Swiss-German (ASG) Fellowship-Tour 2013

Nach einem Abend in der Skybar mit Aussicht aus dem 94. Stockwerk über die Skyline Chicagos änderte sich die Sicht auf Amerika schlagartig aus dem Oberdeck des Amtrak-Zugs über die Kornfelder des Mittleren Westens nach Springfield, IL. Der Abstecher in die Heimat des Bürgerkriegspräsidenten Lincoln war in erster Linie ein akademischer. Den Fellows wurde die Ehre zuteil, als diesjährige „E. Shannon Stauffer Visiting Professors“ des Departments ausgezeichnet zu werden: ein besonderes Event mit Vorträgen der Fellows, sowie im Rahmen des darauf folgenden Galadinners die Überreichung der Abschlussdiplome durch den Gastgeber Prof. Khaled Saleh an die orthopädischen Graduierten des Jahrgangs der Southern Illinois University School of Medicine sowie die Visting-Professor-Urkunden an die Fellows.

Erneut über Chicago erreichten die Fellows anschließend die politische Heimat des 42. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, William Jefferson „Bill“ Clinton in Little Rock, Arkansas. Am Abend der Anreise wurde den europäischen Gästen ein herzlicher und sehr persönlicher Empfang im Hause des Chairman Prof. Richard Nicholas gemeinsam mit Fakultätsmitgliedern und Ehepartnern bereitet. Der folgende Samstag war dem akademischen Austausch gewidmet. Bei dem eigens organisierten Symposium war in mittlerweile gewohnter Manier nahezu die gesamte orthopädische Abteilung anwesend. Begleitet von den Residents der Abteilung, bestiegen die ASG-Fellows am nächsten Tag den 1000 Fuß hohen „Pinnacle Mountain“, der eine fantastische Aussicht auf den Michigan River und die hügelige bewaldete Region um Little Rock bot, bevor der Sonntagnachmittag auf einer Anlage mit Schießübungen mit großkalibrigen Waffen einen für europäische Verhältnis eher ungewöhnlichen Ausklang fand. Einer der amerikanischen Kollegen prägte den Ausspruch „If you don’t know the Midwest, you don’t know the United States“, und es war spätestens hier, als dies gelebte Realität wurde. Auch in Arkansas gab es danach zu Beginn der neuen Woche für die Fellows ausreichend Gelegenheit zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch im OP bei James Aronson/Dale Blasier im Arkansas Childen’s Hospital, sowie bei dem revisionsendoprothetisch geprägtem Präsidenten der Orthopaedic Society of Arkansas Larry Barnes im St. Vincent’s Hospital.

Die diesjährige Jahrestagung der American Orthopedic Association (AOA) fand am Fuße der Rocky Mountains, in Denver, Colorado statt. Dabei trafen die ASG-Fellows bereits bei der Ankunft am Flughafen auf die Reisegruppe der Japanese Orthopaedic Association (JOA). Gemeinsam waren beide Fellowship-Gruppen Gäste an der University of Colorado bei Prof. Evelina Burger und Chairman Prof. Robert d´Ambrosia. Ein eintägiges wissenschaftliches Symposium unter Beteiligung von insgesamt 6 Fachgesellschaften (AOA/AAOS/ASG/JOA), intensive Gespräche mit den Kollegen vor Ort und die Vielzahl der gesehenen OP-Verfahren (Wirbelsäulen-Navigation, Oberflächenersatz, Hüftrevisionen, Knierevisionen) machte auch den Aufenthalt in Denver zu einem einzigartigen Erlebnis. (http:// www.ucdenver.edu/academics colleges/medicalschool/departments/ Orthopaedics/Pages/pressrelease-AOSSM.aspx).

Das darauf folgende AOA-Meeting in Downtown Denver stellte für die Fellows eine bisher in dieser Form unbekannte Art eines Kongresses dar. Am besten ist es wohl durch sein Motto „leadership elevated“ charakterisiert und auf Politik, Networking und „leadership development“ ausgerichtet. Sämtliche in der US-amerikanischen Orthopädie politisch aktiven Protagonisten waren anwesend, ebenso wie fast alle „residency program directors“ und die Präsidenten der britischen, der südafrikanischen, der neuseeländischen und der australischen orthopädischen Fachgesellschaften. Wissenschaftliche Papers und Posters nahmen nur einen kleinen Teil im Programm ein. Der eigentliche Austausch besteht vor allem in Form von „key lectures“ von „stakeholders“ zu den „hot topics“ in der Orthopädie und ein gewichtiger Teil des Programms ist den Herausforderungen von orthopädischen Chirurgen in Führungspositionen gewidmet. Flankierend werden zukünftige Chefärztinnen und Chefärzte von Top-Referenten aus den gesamten USA im Zeit-, Personal- und „work-life“-Management geschult. Auch an diesen ganz praktischen Unterweisungen abseits der klassischen Fachmedizin nahmen die Fellows mit Begeisterung teil. Wissenschaftliche Kernthemen des AOA-Kongresses 2013 waren die Integrität in der Wissenschaft, Standardisierungen in der Orthopädie, die Assistentenausbildung und das grundlegende Verhältnis zwischen Arzt und Industrie. Auch bei dem AOA-Meeting in Denver wurde den ASG-Fellows besondere Wertschätzung entgegengebracht. Neben einer namentlichen und individuellen Begrüßung im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung gab es, organisiert von dem AOA-ASG-Fellowship-Koordinator aus New York, Prof. Richard Iorio, eine Vielzahl offizieller Fellowship-Empfänge mit der Möglichkeit zum persönlichen Austausch mit dem Vorstand der AOA und Meinungsbildnern aus den gesamten USA.

Gemeinsam mit der Kinderorthopädin und US-amerikanischen ASG-Alumna Prof. Susan Scherl flogen die Fellows dann zu ihrer nächsten Station in Omaha, Nebraska. Mit dem dortigen orthopädischen Chair und Vorstandsmitglied der amerikanischen Hip Society, Prof. Kevin Garvin, besuchten die Fellows am Folgetag ein Baseballspiel der „College World Series“ und bekamen vor großer Kulisse unmittelbar am Spielfeldrand einen einzigartigen Eindruck von dieser amerikanischen Volkssportart. Am folgenden Montag präsentierten die Fellows in mittlerweile schon gewohnter Manier vor der gesamten Faculty im Rahmen der „grand rounds“ ihre Forschungsergebnisse und teilten sich in Folge auf, um ihrer Spezialisierung entsprechend die „attending surgeons“ in die Operationssäle zu begleiten. Eine abschließende Tour durch das Biomechaniklabor in Omaha bot die Gelegenheit, tribologische Testverfahren und Forschungsentwicklungen in orthopädischen Navigationsverfahren im Detail kennenzulernen. Wie an allen Stationen, so bot auch hier ein abendliches Fakultätsdinner die Möglichkeit zu einem persönlichen Kennenlernen und vertiefenden Gesprächen.

Der nächste Tag führte die Fellows in einer 5-stündigen Autofahrt nach Iowa City. Die orthopädische Abteilung genießt aufgrund ihres engagierten akademischen Ausbildungsprogramms einen hervorragenden Ruf unter den US-amerikanischen Assistenzärzten. Für die jährliche Neuaufnahme von 4 neuen Assistenzärzten liegen zumeist mehr als 400 Bewerbungen vor. Gegründet wurde die orthopädische Abteilung Iowas von dem Wiener Arthur Steindler, der 1915 zum ersten Professor für orthopädische Chirurgie in Iowa bestellt wurde. Er leitete die Abteilung über 34 Jahre und war auch ein Lehrer von Ignacio Ponseti. Mit dem ASG-Alumni und Gastgeber Professor Larry Marsh sowie Professor Stuart L. Weinstein, die sich beide bereits in den Anfangsjahren des Fellowships sehr um den Austausch zwischen deutschsprachigen und nordamerikanischen orthopädischen Chirurgen verdient gemacht haben, stellt die orthopädische Universitätsklinik Iowa in gewisser Weise die Wiege des „amerikanischen ASG-Stipendiums“ dar. Die Vorträge im Rahmen der Grand Rounds ab 6:30 Uhr sowie die anschließenden Besuche der Klinik mit dem hervorragend ausgestatteten Biomechaniklabor und dem biochemischen Laborbereich, mit jeweils einer Vortragssitzung und wissenschaftlichen Diskussion zeigten auf, wie außergewöhnlich erfolgreich die gut koordinierte Zusammenarbeit zwischen Grundlagenwissenschaften und Klinik in Iowa organisiert wird. Die Faculty ist dabei durchwegs mit international bekannten Meinungsbildnern besetzt und so kooperieren mehrere starke Chefarztpersönlichkeiten an der orthopädischen Abteilung der Universität in Iowa nebeneinander. Der eigentliche Abteilungsleiter übernimmt neben seinem eigenen Fachbereich eher eine übergeordnete Management-Funktion ohne herausgehobene Hierarchie.

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