Übersichtsarbeiten - OUP 09/2015

5-Jahres-Ergebnisse eines neuen biodegradierbaren Implantats für die Behandlung des Hallux rigidus
Eine prospektive randomisierte StudieA prospective randomized study

Kathryn Hassel1, Sabine Mai1, Burkhard Mai1

Zusammenfassung: Die rheumatoide Arthritis sowie die fortgeschrittene Arthrose können zu schweren Deformierungen und Mutilationen an den Füßen führen. Folge ist häufig ein Schmerz kombiniert mit Bewegungseinschränkungen und Funktionsverlust der Großzehe. Die Langzeitergebnisse der Endoprothetik sind nach wie vor nicht zufriedenstellend.

Primäres Ziel dieser Studie war es, die Sicherheit und Effizienz eines neuen biodegradierbaren Gelenkersatzes (RegJoint) aus PLDLA zu prüfen und mit den bisher gängigen Operationsverfahren (Resektionsarthroplastik, Cheilektomie und Arthrodese) in destruierten Großzehengrundgelenken bezüglich Funktionalität und Schmerzreduktion zu vergleichen. Hierzu wurden nach 5 Jahren 44 Probanden in die Auswertung eingeschlossen. 27 Probanden erhielten das neue Implantat und 17 Patienten eine alternative Operationsmethode (Cheilektomie, Resektionsarthroplastik oder Arthrodese). Die Patienten wurden randomisiert und prospektiv erfasst.

Insgesamt zeigten die Ergebnisse einen allgemeinen Vorteil des Implantats gegenüber der Kontrollgruppe, bei den mittelfristigen Ergebnissen (5 Jahre post OP) in den Bereichen Schmerz, Funktionalität und dem AOFAS-Score von signifikanter Bedeutung (p < 0,001). Für den Nachuntersuchungszeitraum von einem Jahr postoperativ war dies noch nicht zu verzeichnen. Insgesamt gab es postoperativ keine operationsbezogenen Komplikationen.

Schlüsselwörter: Scaffold-Gelenkersatz, Großzehengrundgelenk, Hallux rigidus, resorbierbares Implantat, Polylactid

Zitierweise
Hassel K, Mai S, Mai B. 5-Jahres-Ergebnisse eines neuen biodegradierbaren Implantats für die Behandlung des Hallux rigidus. Eine prospektive randomisierte Studie.
OUP 2015; 9: 442–447 DOI 10.3238/oup.2015.0442–0447

Summary: Rheumatoid osteoarthritis can cause severe destructions of the metatarsophalangeal (MTP) joints. The treatment by surgical replacement with joint prostheses manufactured from flexible silicone or other materials lack good long term results. Arthrodesis is not in favour by the patients. Resection arthroplasty (RIAP) is mainly performed, but weakens the function. These problems of the current treatments caused researchers to look for new solutions.

Aim of this prospective randomised study is to see if the bioreplaceable scaffold spacer “RegJoint implant” (Scaffdex, Finnland) will show as good or better results than other treatments (RIAP, cheilectomy or arthrodesis) respective pain, function and the AOFAS score.

Within 5 years of observation, a total number of 44 volunteers were included in the analysis. 27 subjects received the new implant and 17 patients an alternative surgical method (cheilectomy, resection arthroplasty or arthrodesis).

Overall, the results showed a significant advantage of the implant compared to the control group after 5 years surveillance in respect to pain, functionality and the AOFAS score (p < 0.001). For the follow-up period of 1 year postoperatively this was not detectable. 2 patients died during the period of follow-up. 6 patients were lost to follow-up. Overall, there were no postoperative surgery-related complications.

Keywords: Scaffold-joint replacement, metatarsophalangeal joint, hallux rigidus, resorbable implant, polylactide

Citation
Hassel K, Mai S, Mai B. Five years results with a new bioreplaceable implant for MTP joints. A prospective randomized study.
OUP 2015; 9: 442–447 DOI 10.3238/oup.2015.0442–0447

Einleitung

Die rheumatoide Arthritis sowie die fortschreitende Arthrose können zu folgeschweren Deformierungen und Mutilationen an den Füßen führen. Folge ist oft ein ausgeprägter Schmerz sowie eine erhebliche Bewegungseinschränkung. Der Funktionsverlust der Großzehengrundgelenkbeweglichkeit in Kombination mit Schmerz führt zu einem erheblichen Leidensdruck des Patienten.

Erstmals wird in der Historie 1887 über einen Gelenkersatz des Großzehengrundgelenks unter der Verwendung von Acryl berichtet [1]. Erst zu Beginn der 1950er Jahre begann Townley mit der Versorgung des zerstörten Großzehengrundgelenks mit einer metallischen Hemiprothese [2]. Auch Swanson benutzte in den 50er Jahren ähnliche Hemiprothesen, bis er in den 1960er Jahren – aufgrund fehlgeschlagener Versuche mit metallischen Implantaten – Modelle aus Silikon entwickelte [3, 4]. Allen Versuchen, eine funktionierende Prothese zu entwickeln, stand die hohe Belastung im Bereich des Großzehengrundgelenks entgegen, die dadurch viele Versager unter den Implantaten forderte. Im weiteren Verlauf wurden unter Swanson die Silikon-Implantate mehrfach in Formgebung und Design verändert, von single-stem zu double-stem. Auch wurde versucht, eine bessere Stabilisierung und den Schutz der empfindlichen Silastic-Oberfläche durch hinzugefügte metallische Hülsen zu erreichen, sogenannte Grommets. Diese doppelstämmigen Implantate mit den zusätzlichen Titanköchern finden durchaus auch beim Hallux rigidus des Rheumatikers noch eine Indikation, sie sind jedoch für den jüngeren Patienten mit hohem sportlichen Anspruch nicht so sehr geeignet. Obwohl sich damals in kurzzeitigen Follow-up-Beobachtungen gute Ergebnisse zeigten, kam man in der Folge zu der Erkenntnis, dass sich die Silikonimplantate auf Dauer nicht für gewichtstragende Gelenke bewähren. Scharfe Knochenkanten können in das Implantat einschneiden, das Silikon kann bei längerer Standzeit brechen und der Abrieb Osteolysen verursachen.

Die Endoprothetik am Großzehengrundgelenk unterliegt sehr hohen Anforderungen, so wechseln die Rotationszentren während eines normalen Bewegungszyklus von distal-plantar nach proximal-dorsal [5]. Nach Jacob [5] wirken im normalen Bewegungsablauf Kompressions- und Zugkräfte, reaktive Bodenkräfte und Translationsscherkräfte zeitgleich auf das Großzehengrundgelenk ein und tragen somit bis zu 87,9 % des Körpergewichts beim Abrollvorgang des Fußes.

Zusammenfassend hat sich bislang in der gelenkerhaltenden, operativen Behandlung des Hallux rigidus noch keine Operationsmethode als „Goldstandard“ durchsetzen können. Deshalb wird besonders im angloamerikanischen Sprachraum die MTP-I-Arthrodese bevorzugt.

Primäres Ziel dieser Studie ist, die Sicherheit und Effizienz von biodegradierbarem Gelenkersatz zu prüfen und mit bisher gängigen Operationsverfahren (Resektionsarthoplastik, Cheilektomie und Arthrodese) in destruierten Gelenken in Bezug auf Schmerz und Funktion zu vergleichen.

Material und Methodik

Das Implantat

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