Übersichtsarbeiten - OUP 06/2021

Anwendung von Ceracell Foam bei lumbalen Spondylodesen

Elina Venjakob, Dorothea Daentzer

Einleitung und Ziel:
Bei einer Spondylodese werden häufig Knochenersatzstoffe als Fusionsmaterial eingesetzt. Das in dieser retrospektiven Beobachtungsstudie angewandte Ceracell Foam ist ein ?-Tricalciumphosphat (curasan AG, Kleinostheim). Ziel dieser Studie war die radiologische Beurteilung der Knochenneubildung und der gleichzeitigen Resorption des Ceracells.

Patienten und Methode:
In diese retrospektive, nichtinvasive, offene, monozentrische Studie wurden 60 Patienten mit Indikation zur Spondylodese im Bereich der LWS eingeschlossen. Als Fusionsmaterial wurden autologer Knochen und das mit Knochenmark vermischte Ceracell Foam angewandt. Es erfolgten die radiologische Untersuchungen der Knochenneubildung und der Resorption des Keramikanteils direkt postoperativ, nach 3 Monaten und nach 12 Monaten.

Ergebnisse:
Die Anwendung des Ceracell Foam während der Operation war stets technisch einfach. Komplikationen, die mit dem synthetischen Fusionsmaterial assoziiert werden können, lagen nicht vor. Bei 8 Patienten wurden postoperative Komplikationen gezählt: bei 3 Patienten trat eine Frühlockerung der eingebrachten Implantate auf, bei 1 Frühinfekt wurde eine Wundrevision bei 1 Patienten notwendig, bei 2 Patienten wurde eine Spätlockerung der Implantate gezählt, 2 Patienten gaben klinisch eine Ischialgie postoperativ bei erneutem Bandscheibenvorfall bzw. restlicher Spinalkanalstenose an. Eine operative Revision wurde bei 7 Patienten notwendig. Die Auswertung der radiologischen Bilder präsentierte im Verlauf eine deutliche Zunahme der Fusionsstrecke bei gleichzeitig zunehmender bildmorphologischer Resorption des Keramikanteils.

Schlussfolgerung:
Das angewandte Ceracell als synthetisches Knochenmaterial zeigt in der vorliegenden Studie im Bereich der LWS gute Fusions-Eigenschaften. In Kombination mit autologem Knochen und Knochenmarkaspirat nahm die Fusion im postoperativen Verlauf sicher zu, bei gleichzeitiger Abnahme des Keramikanteils. Bei retrospektiver, rein deskriptiver Studie sind jedoch weitere Studien mit größeren Kollektiven mit prospektivem Verlauf und einer gleichzeitigen Untersuchung der postoperativen Klinik der Patienten zu planen. Ebenfalls sollten Vergleiche bezüglich der fusionsfördernden Eigenschaften zu weiteren Knochenersatzstoffen angestrebt werden.

Schlüsselwörter:
?-TCP, Beta-Tricalciumphosphat, Ceracell Foam, Lendenwirbelsäulen-Spondylodese

Zitierweise:
Venjakob E, Daentzer D: Anwendung von Ceracell Foam bei lumbalen Spondylodesen.
OUP 2021, 10: 278–284. DOI 10.3238/oup.2021.0278–0284

Introduction and purpose: In spondylodesis bone substitutes are often used as fusion material. The Ceracell foam (curasan AG, Kleinostheim) used in this retrospective observational study is a beta-tricalcium phosphate. The aim of this study was the radiological assessment of the new bone formation and simultaneous examination of the resorption of the Ceracell.

Patients and methods: This retrospective, non-invasive, monocentric study included 60 patients with indication for spondylodesis in the lumbar spine. Autologous bone and Ceracell mixed with bone marrow were used as fusion material. Radiological examinations of new bone formation and resorption of the ceramic portion were performed immediately postoperatively, after 3 months and after 12 months.

Results: The use of the Ceracell foam during surgery was always technically simple. There were no complications that could be classified as associated with the fusion material. Eight patients showed postoperative complications: In 8 patients postoperative complications were counted: in 3 patients early loosening of the inserted implants occurred, in 1 patient an early infection required wound revision, in 2 patients a late loosening of the implants was counted, 2 patients clinically reported ischialgia postoperatively in case of a renewed herniated disc or residual spinal canal stenosis. A surgical revision was performed on 7 patients. The radiological evaluation showed a significant increase in the fusion distance with a simultaneous increase in the image morphological resorption of the ceramic portion.

Conclusion: In the present study, the applied Ceracell foam as a synthetic bone material showed good fusion properties in the area of the lumbar spine. In combination with autologous bone and bone marrow aspirate the fusion increased safely in the postoperative course. In the present retrospective, purely descriptive study, however, further studies with larger collectives and an examination of the postoperative clinic of the patients are to be planned. Comparisons should also be made regarding the fusion-promoting properties to other bone substitutes.

Keywords: ?-TCP, beta-tricalcium phosphate, ceracell foam, lumbar spondylodesis

Citation: Venjakob E, Daentzer D: Ceracell Foam in lumbar arthrodesis.
OUP 2021, 10: 278–284. DOI 10.3238/oup.2021.0278–0284

Elina Venjakob: Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Evangelischen Klinikum Bethel, Bielefeld

Dorothea Daentzer: DIAKOVERE Annastift, Hannover

Einleitung

In der Wirbelsäulenchirurgie sind Spondylodesen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) häufig durchgeführte Eingriffe. Das Ziel dieser Operation (OP) ist das Erreichen einer dauerhaften Stabilität. Hierzu kann die Anlagerung von autologem Knochenmaterial an die instrumentierten Wirbelsegmente erfolgen, interkorporell bei Cageimplantation und/oder posterolateral. Ein zusätzlicher Eingriff am Beckenkamm zur Gewinnung eines trikortikalen Spans und/oder von Spongiosa kann hierzu notwendig werden. Diese Maßnahme birgt aber Komplikationen [1], sodass man heutzutage gerne darauf verzichtet. Häufig wird der anzulagernde Knochen bei einer gleichzeitig indizierten Dekompression in Form von dabei entfernten kortikospongiösen Stückchen gewonnen. Hierbei werden die osteokonduktiven, osteoinduktiven und osteogenen Eigenschaften zur Förderung der Fusion herangezogen. Bei nicht ausreichendem autologem Fusionsmaterial stehen im klinischen Alltag allo- und xenogene Knochentransplantate zur Verfügung. Alternativ können synthetische Knochenersatzstoffe genutzt werden, welche osteokonduktive Eigenschaften besitzen. Hauptvertreter sind die Tricalciumposphate (TCP) neben Hydroxylapatit-Keramiken (HAK). Der hier betrachtete Knochenersatzstoff gehört zu den ?-Tricalciumposphaten (?- TCP) und eignet sich als Knochenersatzstoff, da die Resorption und der Knochenaufbau gleichzeitig ablaufen [29]. Das ?-TCP kann zusammen mit autologem Knochen als Fusionsmasse in der Wirbelsäulenchirurgie bei Spondylodesen genutzt werden.

In unserer Forschungsgruppe wurde bereits ?-TCP als Cerasorb Foam in einer Anwendungsstudie hinsichtlich der Fusionsfähigkeit untersucht. Das Cerasorb Foam ist eine reine ?-Tricalciumphosphat-Keramik [5]. Die Ergebnisse zeigten postoperativ eine zuverlässige lumbale Spondylodese.

Das Ceracell Foam stellt eine Weiterentwicklung hierzu dar [3] und besteht zusätzlich aus einem Silikat-Anteil (4 %). Der Foam ist intraoperativ leicht modulierbar. Bisher lassen sich keine klinischen Anwendungsstudien finden. Ziel dieser Arbeit ist die Vorstellung der Ergebnisse mit diesem Material.

Patienten und Methoden

In der vorliegenden retrospektiven, nichtinvasiven, offenen, monozentrischen Studie wurden insgesamt 60 Patienten innerhalb von November 2016 bis Juni 2019 eingeschlossen und ausgewertet. Ein positives Ethikkommissionsvotum der Medizinischen Hochschule Hannover für die Studie liegt vor (Nr. 8864_BO_K_2020). Alle Patienten gaben nach ausführlicher schriftlicher Aufklärung ihr Einverständnis zur Teilnahme. 36 Personen waren weiblich (60 %) und 24 männlich (40 %). Das Durchschnittsalter bei der Operation betrug 58 Jahre (12–87 Jahre). Bei keinem Patienten war eine Autoimmunerkrankung oder eine Kalziumstoffwechselstörung bekannt. Einschlusskriterien waren resistente Beschwerden bei degenerativer und/oder instabilitätsbedingter Erkrankungen der LWS mit Indikation zur Durchführung einer Spondylodese nach ausgeschöpfter konservativer Therapie. Bei 53 Patienten (88 %) erfolgte eine transforaminale lumbale interkorporelle Fusion (TLIF). Die detaillierten Diagnosen und entsprechend durchgeführten operativen Versorgungen sind in den Tabellen 1–4 aufgeführt. 96 Segmente wurden in der vorliegenden Studie insgesamt operativ behandelt. Am häufigsten erfolgte die Operation in der unteren LWS in einem Segment (40 Patienten, 67 %). Alle Patienten wurden von einem Operateur versorgt.

Operation

Die primären Spondylodesen der LWS wurden von dorsal als TLIF bei 53 oder als PLF (posteriore lumbale Fusion) bei 5 Patienten durchgeführt.

Bei einer gleichzeitig vorliegenden Spinalkanalstenose wurden die komprimierten neuralen Strukturen je nach Ausprägung mittels Hemilaminektomie, Laminektomie oder interlaminärer Fensterung entlastet. Drei verschiedene Pedikelschrauben-Stab-Systeme wurden verwandt (XIA, Stryker GmbH & Co. KG, Duisburg; Solera, Medtronic GmbH, Meerbusch; icotec Pedicle System Made, WIT House GmbH, Seelze), bei Versorgung mittels TLIF erfolgte die intervertebrale Platzierung eines PEEK-Cages (Poly-Ether-Ether-Keton) (Crescent, Medtronic GmbH, Meerbusch; icotec Lumbar Cage, WIT House GmbH, Seelze). Eine Entknorpelung der jeweiligen Facettengelenke der adressierten Segmente und eine Anfrischung der Kortikalis der Querfortsätze wurden durchgeführt. Das bei der Dekompression gewonnene Knochenmaterial wurde vom Weichteilgewebe befreit und für die geplante Spondylodese zerkleinert. Das als Knochenersatzstoff additiv benutzte Ceracell Foam (curasan AG, Kleinostheim) wurde in Streifen geschnitten und mit dem vorbereiteten autologen Knochenmaterial vermischt. Zusätzlich erfolgte die Zugabe von lokalem Blut, welches aspiriert worden ist. Das Ceracell Foam ist hochporös und besteht aus ?-TCP und, im Gegensatz zum Cerasorb Foam, einem Silikat- Anteil von 4 %. Das Gemisch aus autologem Knochen, streifenförmig zerschnittenem Ceracell und Blut wurde zur Sicherung der Fusion posterolateral an die Querfortsätze angelagert. Bei einer TLIF erfolgte zudem die interkorporelle Einbringung nach Anfrischung der Endplatten. Bei einem Patienten wurde die Zugabe von allogenem Knochenmaterial bei zu geringer Menge von autologem Knochen notwendig. Die intraoperative Anwendung von Ceracell Foam wird in den Abbildungen 1–6 dargestellt.

Radiologische Auswertung

Die radiologischen Kontrollen erfolgten vorrangig mittels Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen (anterior-posterior/ a.p. und seitlich). Magnetresonanz- und Computertomografien lagen nur vereinzelt vor und wurden für die Studie nicht ausgewertet. Die radiologischen Bildgebungen erfolgten routinemäßig zu 3 Zeitpunkten: direkt postoperativ, sowie nach 3 und 12 Monaten. Rein deskriptiv wurde eine Beurteilung der dorsalen Spondylodesestrecke bezüglich einer ersichtlichen posterolateralen Knochenneubildung in 5 Abstufungen (vollständig; ausgeprägt; mittel; leicht; keine) sowie der Resorption des eingebrachten Ceracells in 3 Ausprägungen (vollständig; teilweise; keine) in der vorliegenden a.p.-Bildgebung bei den Kontrollterminen nach 3 und 12 Monaten vorgenommen. Die Bewertung des Umbaus des Ceracell Foams ist möglich, da postoperativ seine Keramikanteile radiologisch echogen noch deutlich erkennbar sind. Im zeitlichen Verlauf werden diese aufgrund des osteokonduktiven Effektes durch den Abbau und die gleichzeitig erfolgte Resorption in der radiologischen Betrachtung weniger sichtbar.

Ergebnisse

Eine direkt postoperative radiologische Beurteilung war bei allen Patienten möglich (100 %). Nach 3 Monaten konnten noch 28 Patienten (46,7 %) postoperativ bewertet werden, nach 12 Monaten lagen 20 Patientendaten (33,3 %) vor.

Komplikationen

Insgesamt wurden bei 8 Patienten im postoperativen Verlauf Komplikationen (13,3 %) gezählt. Intraoperativ traten bei keinem Patienten Probleme auf.

Bei 3 Patienten offenbarte sich eine Frühdislokation der eingebrachten Implantate, bei 2 Patienten den Cage und bei dem 3. Patient die Schrauben- und Cage-Lage betreffend, mit jeweils anschließender operativer Revision und Neuplatzierung im Rahmen desselben stationären Aufenthalts (5 %). Anschließend war die klinische Symptomatik jeweils deutlich verbessert. Bei einem weiteren Patienten erfolgte eine Wundrevision bei Infekt im frühen postoperativen Verlauf (1,7 %). Spätdislokationen nach 12 Monaten wurden bei 2 Patienten (3,3 %) gezählt. Des Weiteren wurde eine Cage-Fehllage, welche bei fehlendem OP-Wunsch des Patienten nicht revidiert wurde, und ein Cutting-Out der kranialen Pedikelschraube bei Osteoporose mit operativer Versorgung mittels Entfernung der betroffenen Schraube und Instrumentierung über diesem Segment erkannt. Bei je einem Bandscheibenvorfall (1,7 %) und einer restlichen Spinalkanalstenose (1,7 %) mit klinischer Ischialgie erfolgte ein weiterer operativer Eingriff ein Segment höher bzw. im Bereich des gleichen instrumentierten Segmentes im postoperativen Verlauf mit anschließender Rückbildung der neurologischen Symptome. Bei den durchgeführten Revisionen bei Infekt und Spätdislokation präsentierte sich die Fusion intraoperativ fest. Insgesamt wurden 7 Revisionseingriffe notwendig (11,7 %).

Es zeichneten sich keine Ceracell Foam assoziierte Komplikationen in dem Kollektiv ab.

Radiologische Auswertung

In den Abbildungen 7 ist die posterolaterale Knochenneubildung nach 3 und 12 Monaten dargestellt. In den radiologischen Bildern wird die Abnahme des Keramikanteils des Ceracell Foam von 42,9 % (12/28) nach 3 Monaten auf 15 % (3/20) nach 12 Monaten erkennbar (Abb. 8). So lässt sich insgesamt mittels der gewählten deskriptiven Auswertemethode sehen, dass der Keramikanteil im Ceracell Foam im postoperativen Verlauf weniger wird, entsprechend einer zunehmenden Resorption bei gleichzeitiger Steigerung der posterolateralen Knochenneubildung, anzeigend eine Zunahme der Fusion. Ein Patientenbeispiel ist in den Abbildungen 9–12 zu erkennen.

Diskussion

Im Rahmen einer LWS-Spondylodese wird herkömmlicherweise autologer Knochen aus dem Beckenkammknochen angelagert. Fusionsraten bis zu 98,9 % im Bereich der instrumentierten Wirbelsegmente werden hierbei in der Literatur beschrieben [2]. Die bekannten Komplikationen bei diesem Eingriff und der postoperative Schmerz stellen Nachteile dieses Vorgehens dar [1]. Es wurden daher synthetische Knochenersatzstoffe gesucht, welche die Fusion auslösen bzw. mit autologem Knochenmaterial unterstützen können. Ein Knochenersatzstoff ist das ?-TCP, welches in der vorliegenden Studie als Ceracell Foam auf fusionsfördernde Eigenschaften untersucht worden ist. Zu dem angewandten Knochenersatzmaterial wurde lokales Blut und autologer Knochen hinzugefügt, um die osteokonduktiven Eigenschaften zu fördern.

Das Ceracell Foam, bestehend aus ?-TCP mit Silikat-Anteil, weist einen hohen stimulierenden Effekt auf die Knochenbildung mit Expression osteogenetischer Marker in einer tierexperimentellen Studie auf [18]. Während der Induktion von Knochenaufbau, baut sich das synthetische Knochenmaterial gleichzeitig ab [17].

In einer experimenellen Studie mit Kaninchen nach PLIF spiegeln sich die besten postoperativen Ergebnisse bei ?-TCP, gemischt mit Knochenmarkaspirat wider: Eine höhere osteoblastische Aktivität und ein erhöhter Aufbau von Lamellenknochen in der histologischen Untersuchung wurden erkannt, die Fusionsrate zeigte sich radiologisch in den durchgeführten Computertomografien erhöht im Vergleich zur alleinigen Anwendung von ? -TCP, jedoch ohne Signifikanz (20 % ? -TCP vs. 40 % ? -TCP mit Knochenmarkaspirat) [14]. In anderen Studien wurden ähnliche Fusionsraten veröffentlicht: 30 % nach ? -TCP [25] und 50 % bei ?-TCP mit Knochenmarkaspirat [4]. Die Autoren Gupta et al. (2010) empfehlen den Einsatz von ?-TCP mit Knochenmarkaspirat als Fusionsmaterial [14].

In aktuellen Studien werden Fusionsraten von 83 % bis zu 100 % bei Anwendung von ?-TCP im Rahmen einer PLF angegeben [6, 8–11, 16, 24, 26]. Yamada et al. (2012) präsentieren eine signifikant höhere Fusionsrate nach ? -TCP, autologem Knochen aus dem Beckenkamm und Knochenmarkaspirat (93,5 % nach 24 Monate) gegenüber einer Fusion mittels lokalem Knochenmaterial aus der durchgeführten Dekompression [30]. Ebenfalls untermauern Kumagai et al. (2019), dass das ?-TCP bezüglich der postoperativen Fusionsrate nicht dem autologen Knochen unterlegen ist [22]. Konträr hierzu berichten Kong et al. (2013) eine geringere Fusionsrate nach Anwendung von ?-TCP und lokalem Knochen gegenüber der Nutzung von Knochenmaterial aus der durchgeführten Dekompression [21].

Im Rahmen einer prospektiven Studie nach ALIF-Versorgung werden zu Versorgung mittels autologem Knochen und Knochenmarkaspirat vergleichbare Ergebnisse der Fusionsrate nach 12 Monaten bei ? -TCP-Anwendung beschrieben mit einer Fusion bei 85 % der Patienten im Röntgen [23]. Die Autoren empfehlen die kombinierte Anwendung von ?-TCP mit autologem Knochen [23].

In der aktuellen Literatur wurden vergleichbare Studienergebnisse zu anderen synthetischen Knochenersatzstoffen veröffentlicht [15, 27, 28].

Nach Wissen der Autoren ist die vorliegende Studie die erste postoperative Untersuchung nach Anwendung von Ceracell Foam als synthetisches Fusionsmaterial bei LWS-Spondylodesen. Intraoperativ zeichnete sich ein leichtes Handling ab. Vor und nach Hinzugabe des aspirierten Blutes konnte das Foam leicht zerkleinert und entsprechend nach Durchmischung mit autologem Knochenmaterial angelagert werden. Keine Hinweise auf eine Unverträglichkeit wurden erkannt. Komplikationen im Zusammenhang mit der Ceracell-Anwendung traten nicht auf.

Die vorliegende perioperative Komplikationsrate (13,3 %) liegt im Rahmen der Literaturergebnisse. Die Literatur umfasst Angaben von 2,8 %–29 % [5, 19]. Eine Re-Operation wurde bei 7 Studienteilnehmern (11,7 %) notwendig. Ebenfalls lässt sich diese Rate gut in die Literatur einordnen. Die Revisionsraten in der Literatur präsentieren sich von 2,8 %–13,2 % [5, 13, 20]. Greiner-Perth et al. (2004) konnten keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich notwendiger Revision bei mono- oder bi-/polysegmental erkennen [13]. Die vorliegende Infektionsrate in dem Kollektiv lässt sich im unteren Bereich der Literatur einordnen [5, 12].

Das Ceracell Foam wurde deskriptiv mittels Röntgenaufnahmen der LWS auf die erkennbare Resorption und der gleichzeitig erkennbaren Knochenneubildung bewertet. Vereinzelt lagen CT- oder MRT-Aufnahmen vor. Die Autoren sind sich der eingeschränkten Aussagekraft dieser Methode bewusst, da für eine genauere Fusionsbestimmung eine Computertomografie oder eine Röntgenaufnahme in Funktion notwendig wäre. Für die exakte Bestimmung einer Pseudarthrose ist die intraoperative Überprüfung der Spondylodese nach vorheriger Metallentfernung die sicherste Methode. Bei den notwendigen späten operativen Revisionen waren die Spondylodesen intraoperativ fest. Es können Hinweise auf die Eigenschaft der synthetischen Keramik im zeitlichen Verlauf gezogen werden. Im radiologischen Bild zeigte sich eine sichtbare Keramik bei etwa der Hälfte der Bilder nach 3 Monaten (42,9 %, 12/28) und nach 12 Monaten bei 15 % (3/20). Die Resorption des sichtbaren ? -TCP konnte nach 3 Monaten zu 50 % teilweise (14/28) und bereits zu 50 % (14/28) vollständig erkannt werden. Nach 12 Monaten umfasste die vollständige Resorption 80 % (16/20) der Bilder. Die Keramik war nur bei 4 Röntgenbildern (4/20) nach 12 Monaten teilweise sichtbar (20 %). Korrespondierend dazu nahm die Knochenneubildung posterolateral im Bereich der instrumentierten LWS zu. Nach 3 Monaten präsentierte sich eine mittlere (43,3 %, 12/28) und eine ausgeprägte Knochenneubildung (35,7 %, 10/28) in den radiologischen Bildern. Bei 3 Patienten konnte bereits eine vollständige Knochenneubildung (10,7 %, 3/28) nach 3 Monaten erkannt werden. Nach 12 Monaten präsentierte sich bei 4 Patienten eine Knochenneubildung (20 %, 4/20), hingegen bei 11 eine ausgeprägte Neubildung (55 %, 11/20) und bei 5 Patienten eine mittlere Neubildung (25 %, 5/20). Es erfolgte eine ausschließlich deskriptive Beschreibung der posterolateralen Fusion, unabhängig vom intraoperativ angelagerten Fusionsmaterial, welches im postoperativen Verlauf radiologisch weniger sichtbar war. Ein Hinweis auf eine Pseudarthrose besteht nicht [7].

Insgesamt zeigen sich in der vorliegenden Studie ähnliche positive Ergebnisse zu der Studie von Daentzer et al. (2016) bezüglich der postoperativen Fusionen bei der Anwendung von Cerasorb [5].

Als Limitierung der vorliegenden Studie ist vorrangig die rein deskriptive Beschreibung der radiologischen Bilder zu nennen, ein Bezug zum klinischen Verlauf der Patienten ist nicht möglich. Ebenfalls fehlt eine Kontrollgruppe, um direkte Vergleiche mit anderen Fusionsmaterialien ziehen zu können, um das eingesetzte ?-TCP als Ceracell Foam mit anderen Varianten von synthetischen Knochenersatzmaterialen zu untersuchen. Weitere Studien sind hierzu zu planen mit größeren Kollektiven und einem prospektiven Ansatz.

Schlussfolgerung

Die vorliegenden Ergebnisse der retrospektiven Studie untermauern, dass das angewandte ?-TCP in Form von Ceracell Foam zusammen mit autologem Knochen und aspirierten Blut sehr geeignet ist, eine LWS-Spondylodese hinsichtlich einer sicheren Fusion zu unterstützen. Weitere Studien sind notwendig, um Ceracell Foam mit anderen Knochenersatzstoffen bezüglich der fusionsfördernden Eigenschaften zu analysieren.

Danksagung: Wir danken Frau Dr. Böhm von der curasan AG (Kleinostheim) für die Bereitstellung von Daten und die finanzielle Unterstützung der Studie.

Finanzielle Unterstützung: Die Studie wurde finanziert von der curasan AG, Lindigstr. 4, 63801 Kleinostheim.

Ethik-Kommission: Diese Studie fand mit Zustimmung der lokalen Ethik-Kommission statt (Votum der Medizinischen Hochschule Hannover Nr. 8864_BO_K_2020)

Interessenkonflikte:

Elina Venjakob und Dorothea Daentzer: finanzielle Unterstützung durch Curasan

Das Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie auf: www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Elina Venjakob

Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Evangelischen Klinikum Bethel,

Universitätsklinikum OWL
der Universität Bielefeld

Campus Bielefeld-Bethel

Burgsteig 13

33617 Bielefeld

elina.venjakob@evkb.de

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