Übersichtsarbeiten - OUP 06/2021

Anwendung von Ceracell Foam bei lumbalen Spondylodesen

Es zeichneten sich keine Ceracell Foam assoziierte Komplikationen in dem Kollektiv ab.

Radiologische Auswertung

In den Abbildungen 7 ist die posterolaterale Knochenneubildung nach 3 und 12 Monaten dargestellt. In den radiologischen Bildern wird die Abnahme des Keramikanteils des Ceracell Foam von 42,9 % (12/28) nach 3 Monaten auf 15 % (3/20) nach 12 Monaten erkennbar (Abb. 8). So lässt sich insgesamt mittels der gewählten deskriptiven Auswertemethode sehen, dass der Keramikanteil im Ceracell Foam im postoperativen Verlauf weniger wird, entsprechend einer zunehmenden Resorption bei gleichzeitiger Steigerung der posterolateralen Knochenneubildung, anzeigend eine Zunahme der Fusion. Ein Patientenbeispiel ist in den Abbildungen 9–12 zu erkennen.

Diskussion

Im Rahmen einer LWS-Spondylodese wird herkömmlicherweise autologer Knochen aus dem Beckenkammknochen angelagert. Fusionsraten bis zu 98,9 % im Bereich der instrumentierten Wirbelsegmente werden hierbei in der Literatur beschrieben [2]. Die bekannten Komplikationen bei diesem Eingriff und der postoperative Schmerz stellen Nachteile dieses Vorgehens dar [1]. Es wurden daher synthetische Knochenersatzstoffe gesucht, welche die Fusion auslösen bzw. mit autologem Knochenmaterial unterstützen können. Ein Knochenersatzstoff ist das ?-TCP, welches in der vorliegenden Studie als Ceracell Foam auf fusionsfördernde Eigenschaften untersucht worden ist. Zu dem angewandten Knochenersatzmaterial wurde lokales Blut und autologer Knochen hinzugefügt, um die osteokonduktiven Eigenschaften zu fördern.

Das Ceracell Foam, bestehend aus ?-TCP mit Silikat-Anteil, weist einen hohen stimulierenden Effekt auf die Knochenbildung mit Expression osteogenetischer Marker in einer tierexperimentellen Studie auf [18]. Während der Induktion von Knochenaufbau, baut sich das synthetische Knochenmaterial gleichzeitig ab [17].

In einer experimenellen Studie mit Kaninchen nach PLIF spiegeln sich die besten postoperativen Ergebnisse bei ?-TCP, gemischt mit Knochenmarkaspirat wider: Eine höhere osteoblastische Aktivität und ein erhöhter Aufbau von Lamellenknochen in der histologischen Untersuchung wurden erkannt, die Fusionsrate zeigte sich radiologisch in den durchgeführten Computertomografien erhöht im Vergleich zur alleinigen Anwendung von ? -TCP, jedoch ohne Signifikanz (20 % ? -TCP vs. 40 % ? -TCP mit Knochenmarkaspirat) [14]. In anderen Studien wurden ähnliche Fusionsraten veröffentlicht: 30 % nach ? -TCP [25] und 50 % bei ?-TCP mit Knochenmarkaspirat [4]. Die Autoren Gupta et al. (2010) empfehlen den Einsatz von ?-TCP mit Knochenmarkaspirat als Fusionsmaterial [14].

In aktuellen Studien werden Fusionsraten von 83 % bis zu 100 % bei Anwendung von ?-TCP im Rahmen einer PLF angegeben [6, 8–11, 16, 24, 26]. Yamada et al. (2012) präsentieren eine signifikant höhere Fusionsrate nach ? -TCP, autologem Knochen aus dem Beckenkamm und Knochenmarkaspirat (93,5 % nach 24 Monate) gegenüber einer Fusion mittels lokalem Knochenmaterial aus der durchgeführten Dekompression [30]. Ebenfalls untermauern Kumagai et al. (2019), dass das ?-TCP bezüglich der postoperativen Fusionsrate nicht dem autologen Knochen unterlegen ist [22]. Konträr hierzu berichten Kong et al. (2013) eine geringere Fusionsrate nach Anwendung von ?-TCP und lokalem Knochen gegenüber der Nutzung von Knochenmaterial aus der durchgeführten Dekompression [21].

Im Rahmen einer prospektiven Studie nach ALIF-Versorgung werden zu Versorgung mittels autologem Knochen und Knochenmarkaspirat vergleichbare Ergebnisse der Fusionsrate nach 12 Monaten bei ? -TCP-Anwendung beschrieben mit einer Fusion bei 85 % der Patienten im Röntgen [23]. Die Autoren empfehlen die kombinierte Anwendung von ?-TCP mit autologem Knochen [23].

In der aktuellen Literatur wurden vergleichbare Studienergebnisse zu anderen synthetischen Knochenersatzstoffen veröffentlicht [15, 27, 28].

Nach Wissen der Autoren ist die vorliegende Studie die erste postoperative Untersuchung nach Anwendung von Ceracell Foam als synthetisches Fusionsmaterial bei LWS-Spondylodesen. Intraoperativ zeichnete sich ein leichtes Handling ab. Vor und nach Hinzugabe des aspirierten Blutes konnte das Foam leicht zerkleinert und entsprechend nach Durchmischung mit autologem Knochenmaterial angelagert werden. Keine Hinweise auf eine Unverträglichkeit wurden erkannt. Komplikationen im Zusammenhang mit der Ceracell-Anwendung traten nicht auf.

Die vorliegende perioperative Komplikationsrate (13,3 %) liegt im Rahmen der Literaturergebnisse. Die Literatur umfasst Angaben von 2,8 %–29 % [5, 19]. Eine Re-Operation wurde bei 7 Studienteilnehmern (11,7 %) notwendig. Ebenfalls lässt sich diese Rate gut in die Literatur einordnen. Die Revisionsraten in der Literatur präsentieren sich von 2,8 %–13,2 % [5, 13, 20]. Greiner-Perth et al. (2004) konnten keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich notwendiger Revision bei mono- oder bi-/polysegmental erkennen [13]. Die vorliegende Infektionsrate in dem Kollektiv lässt sich im unteren Bereich der Literatur einordnen [5, 12].

Das Ceracell Foam wurde deskriptiv mittels Röntgenaufnahmen der LWS auf die erkennbare Resorption und der gleichzeitig erkennbaren Knochenneubildung bewertet. Vereinzelt lagen CT- oder MRT-Aufnahmen vor. Die Autoren sind sich der eingeschränkten Aussagekraft dieser Methode bewusst, da für eine genauere Fusionsbestimmung eine Computertomografie oder eine Röntgenaufnahme in Funktion notwendig wäre. Für die exakte Bestimmung einer Pseudarthrose ist die intraoperative Überprüfung der Spondylodese nach vorheriger Metallentfernung die sicherste Methode. Bei den notwendigen späten operativen Revisionen waren die Spondylodesen intraoperativ fest. Es können Hinweise auf die Eigenschaft der synthetischen Keramik im zeitlichen Verlauf gezogen werden. Im radiologischen Bild zeigte sich eine sichtbare Keramik bei etwa der Hälfte der Bilder nach 3 Monaten (42,9 %, 12/28) und nach 12 Monaten bei 15 % (3/20). Die Resorption des sichtbaren ? -TCP konnte nach 3 Monaten zu 50 % teilweise (14/28) und bereits zu 50 % (14/28) vollständig erkannt werden. Nach 12 Monaten umfasste die vollständige Resorption 80 % (16/20) der Bilder. Die Keramik war nur bei 4 Röntgenbildern (4/20) nach 12 Monaten teilweise sichtbar (20 %). Korrespondierend dazu nahm die Knochenneubildung posterolateral im Bereich der instrumentierten LWS zu. Nach 3 Monaten präsentierte sich eine mittlere (43,3 %, 12/28) und eine ausgeprägte Knochenneubildung (35,7 %, 10/28) in den radiologischen Bildern. Bei 3 Patienten konnte bereits eine vollständige Knochenneubildung (10,7 %, 3/28) nach 3 Monaten erkannt werden. Nach 12 Monaten präsentierte sich bei 4 Patienten eine Knochenneubildung (20 %, 4/20), hingegen bei 11 eine ausgeprägte Neubildung (55 %, 11/20) und bei 5 Patienten eine mittlere Neubildung (25 %, 5/20). Es erfolgte eine ausschließlich deskriptive Beschreibung der posterolateralen Fusion, unabhängig vom intraoperativ angelagerten Fusionsmaterial, welches im postoperativen Verlauf radiologisch weniger sichtbar war. Ein Hinweis auf eine Pseudarthrose besteht nicht [7].

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4