Übersichtsarbeiten - OUP 01/2019

Arthroskopie in der Frakturversorgung im Kindesalter

Francisco F. Fernandez, Oliver Eberhardt

Zusammenfassung:

Die Arthroskopie hat im Kindesalter – ebenso wie im Erwachsenalter – seit Anfang der 1980-er
Jahre einen enormen Aufschwung erlebt. Bei den Indikationen für die arthroskopische Chirurgie im Kindes- und Jugendalter stehen neben angeborenen Veränderungen die traumatischen
Läsionen im Vordergrund. Durch die arthroskopische Unterstützung profitieren Kinder und
Jugendliche von der geringeren Invasivität und der sehr guten Übersicht über das Gelenk.
Die arthroskopische Chirurgie hat zwischenzeitlich an vielen Gelenken ihren Stellenwert
gefunden. Insbesondere am Kniegelenk werden vielfältige Verletzungen/Frakturen arthroskopisch versorgt oder die Arthroskopie unterstützend eingesetzt. Das Kniegelenk ist im Kinder- und
Jugendalter das mit weitem Abstand am meisten arthroskopisch operierte Gelenk.
Auch Verletzungen am oberen Sprunggelenk, am Ellenbogen und am Hüftgelenk werden
zunehmend arthroskopisch operativ angegangen.

Schlüsselwörter:
Arthroskopie, Kind, Kniegelenk, Hüftgelenk, Ellenbogengelenk, Sprunggelenk

Zitierweise:
Fernandez FF, Eberhardt O: Arthroskopie in der Frakturversorgung im Kindesalter.
OUP 2019; 8: 035–042
DOI 10.3238/oup.2019.0035–0042

Summary: Arthroscopy has experienced an enormous boom in childhood – as well as in adulthood – since the early 80‘s. The indications for arthroscopic surgery in childhood and adolescence are congenital changes and traumatic lesions. Children and adolescents profit from the reduced invasiveness of arthroscopic surgery. Arthroscopic surgery has meanwhile found its place in the treatment of many joints. In particular in the knee joint, multiple injuries/fractures are treated arthroscopically or supported by arthroscopy. At this age the knee joint is by far the most arthroscopically operated joint. Also, injuries of the upper ankle, elbow and hip joint are increasingly being treated arthroscopically.

Keywords: arthroscopy, child, knee joint, hip joint, elbow joint, ankle joint

Citation: Fernandez FF, Eberhardt O: Arthroscopy in fracture care in childhood.
OUP 2019; 8: 035–042 DOI 10.3238/oup.2019.0035–0042

Für alle Autoren: Orthopädie, Olgahospital/Klinikum Stuttgart

Einleitung

Seit Mitte der 1980-er Jahre hat die Arthroskopie eine rasante Verbreitung erlebt. Zunächst standen noch diagnostische Arthroskopien im Vordergrund, deren Einsatz wurde in der Zwischenzeit vor allem durch sehr gute Bildgebung mittels NMR und CT zurückgedrängt. Heute wird die Arthroskopie vorwiegend als therapeutische Arthroskopie eingesetzt. Wie bei Erwachsenen werden heute im Kindesalter neben dem Kniegelenk, das bei Weitem das häufigste arthroskopierte Gelenk ist, auch andere Gelenke arthroskopisch untersucht und therapiert.

Die im Erwachsenenalter auftretenden degenerativen Veränderungen gibt es im Kindesalter nicht, daher ist hier beispielsweise die Schulterarthroskopie nur bei wenigen Indikationen sinnvoll, wie z.B. der septischen Schulterarthritis. Auch degenerativ bedingte Verletzungen der Menisken stellen keine Indikation dar, jedoch gerissene Scheibenmenisken oder Begleitverletzungen bei vorderen Kreuzbandrupturen. Im Folgenden werden einzeln die verletzten Gelenke angesprochen, die im Kindes- und Jugendalter arthroskopisch versorgt werden können. Das Kniegelenk stellt auch in diesem Alter mit Abstand das am häufigsten arthroskopierte Gelenk dar. Für das Kniegelenk sollen sowohl die knöchernen als auch die ligamentären Verletzungen beleuchtet werden.

Instrumentarium

Welche Instrumente im Kindes- und Jugendalter benutzt werden, ist abhängig vom Alter und dem jeweiligen Gelenk. Bis auf spezielle Optiken für die Hüftgelenkschirurgie bei Kleinkindern und Säuglingen werden die in der Erwachsenenchirurgie handelsüblichen Optiken und Instrumente benutzt.

Die in diesen Artikel angegebenen Größen und Ausmaße entsprechen denen der am Olgahospital verwendeten Instrumente. Es werden verschiedene Optiken mit verschiedenen Schaftlängen angeboten. Zum Einsatz kommen arthroskopische Optiken mit einem 30°- bzw. 70°-Weitwinkel. Im Kindesalter kommt die 30°-Optik am Kniegelenk, am oberen Sprunggelenk, am Ellenbogengelenk und am Schultergelenk zum Einsatz.

Bei den 70°-Weitwinkeloptiken ist die Blickrichtung um 70° abgewinkelt. Sie werden im Wesentlichen in der Hüftgelenkschirurgie eingesetzt. In der arthroskopischen Chirurgie des Hüftgelenks beim Kleinkind und beim Säugling hat sich die 2,7 mm 70°-Optik bewährt.

Es werden verschiedene Optiken mit verschiedenen Schaftlängen angeboten. Mit der Optik mit 4 mm Durchmesser ist eine Arthroskopie am Kniegelenk beim ab 5-jährigen Kind gut durchzuführen. Unter 4–5 Jahren benutzen wir die 2,7-mm-Optik. Bei Kindern und Jugendlichen benutzen wir am Ellenbogen und Sprunggelenk die dünnere Optik mit 2,7 mm.

Von Vorteil ist es, keine zu große Schaftlänge zu haben, damit feinere Arthroskopbewegungen möglich sind. Die von uns eingesetzte Schaftlänge für die Kniegelenkarthroskopie beträgt 18 cm. Für das Ellenbogen-, Schulter- und obere Sprunggelenk empfiehlt es sich, Optiken mit kürzeren Arbeitslängen zu benutzen (z.B. 14 cm), damit ein leichteres Manövrieren möglich ist.

Die zum Einsatz kommenden Instrumente, Shaver, HF-Strom zur Gewebetrennung sowie HF-Koagulation sind die Gleichen wie in der Erwachsenenarthroskopie, darauf soll hier nicht näher eingegangen werden.

Kniegelenk

Verletzungen am Kniegelenk des Kindes und Jugendlichen, bei denen der Einsatz der Arthroskopie sinnvoll ist:

Kreuzbandrupturen:

Intraligamentäre VKB

Avulsionsverletzungen des VKB

Meniskusläsionen

Patellaluxationen mit osteochondralen Läsionen

Intraartikuläre Frakturen von Tibia oder Femur im Sinne von

Salter-Harris-Fakturen III oder IV

oder Tuberositas-tibiae-Avulsionsfrakturen

Tuberositas-tibiae-
Avulsionsfrakturen

Tuberositas-tibiae-Verletzungen im heranwachsenden Alter sind sehr selten und machen < 1 % aller epiphysären Frakturen aus. Sie treten ausschließlich im Alter zwischen 12 und 17 Jahren auf.

Die Apophyse der Tuberositas tibiae ist ein Teil der Epiphyse und bleibt bis zum Wachstumsabschluss am Wachstum der Tibia beteiligt. Der Apophysenkern erscheint bei Mädchen zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr, bei Jungen etwas später zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr. In Hinsicht auf das Verständnis des Verletzungsmechanismus, der Einteilung sowie der Therapie und Konsequenzen auf das Restwachstum muss der asymmetrische Fugenschluss der Epi- und Apophyse berücksichtigt werden. Diese schließt sich von proximal nach distal sowie von posterior-medial nach anterior-lateral.

Beim Typ III nach Ogden kommt es zu einem Auslaufen der Fraktur in das Kniegelenk. Dabei kann eine erhebliche Dislokation auftreten mit möglichen Verletzungen der Menisken. Arthroskopisch kann eine meniskale Verletzung beurteilt werden bzw. auch das Repositionsergebnis bzw., falls erforderlich, eine arthroskopisch gestützte Reposition erfolgen (Abb. 6).

Osteochondrale Frakturen

Die häufigste Ursache einer osteochondralen Fraktur am Kniegelenk ist eine Patellaluxation. Typische Begleitverletzungen sind dabei die Zerreißung der medialen Retinakula sowie osteochondrale Frakturen am lateralen Femurcondylus (Abb. 5) und an der medialen Patellafacette. Mit der Arthroskopie kann exakt herausgefunden werden, woher der osteochondrale Flake stammt, und damit das weitere Vorgehen festgelegt werden; in unserem Fall erfolgte eine Refixation über eine gezielte Miniarthrotomie. Im Kindes- und Jugendalter sollten selbst ältere osteochondrale Flakes refixiert werden, sie haben im Vergleich zum Erwachsenen eine deutlich bessere Einheilungsprognose.

Ruptur des vorderen
Kreuzbands

Bei Verletzungen des vorderen Kreuzbands wird im Kindes- und Jugendalter zwischen den intraligamentären und den Ausrissfrakturen der Eminentia intercondylaris unterschieden. Die intraligamentäre VKB-Verletzung tritt mit Zunahme des Verschlusses der Wachstumsfugen häufiger auf, sie ist mit einer Inzidenz von 0,1/100.000 Einwohnern eine seltene Verletzung. Die Avulsionsläsion der Eminentia sind bis zum ca. 10.–12. Lebensjahr die häufigere Verletzung.

Intraligamentäre Rupturen werden in inkomplette und komplette Rupturen unterteilt. Inkomplette intraligamentäre Verletzungen im Kindes- und Jugendalter haben ein deutliches Regenerationspotenzial und zeigen selten eine Instabilität. Die Behandlung ist konservativ durchzuführen. Sollte sich jedoch eine Meniskusläsion als sekundärer Schaden einstellen, wäre dies als ein Zeichen der sagittalen Instabilität zu bewerten und eine vordere Kreuzbandersatzplastik sollte erfolgen.

Die vollständige Ruptur des VKB hat auch beim Kind kein Potenzial zur Regeneration.

Mehrere Autoren zeigten, dass bei konservativer Therapie einer intraligamentären VKB-Ruptur innerhalb des ersten Jahres ein großer Teil der Kinder sekundäre Meniskusschäden entwickelt [9]. Der Versuch einer primären Naht unter der Vorstellung, dass sich das vordere Kreuzband beim Kind mit seinem hohen Regenerationspotenzial möglicherweise stabil regenerieren könnte, scheiterte. Auch die Augmentation des intraligamentär rupturierten VKB führte beim Kind und Jugendlichen zu schlechten Ergebnissen.

Wegen der schlechten Ergebnisse der konservativen Therapie wurden verschiedene Kreuzbandersatztechniken eingesetzt. Die kniegelenknahen Wachstumsfugen sind für ca. 70 % des Längenwachstums des Beins verantwortlich. Bekannt ist nach tierexperimentellen Untersuchungen, dass die Epiphysenfuge ein bestimmtes Ausmaß an Verletzung toleriert, ohne dass es zur Epiphyseodese kommt. Im Tierexperiment wurde gezeigt, dass bei einer Epiphysenverletzung unter 8–10 % der Fläche der Wachstumsfuge eine Wachstumsstörung nicht zu erwarten ist, wenn in das Bohrloch ein Weichteil eingezogen wurde (Sehne). Dennoch sind Wachstumsstörungen nach VKB-Ersatzplastiken beschrieben. Sie sind jedoch selten und beruhen meist auf einem Epiphysenfugen-überbrückenden Knochenblock nach Bone-Tendon-Quadriceps-Sehnenplastik oder Bone-Tendon-Bone-Patellarsehnenplastik oder auf technischen Fehlern mit Einbringen von Fremdmaterial in die Wachstumsfuge, welches dann zur Epiphyseodese führt. Der Operateur sollte Erfahrung und Kenntnis des wachsenden Skeletts besitzen.

Wir möchten über die von uns seit 14 Jahren eingesetzte anatomische fugenkreuzende Technik berichten (Abb. 1). Für das Präparieren des femoralen Lochs gilt es, die Wachstumsfuge beim Bohrvorgang in ihrer Peripherie mit dem angrenzenden Ranvier´schen Schnürring und den fibrösen Ring von Lacroix nicht zu schädigen. Daher empfiehlt sich der Verzicht auf eine Denudierung an der Hinterkante der lateralen Condyle. Ebenso sollte die Brücke vom Bohrloch zur Hinterkante 1,5–2 mm stark sein, um sicherzugehen, dass mit dem Bohrvorgang die perichondralen Strukturen nicht geschädigt werden.

Eine Verletzung der Wachstumsfuge der Tuberositas tibiae kann durch ein im Vergleich zum Vorgehen beim Erwachsenen weiter mediales Platzieren des Tibiakanals vermieden werden. Um die Epiphysenfuge möglichst senkrecht zu eröffnen, sollte der tibiale Kanal steiler gebohrt werden. Es ist darauf zu achten, dass kein Knochenblock oder Implantat die Epiphysenfuge überbrückt. Beide Bohrlöcher in den Epiphysenfugen müssen mit einer Sehne gefüllt sein.

In Anbetracht der schlechten Verläufe nach konservativer Therapie von VKB-Rupturen ist die bislang vertretene operative Zurückhaltung hinsichtlich einer stabilisierenden Versorgung bei noch offenen Wachstumsfugen nicht mehr gerechtfertigt.

Für den plastischen Bandersatz des vorderen Kreuzbands beim Kind wurde bereits fast jede rund um das Knie zur Verfügung stehende kollagene Struktur verwendet. An Transplantaten wurden herangezogen: Quadricepssehne, Patellarsehne, Semitendinosussehne, Fascia lata und Tractus iliotibialis [9].

Eine weit verbreitete Technik ist die aus der Erwachsenenchirurgie stammende Semitendinosussehnen-Technik. Da diese Technik allseits bekannt sein dürfte, möchten wir hier nicht detaillierter darauf eingehen. Bei ca. 30 % der von uns behandelten Kinder mussten wir, um ein ausreichend dickes Transplantat zu erhalten, die Gracilis-Sehne mitbenutzen. Von einer Zweikanal-Technik können wir beim Kind abraten (Abb. 1).

Knöcherner VKB-Ausriss –
Eminentia-intercondylaris-
Ausrissfrakturen

Die Ausrissfraktur der Eminentia intercondylaris ist die zweithäufigste knöcherne Knieläsion nach osteochondralen Flakefrakturen am Kniegelenk. Beim Eminetia-intercondylaris-Ausriss handelt es sich um eine epiphysäre Fraktur, die jedoch nicht fugenkreuzend ist. Damit kommt es zu keiner wesentlichen Wachstumsstörung. Die Ansatzstelle des vorderen Kreuzbands ist die Area intercondylaris anterior, bei einem Eminentia-Ausriss wird hieraus eine Knochenschuppe abgerissen. Die Knochenschuppe kann unterschiedliche Größen und sehr selten eine Mehrfachfragmentierung vorweisen, der kartilaginäre Anteil des Ausrisses ist umso größer, je jünger das Kind ist. Zu einer erschwerten Diagnose kann es bei rein knorpeligen Ausrissen kommen, die dann in der Röntgenaufnahme nicht zu erkennen sind.

Meyers und McKeever haben 1970 die bis heute geltende und am häufigsten benutzte Klassifikation der Eminentia-intercondylaris-Ausriss- frakturen eingeführt. In Abhängigkeit vom Dislokationsgrad werden 3 Typen unterschieden:

  • Typ I: leichte Dislokation der Eminentia
  • Typ II: Dislokation des anterioren Anteils nach kranial bei verbliebenem Kontakt des posterioren Anteils mit der Tibia
  • Typ III: vollständige Trennung der dislozierten Eminentia (Abb. 2)

Die Klassifikation von Meyers und McKeever wurde durch Zaricznyi um einen zusätzlichen Typ IV als dislozierte fragmentierte Eminentia erweitert.

Für die undislozierten Eminentia-Abrisse besteht ein Konsens zur konservativen Therapie im Oberschenkel-Tutor. Die Typ-II-Abrisse können sowohl konservativ als auch operativ behandelt werden. In neueren Arbeiten wird jedoch darauf hingewiesen, dass auch beim Typ II in bis zu 25 % mit Begleitverletzung gerechnet werden kann [4]. Für Typ III und IV wird eine operative Versorgung empfohlen. Dislozierte Frakturen sollten
arthroskopisch versorgt werden, insbesondere um Begleitverletzungen der Menisken zu erkennen.

Es wurde über eine Vielzahl von Fixationsmöglichkeiten berichtet:

  • 1. Arthroskopische Reposition und Durchflechtungsnähte
  • 2. Arthroskopische Reposition und Cerclagen
  • 3. Arthroskopische Reposition und perkutane K-Draht-Spickung
  • 4. Arthroskopische Reposition und retrograde K-Draht-Anker (Abb. 2)
  • 5. Arthroskopische Reposition und Fixation mittels Schraubenosteosynthese

Die von uns favorisierte Technik ist die arthroskopische Reposition und Fixierung mit retrogradem K-Draht-Anker (Abb. 2). Über einen anterolateralen und anteromedialen Zugang werden die Instrumente eingeführt. Wir benutzen die 4-mm-Optik. Nach Spülung des Kniegelenks wird zunächst ein diagnostischer Rundgang durchgeführt, um Begleitverletzungen festzustellen. Anschließend wird die Eminentia inspiziert, hierzu verwenden wir einen Tasthaken und heben die Eminentia an. In der Regel verläuft das Frakturbett weit nach ventral, sodass der Hoffa-Fettkörper partiell mit dem Shaver abgetragen sowie das Frakturbett vorsichtig dargestellt werden muss. Über das mediale Portal wird ein Kreuzbandzielgerät eingeführt, damit lässt sich in der Regel die Eminentia sehr gut reponieren. Kommt es zu keiner adäquaten Reposition, so muss daran gedacht werden, dass das Ligamentum transversum interponiert ist (Abb. 2b).

In ca. 20°-Flexion wird über das Zielgerät ein K-Draht der Stärke 1,2 mm in die Eminentia eingebracht, mit einem Nadelhalter umgebogen und zurückgezogen und damit die Eminentia fixiert. Anschließend wird die Kamera über das mediale Portal und von lateral das Zielinstrumentarium erneut eingeführt. Dann wird ein zweiter K-Draht gekreuzt zum ersten retrograd eingebracht, mit dem Nadelhalter umgebogen und zurückgezogen. Die K-Drähte werden über eine Stichinzision am Knochen umgebogen, sodass sie nicht mehr zurückgleiten können (Abb. 2). Die Metallentfernung ist ebenfalls leicht, die K-Drähte können über eine Stichinzision ohne Kniegelenkseröffnung herausgezogen werden, die dünnen Drähte biegen sich auf.

Meniskusverletzungen

Meniskusverletzungen sind im Kindes- und Jugendalter seltene Läsionen, da in diesem Alter keine degenerativen Meniskusläsionen auftreten. Dennoch wurde in einer 1989 von Abdon und Bauer publizierten epidemiologischen Studie aus Schweden [1] eine Steigerung der Inzidenz der Menikusläsionen von 7 auf 25 pro 100.000 Kinder gezeigt. Therapiert werden müssen in diesem Alter im Wesentlichen der traumatische Meniskusriss und der symptomatische Außenscheibenmeniskus [12].

Verschiedene Autoren berichten über eine hohe Assoziation von Meniskusläsion, vorderer Kreuzband-Ruptur (VKB-Ruptur) und Eminentia-intercondylaris-Abriss (Abb. 3), daher muss bei einer Meniskusläsion zwingend eine VKB-Ruptur ausgeschlossen werden [4, 7].

Die Menisken werden von der Gelenkkapsel her mit Blut versorgt. Zum Zeitpunkt der Geburt ist der gesamte Meniskus vaskularisiert. Bis zum 9. Lebensmonat bildet sich die Vaskularisierung im inneren Drittel zurück, die Durchblutung nimmt kontinuierlich zentrifugal ab und erreicht etwa mit dem 10. Lebensjahr die Verhältnisse wie beim Erwachsenen [3].

Zwar treten im Kindes- und Jugendalter im Prinzip alle Formen von Meniskusläsionen auf, die häufigste Rissform ist jedoch der Längsriss (Abb. 3). Dabei sind mediale Meniskusverletzungen häufiger als laterale [6]. Im Vergleich zum Erwachsenen werden Lappeneinrisse am inneren Rand sehr selten beobachtet.

Treten im Kindes- und Jugendalter Längsrisse, Korbhenkelrisse in der rot-weißen oder in der rot-roten Zone auf, so sollte eine arthroskopische Refixation angestrebt werden, da die Ergebnisse im Vergleich zum Erwachsenen eine deutlich bessere Heilungsprognose vorweisen [7].

Bei Meniskusläsionen in der weiß-weißen Zone, also im inneren Drittel, sollte auch bei Kindern reseziert werden, da hier mit Beendigung des ersten Lebensjahres keine Vaskularisation mehr vorhanden ist.

Bei Patienten mit Begleitverletzungen, insbesondere der Kreuzbänder, haben Meniskusnähte auch beim Kind aufgrund der Instabilität eine schlechte Prognose. Aufgrund der sagittalen Instabilität nach VKB-Rupturen kommt es auch bei Kindern bereits nach einigen Monaten in einem hohen Prozentsatz zu Meniskusschäden (Abb. 4). Bei einer sagittalen Instabilität sollte grundsätzlich zur Meniskuschirurgie eine Kreuzbandersatzplastik durchgeführt werden.

Berichtet wird über eine Spontanheilung bei kurzen Längsrissen im Hinterhorn des Außenmeniskus bei frischen Kreuzbandverletzungen mit Meniskusschaden [2].

Die Meniskusrefixation sollte möglichst arthroskopisch durchgeführt werden. Die angewendeten Techniken entsprechen den Techniken, die in der Erwachsenenchirurgie angewandt werden.

Die Versorgung der Meniskusläsion ist lokalisationsabhängig. In der „Inside-out“- bzw. „Outside-in“-Technik können die Meniskusläsionen des Vorderhorns oder der Pars intermedia refixiert werden. Lateral bildet die Popliteussehne die Grenze. Im Bereich des Hinterhorns empfiehlt sich die „All-inside“-Technik.

In der Nachbehandlung empfehlen wir zum Schutz der Naht eine Teilbelastung mit Bodenkontakt sowie eine Bewegungslimitierung in einer Orthese von 0/20/60 Extension/Flexion über 6 Wochen und 0/0/90 Extension/Flexion über 2 Wochen.

Hüftgelenk

Intraartikuläre Verletzungen des Hüftgelenks im Kindes- und Jugendalter sind extrem selten. Traumatische Hüftluxation in der Kindheit machen ca. 5 % aller traumatischen Hüftluxationen aus.

Eine Unterteilung der traumatischen Hüftgelenksluxation nach Alter ist beim wachsenden Skelett sehr sinnvoll, denn während bei Kindern unter dem 5./6. Lebensjahr Bagatelltraumata ausreichend sind, damit es zu einer Hüftluxation kommt, braucht es bei älteren Kinder mit zunehmenden Alter Hochenergietraumata.

Es gibt keine für Kinder und Jugendliche spezifische Klassifikation für die traumatische Hüftluxation. Die gebräuchlichste Klassifikation von Stewart und Milford [11] lässt sich auch beim wachsenden Skelett benutzen. Die Klassifikation basiert auf der Stabilität der Hüfte nach der Reposition:

  • Grad 1: Einfache Luxation ohne Fraktur
  • Grad 2: Luxation mit einer Fraktur der Hinterwand bei jedoch genügendem Azetabulum, um die Stabilität nach der Reposition zu gewährleisten
  • Grad 3: Luxation mit massiver Hinterwandbeteiligung, die zu einer Instabilität der Hüfte führt
  • Grad 4: Luxation mit Frakturen des Femurkopfs oder Schenkelhalses.

Therapie

Nach erfolgter Diagnosestellung sollte möglichst schonend eine Reposition in Narkose durchgeführt werden, um soweit wie möglich Epiphyseolysen am Hüftkopf, Schenkelhalsfrakturen und osteochondrale Läsionen am Pfannenrand zu verhindern.

Nach der Reposition gilt es zu beurteilen, ob der Hüftkopf zentriert reponiert ist oder eine Dezentrierung vorliegt, die auf ein eingeschlagenes Weichteil, interponierte knorpelige Avulsionen der knorpeligen Gelenkpfanne oder freie osteochondrale Kopfteile hinweist (Abb. 7). Weiter gilt es zu klären, wie stabil das Hüftgelenk nach der Reposition ist.

In einigen Studien wurde darauf hingewiesen, dass in über 50 % der erfolgreich reponierten Hüftluxationen in der Röntgendiagnostik unerkannte Läsionen vorhanden waren.

Beim Nachweis von freien osteochondralen Läsionen, interponierten Weichteilen oder interponierten Avulsionsläsionen des dorsalen Pfannenrands sollte über eine arthroskopische operative Versorgung nachgedacht werden (Abb. 7).

Sprunggelenke

Sprunggelenkfrakturen

Am Sprunggelenk können Übergangsfrakturen arthroskopisch assistiert operativ versorgt werden. Beschrieben wird bei 4 Patienten, das unter arthroskopischer Sicht eine Reposition erfolgreich durchgeführt werden kann [10]. Wir haben mit der Arthroskopie am OSG bei Frakturen keine Erfahrung und haben sie bisher nicht durchgeführt aufgrund der Ausdehnung der Operation, ohne die man unseres Erachtens keine adäquate Sicht in die dorsale Hälfte des Sprunggelenks bekommt.

Osteochondrosis dissecans tali

Die häufigste Indikation für eine Arthroskopie des Sprunggelenks im Kindes- und Jugendalter ist wohl die Osteochondrosis dissecans tali. Meist sind Kinder und Jugendliche über 10 Jahren betroffen. In etwa 80 % ist der OD-Herd im mittleren oder hinteren Anteil der medialen Talusrolle lokalisiert. Seltener tritt an der lateralen Taluskante eine Osteochondrosis dissecans auf. Als prädisponierende Faktoren werden hohe sportliche Aktivität, Bandlaxizität, und Übergewicht angesehen.

Die laterale osteochondrale Läsion wird häufig durch eine akute Abscherverletzung der Talusrolle an der Fibula bei Inversion des dorsal flektierten Fußes verursacht.

Der dorsomediale OD-Herd entsteht am häufigsten durch repetitive Anschläge zwischen der dorsomedialen Talusrolle und der Tibia bei Supinationen des plantar flektierten Fußes im Sinne einer Ermüdungsfraktur.

Therapie

Im MRT-Stadium I, II und III kann konservativ behandelt werden. Die Therapie bei Beschwerden besteht in einer Sportkarenz bis hin zur Entlastung durch Unterarmgehstützen [8]. Kontrovers wird die Ruhigstellung gesehen. Sie führt einerseits zu einer Störung der Gelenktrophik, anderseits könnte eine Ruhigstellung mit Sarmiento-Brace die Unruhe durch die Bandlaxizität beeinflussen. Ob aber ein chronisches Geschehen durch Ruhigstellung zu beeinflussen ist, bleibt fraglich. Die Sportkarenz sollte zur Ausheilung bestehen bleiben.

Die Prognose hängt von Alter, Stadium und der Lokalisation ab. Der laterale OD-Herd scheint eine ungünstigere Spontanheilungstendenz zu besitzen. Prinzipiell gilt: je jünger die Kinder und umso kleiner der Herd, desto besser ist die Prognose.

Kommt es zu keiner Ausheilung unter der konservativen Therapie, so wird eine diagnostische Arthroskopie durchzuführen sein, um den MRT-Befund zu verifizieren. Mit der Arthroskopie wird eine Bestandsaufnahme gemacht, dabei sind die meisten OD-Herde gut arthroskopisch beurteilbar.

Eine arthroskopisch oder Röntgenbildverstärker-gestützte perkutane retrograde Anbohrung, ggf. mit Spongiosaplastik, wird im Stadium II–III durchgeführt. Im Stadium IV ist eine retrograde Anbohrung nicht mehr sinnvoll. Liegt der OD-Herd ventromedial, so kann er möglicherweise über eine Arthrotomie unter maximaler Plantarflexion erreichbar sein. Liegt er dorsomedial, ist es wahrscheinlich, dass über eine Arthrotomie keine ausreichende Sicht besteht. Sind die Epiphysenfugen geschlossen, kann über eine Innenknöchelosteotomie der dorsomediale Talus gut erreicht werden. Handelt es sich um einen lateralen OD-Herd, so muss ggf. über eine Fibulaosteotomie oberhalb der Wachstumsfuge der Talus dargestellt werden.

Bei bestehendem Knorpeldefekt mit zerstörtem Dissekat bestehen die gleichen Möglichkeiten wie am Kniegelenk:

  • 1. Mikrofrakturierung, antegrade Anbohrung
  • 2. Osteochondrale Autograft-Transplatation (OATS)
  • 3. Autologe Chondrozytentranspantation (ACT).

Aufgrund der hohen Regenerationsfähigkeit beim Kind würden wir einer Mikrofrakturierung zunächst den Vorzug geben.

Ellenbogengelenk

Die Osteochondrosis dissecans des Ellenbogens tritt bei Kindern über 10 Jahren auf. Als wesentliche Faktoren für die Entstehung von OD-Herden am Ellenbogen werden repetitive Mikrotraumen angesehen. In den USA kommen diese osteochondralen Läsionen im Sinne von Ermüdungsfrakturen gehäuft bei jugendlichen Baseballspielern vor. Beim Wurf kommt es zu einer valgisierenden Krafteinleitung in den Ellenbogen, welche zu einer repetitiven Kompression des Radiusköpfchens am Capitulum humeri mit Entwicklung einer subchondralen Läsion führt. Am Capitulum humeri sind jene Gelenkregionen besonders betroffen, die zwischen 30–90° Flexion mit dem Radiusköpfchen artikulieren. Im Kindesalter wird das Capitulum humeri durch eine dorsal liegende Arterie versorgt, bei offenen Wachstumsfugen stellt sie eine Endarterie dar.

Im Stadium I–II im MRT sollte eine konsequente Sportkarenz verordnet werden. Eine Ruhigstellung des Ellenbogengelenks sollte nicht erfolgen. Im Stadium III empfiehlt sich eine antegrade Anbohrung. Über die operative Versorgung im Stadium IV wird kontrovers diskutiert. Da in Langzeituntersuchungen bei der Hälfte der Patienten sekundäre arthrotische Veränderungen auftreten, ist über eine antegrade Anbohrung und Spongiosaplastik mit Fixation nachzudenken.

Im Stadium V (freier Gelenkkörper) sollte über eine Arthroskopie der Ellenbogen untersucht und der freie Gelenkkörper entfernt werden. Falls es der Zustand des Dissekates ermöglicht, ist es bei Kindern sinnvoll, eine Erhaltung zu versuchen. Ist dies nicht möglich, so sollten Mikrofrakturierungen bzw. eine antegrade Anbohrung erfolgen.

Die Prognose ist davon abhängig, dass die Indikation früh gestellt wird und eine konsequente Sportkarenz für die schädigende Bewegung eingehalten wird.

Eine andere Ätiologie hat der Morbus Panner. Hier handelt es sich um eine avaskuläre Osteonekrose. Im Vergleich zur traumatischen OD, die nur Teile des Capitulum ausmacht, ist beim M. Panner ein Großteil des Capitulum involviert. Das Haupterkrankungsalter liegt entgegen der traumatischen OD zwischen 6 und 8 Jahren.

In der Frakturversorgung der intraartikulären Ellenbogen-Frakturen, dies sind im wesentlichem die Kondylus-radialis-Frakturen, stellt unseres Erachtens die Arthroskopie aufgrund des ausgeprägten Weichteilschaden keinen Vorteil dar, unsere Erfahrung zeigte eine ausgeprägte Zunahme der Weichteilschwellung durch die abfließende Spüllösung.

Interessenkonflikt

Keine angegeben.

Literatur

1. Abdon P, Bauer M: Incidence of meniscal lesions in children. Increase associated with diagnostic arthroscopy. Acta Orthop Scand 1989; 60: 710–1

2. Agneskircher JD, Lobenhoffer P: Arthroscopic meniscus surgery. Technical-operative methods. Unfallchirurg 2004; 107: 795–801

3. Clark H, Ogden H: Development of the menisci. J Bone Joint Surg (A) 1983; 65: 538–47

4. Feucht MJ, Brucker BU, Camathias C et al.: Meniscal injuries in children and adolescents, undergoing treatment for tibial eminence fracture. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2017; 25: 445–53

5. Hefti F, Bequiristain J, Krauspe R et al.: Osteochondrosis dissecans: a multicenter study of the European Pediatric Orthopedic Society. J Pediatr Orthop B 1999; 8: 231–45

6. Kelly BT, Green DW: Discoid lateral meniscus in children. Curr Opin Pediatr 2002, 14: 54–61

7. Kocher MS, Klingele K, Rassmann SO: Meniscal disorders: normal,discoid, and cysts. Orthop Clin North Am 2003; 34: 329–40

8. Kramer J, Stiglbauer R, Engel A et al.: MR contrastarthrography in osteochondrosis dissecans. J Comput Assist Tomogr 1992; 16: 254–60

9. McCarrol JR, Shelbourne KD, Porter DA, Rettig AC, Murray S: Patellar tendon graft reconstruction for midsubstance anterior cruciate ligament rupture in junior high school athletes – an algorithm for management. Am J Sports Med 1994; 22: 478–84

10. McGillion S, Jackson M, Lahoti O: Arthroscopically assisted percutaneous fixation of triplane fracture of the distal tibia. J Pediatr Orthop B. 2007; 16: 313–16

11. Stewart MJ, Milford LW: Fracture – Dislocation of the hip. JBJS (Am) 1954; 36: 315–41

12. Watanabe M, Takeda S, Icheuchi H: Atlas of arthroscopy; 3rd: edn. Berlin, Heidelberg: Springer

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Francisco F. Fernandez
Kinder- und Jugendtraumatologie,
Orthopädie
Olgahospital/Klinikum Stuttgart
Kriegsbergstraße 62,
70172 Stuttgart
f.fernandez@klinikum-stuttgart.de

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