Übersichtsarbeiten - OUP 01/2019

Arthroskopie in der Frakturversorgung im Kindesalter

Eine Unterteilung der traumatischen Hüftgelenksluxation nach Alter ist beim wachsenden Skelett sehr sinnvoll, denn während bei Kindern unter dem 5./6. Lebensjahr Bagatelltraumata ausreichend sind, damit es zu einer Hüftluxation kommt, braucht es bei älteren Kinder mit zunehmenden Alter Hochenergietraumata.

Es gibt keine für Kinder und Jugendliche spezifische Klassifikation für die traumatische Hüftluxation. Die gebräuchlichste Klassifikation von Stewart und Milford [11] lässt sich auch beim wachsenden Skelett benutzen. Die Klassifikation basiert auf der Stabilität der Hüfte nach der Reposition:

  • Grad 1: Einfache Luxation ohne Fraktur
  • Grad 2: Luxation mit einer Fraktur der Hinterwand bei jedoch genügendem Azetabulum, um die Stabilität nach der Reposition zu gewährleisten
  • Grad 3: Luxation mit massiver Hinterwandbeteiligung, die zu einer Instabilität der Hüfte führt
  • Grad 4: Luxation mit Frakturen des Femurkopfs oder Schenkelhalses.

Therapie

Nach erfolgter Diagnosestellung sollte möglichst schonend eine Reposition in Narkose durchgeführt werden, um soweit wie möglich Epiphyseolysen am Hüftkopf, Schenkelhalsfrakturen und osteochondrale Läsionen am Pfannenrand zu verhindern.

Nach der Reposition gilt es zu beurteilen, ob der Hüftkopf zentriert reponiert ist oder eine Dezentrierung vorliegt, die auf ein eingeschlagenes Weichteil, interponierte knorpelige Avulsionen der knorpeligen Gelenkpfanne oder freie osteochondrale Kopfteile hinweist (Abb. 7). Weiter gilt es zu klären, wie stabil das Hüftgelenk nach der Reposition ist.

In einigen Studien wurde darauf hingewiesen, dass in über 50 % der erfolgreich reponierten Hüftluxationen in der Röntgendiagnostik unerkannte Läsionen vorhanden waren.

Beim Nachweis von freien osteochondralen Läsionen, interponierten Weichteilen oder interponierten Avulsionsläsionen des dorsalen Pfannenrands sollte über eine arthroskopische operative Versorgung nachgedacht werden (Abb. 7).

Sprunggelenke

Sprunggelenkfrakturen

Am Sprunggelenk können Übergangsfrakturen arthroskopisch assistiert operativ versorgt werden. Beschrieben wird bei 4 Patienten, das unter arthroskopischer Sicht eine Reposition erfolgreich durchgeführt werden kann [10]. Wir haben mit der Arthroskopie am OSG bei Frakturen keine Erfahrung und haben sie bisher nicht durchgeführt aufgrund der Ausdehnung der Operation, ohne die man unseres Erachtens keine adäquate Sicht in die dorsale Hälfte des Sprunggelenks bekommt.

Osteochondrosis dissecans tali

Die häufigste Indikation für eine Arthroskopie des Sprunggelenks im Kindes- und Jugendalter ist wohl die Osteochondrosis dissecans tali. Meist sind Kinder und Jugendliche über 10 Jahren betroffen. In etwa 80 % ist der OD-Herd im mittleren oder hinteren Anteil der medialen Talusrolle lokalisiert. Seltener tritt an der lateralen Taluskante eine Osteochondrosis dissecans auf. Als prädisponierende Faktoren werden hohe sportliche Aktivität, Bandlaxizität, und Übergewicht angesehen.

Die laterale osteochondrale Läsion wird häufig durch eine akute Abscherverletzung der Talusrolle an der Fibula bei Inversion des dorsal flektierten Fußes verursacht.

Der dorsomediale OD-Herd entsteht am häufigsten durch repetitive Anschläge zwischen der dorsomedialen Talusrolle und der Tibia bei Supinationen des plantar flektierten Fußes im Sinne einer Ermüdungsfraktur.

Therapie

Im MRT-Stadium I, II und III kann konservativ behandelt werden. Die Therapie bei Beschwerden besteht in einer Sportkarenz bis hin zur Entlastung durch Unterarmgehstützen [8]. Kontrovers wird die Ruhigstellung gesehen. Sie führt einerseits zu einer Störung der Gelenktrophik, anderseits könnte eine Ruhigstellung mit Sarmiento-Brace die Unruhe durch die Bandlaxizität beeinflussen. Ob aber ein chronisches Geschehen durch Ruhigstellung zu beeinflussen ist, bleibt fraglich. Die Sportkarenz sollte zur Ausheilung bestehen bleiben.

Die Prognose hängt von Alter, Stadium und der Lokalisation ab. Der laterale OD-Herd scheint eine ungünstigere Spontanheilungstendenz zu besitzen. Prinzipiell gilt: je jünger die Kinder und umso kleiner der Herd, desto besser ist die Prognose.

Kommt es zu keiner Ausheilung unter der konservativen Therapie, so wird eine diagnostische Arthroskopie durchzuführen sein, um den MRT-Befund zu verifizieren. Mit der Arthroskopie wird eine Bestandsaufnahme gemacht, dabei sind die meisten OD-Herde gut arthroskopisch beurteilbar.

Eine arthroskopisch oder Röntgenbildverstärker-gestützte perkutane retrograde Anbohrung, ggf. mit Spongiosaplastik, wird im Stadium II–III durchgeführt. Im Stadium IV ist eine retrograde Anbohrung nicht mehr sinnvoll. Liegt der OD-Herd ventromedial, so kann er möglicherweise über eine Arthrotomie unter maximaler Plantarflexion erreichbar sein. Liegt er dorsomedial, ist es wahrscheinlich, dass über eine Arthrotomie keine ausreichende Sicht besteht. Sind die Epiphysenfugen geschlossen, kann über eine Innenknöchelosteotomie der dorsomediale Talus gut erreicht werden. Handelt es sich um einen lateralen OD-Herd, so muss ggf. über eine Fibulaosteotomie oberhalb der Wachstumsfuge der Talus dargestellt werden.

Bei bestehendem Knorpeldefekt mit zerstörtem Dissekat bestehen die gleichen Möglichkeiten wie am Kniegelenk:

  • 1. Mikrofrakturierung, antegrade Anbohrung
  • 2. Osteochondrale Autograft-Transplatation (OATS)
  • 3. Autologe Chondrozytentranspantation (ACT).

Aufgrund der hohen Regenerationsfähigkeit beim Kind würden wir einer Mikrofrakturierung zunächst den Vorzug geben.

Ellenbogengelenk

Die Osteochondrosis dissecans des Ellenbogens tritt bei Kindern über 10 Jahren auf. Als wesentliche Faktoren für die Entstehung von OD-Herden am Ellenbogen werden repetitive Mikrotraumen angesehen. In den USA kommen diese osteochondralen Läsionen im Sinne von Ermüdungsfrakturen gehäuft bei jugendlichen Baseballspielern vor. Beim Wurf kommt es zu einer valgisierenden Krafteinleitung in den Ellenbogen, welche zu einer repetitiven Kompression des Radiusköpfchens am Capitulum humeri mit Entwicklung einer subchondralen Läsion führt. Am Capitulum humeri sind jene Gelenkregionen besonders betroffen, die zwischen 30–90° Flexion mit dem Radiusköpfchen artikulieren. Im Kindesalter wird das Capitulum humeri durch eine dorsal liegende Arterie versorgt, bei offenen Wachstumsfugen stellt sie eine Endarterie dar.

Im Stadium I–II im MRT sollte eine konsequente Sportkarenz verordnet werden. Eine Ruhigstellung des Ellenbogengelenks sollte nicht erfolgen. Im Stadium III empfiehlt sich eine antegrade Anbohrung. Über die operative Versorgung im Stadium IV wird kontrovers diskutiert. Da in Langzeituntersuchungen bei der Hälfte der Patienten sekundäre arthrotische Veränderungen auftreten, ist über eine antegrade Anbohrung und Spongiosaplastik mit Fixation nachzudenken.

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