Übersichtsarbeiten - OUP 01/2019

Arthroskopie in der Frakturversorgung im Kindesalter

Meyers und McKeever haben 1970 die bis heute geltende und am häufigsten benutzte Klassifikation der Eminentia-intercondylaris-Ausriss- frakturen eingeführt. In Abhängigkeit vom Dislokationsgrad werden 3 Typen unterschieden:

  • Typ I: leichte Dislokation der Eminentia
  • Typ II: Dislokation des anterioren Anteils nach kranial bei verbliebenem Kontakt des posterioren Anteils mit der Tibia
  • Typ III: vollständige Trennung der dislozierten Eminentia (Abb. 2)

Die Klassifikation von Meyers und McKeever wurde durch Zaricznyi um einen zusätzlichen Typ IV als dislozierte fragmentierte Eminentia erweitert.

Für die undislozierten Eminentia-Abrisse besteht ein Konsens zur konservativen Therapie im Oberschenkel-Tutor. Die Typ-II-Abrisse können sowohl konservativ als auch operativ behandelt werden. In neueren Arbeiten wird jedoch darauf hingewiesen, dass auch beim Typ II in bis zu 25 % mit Begleitverletzung gerechnet werden kann [4]. Für Typ III und IV wird eine operative Versorgung empfohlen. Dislozierte Frakturen sollten
arthroskopisch versorgt werden, insbesondere um Begleitverletzungen der Menisken zu erkennen.

Es wurde über eine Vielzahl von Fixationsmöglichkeiten berichtet:

  • 1. Arthroskopische Reposition und Durchflechtungsnähte
  • 2. Arthroskopische Reposition und Cerclagen
  • 3. Arthroskopische Reposition und perkutane K-Draht-Spickung
  • 4. Arthroskopische Reposition und retrograde K-Draht-Anker (Abb. 2)
  • 5. Arthroskopische Reposition und Fixation mittels Schraubenosteosynthese

Die von uns favorisierte Technik ist die arthroskopische Reposition und Fixierung mit retrogradem K-Draht-Anker (Abb. 2). Über einen anterolateralen und anteromedialen Zugang werden die Instrumente eingeführt. Wir benutzen die 4-mm-Optik. Nach Spülung des Kniegelenks wird zunächst ein diagnostischer Rundgang durchgeführt, um Begleitverletzungen festzustellen. Anschließend wird die Eminentia inspiziert, hierzu verwenden wir einen Tasthaken und heben die Eminentia an. In der Regel verläuft das Frakturbett weit nach ventral, sodass der Hoffa-Fettkörper partiell mit dem Shaver abgetragen sowie das Frakturbett vorsichtig dargestellt werden muss. Über das mediale Portal wird ein Kreuzbandzielgerät eingeführt, damit lässt sich in der Regel die Eminentia sehr gut reponieren. Kommt es zu keiner adäquaten Reposition, so muss daran gedacht werden, dass das Ligamentum transversum interponiert ist (Abb. 2b).

In ca. 20°-Flexion wird über das Zielgerät ein K-Draht der Stärke 1,2 mm in die Eminentia eingebracht, mit einem Nadelhalter umgebogen und zurückgezogen und damit die Eminentia fixiert. Anschließend wird die Kamera über das mediale Portal und von lateral das Zielinstrumentarium erneut eingeführt. Dann wird ein zweiter K-Draht gekreuzt zum ersten retrograd eingebracht, mit dem Nadelhalter umgebogen und zurückgezogen. Die K-Drähte werden über eine Stichinzision am Knochen umgebogen, sodass sie nicht mehr zurückgleiten können (Abb. 2). Die Metallentfernung ist ebenfalls leicht, die K-Drähte können über eine Stichinzision ohne Kniegelenkseröffnung herausgezogen werden, die dünnen Drähte biegen sich auf.

Meniskusverletzungen

Meniskusverletzungen sind im Kindes- und Jugendalter seltene Läsionen, da in diesem Alter keine degenerativen Meniskusläsionen auftreten. Dennoch wurde in einer 1989 von Abdon und Bauer publizierten epidemiologischen Studie aus Schweden [1] eine Steigerung der Inzidenz der Menikusläsionen von 7 auf 25 pro 100.000 Kinder gezeigt. Therapiert werden müssen in diesem Alter im Wesentlichen der traumatische Meniskusriss und der symptomatische Außenscheibenmeniskus [12].

Verschiedene Autoren berichten über eine hohe Assoziation von Meniskusläsion, vorderer Kreuzband-Ruptur (VKB-Ruptur) und Eminentia-intercondylaris-Abriss (Abb. 3), daher muss bei einer Meniskusläsion zwingend eine VKB-Ruptur ausgeschlossen werden [4, 7].

Die Menisken werden von der Gelenkkapsel her mit Blut versorgt. Zum Zeitpunkt der Geburt ist der gesamte Meniskus vaskularisiert. Bis zum 9. Lebensmonat bildet sich die Vaskularisierung im inneren Drittel zurück, die Durchblutung nimmt kontinuierlich zentrifugal ab und erreicht etwa mit dem 10. Lebensjahr die Verhältnisse wie beim Erwachsenen [3].

Zwar treten im Kindes- und Jugendalter im Prinzip alle Formen von Meniskusläsionen auf, die häufigste Rissform ist jedoch der Längsriss (Abb. 3). Dabei sind mediale Meniskusverletzungen häufiger als laterale [6]. Im Vergleich zum Erwachsenen werden Lappeneinrisse am inneren Rand sehr selten beobachtet.

Treten im Kindes- und Jugendalter Längsrisse, Korbhenkelrisse in der rot-weißen oder in der rot-roten Zone auf, so sollte eine arthroskopische Refixation angestrebt werden, da die Ergebnisse im Vergleich zum Erwachsenen eine deutlich bessere Heilungsprognose vorweisen [7].

Bei Meniskusläsionen in der weiß-weißen Zone, also im inneren Drittel, sollte auch bei Kindern reseziert werden, da hier mit Beendigung des ersten Lebensjahres keine Vaskularisation mehr vorhanden ist.

Bei Patienten mit Begleitverletzungen, insbesondere der Kreuzbänder, haben Meniskusnähte auch beim Kind aufgrund der Instabilität eine schlechte Prognose. Aufgrund der sagittalen Instabilität nach VKB-Rupturen kommt es auch bei Kindern bereits nach einigen Monaten in einem hohen Prozentsatz zu Meniskusschäden (Abb. 4). Bei einer sagittalen Instabilität sollte grundsätzlich zur Meniskuschirurgie eine Kreuzbandersatzplastik durchgeführt werden.

Berichtet wird über eine Spontanheilung bei kurzen Längsrissen im Hinterhorn des Außenmeniskus bei frischen Kreuzbandverletzungen mit Meniskusschaden [2].

Die Meniskusrefixation sollte möglichst arthroskopisch durchgeführt werden. Die angewendeten Techniken entsprechen den Techniken, die in der Erwachsenenchirurgie angewandt werden.

Die Versorgung der Meniskusläsion ist lokalisationsabhängig. In der „Inside-out“- bzw. „Outside-in“-Technik können die Meniskusläsionen des Vorderhorns oder der Pars intermedia refixiert werden. Lateral bildet die Popliteussehne die Grenze. Im Bereich des Hinterhorns empfiehlt sich die „All-inside“-Technik.

In der Nachbehandlung empfehlen wir zum Schutz der Naht eine Teilbelastung mit Bodenkontakt sowie eine Bewegungslimitierung in einer Orthese von 0/20/60 Extension/Flexion über 6 Wochen und 0/0/90 Extension/Flexion über 2 Wochen.

Hüftgelenk

Intraartikuläre Verletzungen des Hüftgelenks im Kindes- und Jugendalter sind extrem selten. Traumatische Hüftluxation in der Kindheit machen ca. 5 % aller traumatischen Hüftluxationen aus.

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