Übersichtsarbeiten - OUP 02/2014

Das Facettensyndrom
Grundlagen, OP-Technik und Ergebnisse der perkutanen FacettenkoagulationBasics, surgical technique and results of the percutaneous coagulation

Ogsbury et al. [33] berichteten über ihre Erfahrungen mit der Facetteninjektion (Injektionsvolumen 1,5 ml, Xylocain oder eine Mischung aus Marcain und Depomedrol) und der Denervation mit der Radiofrequenztechnik. 44 von 95 Patienten (46 %) hatten nach Injektion Schmerzerleichterung, sodass bei diesen Patienten eine Facettenkoagulation durchgeführt werden konnte. Bei 14 Patienten wurde ein mittelfristiger Erfolg (> 6 Monate) erzielt, wobei Ogsbury eine Erfolgsrate von 21 % angibt.

Dieser Zahlenwert wird in der Literatur besonders gern von Kritikern der Methode zitiert. Der Denkansatz zur Berechnung dieses Wertes ist aber unüblich. Betrachtet man die Facetteninjektion als ein Auswahlkriterium für das Facettensyndrom, wie dies auch andere Autoren praktizieren, dann wurde bei 44 Patienten die Diagnose Facettensyndrom gestellt und bei 14 Patienten (32 %) konnte nach 6 Monaten ein Behandlungseffekt beobachtet werden. Von seinen insgesamt 71 Patienten, bei denen eine Thermokoagulation durchgeführt wurde, profitierten nach 6 Monaten 35 %, nach 13 Monaten nur noch 19 %.

Oudenhoven [34] berichtete über 801 Patienten. 603 (Kategorie I) Patienten hatten keine, 198 (Kategorie II) eine oder mehrere vorhergehende Wirbelsäulenoperationen gehabt. Folgende Ergebnisse wurden erzielt:

  • Kategorie I: Nach 6 Monaten 83 % mindestens gute Resultate, 1–7 Jahre nach Durchführung der Facettenkoagulation 68 % gute bis sehr gute Resultate.
  • Kategorie II: Nach 6 Monaten 57 % gute bis sehr gute Schmerzreduktion, nach 1–7 Jahren 35 % gute bis sehr gute Schmerzfreiheit.

Schaerer [35] berichtet über 57 Facettenkoagulationen an Patienten mit den Selektionskriterien

  • a) vorausgegangene positive Nervenblockade mit Lokalanästhetikum und
  • b) Druckschmerz über den Facetten.

Der Nachuntersuchungszeitraum wird mit 4–24 Monaten angegeben. Alle Patienten hatten bis auf eine Ausnahme mehrere Monate an therapieresistenten Schmerzen gelitten. Der Behandlungserfolg wurde über prä- und postoperative Patientenbefragung mit dem gleichen Fragebogen anhand der Punktedifferenz erhoben. Insgesamt wurden 35 % gute und sehr gute Resultate erzielt. Bemerkenswert ist, dass Zeichen einer Nervenwurzelbeteiligung nicht wie sonst üblich als Ausschlusskriterium für eine Facettenkoagulation herangezogen wurden. Von 16 Patienten mit Wurzelbeteiligung wurde bei 3 Patienten ein gutes Ergebnis erzielt, 4 Patienten hatten immer noch geringe Langzeitwirkung.

Eigene Untersuchungen haben ergeben, dass unabhängig von Patienteneigenschaften die Rezidivquote nach 6 Jahren bei ca. 50 % liegt (bezogen auf die initial guten bis sehr guten Behandlungsresultate). Geringere Rezidivneigung scheinen Patienten mit prognostisch günstigen psychosozialen Voraussetzungen zu haben, höhere Rezidivneigung Patienten mit prognostisch ungünstigen Voraussetzungen [27].

Es liegen verschiedene doppelblinde, randomisierte und kontrollierte Studien vor über die Radiofrequenz-Denervierung an lumbalen Facettengelenken [36, 37].

In der Studie von van Kleef et al. [36] wurden nur solche Patienten aufgenommen, welche bereits mehrere Ärzte aufgesucht hatten und eine ausgiebige Diagnostik durchliefen. Alle Patienten hatten bereits physikalische Therapie, chirotherapeutische Manipulationen, TENS und Analgetika mit unbefriedigendem Ergebnis erhalten. Diese Patienten mussten zusätzlich ein Lebensalter zwischen 20 und 60 Jahren haben, einen chronischen Rückenschmerz über mehr als 12 Monate beklagen, eine mittlere Schmerzstärke von mindestens 4 auf der Visuellen Analogskala (VAS) oder eine Höchstschmerzstärke von mindestens 7 (VAS) aufweisen sowie keine neurologischen Defizite. Patienten mit Wirbelsäulenoperationen und speziellen Ursachen der Rückenschmerzen wie Diskusprolaps, Spondylolisthesis, M. Bechterew, spinale Stenose, Infektionen oder Traumata wurden ausgeschlossen, ebenso Fälle mit Diabetes mellitus und multilokulärem Schmerzsyndrom.

Patienten, welche die obigen Kriterien erfüllten, wurden einem diagnostischen Block unterzogen. Dabei wurde 0,75 ml Lidocain 1 % an jedem Zielpunkt (R. medialis des Ramus dorsalis) injiziert. Zum Auswerten eines positiven Ergebnisses wurde die Likert-Skala herangezogen. Patienten, welche eine Schmerzabschwächung von mindestens 50 % hatten, wurden in die Studie aufgenommen. Von 92 Patienten, welche die o.g. Kriterien erfüllten, erfuhren 31 eine Schmerzreduktion über 50 % und wurden in die endgültige Studie übernommen. Dabei wurden 15 Patienten randomisiert der Läsions-Gruppe und 16 Patienten der Placebo-Gruppe zugeteilt.

Die Läsions-Gruppe erhielt eine Radiofrequenztherapie des Ramus medialis mit 80 °C Temperatur über eine Dauer von 60 Sekunden. Bei der Placebo-Gruppe wurde die gleiche Prozedur ohne Stromanwendung durchgeführt. Das Kriterium der Doppelblindheit wurde erreicht, indem der Operateur nach Setzen der Elektrode und der Lokalanästhesie den Raum verließ. Die übliche Diagnostik betreffend Sensorik, Motorik und die eigentliche Läsion wurden durch einen unabhängigen Untersucher durchgeführt. Die Patienten waren über das eigentliche Verfahren nicht informiert. Die Evaluation fand mittels VAS täglich statt, der Behandlungserfolg wurde vom Patienten auf einer 7-Punkte-Skala beurteilt (–3 sehr schlecht, 0: keine Änderung, +3: kein Schmerz mehr). Das physische Impairment wurde auf dieser Skala nach Waddell und Mayn [13] festgehalten.

Die Disabilities wurden nach dem Oswestry-Score beurteilt; der Coop-Wonca-Chart diente zur Eruierung der Lebensqualität. Das Assessment fand direkt vor und 8 Wochen nach der Behandlung statt. Nur bei Patienten mit einer Mindestreduktion von 2 Punkten auf der VAS und mindestens 50 % Schmerzreduktion wurden die Behandlung als Erfolg, alle schlechteren Ergebnisse als Misserfolg gewertet. Das Assessment wurde am 3., 6. und 12. Monat wiederholt. Die statistische Analyse betrachtete als primäre Outcome-Variable den Behandlungserfolg nach 8 Wochen. Dieser wurde zwischen der Läsions- und der Placebo-Gruppe verglichen. Sekundäre Outcome-Daten waren die Unterschiede der Veränderungen auf der VAS, der Oswestry-Disability-Scala sowie dem Coop-Wonca-Quality of Life.

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