Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Die chirurgische Therapie der rheumatischen Fußdeformität

Wie bei der „normalen“ Chirurgie ist beispielsweise die Operationsdauer ein signifikanter Risikofaktor für postoperative Komplikationen [15] ebenso wie Rauchen [16] und das Ausmaß der Operation im Hinblick auf die Größe des Gewebetraumas [20].

Bei Patienten mit lange Zeit bestehenden kontrakten Kleinzehen besteht darüber hinaus das Risiko, dass aufgrund der unelastischen und brüchigen Gefäßsituation nach der Korrektur Durchblutungsstörungen auftreten. Diese können sowohl den arteriellen Einstrom („weiße Zehe“) als auch den venösen Abstrom („blaue Zehe“) betreffen. Die Durchblutungsstörung wird spätestens nach Öffnen der Blutsperren-Manschette bemerkt. Dann müssen die entsprechenden Maßnahmen getroffen werden, um das Problem zu beheben [10]. Vor allem müssen gegebenenfalls Kirschner-Drähte entfernt werden, auch wenn dann die Deformität wieder eintreten sollte.

Operationsverfahren

Prinzipien der operativen Strategie sind die Stabilisierung, die Stellungskorrektur und Entlastung der Weichteile durch Verkürzung.

Probleme bereiten evtl. die Weichteilverhältnisse der Haut und der kleinen Gefäße, insbesondere bei lang bestehenden und ausgeprägten Dislokationen und Kontrakturen, die instabilen Gelenke und die möglicherweise bestehende Destruktion der Gelenke.

Die zur Korrektur der Fehlstellungen und der Druckentlastung lange Zeit als Standardoperation durchgeführte, mit den Namen Clayton und Tillmann verbundene Vorfußrekonstruktion mit Resektions-Arthroplastiken aller Zehengrundgelenke, einschließlich des Großzehengrundgelenks ist sicher nicht mehr zeitgemäß [21, 22]. Die dabei durchgeführte Arthroplastik des Großzehengrundgelenks hat sich zunehmend als problematisch herausgestellt [23], weil vor allem der Hallux valgus rezidiviert, sodass stattdessen die Arthrodese des Großzehengrundgelenks durchgeführt wurde [24]. Bei Instabilität des ersten Strahls mit vorhandenem Pes planovalgus ist die Korrekturarthrodese des TMT-I-Gelenks (Lapidus-Arthrodese) der Großzehengrundgelenk-Arthrodese vorzuziehen [25, 26]. Selbst bei röntgenologisch vorhandenen Veränderungen im Großzehengrundgelenk ist eine Arthrodese nicht immer erforderlich, wenn hier keine Beschwerden bestehen.

Im Vergleich zwischen stabilem ersten Strahl und Resektionsarthroplastik des Großzehengrundgelenks waren die Patienten mit der Arthrodese zufriedener [27]. Eine jüngst veröffentlichte prospektive Studie an 52 Patienten zum Vergleich Arthrodese gegen Arthroplastik des Großzehengrundgelenks mit einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von über 4 Jahren zeigte im Hinblick auf die Bildung von neu aufgetretenen Verhornungen keinen signifikanten Unterschied. Allerdings waren die Anzahl der Verhornungen und das Ausmaß der Hallux valgus-Deformität in der Arthroplastik-Gruppe deutlich höher. In der Arthrodesen-Gruppe waren die Patienten auch wesentlich zufriedener [22]. Die Resektionsarthroplastik des Großzehengrundgelenks resultiert offenbar in schlechteren Ergebnissen, sodass sie nicht mehr empfohlen wird.

Die Beurteilung des Operationsergebnisses fußt auf der Schmerzbeeinflussung und Beseitigung der Verhornungen. Die Ergebnisse diesbezüglich sind in den einzelnen Arbeiten durchaus verschieden. Wenn beispielsweise in Publikationen nach Resektions-Arthroplastiken der Kleinzehengrundgelenke eine hohe Rezidiv-Rate der Verhornungen beschrieben wird, zeigen die abgebildeten Röntgenaufnahmen relativ lange Stümpfe der Metatarsalia [28], sodass die Rezidive möglicherweise in diesem Operationsdetail begründet ist und nicht im Prinzip der Resektionsarthroplastik selbst.

Weder die Resektionsarthroplastik der Kleinzehengelenke noch die gelenkerhaltenden Weil-Operationen sind frei von Rezidiven der Verhornungen und Metatarsalgien [29, 30]. Die derzeitige Studienlage ist nicht ausreichend, um den Stellenwert der gelenkerhaltenden Verfahren einschätzen zu können [31]. Sie bieten aber die Möglichkeit des Rückzugs auf Arthrodese und Resektion, wenn Beschwerden fortbestehen oder neu auftreten.

In einer Serie von 49 konsekutiven Patienten mit SCARF- und WEIL-Operation waren 88 % mit dem Ergebnis zufrieden. Bei 12 % wurden die Schmerzen auf anhaltende bzw. neu aufgetretene Artikulo-Synovialitis zurückgeführt [32].

Bei Instabilität des ersten Strahls mit vorhandenem Pes planovalgus ist die Korrekturarthrodese des TMT-I-Gelenks (Lapidus-Arthrodese) der Großzehengrundgelenk-Arthrodese vorzuziehen. Selbst bei röntgenologisch vorhandenen Veränderungen im Großzehengrundgelenk ist eine Arthrodese nicht immer erforderlich, wenn hier keine Beschwerden bestehen. Die Lapidus-Arthrodese des TMT-I-Gelenks in Verbindung mit Resektions-Arthroplastiken der Kleinzehengelenke zeigte gute Ergebnisse [25].

Barouk berichtet über eine Serie von 60 Patienten, die mit gelenkerhaltenden SCARF- und WEIL-Osteotomien behandelt wurden, knapp 10 % des Kollektivs allerdings mit primärer Großzehengrundgelenk-Arthrodese und Metatarsaleköpfchen-Resektion. Über einen durchschnittlichen Nachbehandlungszeitraum von über 6 Jahren werden in 95 % Ergebnisse ohne erneut aufgetretene Fehlstellungen [30] mitgeteilt. Die Indikation für die Arthrodese und die Metatarsaleköpfchen-Resektion machte er abhängig vom knöchernen Zustand der Gelenke und nicht von der Dauer und dem Ausmaß der Fehlstellung und der Dislokationen.

Die Operationstaktik beim rheumatischen Fuß generell besteht in der Verkürzung, Entlastung der Weichteile und Herstellung eines stabilen ersten Strahls. Barouk hat gezeigt, dass die Umsetzung dieses Prinzips auch unter Erhaltung aller nicht zu schwer geschädigten Gelenke möglich ist. Allerdings muss die Verkürzung der Metatarsalia ausreichend vorgenommen werden. Bei Barouk betrug die Verkürzung des Metatarsale I im Durchschnitt 11 mm, die der Metatarsalia II–V 13 mm [30].

Die gelenkerhaltenden Operationen sind offenbar im Ergebnis nicht schlechter als die Verfahren mit Resektion der Kleinzehengrundgelenke [33].

Wenn die Gelenke aus anatomischen Gründen nicht erhalten werden können, wird oben beschriebenes Prinzip in der sogenannten Vorfußrekonstruktion umgesetzt (Abb. 2). Dabei wird das Großzehengrundgelenk versteift. Der ursprünglich stark vergrößerte Intermetatarsalwinkel verkleinert sich dadurch erheblich [34]. Die Köpfe der Metatarsalia II–V und die Basen der Grundgliedknochen der Zehen II–IV werden entfernt. Die Metatarsalia werden in einer nach lateral abfallenden Länge reseziert. Die Grundphalanx der Kleinzehe bleibt in ganzer Länge erhalten Die Zehen II und III einerseits und die Zehen IV und V andererseits werden bis zum Mittelgelenk syndaktilisiert. Damit kommt es zur Ausrichtung der Kleinzehen, wobei die ansonsten notwendige temporäre Kirschner-Drahtfixierung vermieden wird. Dies trägt wesentlich zum höheren postoperativen Komfort des Patienten bei [35]. An den Kleinzehenmittelgelenken werden bei Bedarf Resektions-Arthroplastiken durchgeführt.

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