Übersichtsarbeiten - OUP 06/2022

Die geriatrische Beckenringfraktur
Im Spannungsfeld zwischen therapeutischem Nihilismus und 360°-Versorgung

Eine weitere Möglichkeit zur Therapie wenig dislozierter Schambeinastfrakturen ist eine Kriechschraube, die perkutan retrograd von medial nach lateral in den frakturierten Schambeinast eingebracht wird [12].

Generell muss das Ziel jeder operativen Stabilisierung, genau wie bei der konservativen Therapie, die Nachbehandlung unter schmerzadaptierter Vollbelastung sein, da geriatrischen Patienten aus den bereits bei der konservativen Therapie genannten Gründen eine Teilbelastung oder Entlastung in aller Regel nicht möglich ist.

Outcome

Die bisher veröffentlichten Studien konnten zeigen, dass geriatrische Beckenringfrakturen mit einer erhöhten Mortalität und mit langfristigen relevanten Einschränkungen von Mobilität, Lebensqualität und Alltagsfertigkeiten einhergehen, vergleichbar mit proximalen Femurfrakturen. Die 1-Jahres-Mortalitätsrate wird bei 16–19 % angegeben [25, 59, 60]. Weiterhin wird beschrieben, dass 1 Jahr nach der Fraktur nur 40 % der Patienten das vorbestehende Aktivitätsniveau wieder erreichen und dass die Lebensqualität und die körperliche Leistungsfähigkeit auch im Langzeitverlauf 1 bzw. 2 Jahre nach Fraktur noch signifikant niedriger als in der altersentsprechenden Normalbevölkerung ist [59–61].

Geriatrische Beckenringfrakturen stellen also ein einschneidendes Lebensereignis dar, zu deren Therapie es aktuell noch viele Unklarheiten gibt. Um die Therapie zu optimieren und somit die Prognose der Patienten zu verbessern, bedarf es noch weiterer intensiver Forschung.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Juliana Hack

Zentrum für Orthopädie und
Unfallchirurgie

Universitätsklinikum Gießen und
Marburg GmbH

Standort Marburg

Baldingerstraße

35043 Marburg

hackj@med.uni-marburg.de

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