Übersichtsarbeiten - OUP 01/2023

Die radiologische Beurteilung des Einheilungsverhaltens thermodesinfizierter Femurköpfe

Jörg Jerosch, Luisa Kuhlen, Rafael Peter

Hintergrund:
Die allogene Knochentransplantation mittels thermodesinfizierter Femurköpfe ist ein weit verbreitetes Verfahren. Die hohe Sicherheit, die weitgehend erhaltenen biologischen Wertigkeit sowie die guten biomechanischen Eigenschaften des behandelten Knochens sind beim Thermodesinfektionsverfahren bekannt.

Zielsetzung:
Ziel dieser retroperspektiven Studie war es, die Einheilung des thermodesinfizierten Knochentransplantates mittels Röntgenbildern zu beurteilen.

Methodik:
In einem Zeitraum von 11 Jahren wurden an 166 Patienten insgesamt 189 Transplantationsoperationen durchgeführt. Dabei fanden 207 allogenen thermodesinfizierte Spenderknochen Verwendung. Bei der Beurteilung der Einheilung wurden die Homogenität der Knochendichte, Ausrichtung der Trabekelstruktur, sowie Saumbildung oder Lysezonen zwischen dem Transplantat oder dem Empfängerknochen radiologisch bewertet. Ein klinischer Erfolg des allogenen Transplantates bestand dann, wenn dieses aufgrund einer Avitalität nicht entfernt werden musste und keine Revisionsoperation vor dem Sichtbarwerden von radiologischen Einheilungszeichen stattfand.

Ergebnisse:
Die Erfolgsrate der allogenen Transplantationsoperation wurde in der Studie mit 74 % angegeben. In knapp über 10 % kam es hingegen zu einer Avitalitätsentwicklung des Knochentransplantates. In weiteren 14 % der Operationen wurde eine Revisionsoperation aufgrund von Komplikationen angeschlossen, ohne dass vorher radiologische Einheilungszeichen ersichtlich waren. Bei 2 % der Fälle war eine Beurteilung nicht möglich.
Der Mittelwert der radiologischen Einheilungsdauer lag bei erfolgreicher Einheilung bei ca. 1000 Tagen. Transplantate unter 224 mm² in der radiologischen Flächenausmessung zeigten in 70 % der Röntgenbilder eine radiologische Einheilung, während es bei den größeren Transplantaten nur bei circa jedem
5. Röntgenbild der Fall war (21,2 %).

Schlussfolgerung:
Der Einsatz des thermodesinfizierten allogenen Knochenersatzmaterials zeigte eine gute Erfolgsrate und
in vielen Fällen konnte eine Einheilung radiologisch nachgewiesen werden.

Schlüsselwörter:
Knochentransplatation, Femurkopf, Thermodesinfektion

Zitierweise:
Jerosch J, Kuhlen L, Peter R: Die radiologische Beurteilung des Einheilungsverhaltens thermodesinfizierter Femurköpfe.
OUP 2023; 12: 29–34.
DOI 10.53180/oup.2023.0029-0034

Background: The allogen bone transplatation with thermodesinfected femoral heads is widely used. There is a high degree of safety, biological effects and biomechanic property.

Purpose: The purpose of this retrospective study was to present the radiological ingroth after implantation.

Material and methods: Within 11 years 166 patients had a total of 189 femoral head transplantations. In total 207 allogenen thermodesinfected bones were used. For judging the ingrowth we documented the homogenicity oft he bone, the alignment oft he trabecular structure, lucent lines and ostelysis. Cliical successful was the implant, if no graft related revision was necessary.

Results: The clinical succes rate was 74 %. In about 10 % it was avital. In 14 % there was a revision before graft healing was documented. In 2 % graft judgement was not possible. Radiologic healing lasted about 1000 days. Implant smaller than 224 mm² showed in 70 % a radiologic healing; bigger implants showed only in 21.2 % radiologic ingrowth.

Conclusion: The use of thermodesinfected femoral heads show good clinical results and in most cases a radiological realing could be dokumented.

Keywords: bone transplantation, femoral head, thermodesinfection

Citation: Jerosch J, Kuhlen L, Peter R: Radiological ingrowth of thermodesinfected femoral heads.
OUP 2023; 12: 29–34. DOI 10.53180/oup.2023.0029-0034

Jörg Jerosch, Rafael Peter: Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus, Neuss

Luisa Kuhlen: Doktorandin bei Prof. Jerosch, Studentin der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf

Einleitung

Bei der Behandlung von ausgedehnten Knochendefekten spielt die Knochenersatztherapie eine wichtige Rolle. In ca. 15 % aller Operationen des menschlichen Skelettsystems besteht der Bedarf zum Knochenersatz [29], wobei von einer stetigen Bedarfssteigerung auszugehen ist. 2004 betrug die Zahl der Knochengraft-Eingriffe in Deutschland 152.600 pro Jahr. Sechs Jahre später war diese Zahl schon auf 206.100 pro Jahr angestiegen [12]. Zur Verfügung steht den Operateuren neben dem autogenen Knochenersatz und dem allogenen Knochenersatz, auch verschiedene synthetische Knochenersatzmaterialien wie beispielsweise Keramiken aus Kalziumphosphaten [8, 29].

Ein optimaler Knochenersatz ist in der Lage, osteogenetische, osteoinduktive und osteokonduktive Wirkungen auszuüben und verfügt somit über eine hohe biologische Eigenpotenz. Auch geht von ihm keine Kanzerogenität, Toxizität, oder Infektiösität aus.

Der autologe Knochenersatz gilt als „golden standard“. Die Gefahr einer Infektion mit potentiellen Keimen und das Risiko einer immunologischen Reaktion sind vernachlässigbar [5, 26]. Auch die biologische Wertigkeit des autologen Knochens ist besonders hoch, denn er hat unter allen Knochenersatzmaterialien die höchste Regenerationsfähigkeit. In einem autogenen Knochenersatz sind osteogenetische Vorgänge, zumindest an der Transplantatoberfläche, durch überlebende Osteoblasten nachgewiesen und die osteoinduktive und osteokonduktive Wirkung wird ebenfalls als hoch eingestuft [3, 6, 7, 28].

Der allogene Femurkopf ist bei der Primärimplantation einer Hüfttotalendoprothese ein sogenanntes „Überschussgewebe“ [20]. Er führt bei seiner Beschaffung aufgrund des fehlenden zusätzlichen Eingriffs nicht zu einer Komorbidität und ist anders als die autologen Transplantate nicht nur in eingeschränkter Menge verfügbar [4, 9].

Neben den medizinisch-technischen Anforderungen an den Knochenersatz, beeinflussen im klinischen Alltag natürlich auch wirtschaftlich-ökonomische Faktoren die Verwendungsmöglichkeiten. Die ökonomischen Aspekte einer allogenen Knochenbank sind ebenfalls als attraktiv einzustufen [11].

Die Thermodesinfektion ist ein weit verbreitetes Sterilisationsverfahren für allogene Knochen. Der Festigkeitsverlust der thermodesinfizierten Knochentransplantate wird im Vergleich zu rein kryokonservierten Knochentransplantaten mit 10–15 % angegeben und ist somit gering [14, 16, 31]. Die osteoinduktiven Eigenschaften des Knochens bleiben zwischen 50 und 80 % erhalten, während die Osteokonduktivität durch die Thermodesinfektion überhaupt nicht beeinträchtigt wird [22, 31]. Neben der weitgehend erhaltenen biologischen Wertigkeit sind potenziell mutagene, kanzerogene oder toxische Wirkungen durch die Wärmebehandlung nicht zu erwarten [16, 17]. Das Thermodesinfektionsverfahren ist besonders aufgrund der hohen Sicherheit bezüglich Immunogenität, Kanzerogenität und Infektiösität und auch aufgrund der guten Steuerbarkeit im Vergleich zu anders hergestellten Knochentransplantaten deutlich hervorzuheben und somit anderen Desinfektionsmaßnahmen überlegen [16]. Die effektive Abtötung von vegetativen Bakterien, Viren und Pilzen durch das Thermodesinfektionsverfahren konnte mehrfach nachgewiesen werden [16, 17, 23–25, 30]. Eine Rhesusantigenität ist beim thermodesinfizierten Knochentransplantat nicht mehr zu erwarten [13, 31]. In der vorliegenden Arbeit werden die eigenen Ergebnisse mit diesem Verfahren dargestellt.

Material und Methodik

Verfahren der Thermodesinfektion nach dem Marburger Knochenbanksystem

Im Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss wird zur Thermodesinfektion der entnommenen Femurköpfe das Marburger Knochenbanksystem der Firma Telos (Lobator sd-2) seit 1998 verwendet. Unter aseptischen Bedingungen wird der Femurkopf dem Spender im Rahmen einer Operation zur Primärimplantation einer Hüfttotalendoprothese entnommen und äußerlich inspiziert. Es folgt die Messung des Femurkopfdiameters, welcher aus desinfektionstechnischen Gründen 56 mm nicht überschreiten darf. Handelt es sich um einen größeren Femurkopf, so muss dieser halbiert werden. Eine möglichst vollständige Entknorpelung des Transplantates ist ebenfalls vor dem Desinfektionsprozess notwendig. Nach dem darauffolgenden Einbringen des Femurkopfes in das Aufbereitungs- und Transportgefäß, wird dieses Gefäß mit warmer steriler Ringer-Lösung aufgefüllt und umgehend verschlossen. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich der Femurkopf bis zur Transplantation in einem geschlossenen System. Das rein thermische Desinfektionsverfahren erfolgt im hierfür vorhergesehenen Lobator sd-2. Insgesamt dauert der Desinfektionsprozess 94 min, wobei für mindestens 15 min eine Temperatur von 82,5 °C im Femurkopfzentrum erreicht werden muss. Das Prozessprotokoll wird nach beendeter Desinfektion ausgedruckt und bezüglich Fehlermeldungen überprüft. Da es sich bei dem Aufbereitungs- und Transportgefäß um ein Zwei-Kammer-System handelt, ist bei der anschließenden Sterilitätskontrolle ein Öffnen dieses Gefäßes nicht mehr erforderlich. Die Ringerlösung wird aus der Kammer, in welcher sich auch das Transplantat befindet, in die zweite separate Kammer abgelassen und von dort werden dann je 10 ml Ringerlösung in eine aerobe und anaerobe Blutkulturflasche überführt und zur mikrobiologischen Untersuchung verschickt. Sind bis zum jetzigen Prozesszeitpunkt keine Beanstandungen aufgetreten, wird der Femurkopf bis zur Transplantation bei ?70° C gelagert.

Klinische Daten
und Verteilungen

In die Studie eingeschlossen wurden alle Patienten, die zwischen dem 05.01.2000 und dem 27.01.2011 eine allogene Knochentransplantation mit Transplantaten aus der krankenhauseigenen Knochenbank erhalten hatten. Es wurden insgesamt 166 Patienten eingeschlossen. Neunzehn der 166 Patienten erhielten eine 2. Operation, in welcher erneut eine Femurkopftransplantation vorgenommen werden musste, wobei jedoch bei 5 dieser 19 Patienten ein anderes Operationsgebiet als das vorherige als Lokalisation für das Transplantat gewählt wurde. Vier der 19 Patienten wurden dreimalig innerhalb eines Operationsgebietes mit allogenem Knochenersatz versorgt. Zusammengefasst fanden somit 189 Transplantationsoperationen statt. Insgesamt 207 Spenderknochen wurden in den 189 Operationen verwendet. In folglich 18 Operationen wurden 2 allogene Femurköpfe benötigt.

In den 189 Operationen waren die Empfänger zu etwa einem Viertel männlichen Geschlechts (27 %) und zu drei Viertel weiblichen Geschlechts (73 %). Das Durchschnittsalter der Empfänger lag bei 67 Jahren (Median: 71 Jahre). Dreizehn Jahre war der jüngste Empfänger innerhalb der Studiengruppe. Der älteste Empfänger hatte ein Alter von 91 Jahren (Tab. 1).

Weiblich waren 60 % der Spender. Bei 40 % der Spender handelte es sich um Männer. Durchschnittlich lag das Spenderalter bei 65 Jahren (Median: 65 Jahre). Der jüngste Spender hatte ein Alter von 35 Jahren. Der älteste Spender war 87 Jahre.

Defektauffüllungen bei Revisionsoperationen im Hüftgelenksbereich stellten mit Abstand die häufigste Ursache für die Anwendung von allogenen Knochentransplantaten dar. Bei 69 % der Operationen wurden die verwendeten Femurkopftransplantate in das Acetabulum eingesetzt. In 8 weiteren Fällen (4 %) war der Femurhals oder das proximale Femur Lokalisationsort für den allogenen Knochenersatz. In 3 dieser 8 Fälle stellte eine Lockerung der Hüfttotalendoprothese im Bereich des Schaftes die Indikation zur Operation mit Verwendung allogenen Knochens dar. Somit wurden knapp über 70 % aller allogenen Femurkopftransplantationen bei Operationen im Hüftgelenksbereich, vor allem im Sinne von Revisionsoperationen bei Hüfttotalendoprothesen, eingesetzt.

Die zweithäufigste Lokalisation der eingesetzten Transplantate befand sich im Kniegelenksbereich. Bei 16 % der Operationen wurde das Transplantat entweder im Bereich des distalen Femurs (9 %), oder im Bereich der proximalen Tibia (7 %) verwendet, wobei es sich hierbei zur Hälfte um Operationen zur Defektauffüllung bei Knochentumoren handelte. Zu einem Viertel handelte es sich in dem Bereich um Operationen im Rahmen von Frakturen oder Pseudarthrosen. Der Einsatz von allogenem Knochenmaterial bei Totalendoprothesenwechsel oder Arthrodesen des Kniegelenkes machten die restlichen 25 % aus.

Der Femurschaft war zu 5 % Ort der Transplantation. Zu jeweils 1 % waren Glenoid, Becken, Wirbelsäule, oberes Sprunggelenk, proximaler Humerus und Humerusschaft als seltene Transplantationsorte vertreten. In 3 Transplantationsoperationen wurde das Material des allogenen Femurkopfes an 2 verschiedenen Lokalisationen implantiert, sodass in diesen Fällen pro Operation 2 Lokalisationen in die Auswertung miteinbezogen wurden.

Eine Revisionsoperation aufgrund einer Totalendoprothesenlockerung war die häufigste Indikation für eine Operation mit allogenem Knochenmaterial. Sie machten etwas mehr als die Hälfte aller Indikationen aus (53 %). Zweithäufigste Indikation war mit 13 % die Reimplantation einer Endoprothese nach Interimsprothese oder Girdlestone-Situation.

Sowohl die Totalendoprothesenlockerung, als auch die Reimplantation einer Prothese als Indikation einer allogenen Knochentransplantation, bezogen sich fast ausschließlich auf Prothesen des Hüftgelenkes. In jeweils einem einzigen Fall wurde allogener Knochen als Knochenersatzmaterial bei Operationen zur Reimplantation einer Endoprothese im Bereich des Kniegelenkes und des Schultergelenkes eingesetzt. Weitere Ausnahmen bildeten 2 Fälle, in denen das Kniegelenk von einer Lockerung der Totalendoprothese betroffen war.

In 23 Fällen waren Knochentumore die Ursache für eine allogenen Knochentransplantation und bildeten somit mit insgesamt 12 % der Operationen die dritthäufigste Indikation. Weitere Indikationen waren Frakturen und Osteosynthesebrüche mit jeweils 5 % sowie Pseudarthrosenbildungen mit 6 %. Rezidivierende Hüftluxationen machten 3 % der Indikationsstellungen aus.

Zwei Prozent der Operationen mit Verwendung von allogenem Knochenmaterial waren Operationen, in denen eine Arthrodese durchgeführt wurde. Dreimalig war hiervon das Kniegelenk betroffen. In 1 Fall war das obere Sprunggelenk Ort der Arthrodese. In 3 Fällen (1 %) wurde bei primärer Hüfttotalendoprothesenimplantation allognener Knochen zur Defektauffüllung im Acetabulumbereich benötigt. Gründe hierfür waren zweimalig Coxarthrosen aufgrund dysplastischer Hüften und in 1 Fall eine Coxarthrose mit ausgeprägten Osteolysen bei einem Patienten mit der Vorerkrankung eines multiplen Myeloms.

Einige Operationen wurden aufgrund mehrerer Indikationsstellungen durchgeführt. So kam es beispielsweise wegen einer Pseudarthrosenbildung mit begleitender Fraktur zu einer notwendigen Operation. Bei der hier dargestellten Häufigkeitsverteilung wurde in einem solchen Fall jede einzelne Indikation für sich gezählt.

Lagerungszeit nach
abgeschlossener
Thermodesinfektion

Die allogenen Femurköpfe der Spender wurden nach abgeschlossener Thermodesinfektion bei ?70 °C bis zum Zeitpunkt der Transplantation in den Empfängerknochen gefrierkonserviert. Durchschnittlich umfasste die Lagerung der Spenderköpfe 94 Tage (Median: 89 Tage; Range: 6–638).

Größe der eingesetzten
allogenen Femurköpfe

Es wurde dokumentiert, ob der Operateur den Femurkopf als Block eingesetzt oder ob vor Transplantation eine Verarbeitung des Femurkopfes zu großen oder kleinen Knochenchips stattgefunden hatte. Bei den 207 verwendeten Knochentransplantaten wurden in 4 Fällen keine konkreten Größenangaben vorgenommen, sodass bei der Analyse der Transplantatgröße 203 Spenderköpfe berücksichtigt werden konnten.

Die alleinige Transplantation von Knochenblöcken wurde in 12,8 % vorgenommen. In 11,3 % wurden neben dem Blocktransplantat große Knochenchips aus dem allogenen Femurkopf hergestellt und ebenfalls als Knochenersatz benutzt. Kleine Knochenchips als Zusatz zum Blocktransplantat fanden in 8,4 % der Transplantationsoperationen Verwendung. In fast jeder 5. Operation (19,7 %) wurde der allogene Femurkopf vor Transplantation zu einem Knochenblock sowie gleichzeitig zu großen und kleinen Knochenchips geformt. Die alleinige Transplantation von großen Knochenchips fand in 7,4 % statt. Große in Verbindung mit kleinen Knochenchips wurden ebenfalls in fast jeder
5. Operation (19,2 %) verwendet. Zu einem gering höheren Prozentsatz (21,2 %), und damit am häufigsten eingesetzt, wurde die alleinige Transplantation von kleinen Knochenchips.

Die radiologische Auswertung

Die Befundung der Röntgenbilder wurde unter Nutzung der JiveX Diagnostic Client Anwendung (Version 4.6) der Firma VISUS Technology Transfer GmbH aus Bochum vorgenommen.

Es wurden 1504 Röntgenbilder von insgesamt 162 Patienten analysiert. Bei 4 der 166 Patienten mit Erhalt eines allogenen thermodesinfizierten Femurkopfes fanden sich keine postoperativen Röntgenbilder. Bei 2 dieser 4 Patienten aufgrund frühem Versterbens kurz nach der stattgefundenen Transplantationsoperation. Folglich konnten von 185 der 189 durchgeführten Transplantationsoperationen postoperative radiologische Daten in die Studie aufgenommen werden.

Durchschnittlich lag der Zeitraum der postoperativen radiologischen Beobachtung bei 464 Tagen. Das letzte postoperative Röntgenbild des Patienten wurde 3994 Tage nach der Transplantationsoperation angefertigt, der den längsten radiologischen Beobachtungszeitraum der Studie aufwies.

Radiologische Beurteilungskriterien: Behboudi-Tabrizi nahm in seiner Dissertation auf, dass eine komplette Integration des Knochentransplantates in den Empfängerknochen an einer homogenen Knochendichte und an einer durchgehenden Trabekelstruktur im Röntgenbild erkennbar ist [2]. Auch in anderen Arbeiten wurde die Integration in das Knochenlager des Empfängers anhand dieser beiden Kriterien beschrieben. Für die Definition der radiologischen Einheilung in der vorliegenden Studie wurden ebenfalls die homogene Knochendichte und die durchgehende Trabekelstruktur verwendet.

An jedem postoperativen Röntgenbild wurde weiterhin die Fläche des Transplantates in mm² (Transplantatgröße) mit Hilfe der JiveX
Diagnostic Client Anwendung bestimmt. Diese wurde kalibriert anhand der bekannten Größe von eingebrachten Implantaten.

Die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf hatte bezüglich des Studienprotokolls der vorliegenden Dissertation keine ethischen oder rechtlichen Bedenken gegen die Durchführung der retrospektiven Datenanalyse geäußert (Studiennummer 4320).

Ergebnisse

Von den 185 Operationen kam es in 19 Fällen (10,3 %) zu einer Entfernung des Transplantates in einer darauffolgenden Revisionsoperation. Das Transplantat zeigte sich in diesen Fällen intraoperativ avital und nicht mit dem Empfängerknochen verwachsen. Von den 19 Fällen war eine Infektion des Transplantationsgebietes mit insgesamt 9 Fällen der häufigste Grund für eine Entfernung des eingesetzten allogenen Femurkopfes.

Dreiundzwanzig Prozent der Transplantationsoperationen (42 Fälle) zeigten im Verlauf der radiologischen Beobachtung deutliche Zeichen der Einheilung. In 10 der 42 Fälle kam es jedoch nach der der radiologischen Einheilung zu einer oder mehreren Revisionsoperationen.

Indikationen für die jeweils ersten Revisionsoperationen waren aseptische Lockerungen der Prothesen- oder Osteosynthesenkomponente in 6 Fällen und Infektionen des Operationsgebietes ohne zusätzliche Lockerung der Prothesen- oder Osteosynthesenkomponente in 3 Fällen. In 1 Fall kam es in dieser Gruppe zu einer Kombination aus einer Infektion und einer Lockerung, welche dann die Indikation zu einer Revisionsoperation stellte.

In 11 der 185 Transplantationsoperationen (6 %) wurden die beschriebenen radiologischen Einheilungszeichen erst erkennbar, nachdem im entsprechenden Gebiet 1 oder 2 Revisionsoperationen stattfanden. In 7 der 11 Transplantationsoperationen dieser Gruppe ging vor dem Erkennen von Einheilungszeichen in den radiologischen Bildern eine einzige Revisionsoperation voraus. In den übrigen
4 der 11 Operationen folgten jeweils
2 Revisionsoperationen, bis sich radiologischen Zeichen der Einheilung zeigten.

In 8 % der Transplantationsoperationen (14 Fälle) zeigten sich keine radiologischen Einheilungszeichen, weder vor noch nach stattgefundener Revisionsoperation.

Die größte Gruppe umfasst 96 Transplantationsoperationen und macht damit mehr als die Hälfte aller Transplantationsoperationen der Studie aus (51 %). In dieser Gruppe fand keine Revisionsoperation statt. Es wurden jedoch auch keine sicheren radiologischen Einheilungszeichen im Verlauf sichtbar.

In 2 % der Fälle (3 Transplantationsoperationen) war eine radiologische Beurteilung der Einheilung nicht möglich. Hierzu zählten die Transplantationsoperationen, bei denen die Patienten eine in den Patientenakten dokumentierte Revisionsoperation in einem anderen Krankenhaus bekommen hatten. Oder es handelte sich um Patienten, die kurz nach der Transplantationsoperation verstorben sind. Von diesen Patienten sind nur wenige postoperative Röntgenbilder vorhanden, die jedoch aufgrund der zeitlichen Nähe zum Operationszeitpunkt zur Analyse nicht ausreichten.

In 24 % der Fälle fand entweder eine Revisionsoperation statt, bevor eine radiologische Einheilung gesehen werden konnte oder das Knochentransplantat entfernt werden musste (Gruppen A, C, D). In 74 % der Fälle wurden hingegen keine weiteren Operationen im entsprechenden Transplantationsgebiet durchgeführt oder es kam erst zu einer Revisionsoperation, nachdem deutliche radiologische Einheilungszeichen verzeichnet werden konnten (Gruppen B, E).

Es zeigte sich, dass eine radiologische Einheilung im Mittel ca. 1000 Tage dauerte (Mittelwert 1003,91 Tage). Sowohl bei den Transplantationsoperationen mit nachfolgender Revisionsoperation als auch ohne Revisionsoperation zeigten sich nur sehr schwach ausgeprägte bis nahezu kaum vorhandene positive Korrelationen zwischen der Transplantatgröße und der Dauer bis zur radiologischen Einheilung. Der Pearson-Korrelationskoeffizient lag bei den Transplantationsoperationen ohne Revisionsoperationen bei nur 0,052. Bei den Transplantationsoperationen mit Revisionsoperationen lag dieser Wert bei 0,425, wobei die Korrelationen in beiden Fällen nicht signifikant waren.

Diskussion

In der vorliegenden Studie zeigte der klinische Einsatz von allogenen thermodesinfizierten Femurköpfen eine gute Erfolgsrate von 74 % und lag somit im Bereich der in der Literatur angegebenen Erfolgsrate für allogene Knochentransplantate zwischen 60 und 95 % [8]. Bei der Beurteilung der am häufigsten beobachteten Komplikationen (Infektion, Lockerung und Luxation) war es wichtig zu berücksichtigen, dass es sich in der Regel bei den allogenen Transplantationsoperationen um die Behandlung großer Knochendefekte und um Revisionsoperationen handelt, die mit einem generell erhöhten Komplikationsrisiko einhergehen [1, 18, 27]. Im Allgemeinen lag die Komplikationsrate der vorliegenden Studie nicht über denen anderer großer und vergleichbarer orthopädischer Operationen und durch den Einsatz des allogenen Knochenmaterials konnte in der Studie kein erhöhtes Risiko für eine Komplikation festgestellt werden.

Innerhalb der Studie gestaltete sich die radiologische Beurteilung mit einigen Einschränkungen, denn in über der Hälfte (51 %) aller Transplantationsoperationen waren zu keinem Zeitpunkt komplette radiologische Einheilungszeichen sichtbar, da in diesen Fällen in der Regel der Nachbeobachtungszeitraum zu klein war. Des Weiteren war eine annähernd richtige Ausmessung der Transplantatgröße kaum möglich. Gründe hierfür lagen vor allem in den oft benutzten Osteosynthesematerialien, die das Transplantat teilweise verdeckten oder in der fehlenden Abgrenzung zwischen den verschiedenen zusätzlich eingesetzten Knochenersatzmaterialien und dem allogenen Femurkopftransplantat. Auch die Beurteilung der realen Verteilung des Knochentransplantates innerhalb des Empfängerknochens war mittels des zweidimensionalen Röntgenbildes nicht umsetzbar. Generell muss man sich folglich fragen, ob die radiologische Auswertung anhand einfacher Röntgenbilder, wie sie in dieser und auch in vielen anderen Studien zur Beurteilung der Transplantateinheilung durchgeführt wurde, das richtige Verfahren ist, da die Einheilung zudem radiologisch mit hoher Wahrscheinlichkeit massiv überschätzt wird [10, 19, 21].

Eine Beurteilung mittels Computertomographie würde deutlich aussagekräftigere Befunde liefern. Aufgrund der hohen Strahlenbelastung ist es jedoch nicht zulässig, aus alleiniger Forschungsarbeit und ohne klinische Notwendigkeit solche Untersuchungen in einem vergleichbar großen Stichprobenumfang, wie er in dieser Studie vorlag, durchzuführen. Zur radiologischen Beurteilung lässt sich letztendlich jedoch hinzufügen, dass alle eingesetzten Femurkopftransplantate unabhängig ihrer Größe radiologische Einheilungszeichen aufwiesen, wenn eine ausreichende Nachbeobachtungszeit gegeben war und es zu keinen Komplikationen kam, die eine Revisionsoperation notwendig machten.

Aufgrund der hohen Sicherheit und der weitgehend erhaltenen biologischen Wertigkeit sowie der guten biomechanischen Eigenschaften des behandelten Knochens ist das Thermodesinfektionsverfahren anderen Desinfektionsmaßnahmen überlegen [15–17, 22–25, 30, 31]. Des Weiteren bietet der allogene Knochenersatz einige Vorteile wie eine gute Verfügbarkeit und eine fehlende Komorbidität, da ein zusätzlicher Eingriff wie bei dem autologen Knochenersatz nicht notwendig ist [4, 9, 20].

Obwohl der autologe Knochenersatz auch heute noch als „golden standard“ gilt und besonders aufgrund seiner guten biologischen Wertigkeit geschätzt wird [3, 6, 7, 28], stellt die klinische Verwendung der allogenen thermodesinfizierten Femurköpfe schlussfolgernd zum heutigen Zeitpunkt eine gute Möglichkeit zur Knochendefektauffüllung dar.

Anmerkung zu den Gruppen: A keine radiologischen Einheilungszeichen, Entfernung des Transplantates, B radiologische Einheilung, keine Revisionsoperation vor Einheilung, Revisionsoperation nach radiologischer Einheilung möglich, C Revisionsoperation vor Einheilung, radiologische Einheilungszeichen allerdings erst nach stattgefundener Revisionsoperation, D Revisionsoperation vor Einheilung, keine radiologischen Einheilungszeichen auch im weiteren Verlauf, E Keine radiologischen Einheilungszeichen, keine Revisionsoperationen, F keine Angaben zur Einheilung möglich.

Interessenkonflikt:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Wissenschaftsbüro

Grabenstraße 11

40667 Meerbusch

j-jerosch@hotmail.com

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