Übersichtsarbeiten - OUP 01/2023

Die radiologische Beurteilung des Einheilungsverhaltens thermodesinfizierter Femurköpfe

Im Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss wird zur Thermodesinfektion der entnommenen Femurköpfe das Marburger Knochenbanksystem der Firma Telos (Lobator sd-2) seit 1998 verwendet. Unter aseptischen Bedingungen wird der Femurkopf dem Spender im Rahmen einer Operation zur Primärimplantation einer Hüfttotalendoprothese entnommen und äußerlich inspiziert. Es folgt die Messung des Femurkopfdiameters, welcher aus desinfektionstechnischen Gründen 56 mm nicht überschreiten darf. Handelt es sich um einen größeren Femurkopf, so muss dieser halbiert werden. Eine möglichst vollständige Entknorpelung des Transplantates ist ebenfalls vor dem Desinfektionsprozess notwendig. Nach dem darauffolgenden Einbringen des Femurkopfes in das Aufbereitungs- und Transportgefäß, wird dieses Gefäß mit warmer steriler Ringer-Lösung aufgefüllt und umgehend verschlossen. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich der Femurkopf bis zur Transplantation in einem geschlossenen System. Das rein thermische Desinfektionsverfahren erfolgt im hierfür vorhergesehenen Lobator sd-2. Insgesamt dauert der Desinfektionsprozess 94 min, wobei für mindestens 15 min eine Temperatur von 82,5 °C im Femurkopfzentrum erreicht werden muss. Das Prozessprotokoll wird nach beendeter Desinfektion ausgedruckt und bezüglich Fehlermeldungen überprüft. Da es sich bei dem Aufbereitungs- und Transportgefäß um ein Zwei-Kammer-System handelt, ist bei der anschließenden Sterilitätskontrolle ein Öffnen dieses Gefäßes nicht mehr erforderlich. Die Ringerlösung wird aus der Kammer, in welcher sich auch das Transplantat befindet, in die zweite separate Kammer abgelassen und von dort werden dann je 10 ml Ringerlösung in eine aerobe und anaerobe Blutkulturflasche überführt und zur mikrobiologischen Untersuchung verschickt. Sind bis zum jetzigen Prozesszeitpunkt keine Beanstandungen aufgetreten, wird der Femurkopf bis zur Transplantation bei ?70° C gelagert.

Klinische Daten
und Verteilungen

In die Studie eingeschlossen wurden alle Patienten, die zwischen dem 05.01.2000 und dem 27.01.2011 eine allogene Knochentransplantation mit Transplantaten aus der krankenhauseigenen Knochenbank erhalten hatten. Es wurden insgesamt 166 Patienten eingeschlossen. Neunzehn der 166 Patienten erhielten eine 2. Operation, in welcher erneut eine Femurkopftransplantation vorgenommen werden musste, wobei jedoch bei 5 dieser 19 Patienten ein anderes Operationsgebiet als das vorherige als Lokalisation für das Transplantat gewählt wurde. Vier der 19 Patienten wurden dreimalig innerhalb eines Operationsgebietes mit allogenem Knochenersatz versorgt. Zusammengefasst fanden somit 189 Transplantationsoperationen statt. Insgesamt 207 Spenderknochen wurden in den 189 Operationen verwendet. In folglich 18 Operationen wurden 2 allogene Femurköpfe benötigt.

In den 189 Operationen waren die Empfänger zu etwa einem Viertel männlichen Geschlechts (27 %) und zu drei Viertel weiblichen Geschlechts (73 %). Das Durchschnittsalter der Empfänger lag bei 67 Jahren (Median: 71 Jahre). Dreizehn Jahre war der jüngste Empfänger innerhalb der Studiengruppe. Der älteste Empfänger hatte ein Alter von 91 Jahren (Tab. 1).

Weiblich waren 60 % der Spender. Bei 40 % der Spender handelte es sich um Männer. Durchschnittlich lag das Spenderalter bei 65 Jahren (Median: 65 Jahre). Der jüngste Spender hatte ein Alter von 35 Jahren. Der älteste Spender war 87 Jahre.

Defektauffüllungen bei Revisionsoperationen im Hüftgelenksbereich stellten mit Abstand die häufigste Ursache für die Anwendung von allogenen Knochentransplantaten dar. Bei 69 % der Operationen wurden die verwendeten Femurkopftransplantate in das Acetabulum eingesetzt. In 8 weiteren Fällen (4 %) war der Femurhals oder das proximale Femur Lokalisationsort für den allogenen Knochenersatz. In 3 dieser 8 Fälle stellte eine Lockerung der Hüfttotalendoprothese im Bereich des Schaftes die Indikation zur Operation mit Verwendung allogenen Knochens dar. Somit wurden knapp über 70 % aller allogenen Femurkopftransplantationen bei Operationen im Hüftgelenksbereich, vor allem im Sinne von Revisionsoperationen bei Hüfttotalendoprothesen, eingesetzt.

Die zweithäufigste Lokalisation der eingesetzten Transplantate befand sich im Kniegelenksbereich. Bei 16 % der Operationen wurde das Transplantat entweder im Bereich des distalen Femurs (9 %), oder im Bereich der proximalen Tibia (7 %) verwendet, wobei es sich hierbei zur Hälfte um Operationen zur Defektauffüllung bei Knochentumoren handelte. Zu einem Viertel handelte es sich in dem Bereich um Operationen im Rahmen von Frakturen oder Pseudarthrosen. Der Einsatz von allogenem Knochenmaterial bei Totalendoprothesenwechsel oder Arthrodesen des Kniegelenkes machten die restlichen 25 % aus.

Der Femurschaft war zu 5 % Ort der Transplantation. Zu jeweils 1 % waren Glenoid, Becken, Wirbelsäule, oberes Sprunggelenk, proximaler Humerus und Humerusschaft als seltene Transplantationsorte vertreten. In 3 Transplantationsoperationen wurde das Material des allogenen Femurkopfes an 2 verschiedenen Lokalisationen implantiert, sodass in diesen Fällen pro Operation 2 Lokalisationen in die Auswertung miteinbezogen wurden.

Eine Revisionsoperation aufgrund einer Totalendoprothesenlockerung war die häufigste Indikation für eine Operation mit allogenem Knochenmaterial. Sie machten etwas mehr als die Hälfte aller Indikationen aus (53 %). Zweithäufigste Indikation war mit 13 % die Reimplantation einer Endoprothese nach Interimsprothese oder Girdlestone-Situation.

Sowohl die Totalendoprothesenlockerung, als auch die Reimplantation einer Prothese als Indikation einer allogenen Knochentransplantation, bezogen sich fast ausschließlich auf Prothesen des Hüftgelenkes. In jeweils einem einzigen Fall wurde allogener Knochen als Knochenersatzmaterial bei Operationen zur Reimplantation einer Endoprothese im Bereich des Kniegelenkes und des Schultergelenkes eingesetzt. Weitere Ausnahmen bildeten 2 Fälle, in denen das Kniegelenk von einer Lockerung der Totalendoprothese betroffen war.

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