Übersichtsarbeiten - OUP 05/2013

Die Therapie distaler Radiusfrakturen beim älteren Menschen

J. Schneppendahl1, S. Gehrmann1, J. Windolf1

Zusammenfassung: Obwohl distale Radiusfrakturen zu den häufigsten Frakturen im höheren Lebensalter zählen, werden die verfügbaren Therapieoptionen kontrovers diskutiert. Während junge Patienten von einer anatomischen Ausheilung profitieren, scheint bei älteren Patienten keine Korrelation zwischen radiologischem und funktionellem Ergebnis zu bestehen. Weder konservative Behandlung, noch Osteosynthesen mit Kirschner-Drähten erlauben eine frühzeitige Mobilisierung. In den letzten Jahrzehnten hat sich ein Trend zum offen operativen Vorgehen abgezeichnet und insbesondere die palmare winkelstabile Plattenosteosynthese hat einen hohen Stellenwert erlangt. Diese vergleichsweise komplikationsarme Therapie erlaubt eine gute Reposition mit stabiler Retention und ermöglicht so eine frühfunktionelle Behandlung. Die Herausforderung in der Therapie des älteren Menschen besteht in einer sorgfältigen und an die individuellen Bedürfnisse abgestimmten Gestaltung des Behandlungskonzepts.

Schlüsselwörter: distale Radiusfrakturen, Therapie, geriatrischer Patient, palmare winkelstabile Plattenosteosynthese

Summary: Although distal radius fractures are among the most common fractures in the elderly, the available treatment options are controversial. While young patients benefit from an anatomical reconstruction, in elderly patients no correlation between radiological and functional outcome seems to exist. Neither conservative treatment, nor fixation with Kirschner wires allow an early mobilization protocol. In recent decades, a trend towards open surgical procedures is observed and particulary the volar locking plate has gained high popularity. This therapeutic option allows a good reduction and stable retention with a low complication rate and allows early functional treatment. A challenge in the treatment of elderly patients is the careful and coordinated choice of treatment options adapted to the individual patients needs.

Keywords: distal radius fractures, treatment, geriatric patient, volar locking plate

Einleitung

Frakturen des distalen Radius zählen zu den häufigsten Verletzungen, die in der unfallchirurgischen Praxis beobachtet werden. Es liegt eine bimodale Altersverteilung mit Häufigkeitsgipfeln in der Jugend und im höheren Lebensalter vor. In der älteren Population handelt es sich um die häufigsten Frakturen der oberen Extremität [1], die meist aus einem Trauma mit geringer Energie resultieren und überwiegend bei weiblichen Patienten mit verminderter Knochendichte beobachtet werden [2, 3]. Während in der Geriatrie erst ab einem Alter von 70 Jahren oder bei Vorliegen einer Multimorbidität von einem geriatrischen Patienten gesprochen wird, macht die chirurgische Literatur diese Altersabgrenzung häufig nicht von physiologischen Parametern abhängig und verwendet einen früheren Lebenszeitpunkt als Grenzwert. Auch wenn dies häufig nicht der individuellen Realität entspricht, ist es weithin akzeptiert, den geriatrischen Patienten durch Eintritt in das Rentenalter zu definieren [4].

Obwohl es sich bei Frakturen des distalen Radius um häufige Verletzungen älterer Menschen handelt und sie Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten sind, existieren nur wenige evidenzbasierte Therapieempfehlungen. In einer 2008 veröffentlichen Cochrane Metaanalyse konnte keine Evidenz für die Überlegenheit einer chirurgischen Technik gefunden werden [5]. Aktuelle Übersichtsarbeiten konnten weder einen langfristigen Vorteil einer Therapieform nachweisen, noch empfehlen klinische Leitlinien eine Therapieoption [6, 7]. Vor diesem Hintergrund müssen auch die in diesem Artikel diskutierte Literatur und deren subjektive Interpretation kritisch betrachtet werden. Trotz bestehender Kontroversen und der traditionell konservativen Therapie dieser Verletzungen ist in der westlichen Welt ein Trend zur operativen Therapie zu verzeichnen, insbesondere steigt die Zahl der durchgeführten Plattenosteosynthesen an [8, 9]. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass distale Radiusfrakturen bei älteren Patienten in Folge altersabhängiger Veränderungen in Knochenstruktur und -stoffwechsel unter konservativer Therapie besonders anfällig für sekundäre Dislokationen sind [10, 11]. Neben einer verminderten Knochendichte wurden weitere Faktoren, wie ein Lebensalter über 60 Jahren, über 20° dorsale Abkippung, eine dorsale Trümmerzone, intraartikuläre Beteiligungen, mehr als 5 mm Radiusverkürzung und eine begleitende Ulnafraktur als Risikofaktoren für einen Repositionsverlust identifiziert [12].

Während Heilungen in Fehlstellungen bei jüngeren Patienten mit funktionellen Beeinträchtigungen verbunden sind [13, 14], scheint das radiologische Bild beim älteren Patienten keine Korrelation zum funktionellen Ergebnis zu haben [15–18]. Laremko et al. berichteten über konservativ behandelte ältere Patienten mit instabilen distalen Radiusfrakturen, die nach Frakturkonsolidierung in 71 % gravierende Fehlstellungen aufwiesen. Jedoch wurde 6 Monate nach Unfall keine Korrelation zu funktionellen Einschränkungen nachgewiesen [16].

Konservative oder operative Therapie?

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse scheint es fraglich, ob eine operative Therapie mit dem Ziel einer anatomischen Reposition beim geriatrischen Patienten überhaupt vorteilhaft ist. Dieser Frage gehen Arora et al. [15] in einer prospektiven randomisierten Studie nach, in der sie mittelfristige Ergebnisse der operativen Therapie mittels winkelstabiler palmarer Plattenosteosynthese mit konservativem Vorgehen bei instabilen distalen Radiusfrakturen älterer Patienten vergleichen. Trotz überlegener radiologischer Ergebnisse nach operativer Therapie konnte klinisch nach 12 Monaten lediglich eine höhere Griffkraft festgestellt werden. Obwohl alle konservativ behandelten Patienten eine Heilung in Fehlstellung (dorsale Verkippung über 10°, über 2 mm radiale Verkürzung, über 1 mm Gelenkinkongruenz) und eine Mehrzahl der Patienten (78 %) eine klinisch sichtbare Deformität des Handgelenkes aufwiesen, unterschieden sich Beweglichkeit und funktionelles Ergebnis nicht, gemessen an DASH- und Patient-Rated Wrist-Evaluation-Score (PRWE). Auch Egol et al. [19] berichten in einer Fall-Kontroll-Studie an über 65-jährigen Patienten über ein gleichwertiges Bewegungsausmaß und funktionelle Ergebnisse bei geringerer Griffkraft und vermehrten Heilungen in Fehlstellung nach konservativer Therapie gegenüber operativem Vorgehen mittels palmarer Plattenosteosynthese oder externem Fixateur. Ähnliche Ergebnisse wurden bereits zur konservativen Therapie instabiler, extraartikulärer Frakturen gegenüber der Fixierung mittels Kirschner-Drähten berichtet [20]. Aus vergleichbaren Untersuchungen wurde geschlossen, dass bei ausgewählten älteren Patienten bis zu 30° dorsaler Verkippung und 5 mm radialer Verkürzung ohne funktionelle Einschränkungen toleriert werden können [21, 22]. Die Ergebnisse dieser Studien, sowie die höheren Kosten [23] und vermehrten Komplikationen [15], die mit einer operativen Therapie einhergehen, lassen eine Rechtfertigung bestehender Trends schwierig erscheinen.

Gibt es eine Rechtfertigung für die operative Therapie?

Die Therapie distaler Radiusfrakturen muss auf die individuellen funktionellen Ansprüche des Patienten angepasst sein und sollte eine schmerzfreie Beweglichkeit der betroffenen Extremität zum Ziel haben. Insbesondere selbstständig lebende, ältere Patienten sind auf die Handfunktion angewiesen und größere funktionelle Einschränkungen können eine soziale Abhängigkeit zur Folge haben. Es ist jedoch anzunehmen, dass mit steigendem Lebensalter die an die obere Extremität gestellten Anforderungen abnehmen, eine vollständige Wiederherstellung der Funktionalität nach einer Verletzung von sekundärer Bedeutung ist und sich selbst bei Heilungen in Fehlstellung keine funktionellen Einbußen ergeben. Obwohl dies sicher für viele geriatrische Patienten zutrifft, besteht eine wachsende Diskrepanz zwischen kalendarischem und physiologischem Lebensalter, welches wiederum selbst keine Korrelation zur empfundenen Jugend aufweisen muss. Nicht zuletzt regen Lebenseinstellungen wie „man ist nur so alt, wie man sich fühlt“ immer mehr ältere Patienten zu hoher körperlicher Aktivität und individueller Lebensführung mit hohen funktionellen Ansprüchen an. Aus diesen Gründen fällt der individuellen, an funktionelle Ansprüche und biologische Faktoren des Patienten angepassten Therapieentscheidung eine große Bedeutung zu. Die Differenzierung zwischen einem geriatrischen Patienten mit geringen funktionellen Ansprüchen und einem aktiven und anspruchsvollem älteren Menschen sollte daher am Anfang der Therapieentscheidung stehen. So stellt das konservative Vorgehen im geriatrischen Patientengut ein komplikationsärmeres Vorgehen ohne funktionelle Konsequenzen dar [15, 18]. Hierbei sei besonders auf die bereits erwähnte hohe Rate sekundärer Dislokationen nach initialer Reposition sowie auf die Notwendigkeit frühzeitiger Mobilisierung der Finger zur Kontrakturprophylaxe hingewiesen.

Insbesondere bei aktiveren Senioren sollte dennoch, ähnlich wie in jüngeren Patientengruppen [13, 14], ein Zusammenhang zwischen radiologischem Bild und Funktionalität angenommen werden. So berichten Arora et al. [15] in der bereits erwähnten randomisierten Studie nach 12 Monaten über eine signifikant höhere Rate arthrotischer Veränderungen nach Heilung in Fehlstellung infolge konservativer Therapie. Dies korrelierte jedoch nicht mit der klinischen Beschwerdesymptomatik. Aussagen über langfristige klinische Beeinträchtigungen infolge von Handgelenkarthrosen ließen sich aus dieser Studie nicht ableiten. Es ist anzunehmen, dass aktive Senioren mit hohem funktionellen Bedarf eine klinische Manifestation dieser Arthrose erleben werden und daher analog zum jüngeren Patienten eher einer operativen Therapie zugeführt werden sollten.

Osteosynthesen mit
Kirschner-Drähten

In einem randomisierten Vergleich osteosynthetischer Versorgung distaler Radiusfrakturen in der von Kapandji beschriebenen intrafokalen Technik und in der Technik nach Willenegger mit radioulnar schräg eingebrachten Drähten konnte eine Überlegenheit der intrafokalen Technik festgestellt werden [24]. Bei einem Durchschnittsalter von 65 Jahren waren bei 100 konsekutiven Fällen sowohl radiologisches als auch funktionelles Ergebnis 10 Monate postoperativ signifikant überlegen. Mit einer Rate von 30 % traten insgesamt recht häufig Komplikationen auf. Darüber hinaus verschafft eine Osteosynthese mit Kirschner-Drähten in der Regel keine übungsstabile Situation und ermöglicht selten eine frühzeitige Mobilisierung des Handgelenks. Dennoch kommen Meier et al. [25] in einem systematischen Review zur Folgerung, dass die operative Versorgung mit Kirschner-Drähten zwar ein geeignetes Verfahren zur Versorgung distaler Radiusfrakturen darstellt, die winkelstabile palmare Plattenosteosynthese jedoch eine raschere Mobilisierungsmöglichkeit erlaubt. Sie wiesen jedoch auch darauf hin, dass ein klinischer Vorteil im Langzeitverlauf nicht mehr zu beobachten ist. Darüber hinaus sollten die signifikant höheren Kosten eines offenen Stabilisierungsverfahrens gegenüber der perkutanen Drahtosteosynthese ein zu beachtender Faktor sein [26].

Osteosynthesen mit
externem Fixateur mit
oder ohne Kirschner-Drähte

Esposito et al. [27] konnten in einer Metaanalyse bessere klinische und radiologische Resultate bei geringeren Infektionsraten nach Plattenosteosynthesen gegenüber externer Fixierung feststellen. Das Durchschnittsalter in allen eingeschlossenen Studien lag jedoch unter 60 Jahren, sodass diese Resultate nur bedingt auf geriatrische Patienten anzuwenden sind.

Zum Vergleich der Behandlung mittels Fixateur externe oder Kirschner-Drähten und Ruhigstellung wurden 90 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 65 Jahren in einer prospektiven randomisierten Studie untersucht. Obwohl keine Unterschiede in Patientenzufriedenheit und funktionellem Ergebnis gezeigt wurden, zeigte sich 2 Jahre nach Versorgung ein überlegenes radiologisches Resultat nach externer Fixierung. Wenngleich die Rate von Infekten der perkutanen Eintrittsstellen bei externer Fixierung geringer als bei Verwendung von Kirschner-Drähten war, so wiesen beide Verfahren mit 45 % eine hohe Komplikationsrate auf [28].

Eine prospektiv randomisierte Studie ging der Frage nach, ob Patienten mit sekundärer Frakturdislokation von einer erneuten Reposition und Stabilisierung mittels externem Fixateur profitieren. Im Vergleich zu weiter konservativ behandelten Patienten zeigte sich bei verbessertem radiologischen Ergebnis kein signifikanter Unterschied im funktionellen Resultat [29].

Osteosynthesen nach
offener Reposition durch
interne Stabilisierung

Dorsale Plattenosteosynthesen

Frakturen mit einer metaphysären Trümmerzone weisen üblicherweise eine dorsale Verkippung auf. Daher ist über ein dorsales Vorgehen eine exzellente Übersicht und eine gute Abstützung zu erreichen, die bei palmarem Vorgehen ohne winkelstabile Implantate nicht erreichbar ist. So berichten Keller et al. [30] in einer Serie von 49 Frauen jenseits des 60. Lebensjahres und einem mittleren Nachuntersuchungszeitraum von 32 Monaten bei guter Patientenzufriedenheit und Funktionalität über nur einen einzigen Fall einer sekundären Dislokation und einen Fall einer Strecksehnenruptur. Aufgrund drohender Weichteilkomplikationen wird eine frühzeitige Materialentfernung nach Konsolidierung der Fraktur jedoch als unerlässlich angesehen. Diese Nachteile können wahrscheinlich durch moderne, niedrig profilierte Implantate vermieden werden. So berichten Yu et al. [31] in einer Untersuchung von 57 Fällen, in denen dorsale low-profile Plattenosteosynthesen der Stärken 1,2–1,5 mm eingesetzt wurden, dass trotz nicht-regelhaft durchgeführter Implantatentfernung nur in 3 Fällen Irritationen der Strecksehnen auftraten.

Winkelstabile Systeme ermöglichen eine Abstützung der nach dorsal dislozierten Frakturen über ein palmar aufliegendes Implantat. Dadurch hat die palmare winkelstabile Plattenosteosynthese das dorsale Vorgehen weitgehend verdrängt. Mittlerweile sollten lediglich Frakturen mit dorsalen Fragmenten, die über ein palmar eingebrachtes Implantat nicht adressierbar sind, einer dorsalen Osteosynthese zugeführt werden. In diesen Fällen kann eine Kombination aus dosalem und palmarem Vorgehen eine sichere Retention bieten.

Winkelstabile palmare
Plattenosteosynthesen

Im Laufe der letzten 2 Jahrzehnte hat die Anwendung palmarer winkelstabiler Plattenosteosynthesen einen Aufschwung erlebt und stellt mittlerweile vielerorts den Standard der operativen Therapie dar [8, 9]. Neben guten Repositionsergebnissen sowohl extra- als auch intraartikulärer Frakturen und geringer Raten sekundärer Dislokationen ermöglicht die stabile subchondrale Verankerung eine frühzeitige funktionelle Therapie mit früher Mobilisierung der Handgelenke, sodass auch kurzfristig gute funktionelle Ergebnisse beobachtet werden [32, 33]. Darüber hinaus geht das palmare Vorgehen mit einer geringen Zugangsmorbidität einher, und zahlreiche klinische Studien konnten gute Ergebnisse der palmaren winkelstabilen Osteosynthese belegen [34–36].

Im Vergleich zur Stabilisierung mittels Kirschner-Drähten kann hierdurch bei vergleichbaren Komplikationsraten eine raschere Rückkehr zu Aktivitäten des täglichen Lebens erreicht werden [33]. Aufgrund signifikant höherer Raten sekundärer Frakturdislokationen ist die Verwendung nicht winkelstabiler Implantate obsolet [37]. Während durch die Einführung multidirektional winkelstabiler Plattensysteme über eine variable Schraubenpositionierung eine verbesserte Fragmentfixierung erreicht werden soll, konnten klinische Studien hierzu bisher keinen relevanten Vorteil nachweisen [38].

Eine von Hakimi et al. [34] durchgeführte Nachuntersuchung von 89 Patienten mit palmaren winkelstabilen Plattenosteosynthesen für dislozierte distale Radiusfrakturen wies nach durchschnittlich 12 Monaten eine relevante Radiusverkürzung in 5 Fällen und größere Dislokationen in 11 Fällen nach. In einer Untersuchung von 564 winkelstabilen palmaren Plattenosteosynthesen beschrieben Köck et al. [39] keine sekundäre Frakturdislokationen bei einer durchschnittlichen Radiusverkürzung von 0,5–1 mm zeigen, obwohl nur in 1,5 % der Fälle eine Anlage von Knochenersatzmaterial in der Defektzone erfolgte. Während geringe Komplikationsraten nach palmarem Vorgehen auftraten, wurde die dorsale Plattenosteosynthese wegen der häufig auftretenden Strecksehnenaffektionen aufgegeben. Jedoch können auch nach palmaren Plattenosteosynthesen Komplikationen im Sinne sekundärer Dislokationen und Schraubenfehllagen mit Strecksehnenaffektionen auftreten (s. Abbildungen 1, 2).

Verwendung von
Knochenzement

Während die autologe Spongiosaplastik und der Einsatz von Knochenersatzmarterialien im Rahmen von Korrekturosteotomien von in Fehlstellung verheilten distalen Radiusfrakturen gut etabliert sind, beschreiben einige Studien auch eine Anwendung in der primären Frakturtherapie.

Eine aktuelle Literaturübersicht hierzu kommt zu dem Schluss, dass durch eine Knochentransplantation das radiologische Ergebnis und kurzfristig auch klinische Resultate positiv beeinflusst werden können, während sich keine Vorteile in den Langzeitergebnissen ergeben [22]. Diese Ergebnisse finden sich auch in einem aktuellen Cochrane-Review wieder, in welchem 10 Studien mit insgesamt 874 Patienten berücksichtigt wurden [40]. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Kosten durch die Verwendung von Knochenersatzmaterialien und der mit einer autologen Transplantation einhergehenden erhöhten Morbidität, sollte diese Option den Korrekturosteotomien vorbehalten bleiben.

Fazit

Distale Radiusfrakturen sind häufige Verletzungen im höheren Lebensalter und Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten. Dennoch liegen bis zum jetzigen Zeitpunkt wenige evidenzbasierte Empfehlungen zur Therapie vor. Durch Unterschiede in der Konzeption der Studien ist die Vergleichbarkeit nur eingeschränkt möglich, dennoch lassen sich einige Schlussfolgerungen ableiten: Während jüngere, aktive Patienten von einer möglichst anatomischen Ausheilung profitieren [13, 14], scheint bei geriatrischen Patienten keine Korrelation zwischen radiologischem und klinischem Resultat zu bestehen [15–18]. Obwohl eine Entscheidung in diesen Fällen mit ausreichender Evidenz zu stützen ist, bleibt die Frage unbeantwortet, wo die Grenze zwischen diesen beiden Patientengruppen gezogen wird und an welchen Parametern die Therapieentscheidung im Zweifelsfalle ausgerichtet werden soll.

Nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung auf Basis qualitätskorrigierter Lebensjahre (QALY) stellt sich eine operative Therapie dennoch auch nach wirtschaftlichen Kriterien als vertretbar dar. Während das weitgehend akzeptierte Kostenlimit für ein qualitätskorrigiertes Lebensjahr bei 50.000 $ gesehen wird, konnte die Modellrechnung zeigen, dass die operative Therapie Mehrkosten in Höhe von 15.330 $ pro QALY gegenüber der konservativen Therapie nach sich zieht und damit deutlich unter dieser Grenze liegt [23].

Ältere Patienten mit geringer körperlicher Aktivität können selbst bei höhergradigen Deformitäten nach konservativer Therapie mit einem guten funktionellen Ergebnis rechnen. Durch eine konservative Therapie können Komplikationen wie Infektionen, Nerven- und Sehnenläsionen sowie die damit verbundene Minderung des funktionellen Ergebnisses weitestgehend vermieden werden. In diesem Kollektiv besteht die Herausforderung darin, durch die frühzeitige Einleitung von Bewegungsübungen der Fingergelenke einer Gelenkeinsteifung vorzubeugen. Hingegen wird bei aktiven älteren Patienten die Versorgung mit winkelstabilen palmaren Plattenosteosynthesen aufgrund guter radiologischer und funktioneller Ergebnisse, der Möglichkeit einer frühzeitigen Mobilisierung mit hoher Patientenzufriedenheit und niedrigen Komplikationsraten als Verfahren der Wahl angesehen. Osteosynthesen mit dorsalen Implantaten gehen mit einem erhöhten Risiko von Strecksehnenirritationen einher und erfordern eine regelhafte Implantatentfernung. Sie sollten daher Einzelfällen, in denen von palmar nicht adressierbare Fragmente ein rein dorsales oder eine kombiniert dorso-palmares Vorgehen erfordern, vorbehalten bleiben.

Die Stabilisierung mit Kirschner-Drähten oder Fixateur externe stellt sich beim aktiven älteren Patienten gegenüber der winkelstabilen Osteosynthese als unterlegen dar und geht mit hohen Komplikationsraten einher, sodass diese Verfahren beispielsweise offenen Frakturen vorbehalten bleiben sollten.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Johannes Schneppendahl

Klinik für Unfall- und Handchirurgie

Universitätsklinikum Düsseldorf

Moorenstraße 5

40225 Düsseldorf

Johannes.schneppendahl@
med.uni-duesseldorf.de

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Fussnoten

Klinik für Unfall- und Handchirurgie, Universitätsklinikum Düsseldorf

DOI 10.3228/oup.2013.0243–0247

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