Originalarbeiten - OUP 06/2012

Entwicklung der Beinachsgeometrie nach
kniegelenknaher Umstellungsosteotomie
Medium-term changes of the leg axis following high tibial
and distal femur osteotomies

Die Studie wurde durch die lokale Ethikkommission (Nr. 59/11) bewilligt.

Statistik

Allgemeine, deskriptive Berechnungen wurden mit Microsoft Excel 2003 durchgeführt. Bei nicht normalverteilten Werten wurde zur Berechnung statistisch signifikanter Unterschiede der Wilcoxon-Rangsummentest berechnet (Graph Pad Prism 5, GraphPad Software, La Jolla, USA).

Ergebnisse

Zum Operationszeitpunkt betrug der Altersdurchschnitt der Patienten 48 Jahre ± 13,3 Jahre (16 bis 68 Jahre), 75% der Patienten waren männlich, 25% weiblich. Insgesamt 10 Patienten unterzogen sich einer beidseitigen Umstellung, in einem Fall in gleicher Sitzung.

Von den insgesamt 44 durchgeführten Umstellungsosteotomien wurden 15 in der „open-wedge“ und 29 in der „closed-wedge“-Technik durchgeführt. Insgesamt 31 der 44 durchgeführten Operationen waren valgisierende Tibiakopfosteotomien, 4 varisierende Tibiakopfosteotomien. Bei 7 Patienten wurde eine suprakondyläre Femur-Valgisationsosteotomie und in 2 Fällen eine suprakondyläre Femur-Varisationsosteotomie durchgeführt. Bei einer Operation wurde eine bifokale Valgisation durchgeführt.

Die bei den Operationen am häufigsten verwendeten Plattensysteme sind der Tomofix (Synthes, Umkirch, Deutschland) mit insgesamt 19 Platten, gefolgt von der DCP-Platte (Synthes, Umkirch, Deutschland) in 14 Fällen. Zusätzlich wurden 6 Kondylenplatten (Synthes, Umkirch, Deutschland), 2 Litosplatten (Litos, Ahrensberg, Deutschland), eine Winkelplatte und eine Klingenplatte (beide Synthes, Umkirch, Deutschland) verwendet. In einem Fall kam ein Unterschenkelnagel in Kombination mit einem Fixateur externe zur Anwendung.

Die häufigste Indikation zur Umstellung war die mediale Gonarthrose mit 27 Fällen (61,3 %), gefolgt von 10 Osteotomien bei kongenitalem Genua vara (22,7%) ohne klinische oder radiolo-
gische Zeichen der Gonarthrose. Insge-samt 5 Fälle wurden aufgrund eines Genu valgum varisiert (11,4 %). In einem Fall wurde eine posttraumatische Deformität korrigiert.

Klinische Untersuchung

Die mittlere Beugefähigkeit für schließende Osteotomien betrug zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 132° ± 13° (95° bis 150°). Für aufklappende Osteotomien zeigten sich vergleichbare Werte mit einer mittleren Beugefähigkeit von 132° ± 12° (110° bis 150°).

Eine ligamentäre Instabilität der Seitenbänder der operierten Seite lag insgesamt bei 11 Fällen vor, davon erstgradig in 8 Fällen, zweitgradig in 3 Fällen, wobei davon nur 2 Patienten mit zweitgradiger Instabilität von einer klinisch relevanten Problematik berichteten, Orthesen waren in keinem Fall erforderlich. 6 Instabilitäten entfielen auf schließende Osteotomien, 5 auf aufklappende. Ein statistisch signifikanter Zusammenhang mit der Patientenzufriedenheit lag nicht vor.

Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung ergaben sich keine messbaren signifikanten Unterschiede bezüglich des Beinumfangs von Ober-, Unterschenkel und Kniegelenk.

Patientenzufriedenheit und
Arbeitsfähigkeit

Zur Erfassung der subjektiven Zufriedenheit der Patienten mit dem operativen und postoperativen Verlauf beurteilten die Patienten ähnlich der visuellen Analogskala für Schmerzen die Zufriedenheit auf einer Skala von 1 bis 10 (1 = höchste Unzufriedenheit; 10 = höchste Zufriedenheit). Der durchschnittliche Wert aller Patienten betrug 8,3 ± 1,6 Punkte (5 bis 10 Punkte) (Abb. 2).

Insgesamt 71% der untersuchten Patienten verblieben nach der Umstellung im gleichen Beruf. Insgesamt 90,5% der Befragten gaben an, dass sie sich erneut der gleichen Prozedur unterziehen würden. Bei den Patienten, die angaben, sich dieser Operation nicht erneut unterziehen zu wollen (n = 4), lag in einem Fall eine postoperative Beinvenenthrombose vor, in einem weiteren Fall bestand ein postoperativer neuropathischer Schmerz, ein weiterer Patient nannte eine Pseudarthrose mit erneutem Eingriff (dann Durchbauung) und schließlich beklagte ein Patient eine zu geringe Beschwerdereduktion im Vergleich zu präoperativ.

Die durchschnittliche Dauer bis zur Arbeitsfähigkeit betrug 5,8 ± 3,4 Monate (1 bis 12 Monate). 3 Patienten waren bereits wegen weiterer Erkrankungen vor der Umstellungsosteotomie arbeitsunfähig und blieben es postoperativ in 2 Fällen. 5 Patienten waren zum Umstellungszeitpunkt berentet. Es bestand kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Merkmal Arbeitsunfähigkeit und dem verwendeten Implantat oder der Art des Operationsverfahrens.

Patienten mit femoraler Umstellung waren tendenziell etwas schneller arbeitsfähig (5,3 Monate vs. 6 Monate, p = 0,56).

Es konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen den Merkmalen Implantat und Zufriedenheit sowie den Merkmalen Operationstechnik (aufklappend vs. schließend) gefunden werden. Es bestand jedoch ein hochsignifikanter Zusammenhang zwischen dem Merkmal Patientenzufriedenheit und der Beugefähigkeit (p < 0,01).

Scores

Präoperativ lag der Mittelwert des Score nach Lysholm und Gillquist bei 55 Punkten (Min. 14, Max. 100). Im Vergleich dazu ergab sich postoperativ im Mittel ein Punktwert von 92 (Min. 21, Max. 100) (Abb. 3a). Im „Japanese Scoring System“ ergab sich ein präoperativer Mittelwert von 63 Punkten (Min. 37, Max. 100). Im Vergleich dazu zeigte sich postoperativ im Mittel ein Punktwert von 91 (Min. 61, Max. 100) (Abb. 3b).

Im „Knee Society Score“ erzielten die Patienten einen präoperativen Wert im Mittel von 126 (Min. 38, Max, 194). Postoperativ ergibt sich ein Mittelwert von 184 (Min. 138, Max. 200). Für alle Scores besteht ein statistisch signifikanter Unterschied in den beiden Gruppen hinsichtlich der Verbesserung postoperativ (p < 0,01) (Abb. 3c).

Sonographische Beinachsver-
messung

Varisationsosteotomie

6 Patienten wurden im Rahmen dieser Studie nach durchgeführter Varisationsosteotomie nachuntersucht. Für einen Patienten fehlte der präoperative Messwert, sodass auch der postoperative nicht in die Berechnung mit einbezogen wurde. Die präoperative Beinachse des zu operierenden Beines betrug im Mittel 187° ± 3,1° (184° bis 192°). Die mechanische Beinachse am Tage der Nachuntersuchung betrug im Mittel 179° ± 3,2° (179° bis 182°). Daraus ergibt sich eine mittlere Differenz prä- zu postoperativ von 8°.

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