Originalarbeiten - OUP 09/2012

Fehler, Gefahren und Praxistipps bei Operationen der Kleinzehen
Risks, pitfalls and tips concerning operations of small toes

H.W. Staudte1, C. Holland1, B. Weber1

Zusammenfassung

Es wird über Behandlungsfehler bei Vorfußopera-
tionen, speziell Krallen- und Hammerzeh-Operationen
berichtet, wie sie von der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein festgestellt wurden. Diese machen fast 2% aller Patientenbeschwerden aus, die bei der Gutachterkommission zur Überprüfung beantragt wurden (Gesamtzahl 7047, Zeitraum 1.01. 2006 bis 31.12. 2010).

Der Anteil von Behandlungsfehlern bei Vorfußoperationen war 34%. 47 Fälle wurden bemängelt: 20 Fälle aufgrund präoperativer Fehler, 16 Fälle bei fehlerhafter Wahl des Operationsverfahrens, 30 Fälle aufgrund technischer Fehler
während der Operation und 28 Fälle wegen unzureichender postoperativer Betreuung. In 4 Fällen wurde die unzureichende Aufklärung über Behandlungsalternativen beanstandet.

Anhand von 3 Beispielen werden Sachverhalte und Beurteilungen dargestellt. Abschließend werden einige Punkte zur Vermeidung von Behandlungsfehlern diskutiert.

Schlüsselwörter: Krallenzehoperationen, Gutachterkommission, Behandlungsfehler, Praxis-Tipps

Summary

Malpractice occuring with hammertoe-/clawtoe-operations are reviewd as judged by the the Expert Commitee for Medical Malpractice Claims of the Medical Association of North Rhine. Small toe-operations come to nearly 2% of all patient complaints brought to the Gutachterkommission (Total number of complaints 7047 between 1.01.2006 to 31.12.2010).

The rate of mistakes of smalltoe-operations was 34%. 47 cases were critizied. 20 cases due to preoperative mistakes. 16 cases due to the choice of the procedure. 30 cases due to technical failures of the operation. 28 cases were judeged to have been cared insufficiently during the postoperative period. In 4 cases information was not properly given to obtain consent. 3 illustrative examples were presented. Some points were made to avoid the most common pitfalls.

Keywords: small toe operations, malpractice claims, rate of mistakes, pitfalls, tips

Einleitung

Der folgende Beitrag entstand aus der Sichtung begutachteter Behandlungsfehlervorwürfe durch die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein bei Vorfußoperationen, hier speziell von Eingriffen an den Zehen II bis IV. Vorwürfe zu Vorfußoperationen betrafen knapp 2% aller Begutachtungsfälle der Abschlussjahre 2006–2010. Obwohl dieser Prozentwert gering erscheint, handelt es sich doch bei den Vorfußoperationen um typische, regelmäßig wiederkehrende Vorwürfe, die der Kommission zur Prüfung vorgelegt werden. Zum Vergleich liegt der Anteil vorgeworfener Behandlungsfehler bei Hüftendoprothesen mit 3,7% nur knapp doppelt so hoch.Dieser Beitrag bezieht sich nur auf Eingriffe an den Zehen selbst, nicht auf Osteotomien der Mittelfußknochen. Am häufigsten wurde fehlerhaft die Deformität nicht ausreichend beseitigt, vielfach aufgrund einer nicht befundangemessenen Verfahrenswahl infolge unsorgfältiger präoperativer Diagnostik. Auch postoperativ mussten vielfach Mängel bei der klinischen und röntgenologischen Befunderhebung festgestellt werden, die zur Verlängerung des Heilverlaufs führten. Zur Sicherung des Heilerfolges fehlte es häufiger an einer Sicherheitsaufklärung, insbesondere in Hinblick auf das Erfordernis der Nachbehandlung, sodass primär gute Ergebnisse oft nicht gehalten werden konnten und eine Revisionsoperation erforderten. Dokumentationslücken zeigten sich in einem Siebtel der ausgewerteten Verfahren und hatten ihren Anteil an nicht optimalen Ergebnissen der Operationen, auch wenn nicht immer Behandlungsfehler festzustellen waren. Insbesondere fehlte es häufig an einer Auseinandersetzung mit konservativen Behandlungsalternativen und den individuellen Anforderungen und Wünschen des Patienten.

Fehlerfeststellungen

Behandlungsfehler wurden in 47 von 123 überprüften Verfahren mit Vorwürfen zu Eingriffen am Vorfuß festgestellt (s. Tab.1). In 4 Verfahren, in denen auch die Kleinzehen operativ angegangen wurden, wurden nur Fehler beim Großzeheneingriff gemacht. Insgesamt lagen bei 17 Eingriffen an den Kleinzehen Behandlungsfehler vor. Im Durchschnitt fanden sich 2,0 Einzelfehler (jeweils in Klammern die Einzelfehler für die Eingriffe an den kleinen Zehen, s. Tab. 2):

Präoperative Fehler ergaben sich in 20 Verfahren (5): 11-mal (2) war die dokumentierte Anamnese- und Befunderhebung des Fußes nicht ausreichend, 6-mal (1) wurde eine gebotene präoperative Röntgenaufnahme unterlassen oder war zur Beurteilung der Deformität ungeeignet. Eine Indikation für den durchgeführten Eingriff lag 8-mal (2) nicht vor, darunter einmal aufgrund einer präoperativ – in Ermangelung der Prüfung – nicht erkannten fortgeschrittenen pAVK.

Fehler bei der technischen Durchführung der Operationen (30, davon 15 an den kleinen Zehen, ) wurden am häufigsten festgestellt. Allein bei 24 Patienten (14) wurde die vorliegenden krankhaften Befunde nicht bzw. nur teilweise beseitigt. Weitere technische Fehler waren 4-mal (1) die unzulängliche Schraubenlänge, je einmal die unbemerkte Durchtrennung der langen Strecksehne und die versäumte Sogfreigebung der eingelegten Drainage. Ein ausreichender OP-Bericht konnte 3-mal nicht vorgelegt werden. Bei 16 Patienten (5) war die gewählte Operationsmethode nicht befundangemessen oder ungeeignet.

Die postoperative Betreuung wurde in 28 Verfahren (9) von den Gutachtern als unzureichend angesehen, darunter fehlte es 10-mal (4) an einer Sicherungsaufklärung, beispielsweise über das Erfordernis einer Nachbehandlung oder den fehlenden Erfolg des Eingriffs; 6-mal (3) waren die Röntgenkontrollen unzulänglich/verspätet oder wurden unterlassen, 6-mal (2) wurde eine adäquate Nachbehandlung zur Sicherung des OP-Ergebnisses versäumt, 4-mal (1) wurden die postoperativen Befunde/Beschwerden nicht ausreichend gewürdigt, 4-mal (1) erfolgte ein unzulängliches Infektmanagement, 3-mal (1) wurde eine Revisions-OP nicht zeitgerecht veranlasst und 3-mal (2) nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Bei 3 Patienten erfolgte die Materialentfernung verfrüht. Über bestehende Behandlungsalternativen wurden 4 Patienten nicht aufgeklärt.

Mängel der Risikoaufklärung wurden von knapp einem Viertel der Patienten beklagt (29; 13) (s.Tab. 3). Versäumnisse wurden 5-mal (2) festgestellt, darunter 2-mal bei ansonsten sachgerechter Behandlung mit der Folge der Haftung für alle Folgen des rechtswidrigen Eingriffs. Dokumentationslücken wurden in insgesamt 17 (7) Verfahren von den Gutachtern festgestellt (13,8%), darunter in 10 (3) Verfahren mit bejahten Behandlungsfehlern.

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