Originalarbeiten - OUP 09/2012

Fehler, Gefahren und Praxistipps bei Operationen der Kleinzehen
Risks, pitfalls and tips concerning operations of small toes

Zusammenfassend war festzustellen, dass bei einem Vorliegen von Hammerzehen II-IV wahrscheinlich der Eingriff nach Hohmann wohl richtig indiziert war, auch wenn dies wegen fehlender Dokumentation präoperativer klinischer und röntgenologischer Untersuchungen nicht sicher nachvollzogen werden konnte. Fehlerhaft war an den Zehen II und III eine zu geringe Resektion am Grundglied-Köpfchen durchgeführt worden, die Resektion an der IV. Zehe hingegen zu ausgiebig. Das Ergebnis hätte durch eine Kirschnerdrahtfixierung oder durch eine besonders sorgfältige Nachbehandlung deutlich verbessert werden können. Der entstandene Schaden liegt in der Notwendigkeit einer Korrektur-Operation.

2. Fallbeispiel

Die 46-jährige Patientin klagte über eine Hammerzehe II. Nach Risikoaufklärung wurde eine Resektionsarthroplastik nach Hohmann durchgeführt. Bei der Operation wurde nach übermäßiger Resektion des Grundgliedesköpfchens unter Mitnahme eines Teils des Schaftes des Grundgliedes eine instabile Situation geschaffen, die so belassen wurde. Eine geeignete Fixierung zum Beispiel mit einem Kirschnerdraht erfolgte nicht. Es entstand eine Fehlstellung um ca. 30° nach lateral und plantar. Eine Korrekturoperation wurde erforderlich. Die spätere Entwicklung von Krallenzehen III und IV wurde allerdings nicht auf das Fehlergebnis an der Zehe II zurückgeführt.

3. Fallbeispiel

Die 69-jährige Patientin wurde wegen einer Hammerzehe II operiert. Es wurden das Köpfchen des Grundgliedes reseziert und die Knorpelfläche der Basis des Mittelgliedes entfernt. Es erfolgte eine Fixierung des Mittelgelenkes mit einem Kirschnerdraht von 1,3 mm Dicke. Dieser Kirschnerdraht wurde allerdings noch durch das Grundgelenk hindurch in den Schaft des zweiten Mittelfußknochens eingebracht, den er plantarwärts deutlich perforierte.

In der Folge kam es zu einem Bruch des Kirschnerdrahtes im Grundgelenk, ein Umstand, welcher bei der Metallentfernung nicht beachtet wurde. Es musste daher eine zweite Operation mit Freilegung des Intermetatarsaleraumes II/III durchgeführt werden, um den Rest des Kirschnerdrahtes zu entfernen.

Als Behandlungsfehler wurde von der Gutachterkommission das Übersehen des Bruches des Kirschnerdrahtes angesehen.

Mit der Frage, ob eine Indikation zur überbrückenden Fixierung des Grundgelenkes überhaupt vorlag, hat sich der Gutachter nicht befasst. Nach Auffassung der fachärztlichen Autoren sollte man ein gesundes Gelenk nicht mittels Spickdraht durchbohren, wenn das Gelenk nicht auf irgend eine Art und Weise instabil ist.

Aus Fehlern lernen

Leidensdruck erfassen,
Patientenerwartung einschätzen

Anamnese: Worüber klagt der Patient? Wobei treten die Beschwerden auf? Alltäglich, nur im Beruf, beim Sport oder ausschließlich beim Tragen von besonders modischem Schuhwerk? Wie wurde bisher behandelt? Welches Schuhwerk wird vorwiegend getragen? Ist eine Umstellung möglich? Stellt eine beschwerdefreie Deformierung nur ein ästhetisches Problem dar?

Untersuchung: Die klinische Untersuchung umfasst grundsätzlich – auch wenn nur eine einzelne Kleinzehendeformierung auffällt – die gesamte untere Extremität in Hinblick auf eine Beinachsenfehlstellung, die Stellung des Rückfußes, die Beurteilung des Fußes unter Belastung im Stand und unter der Bewegung beim Gehen sowie die Untersuchung des entlasteten Fußes. Die Untersuchung dient der Analyse der Ursache der Zehendeformierung.

Der Hautmantel ist auf Beschwielung und Druckstellen zu untersuchen.

Mit dem Push-up-Test wird die Stabilität der Kleinzehen im Grundgelenk durch sohlenseitigem Druck hinter den Mittelfußköpfchen überprüft [2, 8, 10]: Lässt sich ein Quergewölbe formen und gleicht sich die Beugefehlstellung im Zehenmittelgelenk (PIP Gelenk) aus, so handelt es sich um eine flexible Hammer/Krallenzehe. Bleibt die Beugefehlstellung vom Mittelgelenk unverändert bestehen, liegt eine kontrakte Fehlstellung vor. Die gleiche Prüfung lässt die Beurteilung der Situation im Grundgelenk zu, das sich ohne tastbare Stufenbildung gleichfalls noch beugen lassen sollte.

Ein Nerven- und Gefäß-Status ist erforderlich. Präoperativ Röntgenuntersuchung des ganzen Fußes in 2 Ebenen unter Belastung.

Und nicht zu vergessen: Mit was für Schuhen kommt der Patient zur Untersuchung?

Konservative Therapie: Nach einer Befragung des Patienten zu seinen individuellen beruflichen und sportlichen Bedürfnissen und Wünschen und der Beratung über zweckmäßiges Schuhwerk besteht die konservative Therapie in einer Druckreduktion über dem dorsalen Anteil des kontrakten Gelenkes. Hierfür sind vorgeformte Schaumstoffpolster erhältlich und sogenannte Toe-alignement-Schienchen für die Nacht. Auch Schuhwerk mit weichem Oberleder kann Erleichterung bringen. Die Einlagenversorgung mit einer retrokapitalen Pelotte kann bei flexiblen Krallenzehen zur Stellungskorrektur und zur Schmerzreduktion führen, unter Umständen sind Schuhzurichtungen sinnvoll. Über alle Möglichkeiten konservativer Maßnahmen muss der Patient informiert werden wie auch zur Selbsthilfe durch Dehnungsmaßnahmen und aktive Übungen nach Einweisung.

Operationsindikation: Die Spreizfußdeformierung ist außerordentlich häufig, verursacht aber dem Leistungssportler meist keine Beschwerden, wohl aber dem inaktiven alten Menschen [9]. Nicht die Deformierung stellt deshalb eine Indikation zur Operation dar, sondern der beschwerdenbehaftete Fuß nach Ausschöpfung aller konservativen Möglichkeiten. Die Operationsplanung wird hauptsächlich vom klinischen Befund bestimmt, muss aber auch die individuell sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der Patienten berücksichtigen.

Realistische OP-Ziele
aufstellen

Operationsplanung

Konventionelle Röntgenaufnahmen des belasteten Fußes im normalen Stand sind zur Planung der Operation zwar noch nicht die Regel, aber im Grunde Voraussetzung für eine optimale Operationsplanung. Bei der a.-p.-Aufnahme ist der Zentralstrahl auf den Mittelfuß zu zentrieren. Die Aufnahme im seitlichen Strahlengang muss den gesamten Fuß abbilden. Beurteilt wird am 2.–5. Strahl der Zustand der Grundgelenke: Die Gelenkkongruenz, Hinweise auf eine Subluxation/Luxation sowie der Metatarsal-Index.

Aufklärung über Risiken und Nachbehandlung

Über folgende Risiken ist aufzuklären: Postoperative Schwellung, Wundheilungsstörung und Infektion mit der Notwendigkeit weiterer Eingriffe, Bewegungseinschränkung, Sensibilitätsstörungen, das Rezidiv mit erneuter Fehlstellung, fehlender Bodenkontakt der Zehenkuppe, Metatarsalgie, hypertrophe Narben, Pseudarthrosen nach Arthrodese, chronisch-regionales Schmerz-Syndrom.

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