Übersichtsarbeiten - OUP 11/2016

Grenzen der erhaltenden Knorpel- und Arthrosetherapie am Hüftgelenk

Frühe Stadien der Arthrose können Begleitpathologien wie Labrumschäden und lokalen Knorpeldefekten mittels MRT gut diagnostiziert werden. Diese zeigen sich auf der azetabulären und femoralen Seite in Form von Delaminationen, chondralen Ulzerationen und Knorpelausdünnungen. Subchondrale Zysten und ein Knöchenödem in belasteten Zonen werden als ungünstige Prädiktoren angesehen [4]. Aktuelle Techniken wie das dGERMIC ermöglichen eine genauere Beurteilung von chondralen Defekten, müssen jedoch noch ihren Nutzen demonstrieren und werden aktuell nicht als Standardverfahren im klinischen Alltag eingesetzt.

Computertomografie (CT)

Die Computertomografie hilft in der frühen Phase der Arthrose nicht bei der Diagnosestellung hinsichtlich eines Knorpelschadens. Insbesondere Deformitäten, Knochenzysten und Veränderungen des Gelenkspalts können dargestellt werden.

Patientenhistorie und
klinische Untersuchung

Zur Beurteilung der Entwicklung und Ausprägung der Beschwerden der Patienten, ist eine Analyse der genauen Patientenhistorie essenziell. Neben typischen Beschwerden bei Vorliegen einer Arthrose können Pathologien wie Labrumläsionen, periphere chondrale Schäden oder externe periartikuläre Erkrankungen Schmerzen bei Bewegungen auslösen. Eine typische Bewegung, bei denen diese überwiegend auftreten, sind die kombinierte Flexion, Innenrotation und Adduktion (Impingement-Zeichen). Ausgedehnte Knorpelschäden und generalisierte Arthrosen äußern sich eher durch einen Dauerschmerz, der in Abhängigkeit von der Belastung des Gelenks in seiner Intensität variieren kann. Hierbei sind dann die Möglichkeiten eines gelenkerhaltenen arthroskopischen Eingriffs limitiert [4].

Indikationen

Zur Indikationsstellung sind eine profunde Diagnostik mit eingehender körperlicher Untersuchung und eine spezielle Bildgebung bei Patienten mit einer Arthrose bzw. Knorpeldefekten an Femurkopf und Azetabulum wichtig. Konventionelle Röntgenaufnahmen des Beckens und der Hüftgelenke in 2 Ebenen unter Belastung können nur erste Hinweise auf die Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs aufzeigen. Zur Indikationsstellung können ergänzende Bildgebungen helfen (MRT, Arthro-MRT, seltener CT oder dGEMRIC), um die Erfolgsaussichten der Therapie genügend abzuschätzen. Die Indikationen für eine Arthroskopie des Hüftgelenks bei Arthrose sowie die Indikationen, die ein erhöhtes Risiko einer frühzeitigen Revision zur Hüft-TEP bergen, sind nachfolgend aufgeführt (Tab. 1).

Leichter Knorpelschaden bis
Outerbridge Grad ? 3
mit erhaltenem Gelenkspalt

Bei der arthroskopischen Behandlung des FAI wird vor allem im kranio-ventralen Gelenkbereich häufig ein leichter Knochenschaden vorgefunden. In der präoperativen Bildgebung erscheint der Gelenkspalt nicht verschmälert, und wenn doch, dann nur minimal. Studienergebnisse sprechen dafür, dass Patienten mit einem erhaltenen oder nur leicht verschmälerten Gelenkspalt eine bessere Prognose für einen gelenkerhaltenden Eingriff haben, als im Vergleich Patienten mit einem deutlich verschmälerten Gelenkspalt. Skendzel et. al konnten in einer großen Kohorten-Studie an 466 Patienten zeigen, dass nach 6 Jahren Nachuntersuchungszeitraum die Patienten der Gruppe mit einer Gelenkspaltbreite ? 2 mm in signifikant höherer Anzahl frühzeitig zu einer Hüft-TEP revidiert wurden [2].

Leichter Knorpelschaden
bis Outerbridge Grad ? 2
und Cam-/Pinzer-FAI

Was bereits in jungen Jahren ebenfalls zu lokal umschriebenen Knorpeldefekten führen kann, ist das Cam- und Pinzer-Impingement. Die Defekte befinden sich beim Cam-Impingement in der Regel im kranio-ventralen Azetabulum. Bei dieser Form taucht der „Bump“ unter das Labrum in das Azetabulum ein, was dann durch eine relative Vergrößerung des Kopfdurchmessers zu einem Übermaß an Schwerkräften führt. Die Folge ist eine Delamination, bei der sich der Knorpel vom subchondralen Knochen abhebt, was wiederum eine Degeneration und Destruktion des avitalen Knorpels auslösen kann. Bei einem Pinzer-Impingement kommt es durch das Anschlagen des Kopf-Schenkelhalsübergangs am ventralen Pfannenrand zu einem Hebeln des Hüfkopfs mit einem erhöhten Risiko von Knorpeldefekten am dorsalen Azetabulum. Insbesondere 2 Studien konnten mit vielversprechenden Ergebnissen aufzeigen, dass ein leichter Knorpelschaden im Zusammenhang mit einem femoroacetabulären Impingement (Cam/Pinzer) mittels der zur Verfügung stehenden Knorpelverfahren und gleichzeitiger Behandlung des FAI adäquat behandelt werden kann [5, 6].

Leichter Knorpelschaden
bis Outerbridge Grad ? 2
und Labrum-Läsion

Das FAI verursacht vielfach Läsionen des Labrums und kann im Verlauf zu labro-kartilaginären Defekten führe. Intraoperativ imponieren diese als lokal umschriebene Knorpelschädigungen. Die Vermutung, dass ein intaktes Labrum das Risiko für eine frühzeitige Entwicklung einer Arthrose hemmt, da es die biomechanische Stabilität des Hüftgelenks erhält, wurde bereits in mehreren Studien aufgestellt. Es konnten in verschiedenen Studien 90 %ige Überlebensraten nach Hüftarthroskopie in Fällen mit Labrumläsion und Vorliegen einer leichten Arthrose (Outerbridge ? 2) nachgewiesen werden, wenn diese frühzeitig behandelt wurde. Somit ist eine frühzeitige Labrumrekonstruktion bei nur leichtem Knorpelschaden für den weiteren Heilungsverlauf prognostisch günstig [7].

Erhöhtes Risiko einer
Revision zu Hüft-TEP

Hüftdysplasie, CE-Winkel ? 25°

Das Risiko einer frühzeitigen Arthrose ist durch die übermäßige Kraftbelastung auf kleiner Fläche enorm erhöht. Die biomechanische Stabilität nimmt mit einer deutlich verringerten azetabulären Überdachung des Femurkopfs ab. Das Labrum ist vielfach hypertrophiert, um die fehlende knöcherne Überdachung zu kompensieren. Hierdurch wirken erhöhte Kräfte auf den labro-kartilaginären Komplex, die neben einer Läsion des Labrums zu Knorpelschäden führen können. In diesen Fällen ist die Überlebensrate nach einer Arthroskopie deutlich verringert und es sollten eher reorientierende Beckenosteotomien in Betracht gezogen werden [8]. Ohne Berücksichtigung der knöchernen Deformitäten kann hier nicht von einem erfolgsversprechenden Eingriff ausgegangen werden. Somit sollte bei diesen Patienten nur unter sehr kritischen Gesichtspunkten, mit der dabei wichtigsten Komponente Ausprägung der Dysplasie, die Indikation für eine Arthroskopie gestellt werden (Abb. 2).

Gelenkspaltbreite < 2 mm
mit Knorpeldefekt Outerbridge Grad ? 3/Tönnis Grad ? 2

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