Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Hüftarthroskopie bei vorliegender Dysplasiehüfte
Bei welchen Befunden ist noch eine Arthroskopie und bei welchen Befunden die Umstellung an Becken und Femur sinnvoll?

Eine AP-Aufnahme der betroffenen Hüfte sollte vermieden werden. Des Weiteren sind die Fehlbildungen in einem hohen Prozentsatz beidseitig angelegt, welche dann durch die Beckenübersicht miterfasst werden. Durch die Bestimmung der in Abbildung 1 dargestellten Parameter an den konventionellen Röntgenaufnahmen ist die wesentliche Einschätzung der Pathomorphologie möglich. Die Normwerte und Grenzen zur Pathologie sind in Tabelle 1 dargestellt. Im Wesentlichen ergeben sich hieraus folgende Abweichungen:

  • 1. Pfanne zu klein und oder Abweichung CCD und Schenkelhals-AT – „klassische Dysplasie“
  • 2. Pfanne zu groß oder retrovertiert – Pincer-Typ FAI
  • 3. Pfanne normal und Kopf-Halsübergang – Cam-Typ FAI
  • 4. Kombinationen aus 1–3

Eine grobe Ableitung des geeigneten OP-Verfahrens ist durch die Bewertung dieser Parameter bereits möglich. Die Frage nach einer Arthroskopie ergibt sich in der Regel nur bei Abweichung 2 und 4. Liegen Abweichungen in der linken Spalte Dysplasie vor, ist in der Regel eine Osteotomie Verfahren der Wahl, liegt sie in der rechten Spalte FAI, kommt die Arthroskopie oder die chirurgische Hüftluxation zum Tragen. Bei Abweichungen aus beiden Bereichen ist in der Regel eine Kombination der OP-Verfahren notwendig. Eine Beratung des Patienten und ggf. Therapieplanung können damit bei entsprechender Erfahrung bereits anhand dieser Einschätzung frühzeitig und umfassen erfolgen.

Erweiterte Bildgebung

Eine weiterführende Schnittbildgebung mittels konventionellem MRT dient präoperativ insbesondere in der Impingement-Chirurgie der genauen 3-dimensionalen Analyse der Veränderungen. Die Auswahl des OP-Verfahrens Arthroskopie oder Hüftluxation kann hiervon abgeleitet werden. Weiterhin ist sie wichtig zur Erfassung von Begleitpathologien und Sekundärveränderungen im Bereich Knorpel und Labrum. Da sämtliche gelenkerhaltende operative Verfahren beim Vorliegen einer mittel- oder höhergradigen Sekundärarthrose versagen, ist ein MRT spätestens ab dem 30. Lebensjahr, auch bei unauffälligem konventionellen Röntgen hinsichtlich arthrotischer Veränderungen, zu empfehlen. Bezüglich des Labrums ist dabei zu beachten, dass das Labrum bei dysplastisch zu kleiner Pfanne oft kompensatorisch hypertrophiert und in der Schnittbildgebung strukturell und morphologisch verändert aussehen kann. Ein physiologischer Sulcus zwischen Labrum und Knorpel-/Pfannenrand muss hier von einem Riss abgegrenzt werden und lässt sich im Zweifel nur arthroskopisch sicher beurteilen. Das radiäre MRT dient vorwiegend zur 3-dimensionalen Einschätzung des FAI und zur Wahl des OP-Verfahrens Arthroskopie oder chirurgische Hüftluxation. Eine Zusatzinformation hinsichtlich morphologischer Veränderungen zur konventionellen Röntgendiagnostik ergibt sich in der Regel nicht. Zum Ausschluss extraartiulärer Pathologien, synovialer Erkrankungen und insbesondere zur Beurteilung von Sekundärveränderungen an Knorpel und Labrum ist das MRT jedoch zur Planung der weiteren Therapie sinnvoll.

Bei Vorliegen von Kniebeschwerden, nach denen immer explizit gefragt werden sollte, und klinischen Hinweisen für eine Torsionsfehlstellung muss die Verifizierung der Torsionswinkel des gesamten Beins, Femur und Tibia durch eine Schnittbildgebung erfolgen. Aufgrund des in der Regel jungen Alters der Patienten sollte dies vorzugsweise mittels Torsions-MRT erfolgen.

Sowohl für das radiäre MRT als auch für die Torsionsbestimmung sind standardisierte Protokolle und eine gute Kooperation zwischen Radiologen und Chirurgen notwendig, um Fehlmessungen und Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Isolierte Eingriffe

Eine grobe Ableitung des geeigneten OP-Verfahrens ist wie bereits beschrieben durch Bewertung der in Tabelle 1 dargestellten Parameter möglich. Insbesondere bei Vorliegen einer isolierten Fehlstellung außerhalb der in Tabelle 1 dargestellten Grenzbereiche ist die Auswahl des operativen Therapieverfahrens in der Regel hinsichtlich Osteotomie oder Arthroskopie einfach, bei Vorliegen von kombinierten Fehlbildungen und Grenzwerten der radiologischen Kriterien dennoch manchmal schwierig.

Neben den radiologischen Kriterien können hier anamnestische und klinische Parameter zur Entscheidungsfindung hilfreich sein. Stehen hauptsächlich klinische Symptome aus dem Bereich des FAI mit typischen Impingementzeichen in der klinischen Untersuchung im Vordergrund, ist die Beseitigung der FAI-Pathologie angebracht, was insbesondere beim FAI vom Cam-Typ oft arthroskopisch ausreichend gelingt.

Treten hingegen Beschwerden mehr unter Steh- und Gehbelastung auf und ist eine latente Instabilität des Gelenks vorhanden, ist eher eine Optimierung der Biomechanik durch eine knöcherne Umstellung sinnvoll. Bei zusätzlichen Kniebeschwerden liegt in der Regel eine zusätzliche Torsionsabweichung am Femur vor, welche dann mittels Femurosteotomie zu behandeln ist.

Sekundärarthose und
diagnostische Arthroskopie

Beim Vorliegen einer relevanten Hüftgelenksarthose besteht in der Literatur Konsens darüber, dass jegliches gelenkerhaltendes OP-Verfahren mit einem hohen Risiko behaftet ist, dass Restbeschwerden verbleiben oder eine Beschwerde Beeinflussung überhaupt nicht mehr möglich ist [10, 13, 14, 17, 18, 26, 28]. Sowohl für die Umstellungen als auch für die Hüftarthroskopie ist bei Vorliegen eines Arthrosegrad 3 und 4 nach Kellgren-Lawrence mit einem schlechten Ergebnis zu rechnen. Schwierig ist die Empfehlung beim Übergang vom Arthrosegrad 1 zu 2, welcher schon in der Diagnostik oft nicht eindeutig festgelegt werden kann. Hier ist die Entscheidung anhand von Co-Faktoren wie Lebensalter, BMI, Belastungsanspruch, Leidensdruck und Ansprechen auf symptomatische konservative Therapie individuell mit dem Patienten zu besprechen. Als negative Prädiktoren für das Outcome arthroskopischer Eingriffe sind ein Alter über 40 Jahren und das weibliche Geschlecht beschrieben [1, 11, 13]. Der BMI zeigt keinen direkten Zusammenhang mit dem Outcome, kann jedoch den technischen Zugang und damit das Korrekturergebnis negativ beeinflussen. Auch Osteotomien sind aufgrund der Sekundärarthrose in der Altersgruppe der über 40-Jährigen mit einem schlechteren Ergebnis behaftet [14, 18]. Insbesondere die Erfahrung aus der Arthroskopie zeigt hier, dass die Bildgebung oft schwerwiegende lokale Knorpelschäden nicht ausreichend aufzeigt. Gelenkflächenschäden wie in (Abb. 2) sind auch bei normaler Gelenkspaltweite möglich und für jegliche gelenkerhaltende operative Therapie nicht mehr geeignet. Zur Beurteilung der Sekundärarthrose sollte hier insbesondere auf zentrale Kopfosteophyten und kaudale Pfannenrandosteophyten geachtet werden. Ist aus der Bildgebung keine klare Entscheidung zu treffen, ergibt sich eine spezielle Indikation der Hüftarthroskopie bei der Pfannendysplasie im Sinne einer diagnostischen Arthroskopie. Insbesondere bei Patienten in der 4. und 5. Lebensdekade, bei denen sich die Indikation basierend auf der Bildgebung nicht eindeutig stellen lässt, sollte dieses Verfahren vor einer potenziell möglichen Umstellung großzügig angewendet werden.

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