Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Hüftarthroskopie bei vorliegender Dysplasiehüfte
Bei welchen Befunden ist noch eine Arthroskopie und bei welchen Befunden die Umstellung an Becken und Femur sinnvoll?

Eine eher seltene Indikation einer isloierten Femurosteotomie ist das ischiofemorale Impingement (IFI) bei ursächlich zugrunde liegender Coxa valga mit Verminderung des Abstands zwischen Sitzbein und Trochanter oder Coxa breva mit sehr kurzem Schenkelhals.

Bei Grenzdysplasien der Hüftpfanne mit milder Retrotorsion und/oder CE-Winkel im Bereich von 20–30° und gleichzeitiger Offset-Störung am vorderen-seitlichen Schenkelhals kann eine alleinige arthroskopische Beseitigung der Cam-Deformität dann versucht werden, wenn klinisch eine Impingement-Symptomatik besteht. Auch bei milder Schenkelhalsretrotorsion bei breitem Schenkelhals, oft in Kombination mit einer Coxa vara, kann ein arthroskopisches Schenkelhalstrimming die Beschwerden reduzieren. Ob hier wie in der Literatur beschrieben tatsächlich eine Verbesserung der Innenrotation auf 30° erreicht wird, muss eher kritisch gesehen werden.

Kombinierte OP-Verfahren

In der kontroversen Diskussion stellt sich zunehmend heraus, dass Kombinationseingriffe auch außerhalb des Bereichs der Grenzdysplasien häufig und sinnvoll sind. Bei der detaillierten Betrachtung finden sich oft kombinierte Fehlbildungen, die durch ein OP-Verfahren nicht alleinig behandelt werden können. Dabei sind die Grenzen teilweise fließend, und die OP-Verfahren Osteotomie und Arthroskopie können sich ein- oder zweizeitig im Sinne eines stufenweisen Vorgehens ergänzen.

Wichtig ist hierbei, dass die Komplexität der Fehlbildung erfasst wird und das häufige Vorkommen von gemischten Fehlbildungen aus dem Bereich der klassischen Dysplasiedefinition und dem FAI erkannt wird. Eine einseitige Betrachtung birgt sonst die Gefahr, dass wesentliche Anteile der Pathologie übersehen werden. So sind für die Beckenosteotomie schlechte Ergebnisse bekannt, wenn eine Asphärizität des Hüftkopfs vorliegt oder eine begleitende Cam-Deformität nicht beseitigt wird. Die alleinige arthroskopische Therapie einer Cam-Deformität unter Belassen einer wesentlichen Pfannen- oder Femurfehlstellung ist gleichfalls mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eines frühen Versagens der Therapie behaftet. Beim Vorliegen von eindeutigen gemischten Fehlbildungen außerhalb der Grenzbereiche (Tab. 1) ist deshalb in der Regel eine Kombination der Therapieverfahren knöcherne Umstellung und arthroskopische FAI-Chirurgie mit Beseitigung/Optimierung aller Fehlbildungskomponenten empfohlen. Abbildung 5 zeigt ein Beispiel mit Grenzdysplasie der Pfanne bei einem CE-Winkel von 25° mit zusätzlicher Dezentrierung und Offset-Störung als Beispiel für die klassische Indikation für einen Kombinationseingriff.

Eine einzeitige Kombination von Osteotomien mit arthroskopischen Eingriffen ist dabei prinzipiell möglich. Der technische Aufwand, OP-Dauer und Trainingszustand des Operateurs sind hier für die Wahl eines einzeitigen oder 2-zeitigen Verfahrens heranzuziehen und im Sinne des Patientenkomforts und der gesamten Behandlungsdauer zu favorisieren. Möglicherweise mit zu behandelnde Sekundärschäden an Knorpel und Labrum können ebenso für ein 2-zeitiges Vorgehen sprechen.

Auch wenn die Erlössituation unter DRG-Aspekten nicht vordergründig sein sollte, spielt sie im Einzelfall sicherlich eine Rolle, da bei aufwendigen einzeitigen Kombinationseingriffen eine erhebliche betriebswirtschaftliche Unterdeckung vorliegen kann.

Wird ein 2-zeitiges Verfahren gewählt und kann eine Hauptpathologie identifiziert werden, sollte diese primär beseitigt werden. Sind die Ausprägungen vergleichbar groß, kann von der kleineren zur größeren Invasivität vorgegangen und zunächst der arthroskopische Eingriff durchgeführt werden. Hierbei kann auch die Begleitpathologie an Knorpel und Labrum unmittelbar eingeschätzt und mitbehandelt werden. Ergibt sich hieraus die Sinnhaftigkeit einer Knorpelzelltransplantation, kann die bei der späteren Umstellung mit durchgeführt werden und erspart dem Patienten einen weiteren Eingriff. Dieses Vorgehen ist insbesondere bei Patienten über dem 40. Lebensjahr zu favorisieren. In dieser Altersgruppe ist auch für die Beckenumstellung aufgrund der arthrotischen Veränderungen mit einem schlechteren Outcome zu rechnen [10, 14, 18]. Wird hier der Verschleiß arthroskopisch schwerwiegender eingeschätzt als in der präoperativen Bildgebung, können Folgeeingriffe nochmals kritisch mit dem Patienten besprochen werden.

Liegt eine Grenzpathologie vor, sind letztendlich die Führung und Aufklärung des Patienten entscheidend. Die Domäne des primär arthroskopischen Vorgehens ist hierbei die Grenzdysplasie bei einem CE-Winkel von 20–25° ohne Dezentrierung und Instabilitätszeichen [1, 21, 28]. Gleiches gilt für grenzwertige Pfannenretrotorsion bei normaler lateraler Überdachung und gleichzeitiger Offset-Störung im vorderen seitlichen Gelenkbereich. Hier bietet sich die primäre Hüftarthroskopie zur Beseitigung der Offset-Störung und Behandlung möglicher sekundärer Begleitpathologien an. Sollte dann im Intervall eine Restsymptomatik verbleiben, ist in Folge die Pfannenkorrektur anzuschließen.

Der Patient sollte beim stufenweisen Vorgehen von Beginn an in den Entscheidungsprozess einbezogen werden, um Enttäuschungen bei notwendigen Folgeeingriffen zu vermeiden. Er sollte darüber informiert sein, dass durch die arthroskopische Maßnahme bewusst eine arthroskopisch nicht beeinflussbare Pathologie an der Pfanne belassen wird.

Gleiches gilt natürlich für das gegenläufige Vorgehen mit Beginn der Osteotomie mit Belassen einer Pathologie am Femur. Zumindest die Beseitigung einer eindeutigen Cam-Deformität einzeitig empfiehlt der Autor hier jedoch im Rahmen der Osteotomie, da die Verbesserung der Überdachung in dieser Konstellation die klinische Manifestation eines Cam-Impingements begünstigt [9]. Hier kann eine Kombination von Umstellung mit einer Arthroskopie oder Beseitigung der Cam-Deformität über einen offenen vorderen Zugang erfolgen. Nachteil des offenen Vorgehens ist die fehlende Beurteilbarkeit des Knorpels, weshalb manche Autoren hierzu ein halboffenes, arthroskopisches Verfahren beschreiben [12, 16]. Dabei wird eine kurzeitige Traktion durchgeführt und die Gelenkflächen über den vorderen Zugang mit dem Arthroskop inspiziert und ggf. behandelt.

Da die zeitaufwendige Nachbehandlung durch die Osteotomie vorgegeben ist und der Zusatzeingriff im Gelenk diese nicht ausweitet, wird durch das einzeitige Vorgehen die Gesamtbehandlungsdauer für den Patienten deutlich verkürzt.

Die klinische Erfahrung arthroskopischer Eingriffe beim isolierten Cam-Impingement zeigt auch, dass höhergradige, behandlungsbedürftige Knorpelveränderungen bereits relativ früh vorliegen können. Zumindest beim Patienten über 30 Jahren ist deshalb eine Behandlung von Begleitpathologien im Rahmen von Umstellungen häufiger notwendig.

Behandlung des Knorpel- und Labrumschadens

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