Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport
Wie kommen wir mit der Hüftarthroskopie zu optimalen Ergebnissen und was können unsere Patienten erwarten?

Besteht ein solcher Pathomechanismus, so findet sich als Leitsymptom ein Steifheits- oder auch ein Einklemmungsgefühl der Hüfte. Anamnestisch weisen auch Schmerzen beim Treppensteigen, beim langen oder tiefen Sitzen etc. auf ein Impingement hin. Sportler haben gerade nach Hüft belastenden Aktivitäten Beschwerden. Schmerzen finden sich oft an der Hüftvorderseite und in der lateralen Leiste [18]. In 30 % der Fälle bestehen die Schmerzen, die allerdings mehr hinten im Gesäß oder posterolateral im Bereich der Flanke lokalisiert sind. Auch bei diesem eher untypischen Schmerzbild, ist die operative Korrektur ebenso erfolgreich [32]. Somit sollte man bei entsprechenden, nicht ganz üblichen Befunden ein Impingement in die Diagnostik einbeziehen. Ein weiteres, allerdings eher spätes Leitsymptom, ist die leicht eingeschränkte Bewegungsfähigkeit der Hüfte, wobei die Innenrotation am stärksten betroffen ist. Weiterhin sind muskuläre Funktionsdefizite mit einer reduzierten Kraft und einer eingeschränkten Balancier- und Haltefunktion der Hüfe gelegentlich zu finden [25]. Eine aktuelle, größere Querschnittsanalyse zeigte, dass Patienten mit einem symptomatischen Hüftimpingement aufgrund der Beschwerden gar nicht so selten Schlafstörungen und eine schlechte Schlafqualität aufweisen [60].

Hüftimpingement und Sport

Sportarten mit kontinuierlicher Hüftbeugung wie Eischnelllauf, Reiten, Radfahren, Rudern u./o. mit häufigen, abrupten Richtungswechseln wie Tennis, Fußball, Eishockey, Rugby, Handball sowie Sportarten mit extremen Bewegungsausmaßen im Hüftgelenk wie Kampfsport, Ballett, Yoga und Akrobatik prädisponieren zum Hüftimpingement [18, 20, 48]. Hierbei scheint nicht nur die Sportart an sich, sondern auch die Intensität eine Rolle zu spielen. So zeigen unsere Untersuchungen im Fußballsport, dass semiprofessionelle Spieler höhere Prävalenzen für einen überhöhten Alpha-Winkel aufweisen als Amateure. Ebenso zeigt das Schussbein eine vermehrte Disposition [38]. Studien mit im Wettkampf aktiven Basketballern in einem Altersrange zwischen 9 und 25 Jahren zeigen gegenüber Kontrollpersonen, die weniger als 2 Stunden pro Woche in der Freizeit sportlich aktiv sind, erhöhte Alpha-Winkel und eine auf das 10-fache erhöhte Wahrscheinlichkeit für pathologischer Winkel. Auch zeigen die Leistungssportler eine erniedrigte Innenrotation sowie signifikant häufiger schmerzhafte Hüften mit vorderen Impingement-Tests [67]. Auch weitere Studien weisen darauf hin, dass die Cam-Deformitäten bei intensiven sportlichen Aktivitäten in hüftbelastenden Sportarten bereits früh in der Jugend getriggert werden [1, 49]. Möglicherweise sind die morphologischen Veränderungen somit Folge einer strukturellen Adaptation auf Hüft belastende Aktivitäten.

Impingement, zunehmende Labrum- u. Knorpelschäden, Arthrose

Besteht der mechanische Konflikt fort, so finden sich die beschriebenen Knorpel- und Labrumschäden meist vglw. früh an der anterolateralen Pfanne (Abb. 3a–b) [5, 18]. Entsprechende chondrolabrale Schäden führen oft zu weitreichenden Ablösungen des Gelenkknorpels von der knöchernen Unterlage. Meist sieht man diese Schäden im MRT nicht, sondern entdeckt sie erst in der Arthroskopie [36]. Wenn die Knorpelschicht zwar in sich intakt, aber von der Knochenunterlage gelöst ist, kann sich der Knorpel anheben und wie eine Blase mit dem Tasthaken wellenähnlich vor sich hergeschoben werden. Man spricht daher von einem sog. Wave Sign (Abb. 4a) [16]. Im Verlauf stirbt der Knorpel ab, er zerfasert (Abb. 3b) oder reißt. Im Falle eines Risses ist die Grenzschicht zum Labrum hin oft gelöst und es findet sich eine Art Taschenbildung oder Defekt zum Labrum hin (Abb. 3a). Später bilden sich flottierende Lappen aus. Neben der Korrektur der knöchernen Formstörung ist die adäquate operative Behandlung dieser Knorpelschäden eine besondere Herausforderung (s.u.). Anders als bei einem ausschließlichen Cam oder einem kombinierten Impingement, entwickeln sich bei einer isolierten Pincer-Deformität erst später relevante Knorpelschäden [3]. Darüber hinaus können Pincer-Deformitäten oder das kombinierte Impingement mittels einer Druckübertragung nach kaudal einen Contre-coup-Mechanismus nach posteroinferior auslösen und hier zu Knorpel- und evtl. Labrumschäden führen (Abb. 3c). Bei fortgeschrittenen Schäden kommt es beim Röntgen im Stehen zu einer Gelenkspaltweitenminderung. Der Cut-Off-Wert für die Gelenkspaltweite, bei dem die Prognose einer Hüftarthroskopie sinkt, liegt entsprechend der Studienlage bei 2 mm. In diesen Fällen bestehen vollständige Defektzonen mit einer Dezentrierung der Hüfte [21, 55]. Wir führen zur besseren Darstellung solcher Befunde die in Frankreich sehr gängige Faux-profile-Aufnahme im Stehen nach Lequesne durch [42]. Vor allem lässt sich damit bei Gelenkschäden im Sinne des Contre-coup Mechanismus eine Dezentrierung nach inferior gut darstellen. Auch eine anterolaterale Verschmälerung des Gelenkspaltes, insbesondere bei den Knorpelschäden beim Cam-Impingement, ist sehr gut nachweisbar. Zudem wird die vordere Überdachung herausprojiziert, so dass dies zur Beurteilung einer Pfannendysplasie hilfreich ist. Wichtig ist zudem, dass ein subspinales Impingement, welches gerade bei Sportlern gelegentlich zu sehen ist, besser dargestellt wird. Hier ist die enge Nachbarschaft der vorderen unteren Spina zum Pfannenrand beurteilbar. Eine nach kaudal kräftige oder ausgezogene Spina iliaca anterior inferior führt dabei zu einem Anschlagen mit dem Schenkelhals-Kopf-Übergang und dem Schenkelhals. Gebhart zeigte, dass der Schweregrad der Ausdehnung der Spina nach kaudal mit einer schmerzhaft reduzierten Innenrotation und Beugung korreliert. Die Abtragung ist arthroskopisch gut durchführbar und zeigt sehr gute Ergebnisse [27]. Das zusätzliche Faux-profile Röntgen hilft, solche Befunde bei einem Impingementpatienten nicht zu übersehen.

Währet den Anfängen

Claßen et al. zeigten eine signifikante Korrelation der Schäden am Knorpel und an der Gelenklippe zu der Dauer der Impingementsymptome [17]. Weil es schließlich zur Arthrose kommt, werden die Formstörungen eines Impingement auch als präarthrotische Deformitäten bezeichnet [5, 6, 18, 23]. Viele in der Vergangenheit als essentielle oder primäre Arthrosen bezeichnete Fälle sind nach heutiger Studienlage einem Hüftimpingement anzulasten. Daher ist eine frühe, adäquate Korrektur sinnvoll, um dies zu vermeiden [5, 6, 18, 23]. Ein Reviewartikel, der sich u.a. mit 62 Studien zur Hüftarthroskopie befasste, konnte zeigen, dass nach einer Hüftarthroskopie die Endoprothese zumindest im mittelfristigen Follow-up in über 90 % der Fälle vermieden wird. Auch weitere Studien sprechen dafür, dass die Hüftarthroskopie nicht nur hinsichtlich der Symptome und dem Rückkehr in den Sport, sondern auch hinsichtlich der Vermeidung oder Verzögerung einer Endoprothese als erfolgreiches Verfahren anzuerkennen ist [5, 18, 47, 70]. Die Bedeutung einer möglichst frühzeitigen Erkennung und einer bei anhaltenden Beschwerden nicht allzu sehr verzögerten Korrektur beschreibt eine Metaanalyse mit 1773 Patienten aus 38 Studien. Hier war das Outcome umso besser, je kürzer die präoperativen Symptome andauerten. Auch zeigen kurze Symptomphasen sehr gute Return-to-Sports Raten [47]. Somit gilt, wie bei vielen Gelenkerkrankungen, je früher das Hüftimpingement erkannt wird, desto größer sind die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung.

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