Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport
Wie kommen wir mit der Nachbehandlung und insbesondere mit der Physiotherapie zu optimalen Ergebnissen?

Lars Victor von Engelhardt, Markus Seipelt, Jörn Bengt Seeger, Jörg Jerosch

Zusammenfassung:
Das femoroazetabulare Impingement sollte nicht unterschätzt werden. Es ist die häufigste Pathologie, die bei körperlich aktiven Menschen zu Hüftschmerzen führt; zudem ist es die Hauptursache für die Entstehung einer Coxarthrose. Die Diagnose ist oft verschleppt. So finden sich nicht selten strukturelle v.a. aber funktionelle Defizite. Strukturell handelt es sich um die häufig zu findenden korrespondierenden Schäden an der Gelenklippe und am Knorpel. Funktionell finden sich Störungen der Koordination und Agilität der Hüfte, muskuläre Insuffizienzen und Bewegungslimitierungen. Arthroskopische Verfahren mit einer Korrektur der knöchernen Deformität und der Nutzung diverser Rekonstruktionsmöglichkeiten an der Gelenklippe und am Knorpel bieten die Grundlage für ein gutes klinisches Outcome. Das Ziel unserer Therapiebemühungen, die symptomfreie Alltagsaktivität und die erfolgreiche Rückkehr in den Sport, einschließlich des Hochleistungssports, ist damit aber noch nicht erreicht. Nicht nur die Operation, insbesondere die physiotherapeutische Nachbehandlung ist eine mindestens ebenso anspruchsvolle und v.a. individuelle Prozedur. Hierbei bedarf es eines durchdachten individuellen Rehabilitationsprogrammes, das immer wieder an die erhobenen, jeweils erzielten funktionellen Fähigkeiten des Patienten angepasst werden sollte. Das hier beschriebene Nachbehandlungskonzept basiert zum einen auf unseren Erfahrungen sowie auf der im Wesentlichen angloamerikanischen Literatur. Der beschriebene schrittweise aufbauende Rehabilitationsplan über 4 Phasen soll nur als eine grobe, optionale Orientierung dienen. Dieser Einblick soll helfen, ein gutes Augenmaß für eine adäquate und individuelle Nachbehandlung zu entwickeln.

Schlüsselwörter:
Hüftarthroskopie, femoroazetabuläres Impingement, Rehabilitation, return to sports, Physiotherapie

Zitierweise:
von Engelhardt LV, Seipelt M, Seeger JB, Jerosch J: Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport. Wie kommen wir im Rahmen der Nachbehandlung und insbesondere mit der Physiotherapie zu optimalen Ergebnissen?
OUP 2021; 10: 85–90
DOI 10.3238/oup.2021.0085–0090

Summary: Femoroacetabular impingement should not be underestimated. On the one hand, it is the most common pathology that leads to hip pain in physically active people; on the other hand, it is the main cause for the development of hip osteoarthritis. The diagnosis is frequently delayed. Therefore, relevant structural as well as functional deficits are often detected. Structural changes that might be detected are mainly labral tears and cartilage damage. Functional deficits include massive impairment of the coordination and agility of the hip, muscular insufficiencies and a relevant decrease of the range of motion. Arthroscopic surgery, which includes a correction of the bony deformity as well as additional reconstructive procedures of the labrum and the articular cartilage, frequently forms the basis for a good clinical outcome. The goal of our treatment, symptom-free daily life activities and a successful
return to sports, including elite sports, is still not reached. Not only the surgery, particularly the postoperative physiotherapeutic treatment is a very demanding and highly individual procedure. Thus, a well-reasoned, individual
rehabilitation program, consistently adapted to the patients‘ assessed functional ability, is necessary. The postoperative therapeutic concept described here is based on our experience as well as on the mainly anglo-american literature. The described 4-phase rehabilitation plan is only intended to provide an optional step-by-step orientation.
This might be helpful to achieve a good sense for an adequate and individual postoperative rehabilitation program.

Keywords: Hip arthroscopy, femoroacetabular impingement, rehabilitation, return to sports, physiotherapy

Citation: von Engelhardt LV, Seipelt M, Seeger JB, Jerosch J: Hip impingement and return to sports. How do we achieve optimal results through postoperative treatment, particularly physiotherapy?
OUP 2021; 10: 85–90. DOI 10.3238/oup.2021.0085–0090

Lars Victor von Engelhardt: Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten

Markus Seipelt: Savita Rehabilitations- und Gesundheits-Zentrum, Neuss

Jörn Bengt Seeger: Justus-Liebig-Universität Gießen, Klinik und Poliklinik für Orthopädie & Kurpark-Klinik, Fachklinik für Orthopädie, Bad Nauheim

Jörg Jerosch: Johanna-Etienne-Krankenhaus, Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Neuss

Hüftimpingement -
strukturelle, v.a. aber
funktionelle Schäden

Das femoroazetabulare Impingement ist die häufigste Pathologie, die bei aktiven Menschen zu Hüftschmerzen führt. Durch unphysiologische Druck- und Scherkräfte zwischen dem Schenkelhals-Kopf-Übergang und der Gelenkpfanne finden sich im Verlauf fortschreitende Schäden am Knorpel und der Gelenklippe hin zur Arthrose [1, 3, 8, 12]. Entsprechend einer aktuellen Metaanalyse randomisierter klinischer Untersuchungen zeigen sich mit der arthroskopischen Korrektur gegenüber einer nicht operativen Therapie in den Outcome Scores signifikant bessere Ergebnisse [15]. Zudem ist die Wiederherstellung eines physiologischen Containments bei anhaltenden Impingementbeschwerden sinnvoll, um diese fortschreitenden Gelenkschäden zu vermeiden. Der Gelenkerhalt ist insbesondere dann erfolgreich, wenn dies rechtzeitig erfolgt [3, 8]. Leider sind eine frühzeitige Erkennung und damit eine konservative und, insbesondere bei anhaltenden Beschwerden, meist auch operative Therapie eines Hüftimpingement nicht immer selbstverständlich. Dies liegt insbesondere daran, dass sich der klinische Verlauf, sofern es nicht zu akuten Rissen der Gelenklippe kommt, meist schleichend darstellt [7, 24]. Infolgedessen finden sich häufig strukturelle Folgeschäden und regelmäßig erhebliche funktionelle Schäden mit muskulären Insuffizienzen und Bewegungslimitierungen [7, 8]. So zeigen eigene Studien mit dem Kinect System, dass bereits ein reduziertes femorales Offset mit erhöhten Alpha-Winkeln eine messbar reduzierte Rotation der Hüfte nach sich zieht [20]. Videoanalysen zu Sportlern aus unterschiedlichen hüftbelastenden Sportbereichen und einem symptomatischen Impingement zeigen neben Schmerzepisoden und dem Gefühl einer Bewegungslimitierung auch eine verminderte Agilität, eine reduzierte Beschleunigungsfähigkeit, verzögerte Richtungswechsel und eine verminderte Beweglichkeit der betroffenen Hüftgelenke [25]. Isokinetische Krafttests bei einem einseitigen Hüftimpingement zeigen sowohl gegenüber der Gegenseite als auch gegenüber der Kontrollgruppe eine signifikant reduzierte Kraft der hüftführenden Muskulatur [18]. Somit bestehen chronische, komplexe Schädigungsmuster. Daher sollte neben der Arthroskopie auch die Nachbehandlung dazu beitragen, sowohl die Beweglichkeit zurückzugewinnen als auch die Hüftmuskulatur zu reaktivieren. Zusammenfassend kann das klinische Outcome nur optimiert werden, wenn auch die Nachbehandlung und insbesondere die Physiotherapie mit einem aufbauenden, zielgerichteten Konzept erfolgen [5].

Rehabilitation und
return-to-sports nach der Hüftarthroskopie

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