Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport
Wie kommen wir mit der Nachbehandlung und insbesondere mit der Physiotherapie zu optimalen Ergebnissen?

Zusammenfassend ist das Erreichen eines guten passiven Bewegungsumfanges, die Vermeidung möglicher Komplikationen wie Vernarbungen oder Verkalkungen etc. das Hauptziel der Phase 1 [11].

Phase 2: Rückkehr zur
Vollbelastung und zum vollen Bewegungsausmaß

Diese Phase beginnt, je nach Eingriff mit der 3. bis 7. Woche und dauert 4 Wochen an. In dieser Phase erfolgt v.a. das Abtrainieren bzw. Abgewöhnen der Gehstützen. Ziel ist eine sichere Gehfähigkeit. Am Ende dieser Phase sollten Bewegungsabläufe wie sich Hinhocken, Gegenstände wie Taschen sicher zu tragen etc. mit möglichst wenigen Beschwerden ausführbar werden. Um zu diesen Alltagsaktivitäten zurückkehren zu können, muss der Patient eine brauchbare neuromuskuläre Kontrolle auftrainieren. Neben der weiteren Steigerung der Beweglichkeit erfolgen hierfür erste muskelaktivierende Übungen. Hierzu gehören schonende Übungen zum Auftrainieren der Hüftbeuger, der ischiokrualen Muskulatur, der Hüftadduktoren und insbesondere der Glutealmuskulatur (Abb. 1a–g). Eine frühzeitige Aktivierung der häufig schwachen Glutealmuskulatur ist dabei von besonderer Bedeutung. Hier kann man bereits früh mit langsamen und kontrollierten Übungen bspw. in Seitenlage oder im Stehen auf dem Gegenbein beginnen (Abb. 2b). Das Training dieser Muskelgruppe ist wichtig, da sie die Hüfte sowohl in der Frontal- als auch in der Transversalebene stabilisiert. Kommt es hier zu Defiziten zeigt sich eine Fehlbelastung der Hüfte in Adduktion und Innenrotation [9, 22]. Eine solche Fehlbelastung kann die rekonstruierte Gelenklippe und den Gelenkknorpel belasten. Einige Autoren beschreiben, dass eine suffiziente Glutealmuskulatur während der Rehabilitation vor schmerzhaften Spasmen, Kontrakuren und Tendinosen der Iliopsoasmuskulatur, aber auch vor schmerzhaften Kontrakturen der Adduktorenmuskulatur schützt. Somit scheint das frühzeitige Auftrainieren der Glutealmuskulatur möglichen Rückfällen in Form von Schmerzen der Adduktorengruppe sowie anterioren Hüftschmerzen im Bereich des Iliopsoas vorzubeugen [9, 11, 19, 33]. Die Psoasmuskultur kann im Liegen oder im Sitzen durch Hüftbeugung mit und ohne Schwerkraft sowie das Aufrichten des Rumpfes bei fixiertem Oberschenkel auftrainiert werden (Abb. 2a). Ebenso wichtig sind Übungen zur Verbesserung der neuromuskulären Funktion von Rumpf und Becken bis zur Hüfte bspw. mit isometrischen Stabilisation- und Balanceübungen. Die Übungen erfolgen ein wenig später, zunächst im Liegen in Seitenlage, dann zweibeinig im freien Stand und erst im Weiteren einbeinig mit dem operierten Bein [19] (Abb. 1d–g, allerdings sollten die hier abgebildeten Balanceübungen in dieser Phase ohne Stöcke und möglichst ohne Halt am Gehgeländer erfolgen).

Phase 3: Rückkehr zu
Alltagsaktivitäten und
leichten Freizeitaktivitäten

Diese Phase beginnt, je nach Eingriff mit der 7. bis 13. Woche und dauert gut 8 Wochen. Ziel ist es, nicht nur den Alltag schmerzfrei zu bewältigen, sondern so langsam auch zu den Freizeitaktivitäten zurückzukehren. Um insbesondere die sportlichen Aktivitäten wieder aufzunehmen, müssen Fähigkeiten wie die Kraft, Ausdauer und die Propriozeption trainiert werden. Neben einer Funktionsgymnastik und einem klassischen Krafttraining empfiehlt sich ein intensiviertes sog. Core-Training des Rumpfes zur Verbesserung der Körperstabilität und der Koordination. Hierbei werden die neuromuskulären Ketten bis zur unteren Extremität auftrainiert. Auch können Übungen mit dem Pezzi- oder Medizinball zum Einsatz kommen. Äußerst sinnvoll sind intensivierte Übungen zur Kräftigung der hüftführenden Muskulatur und insbesondere der Glutealmuskulatur, wobei sich zur weiteren Steigerung ein Training mittels Gummiband oder ein Kabelzugtraining empfiehlt (Abb. 3b, e) [11, 19, 30]. Um in dieser Phase die Therapieerfolge zu bewerten, kann die Gegenseite als Referenz herangezogen werden [11, 19, 30]. Als besonders empfehlenswert erachten wir Übungen auf den sog. Rüttel- bzw. Vibrationsplatten. Hierbei wird die Muskulatur enorm intensiv aktiviert. Durch das Rütteln wird insbesondere die unwillkürliche, in der Tiefe gelegene Muskulatur gezielt trainiert. Die Knie- und Hüft-Gelenke sollten dabei leicht angewinkelt stehen, damit durch die Schwingungen nicht nur die Wirbelsäule, sondern insbesondere die Hüftmuskulatur zur unbewussten Stabilisierung gefordert ist (Abb. 3c–d). Neben der gesteigerten Muskelaktivierung und den damit bedingten Stoffwechsel- und Durchblutungssteigerung werden hiermit auch die Koordination und Balance aufgebaut [31]. Es kann sowohl der Schweregrad der Übungen als auch die Taktung und Amplitude der Rüttelplatten gesteigert werden. Die uns bekannten Therapiezentren arbeiten gerne mit einer Taktung im Bereich von 40 Hz. Auch kann die Rüttelplatte eingesetzt werden, um gezielt einzelne Muskelgruppen wie bspw. die Hüftbeuger und -strecker oder die Glutealmuskulatur zu trainieren (Abb. 3f, h). Ebenso können die isometrischen Stabilisations- und Balanceübungen zur Verbesserung der neuromuskulären Funktion von Rumpf und Hüfte mit der Rüttelplatte kombiniert werden (Abb. 3d). Neuerdings haben wir auch früher bereits in der 2. Phase nach dem Erreichen einer sicheren Vollbelastung mit dem Einsatz von Rüttelplatten begonnen. Meist beginnen wir ab der 8. Woche mit den Übungen an der Rüttelplatte.

Wenn möglich, kann auch bereits in dieser Phase mit einem schonenden sportartspezifischen Training begonnen werden. So sind bspw. ein gezieltes Adduktorentraining mittels Beinpressübungen, Übungen im Einbeinstand, ein Sprung- und Landetraining auf beiden und im Weiteren auf einem Bein für die Rückkehr zum Fußball hilfreich. Mit entsprechenden Konzepten haben wir bis dato gute Erfahrungen bei Fußballspielern sammeln können. Dies entspricht der Studienlage, wonach bspw. in einer Serie von Amateur- und Profifußballern 92 % bzw. 96 % in den Profi- bzw. Amateursport zurückkehren konnten [21, 29].

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