Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport
Wie kommen wir mit der Nachbehandlung und insbesondere mit der Physiotherapie zu optimalen Ergebnissen?

Die erfolgreiche Rückkehr in den Sport ist für unsere Patienten, die sportlich aktiv waren, ein wesentliches Ziel. Ein Reviewartikel beschreibt nach der arthroskopischen Impingementoperation bei Freizeitsportlern eine return-to-sports Rate von 67–84 % und bei Profisportlern von 82–93 %. Die mittlere Zeit bis zur Rückkehr in den Hochleistungssport lag im Mittel bei 7,4 Monaten [21, 26, 29]. Nach diesen Daten ist der postoperative Nachbehandlungszeitraum gar nicht so selten langwierig; zudem ist eine erfolgreiche Rückkehr in den Leistungssport nicht immer selbstverständlich. Die besseren Ergebnisse bei den Profisportlern lassen sich unserer Erfahrung nach damit erklären, dass in dieser Gruppe die Diagnose im Vergleich zu den Freizeitsportlern häufiger nicht ganz so verschleppt erfolgt. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Rückkehr in den Sport ist, dass ein minimales Zeitfenster für eine sichere Abheilung vergangen ist. V.a. müssen funktionelle Defizite mit Schmerz- und Reizzuständen abgeklungen sein. Hierfür sollte der Sportler vor der Rückkehr in den Sport ausreichend Übungen zur Remobilisierung der Hüfte, zur Muskelkräftigung, einschließlich des erforderlichen Schnellkraft- und Koordinationstrainings durchgeführt haben. Nur so wird er bspw. die nötigen Richtungswechsel bei Ballsportarten etc. sicher und problemlos ausführen können. Es wird schnell ersichtlich, dass nicht nur die arthroskopische Prozedur, sondern auch die Nachbehandlung durch den Physiotherapeuten eine zumindest ebenso anspruchsvolle und v.a. hochindividuelle Prozedur darstellt. In der Literatur variieren die Nachbehandlungskonzepte nach einer Hüftarthroskopie, wobei sich meist eine Einteilung in 4, teilweise auch 5 Phasen findet [6, 9, 11, 14, 19, 30, 33]. All diesen Konzepten fehlt, trotz deren Nutzen, die klinische Evidenz. Daher soll der nachfolgende, hierauf anlehnende Zeitplan mit 4 Phasen allenfalls eine grobe Struktur darstellen. Unsere Anregungen basieren auf guten Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren damit sammeln durften. Die beschriebenen Pitfalls sollen helfen, Rückfälle zu vermeiden. Die Steigerungsschritte sollen ein gutes Augenmaß für ein adäquates Vorgehen vermitteln.

Phase 1: Protektive Phase

Diese Phase dauert 3–6 Wochen. In dieser Zeit stehen die Ausheilung und der Schutz vor Faktoren, die das Operationsergebnis verschlechtern könnten, im Vordergrund. Je nach Eingriff empfehlen wir für 2 bis maximal 6 Wochen das Gehen an 2 Unterarmgehstützen unter Einhaltung einer Teilbelastung mit ca. 10 kg. Bspw. empfiehlt sich bei Knorpel-regenerativen Maßnahmen eine eher längere Entlastungphase von bis zu 6 Wochen [2, 13]. Zum Ende der Phase 1 erfolgt dann die schrittweise Aufbelastung bis zur Vollbelastung. In dieser Phase ist eine konsequente medikamentöse Therapie zur Vermeidung von Komplikationen wichtig. Neben der Verordnung von niedermolekularen Heparinen zur Thromboseprophylaxe verordnen wir nichtsteroidale Antirheumatika oder selektive Cox-2 Inhibitoren über 3 Wochen. Neben der Reduktion inflammatorischer Prozesse, die den Heilungsvorgang rekonstruktiver Maßnahmen stören u./o. auch Vernarbungen nach sich ziehen können, geht es hier hauptsächlich um die Vermeidung heterotoper Verkalkungen und Verknöcherungen. Ohne medikamentöse Prophylaxe finden sich solche Ossifikationen nach einer Hüftarthroskopie, ähnlich zu den Hüftendoprothesen, mit Häufigkeiten von bis zu 44 % [27]. Eine Studie aus Tel Aviv zeigte bei einer Prophylaxe mit dem selektiven Cyclooxygenase-2 Inhibitor Etodolac 1 Jahr nach Hüftarthroskopie keinerlei heterotope Ossifikationen, hingegen zeigte die Kontrollgruppe ohne Prophylaxe in 36 % der Fälle unterschiedlich stark ausgeprägte Verknöcherungen [28]. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich mit anderen nichtsteroidalen Antirheumatika und anderen selektiven Cox-2 Inhibitoren [4, 10, 28]. Wir verordnen selektive Cox-2 Inhibitoren wie bspw. Celecoxib, Etodolac oder Etoricoxib, weil diese im Rahmen der Ossifikationsprophylaxe gegenüber nichtsteroidalen Antirheumatika signifikant weniger gastrointestinale Nebenwirkungen zeigen [10, 28, 35]. Auch sehen wir das sorgfältige Ausspülen aller Bereiche des OP-Gebietes und der Zugangsbereiche als wichtige Schutzmaßnahme vor Ossifikationen an.

Um eine gute Beweglichkeit des operierten Hüftgelenkes zu erzielen, sollten Verklebungen und Vernarbungen zwischen der Gelenkkapsel und den korrigierten Flächen an Schenkelhals und Pfannenerker sowie im Bereich der Muskeln und Sehnen vermieden werden. Daher empfiehlt sich eine umgehende passive Physiotherapie, die sämtliche Bewegungsrichtungen sukzessive beüben sollte. Neben der Zirkumdiktion sollten gezielt die Bewegungsrichtungen für die Innenrotation sowie die Ab- und Adduktion beübt werden [11, 19, 30]. Bei den anderen Bewegungsrichtungen empfehlen wir ein schrittweises Vorgehen. Im Rahmen einer Kapselnaht u./o. einer schonenden Kapsulotomie, bei der das biomechanisch wichtige iliofemorale Kapselband soweit möglich geschont wurde, empfehlen wir in den ersten 3 Wochen hierfür relevante forcierte Bewegungsausmaße zu vermeiden [9]. Nachdem diese mit der Arthroskopie geschwächten Kapselbandanteile mit der Hüftstreckung sowie bei forcierter Außenrotation angespannt werden [23], sollte in den ersten Wochen die passive Mobilisation unter Vermeidung einer Hüftstreckung über 0° unter einer bis maximal 30° limitierten Außenrotation erfolgen. Anschließend besteht für die aktive und passive Mobilisation im schmerzfreien Bereich keine Limitierung. Andere Ausnahmen sind eine stabilisierende Kapselplastik, die Labrumrekonstruktion oder ein Psoassehnenrelease. Bei einem refixierten Labrum empfehlen wir in den ersten 4 Wochen eine forcierte Hüftbeugung über 90° zu vermeiden. Im Falle einer stabilisierenden Kapselplastik limitieren wir die Außenrotation für 6 Wochen auf 30°. Bei einem Psoasrelease sollte eine aktive Hüftbeugung für 6 Wochen vermieden werden [9, 11]. Diese Einschränkungen sind Vorsichtsmaßnahmen, die im Interesse einer raschen Heilung bspw. einen exzessiven Stress auf die rekonstruierte Gelenklippe oder Kapsel vermeiden soll. Ähnliche Einschränkungen sind auch in der Literatur zu finden, eine nachgewiesene Evidenz gibt es dafür aber nicht [11, 19, 30, 34]. Neben der Physiotherapie verordnen wir in den ersten postoperativen Wochen gerne eine Motorschienenbehandlung. In unseren Händen erfolgt die erste Motorschienenbehandlung unmittelbar postoperativ. Im Weiteren erfolgt die Motorschienenbehandlung auch zuhause je nach Operation 1–2 mal täglich über jeweils 30 Minuten. Dies vermeidet nicht nur mögliche Verklebungen und damit einhergehende schmerzhafte Bewegungsstörungen, auch wurde nachgewiesen, dass dies insbesondere bei knorpelregenerativen Operationsverfahren das Operationsergebnis deutlich verbessert [17]. Darüber hinaus kann auch mit Übungen am Fahrradergometer begonnen werden [11]. Je nach Befund empfehlen sich manualtherapeutische Techniken, bspw. bei Hämatomen, zur Lösung von Verklebungen bspw. im Bereich der pelvitrochantären Muskulatur, der Adduktoren oder des Musculus iliopsoas.

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