Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport
Wie kommen wir mit der Nachbehandlung und insbesondere mit der Physiotherapie zu optimalen Ergebnissen?

Lars Victor von Engelhardt, Markus Seipelt, Jörn Bengt Seeger, Jörg Jerosch

Zusammenfassung:
Das femoroazetabulare Impingement sollte nicht unterschätzt werden. Es ist die häufigste Pathologie, die bei körperlich aktiven Menschen zu Hüftschmerzen führt; zudem ist es die Hauptursache für die Entstehung einer Coxarthrose. Die Diagnose ist oft verschleppt. So finden sich nicht selten strukturelle v.a. aber funktionelle Defizite. Strukturell handelt es sich um die häufig zu findenden korrespondierenden Schäden an der Gelenklippe und am Knorpel. Funktionell finden sich Störungen der Koordination und Agilität der Hüfte, muskuläre Insuffizienzen und Bewegungslimitierungen. Arthroskopische Verfahren mit einer Korrektur der knöchernen Deformität und der Nutzung diverser Rekonstruktionsmöglichkeiten an der Gelenklippe und am Knorpel bieten die Grundlage für ein gutes klinisches Outcome. Das Ziel unserer Therapiebemühungen, die symptomfreie Alltagsaktivität und die erfolgreiche Rückkehr in den Sport, einschließlich des Hochleistungssports, ist damit aber noch nicht erreicht. Nicht nur die Operation, insbesondere die physiotherapeutische Nachbehandlung ist eine mindestens ebenso anspruchsvolle und v.a. individuelle Prozedur. Hierbei bedarf es eines durchdachten individuellen Rehabilitationsprogrammes, das immer wieder an die erhobenen, jeweils erzielten funktionellen Fähigkeiten des Patienten angepasst werden sollte. Das hier beschriebene Nachbehandlungskonzept basiert zum einen auf unseren Erfahrungen sowie auf der im Wesentlichen angloamerikanischen Literatur. Der beschriebene schrittweise aufbauende Rehabilitationsplan über 4 Phasen soll nur als eine grobe, optionale Orientierung dienen. Dieser Einblick soll helfen, ein gutes Augenmaß für eine adäquate und individuelle Nachbehandlung zu entwickeln.

Schlüsselwörter:
Hüftarthroskopie, femoroazetabuläres Impingement, Rehabilitation, return to sports, Physiotherapie

Zitierweise:
von Engelhardt LV, Seipelt M, Seeger JB, Jerosch J: Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport. Wie kommen wir im Rahmen der Nachbehandlung und insbesondere mit der Physiotherapie zu optimalen Ergebnissen?
OUP 2021; 10: 85–90
DOI 10.3238/oup.2021.0085–0090

Summary: Femoroacetabular impingement should not be underestimated. On the one hand, it is the most common pathology that leads to hip pain in physically active people; on the other hand, it is the main cause for the development of hip osteoarthritis. The diagnosis is frequently delayed. Therefore, relevant structural as well as functional deficits are often detected. Structural changes that might be detected are mainly labral tears and cartilage damage. Functional deficits include massive impairment of the coordination and agility of the hip, muscular insufficiencies and a relevant decrease of the range of motion. Arthroscopic surgery, which includes a correction of the bony deformity as well as additional reconstructive procedures of the labrum and the articular cartilage, frequently forms the basis for a good clinical outcome. The goal of our treatment, symptom-free daily life activities and a successful
return to sports, including elite sports, is still not reached. Not only the surgery, particularly the postoperative physiotherapeutic treatment is a very demanding and highly individual procedure. Thus, a well-reasoned, individual
rehabilitation program, consistently adapted to the patients‘ assessed functional ability, is necessary. The postoperative therapeutic concept described here is based on our experience as well as on the mainly anglo-american literature. The described 4-phase rehabilitation plan is only intended to provide an optional step-by-step orientation.
This might be helpful to achieve a good sense for an adequate and individual postoperative rehabilitation program.

Keywords: Hip arthroscopy, femoroacetabular impingement, rehabilitation, return to sports, physiotherapy

Citation: von Engelhardt LV, Seipelt M, Seeger JB, Jerosch J: Hip impingement and return to sports. How do we achieve optimal results through postoperative treatment, particularly physiotherapy?
OUP 2021; 10: 85–90. DOI 10.3238/oup.2021.0085–0090

Lars Victor von Engelhardt: Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten

Markus Seipelt: Savita Rehabilitations- und Gesundheits-Zentrum, Neuss

Jörn Bengt Seeger: Justus-Liebig-Universität Gießen, Klinik und Poliklinik für Orthopädie & Kurpark-Klinik, Fachklinik für Orthopädie, Bad Nauheim

Jörg Jerosch: Johanna-Etienne-Krankenhaus, Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Neuss

Hüftimpingement -
strukturelle, v.a. aber
funktionelle Schäden

Das femoroazetabulare Impingement ist die häufigste Pathologie, die bei aktiven Menschen zu Hüftschmerzen führt. Durch unphysiologische Druck- und Scherkräfte zwischen dem Schenkelhals-Kopf-Übergang und der Gelenkpfanne finden sich im Verlauf fortschreitende Schäden am Knorpel und der Gelenklippe hin zur Arthrose [1, 3, 8, 12]. Entsprechend einer aktuellen Metaanalyse randomisierter klinischer Untersuchungen zeigen sich mit der arthroskopischen Korrektur gegenüber einer nicht operativen Therapie in den Outcome Scores signifikant bessere Ergebnisse [15]. Zudem ist die Wiederherstellung eines physiologischen Containments bei anhaltenden Impingementbeschwerden sinnvoll, um diese fortschreitenden Gelenkschäden zu vermeiden. Der Gelenkerhalt ist insbesondere dann erfolgreich, wenn dies rechtzeitig erfolgt [3, 8]. Leider sind eine frühzeitige Erkennung und damit eine konservative und, insbesondere bei anhaltenden Beschwerden, meist auch operative Therapie eines Hüftimpingement nicht immer selbstverständlich. Dies liegt insbesondere daran, dass sich der klinische Verlauf, sofern es nicht zu akuten Rissen der Gelenklippe kommt, meist schleichend darstellt [7, 24]. Infolgedessen finden sich häufig strukturelle Folgeschäden und regelmäßig erhebliche funktionelle Schäden mit muskulären Insuffizienzen und Bewegungslimitierungen [7, 8]. So zeigen eigene Studien mit dem Kinect System, dass bereits ein reduziertes femorales Offset mit erhöhten Alpha-Winkeln eine messbar reduzierte Rotation der Hüfte nach sich zieht [20]. Videoanalysen zu Sportlern aus unterschiedlichen hüftbelastenden Sportbereichen und einem symptomatischen Impingement zeigen neben Schmerzepisoden und dem Gefühl einer Bewegungslimitierung auch eine verminderte Agilität, eine reduzierte Beschleunigungsfähigkeit, verzögerte Richtungswechsel und eine verminderte Beweglichkeit der betroffenen Hüftgelenke [25]. Isokinetische Krafttests bei einem einseitigen Hüftimpingement zeigen sowohl gegenüber der Gegenseite als auch gegenüber der Kontrollgruppe eine signifikant reduzierte Kraft der hüftführenden Muskulatur [18]. Somit bestehen chronische, komplexe Schädigungsmuster. Daher sollte neben der Arthroskopie auch die Nachbehandlung dazu beitragen, sowohl die Beweglichkeit zurückzugewinnen als auch die Hüftmuskulatur zu reaktivieren. Zusammenfassend kann das klinische Outcome nur optimiert werden, wenn auch die Nachbehandlung und insbesondere die Physiotherapie mit einem aufbauenden, zielgerichteten Konzept erfolgen [5].

Rehabilitation und
return-to-sports nach der Hüftarthroskopie

Die erfolgreiche Rückkehr in den Sport ist für unsere Patienten, die sportlich aktiv waren, ein wesentliches Ziel. Ein Reviewartikel beschreibt nach der arthroskopischen Impingementoperation bei Freizeitsportlern eine return-to-sports Rate von 67–84 % und bei Profisportlern von 82–93 %. Die mittlere Zeit bis zur Rückkehr in den Hochleistungssport lag im Mittel bei 7,4 Monaten [21, 26, 29]. Nach diesen Daten ist der postoperative Nachbehandlungszeitraum gar nicht so selten langwierig; zudem ist eine erfolgreiche Rückkehr in den Leistungssport nicht immer selbstverständlich. Die besseren Ergebnisse bei den Profisportlern lassen sich unserer Erfahrung nach damit erklären, dass in dieser Gruppe die Diagnose im Vergleich zu den Freizeitsportlern häufiger nicht ganz so verschleppt erfolgt. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Rückkehr in den Sport ist, dass ein minimales Zeitfenster für eine sichere Abheilung vergangen ist. V.a. müssen funktionelle Defizite mit Schmerz- und Reizzuständen abgeklungen sein. Hierfür sollte der Sportler vor der Rückkehr in den Sport ausreichend Übungen zur Remobilisierung der Hüfte, zur Muskelkräftigung, einschließlich des erforderlichen Schnellkraft- und Koordinationstrainings durchgeführt haben. Nur so wird er bspw. die nötigen Richtungswechsel bei Ballsportarten etc. sicher und problemlos ausführen können. Es wird schnell ersichtlich, dass nicht nur die arthroskopische Prozedur, sondern auch die Nachbehandlung durch den Physiotherapeuten eine zumindest ebenso anspruchsvolle und v.a. hochindividuelle Prozedur darstellt. In der Literatur variieren die Nachbehandlungskonzepte nach einer Hüftarthroskopie, wobei sich meist eine Einteilung in 4, teilweise auch 5 Phasen findet [6, 9, 11, 14, 19, 30, 33]. All diesen Konzepten fehlt, trotz deren Nutzen, die klinische Evidenz. Daher soll der nachfolgende, hierauf anlehnende Zeitplan mit 4 Phasen allenfalls eine grobe Struktur darstellen. Unsere Anregungen basieren auf guten Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren damit sammeln durften. Die beschriebenen Pitfalls sollen helfen, Rückfälle zu vermeiden. Die Steigerungsschritte sollen ein gutes Augenmaß für ein adäquates Vorgehen vermitteln.

Phase 1: Protektive Phase

Diese Phase dauert 3–6 Wochen. In dieser Zeit stehen die Ausheilung und der Schutz vor Faktoren, die das Operationsergebnis verschlechtern könnten, im Vordergrund. Je nach Eingriff empfehlen wir für 2 bis maximal 6 Wochen das Gehen an 2 Unterarmgehstützen unter Einhaltung einer Teilbelastung mit ca. 10 kg. Bspw. empfiehlt sich bei Knorpel-regenerativen Maßnahmen eine eher längere Entlastungphase von bis zu 6 Wochen [2, 13]. Zum Ende der Phase 1 erfolgt dann die schrittweise Aufbelastung bis zur Vollbelastung. In dieser Phase ist eine konsequente medikamentöse Therapie zur Vermeidung von Komplikationen wichtig. Neben der Verordnung von niedermolekularen Heparinen zur Thromboseprophylaxe verordnen wir nichtsteroidale Antirheumatika oder selektive Cox-2 Inhibitoren über 3 Wochen. Neben der Reduktion inflammatorischer Prozesse, die den Heilungsvorgang rekonstruktiver Maßnahmen stören u./o. auch Vernarbungen nach sich ziehen können, geht es hier hauptsächlich um die Vermeidung heterotoper Verkalkungen und Verknöcherungen. Ohne medikamentöse Prophylaxe finden sich solche Ossifikationen nach einer Hüftarthroskopie, ähnlich zu den Hüftendoprothesen, mit Häufigkeiten von bis zu 44 % [27]. Eine Studie aus Tel Aviv zeigte bei einer Prophylaxe mit dem selektiven Cyclooxygenase-2 Inhibitor Etodolac 1 Jahr nach Hüftarthroskopie keinerlei heterotope Ossifikationen, hingegen zeigte die Kontrollgruppe ohne Prophylaxe in 36 % der Fälle unterschiedlich stark ausgeprägte Verknöcherungen [28]. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich mit anderen nichtsteroidalen Antirheumatika und anderen selektiven Cox-2 Inhibitoren [4, 10, 28]. Wir verordnen selektive Cox-2 Inhibitoren wie bspw. Celecoxib, Etodolac oder Etoricoxib, weil diese im Rahmen der Ossifikationsprophylaxe gegenüber nichtsteroidalen Antirheumatika signifikant weniger gastrointestinale Nebenwirkungen zeigen [10, 28, 35]. Auch sehen wir das sorgfältige Ausspülen aller Bereiche des OP-Gebietes und der Zugangsbereiche als wichtige Schutzmaßnahme vor Ossifikationen an.

Um eine gute Beweglichkeit des operierten Hüftgelenkes zu erzielen, sollten Verklebungen und Vernarbungen zwischen der Gelenkkapsel und den korrigierten Flächen an Schenkelhals und Pfannenerker sowie im Bereich der Muskeln und Sehnen vermieden werden. Daher empfiehlt sich eine umgehende passive Physiotherapie, die sämtliche Bewegungsrichtungen sukzessive beüben sollte. Neben der Zirkumdiktion sollten gezielt die Bewegungsrichtungen für die Innenrotation sowie die Ab- und Adduktion beübt werden [11, 19, 30]. Bei den anderen Bewegungsrichtungen empfehlen wir ein schrittweises Vorgehen. Im Rahmen einer Kapselnaht u./o. einer schonenden Kapsulotomie, bei der das biomechanisch wichtige iliofemorale Kapselband soweit möglich geschont wurde, empfehlen wir in den ersten 3 Wochen hierfür relevante forcierte Bewegungsausmaße zu vermeiden [9]. Nachdem diese mit der Arthroskopie geschwächten Kapselbandanteile mit der Hüftstreckung sowie bei forcierter Außenrotation angespannt werden [23], sollte in den ersten Wochen die passive Mobilisation unter Vermeidung einer Hüftstreckung über 0° unter einer bis maximal 30° limitierten Außenrotation erfolgen. Anschließend besteht für die aktive und passive Mobilisation im schmerzfreien Bereich keine Limitierung. Andere Ausnahmen sind eine stabilisierende Kapselplastik, die Labrumrekonstruktion oder ein Psoassehnenrelease. Bei einem refixierten Labrum empfehlen wir in den ersten 4 Wochen eine forcierte Hüftbeugung über 90° zu vermeiden. Im Falle einer stabilisierenden Kapselplastik limitieren wir die Außenrotation für 6 Wochen auf 30°. Bei einem Psoasrelease sollte eine aktive Hüftbeugung für 6 Wochen vermieden werden [9, 11]. Diese Einschränkungen sind Vorsichtsmaßnahmen, die im Interesse einer raschen Heilung bspw. einen exzessiven Stress auf die rekonstruierte Gelenklippe oder Kapsel vermeiden soll. Ähnliche Einschränkungen sind auch in der Literatur zu finden, eine nachgewiesene Evidenz gibt es dafür aber nicht [11, 19, 30, 34]. Neben der Physiotherapie verordnen wir in den ersten postoperativen Wochen gerne eine Motorschienenbehandlung. In unseren Händen erfolgt die erste Motorschienenbehandlung unmittelbar postoperativ. Im Weiteren erfolgt die Motorschienenbehandlung auch zuhause je nach Operation 1–2 mal täglich über jeweils 30 Minuten. Dies vermeidet nicht nur mögliche Verklebungen und damit einhergehende schmerzhafte Bewegungsstörungen, auch wurde nachgewiesen, dass dies insbesondere bei knorpelregenerativen Operationsverfahren das Operationsergebnis deutlich verbessert [17]. Darüber hinaus kann auch mit Übungen am Fahrradergometer begonnen werden [11]. Je nach Befund empfehlen sich manualtherapeutische Techniken, bspw. bei Hämatomen, zur Lösung von Verklebungen bspw. im Bereich der pelvitrochantären Muskulatur, der Adduktoren oder des Musculus iliopsoas.

Zusammenfassend ist das Erreichen eines guten passiven Bewegungsumfanges, die Vermeidung möglicher Komplikationen wie Vernarbungen oder Verkalkungen etc. das Hauptziel der Phase 1 [11].

Phase 2: Rückkehr zur
Vollbelastung und zum vollen Bewegungsausmaß

Diese Phase beginnt, je nach Eingriff mit der 3. bis 7. Woche und dauert 4 Wochen an. In dieser Phase erfolgt v.a. das Abtrainieren bzw. Abgewöhnen der Gehstützen. Ziel ist eine sichere Gehfähigkeit. Am Ende dieser Phase sollten Bewegungsabläufe wie sich Hinhocken, Gegenstände wie Taschen sicher zu tragen etc. mit möglichst wenigen Beschwerden ausführbar werden. Um zu diesen Alltagsaktivitäten zurückkehren zu können, muss der Patient eine brauchbare neuromuskuläre Kontrolle auftrainieren. Neben der weiteren Steigerung der Beweglichkeit erfolgen hierfür erste muskelaktivierende Übungen. Hierzu gehören schonende Übungen zum Auftrainieren der Hüftbeuger, der ischiokrualen Muskulatur, der Hüftadduktoren und insbesondere der Glutealmuskulatur (Abb. 1a–g). Eine frühzeitige Aktivierung der häufig schwachen Glutealmuskulatur ist dabei von besonderer Bedeutung. Hier kann man bereits früh mit langsamen und kontrollierten Übungen bspw. in Seitenlage oder im Stehen auf dem Gegenbein beginnen (Abb. 2b). Das Training dieser Muskelgruppe ist wichtig, da sie die Hüfte sowohl in der Frontal- als auch in der Transversalebene stabilisiert. Kommt es hier zu Defiziten zeigt sich eine Fehlbelastung der Hüfte in Adduktion und Innenrotation [9, 22]. Eine solche Fehlbelastung kann die rekonstruierte Gelenklippe und den Gelenkknorpel belasten. Einige Autoren beschreiben, dass eine suffiziente Glutealmuskulatur während der Rehabilitation vor schmerzhaften Spasmen, Kontrakuren und Tendinosen der Iliopsoasmuskulatur, aber auch vor schmerzhaften Kontrakturen der Adduktorenmuskulatur schützt. Somit scheint das frühzeitige Auftrainieren der Glutealmuskulatur möglichen Rückfällen in Form von Schmerzen der Adduktorengruppe sowie anterioren Hüftschmerzen im Bereich des Iliopsoas vorzubeugen [9, 11, 19, 33]. Die Psoasmuskultur kann im Liegen oder im Sitzen durch Hüftbeugung mit und ohne Schwerkraft sowie das Aufrichten des Rumpfes bei fixiertem Oberschenkel auftrainiert werden (Abb. 2a). Ebenso wichtig sind Übungen zur Verbesserung der neuromuskulären Funktion von Rumpf und Becken bis zur Hüfte bspw. mit isometrischen Stabilisation- und Balanceübungen. Die Übungen erfolgen ein wenig später, zunächst im Liegen in Seitenlage, dann zweibeinig im freien Stand und erst im Weiteren einbeinig mit dem operierten Bein [19] (Abb. 1d–g, allerdings sollten die hier abgebildeten Balanceübungen in dieser Phase ohne Stöcke und möglichst ohne Halt am Gehgeländer erfolgen).

Phase 3: Rückkehr zu
Alltagsaktivitäten und
leichten Freizeitaktivitäten

Diese Phase beginnt, je nach Eingriff mit der 7. bis 13. Woche und dauert gut 8 Wochen. Ziel ist es, nicht nur den Alltag schmerzfrei zu bewältigen, sondern so langsam auch zu den Freizeitaktivitäten zurückzukehren. Um insbesondere die sportlichen Aktivitäten wieder aufzunehmen, müssen Fähigkeiten wie die Kraft, Ausdauer und die Propriozeption trainiert werden. Neben einer Funktionsgymnastik und einem klassischen Krafttraining empfiehlt sich ein intensiviertes sog. Core-Training des Rumpfes zur Verbesserung der Körperstabilität und der Koordination. Hierbei werden die neuromuskulären Ketten bis zur unteren Extremität auftrainiert. Auch können Übungen mit dem Pezzi- oder Medizinball zum Einsatz kommen. Äußerst sinnvoll sind intensivierte Übungen zur Kräftigung der hüftführenden Muskulatur und insbesondere der Glutealmuskulatur, wobei sich zur weiteren Steigerung ein Training mittels Gummiband oder ein Kabelzugtraining empfiehlt (Abb. 3b, e) [11, 19, 30]. Um in dieser Phase die Therapieerfolge zu bewerten, kann die Gegenseite als Referenz herangezogen werden [11, 19, 30]. Als besonders empfehlenswert erachten wir Übungen auf den sog. Rüttel- bzw. Vibrationsplatten. Hierbei wird die Muskulatur enorm intensiv aktiviert. Durch das Rütteln wird insbesondere die unwillkürliche, in der Tiefe gelegene Muskulatur gezielt trainiert. Die Knie- und Hüft-Gelenke sollten dabei leicht angewinkelt stehen, damit durch die Schwingungen nicht nur die Wirbelsäule, sondern insbesondere die Hüftmuskulatur zur unbewussten Stabilisierung gefordert ist (Abb. 3c–d). Neben der gesteigerten Muskelaktivierung und den damit bedingten Stoffwechsel- und Durchblutungssteigerung werden hiermit auch die Koordination und Balance aufgebaut [31]. Es kann sowohl der Schweregrad der Übungen als auch die Taktung und Amplitude der Rüttelplatten gesteigert werden. Die uns bekannten Therapiezentren arbeiten gerne mit einer Taktung im Bereich von 40 Hz. Auch kann die Rüttelplatte eingesetzt werden, um gezielt einzelne Muskelgruppen wie bspw. die Hüftbeuger und -strecker oder die Glutealmuskulatur zu trainieren (Abb. 3f, h). Ebenso können die isometrischen Stabilisations- und Balanceübungen zur Verbesserung der neuromuskulären Funktion von Rumpf und Hüfte mit der Rüttelplatte kombiniert werden (Abb. 3d). Neuerdings haben wir auch früher bereits in der 2. Phase nach dem Erreichen einer sicheren Vollbelastung mit dem Einsatz von Rüttelplatten begonnen. Meist beginnen wir ab der 8. Woche mit den Übungen an der Rüttelplatte.

Wenn möglich, kann auch bereits in dieser Phase mit einem schonenden sportartspezifischen Training begonnen werden. So sind bspw. ein gezieltes Adduktorentraining mittels Beinpressübungen, Übungen im Einbeinstand, ein Sprung- und Landetraining auf beiden und im Weiteren auf einem Bein für die Rückkehr zum Fußball hilfreich. Mit entsprechenden Konzepten haben wir bis dato gute Erfahrungen bei Fußballspielern sammeln können. Dies entspricht der Studienlage, wonach bspw. in einer Serie von Amateur- und Profifußballern 92 % bzw. 96 % in den Profi- bzw. Amateursport zurückkehren konnten [21, 29].

Der häufigste Pitfall in dieser Phase ist eine zu rasche Steigerung der Übungsschritte oder eine übereilte Rückkehr zu den Alltags- und Freizeitaktivitäten. In solchen Fällen finden sich evtl. Kontrakturen, Tendinosen, Bewegungsstörungen u./o. Fehlhaltungen mit einer erneuten Verschlechterung des Gang- oder Laufbildes. Um solche Rückschritte zu umgehen, sollte der Therapeut entsprechende Störungen, wie bspw. einen Schongang mit einem Absinken der Hüfte, eine Verringerung der Hüftstreckung, einen ungleichmäßigen Armschwung etc. frühzeitig erkennen und das Therapieprogramm entsprechend verlangsamen [11].

Phase 4: return to sports

Diese Phase beginnt je nach Eingriff nach 4–5 Monaten. Ziel am Ende dieser Phase ist die Erzielung einer sportlichen Vollbelastung auf Wettkampfniveau. Ein erneuter Ausfall soll vermieden werden. Hierfür muss die Hüfte durchweg frei beweglich und schmerzfrei sein. Auch sollte die Hüfte bezüglich der Kraft und Beweglichkeit keinen Unterschied zur Gegenseite aufweisen. Die Fähigkeit explosiv anzutreten, schlagartig abzubremsen, schnelle Richtungswechsel zu absolvieren etc. bedarf eines speziellen Agilitätstrainings. Dies dient dem Auftrainieren der Schnellkraft, der dynamischen Flexibilität, der Koordination etc. Gut durchführbar sind hierbei auch Agilitäts-Übungen, bspw. mit der sog. Koordinationsleiter (Abb. 3a). Um Ermüdungserscheinungen vorzubeugen, erfolgt ein entsprechendes Konditionstraining. Damit der Sportler all diese Anforderungen meistern kann, sollte er sich sicher fühlen. Er sollte sorgenfrei sein, dass sich kein Rückfall anbahnt. Meist empfiehlt sich daher eine vorgeschaltete Austestung der Sportfähigkeit, indem der Patient das Laufen einschließlich Sprinten und Langstreckenlauf, Sprungübungen etc. unter Ausbelastung ausprobiert [19]. Neben einem sportartspezifischen Training kann in dieser Phase auch das sog. neurozentrierte Training zum Einsatz kommen. Diese Trainingsmethode wird bei Hochleistungssportlern gelegentlich angewendet und ist auch unter dem Begriff Neuroathletik bekannt [32]. Auch im Rahmen einer Gelenkerkrankung wie dem Hüftimpingement, können Schutzmechanismen antrainiert sein, die dazu dienen, Bewegungsabläufe dennoch schmerzfrei auszuführen. Diese Selbstschutzmechanismen können die Leistungsfähigkeit in Form des motorischen Outputs einschränken. Trainingsmethoden, deren Ziel es ist, die Körperwahrnehmung und dessen Verarbeitung auf verschiedenen Ebenen wie bspw. visuell, vestibulär etc. zu verbessern, können auch im Rahmen einer Rehabilitation sinnvoll angewendet werden. Auch hier basiert das Neuroathletiktraining auf visuellen, vestibulären und propriozeptiven Testungen, die dann ein individuelles Training erlauben. Ein Bespiel für visuelle Übungen ist die Erhöhung der Qualität des sensorischen Input durch Übungen/Training mit nur einem Auge (Abb. 3g). Die Wirksamkeit, also eine reproduzierbar nachzuweisende Verbesserung einzelner sportlicher Leistungen, ist bis dato nicht belegt [16]. Somit fehlt, trotz dem subjektiv oftmals beschriebenen Nutzen, wie bei den meisten der in diesem Artikel beschriebenen Nachbehandlungskonzepte und Methoden, auch hier die wissenschaftliche Evidenz.

Schlussfolgerung

Damit der Patient ohne Einschränkung unter Voll- und Ausbelastung in seinen Sport zurückkehren kann, empfiehlt sich ein strukturiert aufbauendes, individuelles Rehabilitationsprogram. Eine optimale Nachbehandlung basiert dabei auf einer guten Zusammenarbeit auch mit dem Operateur. Auf diesem Weg wird der Patient, der sich für eine Hüftarthroskopie entscheidet, nicht nur im Alltag, sondern auch im Hochleistungssport von einem guten Therapieergebnis profitieren.

Interessenkonflikte:

keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Lars Victor
Baron von Engelhardt

Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke

Alfred-Herrhausen-Straße 50

58448 Witten

larsvictor@hotmail.de

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4