Originalarbeiten - OUP 12/2012

Interventionelle Verfahren an der Wirbelsäule

Die beschriebenen Bandscheibendegenerationen führen mit zunehmender Alterung zum Höhenverlust des Segmentes, verbunden mit einer Drehpunktverlagerung in die dorsalen Wirbelsäulenanteile und damit Belastung der Wirbelgelenke. Wichtig für die Kenntnis der Schmerzsyndrome der Lendenwirbelsäule sind die neuroanatomischen Strukturen. Die Innervation des vorderen Kompartiments erfolgt durch 3 miteinander verbundene Nervengeflechte, dem ventralen, dorsalen und duralen Nervengeflecht. Das ventrale Nervengeflecht wird aus den Fasern des bilateralen Grenzstranges und den Rr. communicantes, dem dorsalen Nervengeflecht und den kurzen und langen Sinuvertebralnerven (Rr. meningei) der Spinalnerven gebildet. Diese kommunizieren miteinander und kreuzen zur Gegenseite [30]. Das hintere Kompartiment wird von Ästen der Rr. dorsales der Spinalnerven versorgt. Diese wiederum kommunizieren über die Rr. communicantes mit den Nerven des ventralen Kompartiments. Die lumbalen Facettgelenke werden von medialen Ästen der Rami dorsales der Spinalnerven versorgt, hier liegt jeweils eine Innervation aus 2 Segmenten vor [7]. Ob eine Innervation aus 3 Segmenten besteht wird diskutiert [47]. Die Nervenversorgung der lumbalen Facettengelenke ist die Grundlage für die Facettendenervation [7, 19].

2. perkutane minimalinvasive Interventionen:

2.1 Facettendenervierung

Bei der perkutanen Thermodenervation wird mittels Radiofrequenztechnik eine Termperatur erzeugt, welche eine Koagulation an der Nadelspitze bewirkt. Durch die Hitze wird eine Gewebsnekrose erzeugt, welche die den schmerzverursachenden Ramus medialis zerstört. Eine irreversible Zerstörung von Nervengewebe kann ab Temperaturen von 45 °C erreicht werden [13]. Die Radifrequenz-Ablation wurde erstmals von Shealy et al. an der Lendenwirbelsäule angewendet [54]. Nach anatomischen Studien von Bogduk et al. musste die ursprüngliche Technik korrigiert werden [7, 8]. Entscheidend für den Erfolg der Intervention ist die korrekte Platzierung der Elektrode. Für das Gelenk L5/S1 werden 3 Denervationspunkte benötigt. Zielpunkt ist einmal die Inzisur zwischen oberem Gelenkforsatz von S1 und dem Kreuzbein, ein zweiter Zielpunkt für S1 ist die untere Zirkumferenz des Gelenkes L5/S1 und zusätzlich die obere Kante des posterioren pelvinen Foramen von S1. Zielpunkt für den Ramus medialis von L5 aufwärts ist die Kreuzung des Oberrandes des Processus transversus mit dem lateralen Pedikelrand. Durch 20° Rotation des Bildwandlers kann der Zielpunkt für die Koagulation ggf. günstiger eingestellt werden („scotty dog“). Im seitlichen Strahlengang ist die Elektrodenspitze am ventralen Rand des Processus artikularis inferior gelegen (Abbildung 1–2). Die Zielpunkte und Einstichstellen werden vor der Intervention markiert („chinese road map“) [6, 20, 44].

Für die Denervation des Iliosakralgelenkes sind nach den Empfehlung von Gevargez et al. 2, nach Ray et al. 3 Punktionsziele erforderlich [28, 51]. Der eigentlichen HF-Abgabe werden eine Empfindungsreizsteuerung und eine Bewegungsreizsteuerung vorgeschaltet. Der Empfindungsreiz dient dazu, die richtige Platzierung der Elektrode zu erleichtern. Das betreffende Nervengewebe wird isoliert, indem der Schmerz des Patienten erzeugt wird. Dabei ist die Amplitude ein Maß für die Entfernung der aktiven Elektrodenspitze zum Nerven. Der Bewegungsreiz dient ebenfalls dazu, die richtige Platzierung der Elektrode zu erleichtern. In diesem Fall wird eine zu große Nähe zum motorischen Ast detektiert. Vor dem Setzen der Läsion applizieren wir ca. 0,2–0,5 ml Bupivacain 0,5 % sowie 0,3–0,5 ml NaCl 0,9 % (Verbesserung Leistungsabgabge). Die Impedanzüberwachung während der Denervation dient der Überwachung der Läsionserzeugung und der Lage der Elektrode. Die Impedanz muss im Bereich 35–1900 Ohm liegen, ggf. muss die Elektrodenlage korrigiert werden. Während der Denervation wird die Leistungsabgabe (Watt) überwacht, welche nur bei optimaler Ankopplung effektiv ist und ggf. eine nochmalige Applikation von NaCl 0,9 % erfordert.

Ergebnisse:

Die Durchsicht der Literatur bezüglich der Ergebnisse ist mit erheblichen Unsicherheiten belastet. Diese resultieren aus unterschiedlichen Auswahlkriterien für das Verfahren der Facettendenervation, aus differierenden Nachuntersuchungskriterien und letztlich auch aus Unterschieden in der Durchführung der Facettendenervation selbst. Eine weitere, nicht unerhebliche Variable in den Untersuchungen, ist die Anzahl der voroperierten Patienten. Die Angaben bezüglich sehr guter und guter Ergebnisse reichen von 17 %–90 % [14, 33, 41, 46, 54]. Neben diesen klinischen retrospektiven Arbeiten liegen 5 randomisierte Doppelblindstudien vor [34, 39, 44, 46, 59]. Gallagher et al. fanden einen statistisch signifikanten Vorteil in der Thermokoagulationsgruppe gegenüber der Placebogruppe. Er setzte in seiner Arbeit einen positiven, präinterventionell durchgeführten Facettenblock voraus [26]. Vergleichbare Ergebnisse sahen Kleef et al, auch hier konnten signifikant bessere Ergebnisse in der Läsionsgruppe erzielt werden. Nath et al. konnten in ihrer Studie die signifikante Verbesserungen bezüglich Schmerz, aber auch der Lebensqualität bestätigen. In dieser Studie erfolgte eine strenge Patientenselektion, die Indikation zur Facettendenervation wurde erst nach wiederholter positiver Facettenblockade gestellt [44].

Die Facettendenervation ist eine Operationsmethode, welche bei richtiger technischer Durchführung und strenger Patientenselektion gute kurzfristige Ergebnisse bringen kann. Die richtige Patientenselektion schließt insbesondere die klinische Beurteilung und selektive Facettenblockade ein. In den ersten 6 Monaten ist mit einer hohen Rezidivrate zu rechnen. Die Langzeiterfolge liegen nach 6 Jahren bei maximal 40 % [34]. Mit der Facettendenervation kann nur eine Komponente der häufig komplexen Schmerzursache behandelt werden. Die Komplikationsmöglichkeiten sind sehr selten und beziehen sich meist auf thermische Läsionen [14].

2.2 Perkutane Nukleoplastie

Die Nukleoplastie ist die jüngste minimalinvasive perkutane intradiskale Technik zur Therapie bei diskogenen Schmerzen oder neuropathischen Schmerzen, verursacht durch geringgradige Bandscheibenvorfälle. Mit der perkutanen Nukleoplastie wird die Bandscheibe dekompressiert.

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