Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2016

Klumpfußbehandlung in der täglichen Praxis – ist Ponseti alternativlos?

Eltern werden häufig von der verständlichen Frage gequält, ob es eine weniger belastende Behandlung als die Ponseti-Methode für ihr Kind gibt. Dies bezieht sich zum einen auf die Gipsbehandlung, zum anderen aber vor allem auf das lange Tragen der Abduktionsschiene. Von unterschiedlicher Stelle erhalten sie die Information, dass beides die motorische Entwicklung behindere.

Darauf zielen die im deutschen Sprachraum am häufigsten als Alternativen zur Ponseti-Behandlung angebotene sogenannte „französische“ Methoden nach Bonnet-Dimeglio [43, 44] und die Methode nach Zukunft-Huber [45] ab. Die von physiotherapeutischer Seite als nachteilig bezeichnete Ruhigstellung im Gips ist allerdings aus pathoanatomischer Sicht notwendig, damit die bei Geburt fehlgebildeten Anlagen der Fußwurzelknochen sich unter entsprechendem Druck remodellieren können [46]. Dies kann besonders bei den stärkeren Ausprägungen des Klumpfußes kein Therapeut und kein Tape oder eine andere weiche Bandagierung gewährleisten. Deshalb steht einer etwa 10- bis 12-wöchigen Gipsbehandlung auch eine etwa 9-monatige intensive physiotherapeutische Behandlung gegenüber (Tab. 1). Arbeitet der Orthopäde eng mit einer geübten Therapeutin zusammen, ist es sicherlich möglich, leichtgradige Deformitäten physiotherapeutisch zu korrigieren [47, 48].

Letztendlich wurde für keine dieser Behandlungsmethoden ein besseres Langzeitergebnis beschrieben als für die Ponseti-Methode, die im Gegensatz zu den physiotherapeutischen Methoden auch ein Konzept für die Rezidivprophylaxe und -behandlung beinhaltet [4, 24, 30, 32, 33, 34, 49]. Hingegen wird die Notwendigkeit von Operationen unterschiedlichen Ausmaßes in der Mehrheit der Fälle nach einer mehrmonatigen physiotherapeutischen Behandlung beschrieben [43, 44, 47, 48, 49]. Auf der anderen Seite sind nach Ponseti behandelte Kinder nicht nachhaltig motorisch entwicklungsverzögert [50]. Auf der Basis dieser vorhandenen Evidenz müssen wir die Eltern beraten, um ihre bei jeder Art der Behandlung notwendige Compliance zu erhalten.

Fazit

Der langfristige Erfolg bei der Behandlung von idiopathischen und nicht idiopathischen Klumpfüßen ist im Wesentlichen von den anatomischen Kenntnissen, der Information aller Beteiligten und einer erfolgreichen Kommunikation abhängig. Es ist daher unsere Pflicht, die Eltern kompetent unter der Berücksichtigung der Evidenz zu beraten, damit ihre Kinder langfristig auf gut funktionierenden Füßen durchs Leben gehen können.

Interessenkonflikte: keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. Julia Funk

Sektion Kinder- und Neuroorthopädie

Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie

Charité – Universitätsmedizin Berlin

Charitéplatz 1

10117 Berlin

julia.funk@charite.de

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