Übersichtsarbeiten - OUP 03/2017

Knochenersatz mit Cerasorb in der orthopädischen Chirurgie, Unfallchirurgie und Handchirurgie
Langzeitbeobachtung über 10 JahreA long-term observation over 10 years

27 der 28 Patienten mit knöchernen Defekten durch ihre rheumatische Erkrankung wurden unter Verwendung von Cerasorb Granulat operiert, bei einem Eingriff wurde ein Cerasorb-Stab verwendet, von dem bis zum letzten Beobachtungszeitpunkt (Tag 324) radiologisch keramisches Material sichtbar war. In 9 Fällen wurde autologe Spongiosa, in weiteren 8 Fällen PRP zugesetzt. Bei allen Patienten zeigte sich eine gute Knochenheilung. Es wurden keine postoperativen Komplikationen beobachtet. Es bildete sich regelgerechter neuer Knochen ohne Fehlstellungen oder Pseudarthrosen. Das keramische Material war nach einem Jahr in allen Fällen durch neu gebildeten autologen Knochen ersetzt worden, und die vormaligen Defekte waren gut knöchern durchbaut. Im Verlauf über den gesamten Untersuchungszeitraum zeigte sich, dass die meisten Fälle der Kategorie 3+ zugeordnet werden konnten. Am zweithäufigsten kam die Kategorie 2+ vor und nur wenige Fälle gehörten der Kategorie 1+ an. Der Anteil der Kategorie 2+ nahm im Gesamtverlauf etwas ab zugunsten von 3+ (Abb. 3).

Indikation Trauma

Bei 18 der 23 Patienten wurde Cerasorb Granulat verwendet, in 3 Fällen ein Cerasorb-Keil, in 2 weiteren Fällen ein Cerasorb-Stab. Siebenmal wurde PRP zugesetzt. Auch in dieser Indikationsgruppe fanden sich keine postoperativen Komplikationen, und das Granulat war nach einem Jahr in fast allen Fällen komplett resorbiert. Somit war der Defekt gut durch neu gebildeten Knochen regeneriert. Es gab keine Fehlstellungen oder Pseudarthrosen. Im Gesamtverlauf zeigte sich eine Prädominanz von Kategorie 2+ Fällen. Zu einigen Untersuchungszeiträumen gab es allerdings fast genauso viele 3+ Fälle (42 Tage und 211 Tage). Zum Ende des Untersuchungszeitraums fand sich ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen allen 3 Kategorien (Abb. 4).

Es ergaben sich zwischen den 3 Indikationsgruppen keine wesentlichen Unterschiede bezüglich der Resorption des keramischen Knochenersatzmaterials und eine gleichermaßen gute knöcherne Heilung. Der Zusatz von PRP bzw. autologer Spongiosa hat den guten Heilungs- und Regenerationsprozess nicht noch weiter verbessert. Bei keinem der behandelten Patienten kam es zu unerwünschten Reaktionen, die auf die Verwendung von Cerasorb zurückzuführen waren. Dies spricht für eine optimale Bioverträglichkeit von ?-TCP Cerasorb in der Handchirurgie.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Cerasorb® zur Knochenregeneration in der Handchirurgie für alle hier untersuchten Indikationen gut geeignet ist und sich komplikationslos verwenden lässt.

Diskussion

Berichte zu Langzeitergebnissen nach Operationen in der Traumatologie und Orthopädie sind ausgesprochen selten. Die hier vorgestellte Studie ist nach Kenntnis des Autors die erste, die von einem 10-Jahres-Beobachtungszeitraum über die Verwendung resorbierbarer keramischer Knochenaufbaumaterialien (KAM) in diesem Bereich berichtet. Aktuell publizierten Harel et al. [18] allerdings ihre Erfahrungen über die Verwendung von ?-TCP Cerasorb bei kieferchirurgischen Eingriffen: In ihrer retrospektiven 10-Jahres-Vergleichsstudie erwies sich die Implantation von Zahnersatzimplantaten in mit Cerasorb augmentierte Extraktionsalveolen ebenbürtig zur Implantation in natürlichen Knochen. Diese Langzeitbeobachtungen sind äußerst wertvoll, geben sie doch Anwendern und Patienten zusätzlich Sicherheit zu Nutzen und langfristiger Verträglichkeit der verwendeten Materialien – und gerade für resorbierbare KAM den Beleg der angestrebten vollständigen knöchernen Regeneration. In den hier behandelten Fällen spielte der Kontakt von ?-TCP mit den umliegenden Weichteilen keine Rolle. Im Gegensatz zur Zahnimplantationschirurgie, wo Bindegewebe in die Extraktionsalveolen einwachsen kann, wurden verstreute ?-TCP-Partikel in den Weichteilen um den Knochen in unseren Fällen ebenfalls aufgelöst. Wir fanden hier keine Kalzifizierungen, Kapselverkalkungen oder Exophytenbildungen.

Das Knochengewebe besitzt mit der vollständigen Ausheilung ohne Narbenbildung eine herausragende Eigenschaft. Deshalb ist als oberstes Ziel der Knochendefektheilung die „restitutio ad integrum“ zu fordern. Voraussetzung für den anzustrebenden Knochenaufbau ist bei Erhaltung der Stabilität die Resorption des Aufbaumaterials simultan zur körpereigenen Knochenneubildung [20].

Die vorliegenden radiologischen Daten belegen eindeutig, dass dies durch das hier eingesetzte synthetische ?-TCP erreicht werden kann. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Scheer et al. (2009), die den Einsatz von ?-TCP bei Korrekturosteotomien des Radius einsetzten. Die Autoren sahen ?-TCP als Alternative zur Verwendung von autologem Knochen aus dem Beckenkamm an [21]. In Übereinstimmung mit den vorliegenden Daten wurde in einer weiteren Studie an Kalkaneus-Frakturen eine vollständige Resorption des eingesetzten ?-TCP bei gleichzeitiger Knochenneubildung innerhalb eines Untersuchungszeitraums von 9 Monaten beobachtet [22]. Jakubietz und Mitarbeiter sahen bei intraartikulären Frakturen des distalen Radius keinen Vorteil von zusätzlicher ?-TCP-Behandlung im Vergleich zur internen Fixierung alleine, berichteten jedoch von einer problemlosen Anwendung und Resorption des Materials [23]. Maus und Mitarbeiter berichten über 30 Patienten, die bei verschiedenen orthopädischen Indikationen mit ?-TCP Cerasorb behandelt wurden. Die Nachbeobachtung erfolgte bis zu 34 Monaten (im Mittel 9 Monate). Die Anwendung des Materials war unproblematisch. Bei keinem Patienten kam es zu lokalen oder systemischen Entzündungszeichen. Alle Defekte wurden knöchern konsolidiert, womit sich der untersuchte synthetische Knochenaufbaustoff als Alternative zur autologen Spongiosa zur Füllung knöcherner Defekte als geeignet erwies [24]. Die Ergebnisse der vorliegenden Erhebung bestätigen somit die Datenlage aus der Literatur, was die Resorption und die unproblematische Anwendung von ?-TCP betrifft. Das Spektrum der Anwendung von ?-TCP wurde hier erweitert auf rheumatologische Fälle und spezifische Fragestellungen aus der Hand- und Fußchirurgie bei einem Beobachtungszeitraum von bis zu 10 Jahren. Dadurch ließ sich nachweisen, dass Cerasorb auch für diese Indikationen bei problemloser Anwendung langfristig die Knochenneubildung fördert. Bei den Patienten mit rheumatoider Arthritis wurde Cerasorb auch zum Knochenaufbau bei der typischen gelenknahen Osteoporose eingesetzt, z.B. zur Vorbereitung gelenkerhaltender Operationen an der Hand. Auch das Auffüllen des Implantatlagers für den radialen Stamp bei der Implantation einer Handgelenkendoprothese hat sich bewährt. Die Knochenqualität kann damit beim Rheumapatienten deutlich verbessert werden.

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